Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 45 VU 68/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VU 20/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2015 aufgehoben.
Gründe:
Auf die Beschwerde des Klägers war der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2015, mit dem dieses dem Kläger auf der Grundlage von § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine besondere Vertreterin bestellt hat, aufzuheben.
Gem. § 72 Abs. 1 SGG kann der Vorsitzende für einen prozessunfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn das Sozialgericht ist ohne hinreichende eigene Ermittlung von einer Prozessunfähigkeit des Klägers ausgegangen, und eine solche drängt sich entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht in einer solchen Weise auf, die es ausnahmsweise rechtfertigt, ohne Hinzuziehung medizinischen Sachverstandes zu entscheiden.
Prozessfähig ist ein Beteiligter, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann, § 71 Abs. 1 SGG. Damit stellt das Verfahrensrecht auf die Geschäftsfähigkeit im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ab. Gem. § 105 Abs. 1 BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Geschäftsunfähig in der hier einzig in Betracht kommenden Variante ist gem. § 104 Nr. 2 BGB, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Diese Voraussetzungen sind nicht bereits gegeben, wenn sich die Prozessführung eines Beteiligten als unzweckmäßig oder "sperrig" darstellt. Ebenso wenig reichen eigene Einschätzungen eines Beteiligten über seinen Gesundheitszustand aus. Vielmehr hat das Gericht in der Regel ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen einzuholen und darf hiervon nur ausnahmsweise dann absehen, wenn die zu Tage tretenden Symptome einem medizinisch nicht vorgebildeten Laien eindeutige Schlüsse gestatten (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., § 71 Rdnrn. 8a und 6a). Letzteres ist nach Überzeugung des Senates bereits in Ansehung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers auszuschließen. Diese Einschätzung wird zusätzlich durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Arztberichte bestärkt, aus denen sich für einen Ausschluss der freien Willensbestimmung beim Kläger nichts entnehmen lässt.
Nachdem allerdings das Sozialgericht beim Betreuungsgericht die Anordnung einer Betreuerbestellung für den Kläger angeregt und das Betreuungsgericht daraufhin ein medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben hat, das nach telefonischer Auskunft vom heutigen Tag dort noch nicht vorliegt, bietet es sich an, den Ausgang jenes Verfahrens abzuwarten, bevor das Sozialgericht über die Aufnahme eigenständiger Ermittlungen zur Prozessfähigkeit des Klägers entscheidet.
Eine Kostenentscheidung ergeht im Beschwerdeverfahren nicht, sondern bleibt der Sachentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Auf die Beschwerde des Klägers war der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2015, mit dem dieses dem Kläger auf der Grundlage von § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine besondere Vertreterin bestellt hat, aufzuheben.
Gem. § 72 Abs. 1 SGG kann der Vorsitzende für einen prozessunfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn das Sozialgericht ist ohne hinreichende eigene Ermittlung von einer Prozessunfähigkeit des Klägers ausgegangen, und eine solche drängt sich entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht in einer solchen Weise auf, die es ausnahmsweise rechtfertigt, ohne Hinzuziehung medizinischen Sachverstandes zu entscheiden.
Prozessfähig ist ein Beteiligter, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann, § 71 Abs. 1 SGG. Damit stellt das Verfahrensrecht auf die Geschäftsfähigkeit im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ab. Gem. § 105 Abs. 1 BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Geschäftsunfähig in der hier einzig in Betracht kommenden Variante ist gem. § 104 Nr. 2 BGB, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Diese Voraussetzungen sind nicht bereits gegeben, wenn sich die Prozessführung eines Beteiligten als unzweckmäßig oder "sperrig" darstellt. Ebenso wenig reichen eigene Einschätzungen eines Beteiligten über seinen Gesundheitszustand aus. Vielmehr hat das Gericht in der Regel ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen einzuholen und darf hiervon nur ausnahmsweise dann absehen, wenn die zu Tage tretenden Symptome einem medizinisch nicht vorgebildeten Laien eindeutige Schlüsse gestatten (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., § 71 Rdnrn. 8a und 6a). Letzteres ist nach Überzeugung des Senates bereits in Ansehung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers auszuschließen. Diese Einschätzung wird zusätzlich durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Arztberichte bestärkt, aus denen sich für einen Ausschluss der freien Willensbestimmung beim Kläger nichts entnehmen lässt.
Nachdem allerdings das Sozialgericht beim Betreuungsgericht die Anordnung einer Betreuerbestellung für den Kläger angeregt und das Betreuungsgericht daraufhin ein medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben hat, das nach telefonischer Auskunft vom heutigen Tag dort noch nicht vorliegt, bietet es sich an, den Ausgang jenes Verfahrens abzuwarten, bevor das Sozialgericht über die Aufnahme eigenständiger Ermittlungen zur Prozessfähigkeit des Klägers entscheidet.
Eine Kostenentscheidung ergeht im Beschwerdeverfahren nicht, sondern bleibt der Sachentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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