Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 181 VG 167/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VG 38/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Sozialgerichts. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Entschädigung wegen Dopings in der ehemaligen DDR.
Die im Jahre 1968 geborene Klägerin gehörte in den Jahren 1982 bis 1988 dem Sportclub B-G an und besuchte die Kinder- und Jugendsportschule. Im Rahmen ihres Trainings als Kanu-Sportlerin wurden ihr jedenfalls seit etwa 1984 Dopingmittel verabreicht.
Im Juni 2006 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Anerkennung von Schädigungsfolgen und Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Mit Bescheid vom 5. März 2007 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil einerseits die Voraussetzungen eines schädigenden Ereignisses nach dem OEG nicht vorlägen und andererseits keine Kausalbeziehung zu den Schädigungsfolgen bestehe.
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Berlin hat der Beklagte ein Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. N vom 9. April 2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Februar 2013 zu den Akten gereicht. Darin führte der Sachverständige aus, die bei der Klägerin festzustellenden Erkrankungen, insbesondere die Krebserkrankung an der linken Brust, seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Verabreichung der Dopingmittel zurückzuführen. Aufgrund richterlicher Beweisanordnung hat am 1. Juni 2012 der Sachverständige Prof. Dr. F vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg ein schriftliches Sachverständigengutachten nach Aktenlage erstattet. Darin ist er zu der Einschätzung gelangt, das Mammakarzinom der Klägerin sei durch die Behandlung mit hoch toxischen Substanzen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf die Vergabe dieser Dopingmittel zurückzuführen.
Mit Urteil vom 27. September 2013 hat das Sozialgericht den Beklagten (sinngemäß) verurteilt, der Klägerin unter Anerkennung des Zustandes nach Mammakarzinom als Schädigungsfolge der während der DDR-Zeit verabreichten Doping-Mittel Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 für die Zeit von Juni bis Dezember 2006 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Lediglich der Zustand nach dem Mammakarzinom sei mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die Vergabe der Doping-Mittel zurückzuführen, die insoweit auch einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff darstelle. Für die Zeit von Juni 2006 bis Dezember 2006 sei wegen des noch bestehenden Zeitraumes der Heilungsbewährung ein GdS von 50 anzusetzen. Für die Zeit danach bestehe nur noch ein GdS von 30, der wegen der Vorschrift des § 10a OEG nicht mehr zu einer Rentenleistung führe. Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis zurückzuführen.
Gegen dieses Urteil haben zunächst sowohl der Beklagte als auch die Klägerin jeweils selbständig Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2013 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten war zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache ist sie jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, den Zustand nach Mamma-CA mit den psychischen und physischen Folgen der Erkrankung als Schädigungsfolge der Verabreichung von Dopingmittel in der ehemaligen DDR anzuerkennen und für die Zeit von Juni 2006 bis Dezember 2006 Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 zu gewähren. Die Verabreichung von Dopingmitteln ohne oder gegen den Willen der Klägerin stellte – was im Übrigen inzwischen vom Beklagten auch nicht mehr in Abrede gestellt wird – einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) dar. Das bei der Klägerin bestehende Brustkrebsleiden und die darauf beruhenden Funktionsbeeinträchtigungen sind im Sinne der wesentlichen Bedingung auf diesen Angriff zurückzuführen und nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung, dort Teil B 14.1, während des Stadiums der Heilungsbewährung – hier im Zeitraum noch von Juni 2006 bis Dezember 2006 – mit einem GdS von 50 zu bewerten. Daraus folgt zugleich, dass nach dem Einigungsvertrag Anlage I B Kapital VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr. 18 Ziffer d in Verbindung mit § 10a OEG für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2006 auch Leistungen zu gewähren waren, weil für diesen Zeitraum der erforderliche GdS von 50 erreicht wurde. Der Senat weist die Berufung des Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesbezüglich von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Auch das weitere Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren vermag nicht zu einer anderen Entscheidung zu führen. Die Einwendungen des Beklagten gegen das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. F sind bereits vom Sozialgericht im erstinstanzlichen Verfahren umfassend und zutreffend gewürdigt worden. Der Senat hat weiterhin keine Zweifel daran, dass die Vergabe der Dopingmittel die im Rechtssinne wesentliche Bedingung für das später eingetretene Krebsleiden darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Entschädigung wegen Dopings in der ehemaligen DDR.
Die im Jahre 1968 geborene Klägerin gehörte in den Jahren 1982 bis 1988 dem Sportclub B-G an und besuchte die Kinder- und Jugendsportschule. Im Rahmen ihres Trainings als Kanu-Sportlerin wurden ihr jedenfalls seit etwa 1984 Dopingmittel verabreicht.
Im Juni 2006 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Anerkennung von Schädigungsfolgen und Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Mit Bescheid vom 5. März 2007 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil einerseits die Voraussetzungen eines schädigenden Ereignisses nach dem OEG nicht vorlägen und andererseits keine Kausalbeziehung zu den Schädigungsfolgen bestehe.
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Berlin hat der Beklagte ein Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. N vom 9. April 2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Februar 2013 zu den Akten gereicht. Darin führte der Sachverständige aus, die bei der Klägerin festzustellenden Erkrankungen, insbesondere die Krebserkrankung an der linken Brust, seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Verabreichung der Dopingmittel zurückzuführen. Aufgrund richterlicher Beweisanordnung hat am 1. Juni 2012 der Sachverständige Prof. Dr. F vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg ein schriftliches Sachverständigengutachten nach Aktenlage erstattet. Darin ist er zu der Einschätzung gelangt, das Mammakarzinom der Klägerin sei durch die Behandlung mit hoch toxischen Substanzen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf die Vergabe dieser Dopingmittel zurückzuführen.
Mit Urteil vom 27. September 2013 hat das Sozialgericht den Beklagten (sinngemäß) verurteilt, der Klägerin unter Anerkennung des Zustandes nach Mammakarzinom als Schädigungsfolge der während der DDR-Zeit verabreichten Doping-Mittel Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 für die Zeit von Juni bis Dezember 2006 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Lediglich der Zustand nach dem Mammakarzinom sei mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die Vergabe der Doping-Mittel zurückzuführen, die insoweit auch einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff darstelle. Für die Zeit von Juni 2006 bis Dezember 2006 sei wegen des noch bestehenden Zeitraumes der Heilungsbewährung ein GdS von 50 anzusetzen. Für die Zeit danach bestehe nur noch ein GdS von 30, der wegen der Vorschrift des § 10a OEG nicht mehr zu einer Rentenleistung führe. Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis zurückzuführen.
Gegen dieses Urteil haben zunächst sowohl der Beklagte als auch die Klägerin jeweils selbständig Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2013 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten war zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache ist sie jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, den Zustand nach Mamma-CA mit den psychischen und physischen Folgen der Erkrankung als Schädigungsfolge der Verabreichung von Dopingmittel in der ehemaligen DDR anzuerkennen und für die Zeit von Juni 2006 bis Dezember 2006 Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 zu gewähren. Die Verabreichung von Dopingmitteln ohne oder gegen den Willen der Klägerin stellte – was im Übrigen inzwischen vom Beklagten auch nicht mehr in Abrede gestellt wird – einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) dar. Das bei der Klägerin bestehende Brustkrebsleiden und die darauf beruhenden Funktionsbeeinträchtigungen sind im Sinne der wesentlichen Bedingung auf diesen Angriff zurückzuführen und nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung, dort Teil B 14.1, während des Stadiums der Heilungsbewährung – hier im Zeitraum noch von Juni 2006 bis Dezember 2006 – mit einem GdS von 50 zu bewerten. Daraus folgt zugleich, dass nach dem Einigungsvertrag Anlage I B Kapital VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr. 18 Ziffer d in Verbindung mit § 10a OEG für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2006 auch Leistungen zu gewähren waren, weil für diesen Zeitraum der erforderliche GdS von 50 erreicht wurde. Der Senat weist die Berufung des Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesbezüglich von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Auch das weitere Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren vermag nicht zu einer anderen Entscheidung zu führen. Die Einwendungen des Beklagten gegen das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. F sind bereits vom Sozialgericht im erstinstanzlichen Verfahren umfassend und zutreffend gewürdigt worden. Der Senat hat weiterhin keine Zweifel daran, dass die Vergabe der Dopingmittel die im Rechtssinne wesentliche Bedingung für das später eingetretene Krebsleiden darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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