L 25 AS 2637/15 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 33 AS 90/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 2637/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 7. September 2015 wird als unzulässig verworfen. Der als Verfahrensbevollmächtigter des Klägers auftretende Rechtsanwalt hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert wird auf bis 500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und war in entsprechender Anwendung des § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu verwerfen.

Es mangelt an der wirksamen Einlegung der Beschwerde. Nach § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde ist hier nicht bei dem Landessozialgericht zur Niederschrift eingelegt worden. Der Kläger selbst hat auch keine Beschwerde schriftlich bei dem Landessozialgericht eingelegt (vgl. § 73 Abs. 1 SGG). Er konnte sich zwar durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 73 Abs. 2 Satz 1 SGG). Eine wirksame Bevollmächtigung des hier auftretenden Rechtsanwalts liegt jedoch nicht vor, so dass die Beschwerde unzulässig ist.

Eine zur Vertretung in dem zu betreibenden Verfahren ermächtigende Vollmacht ist nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen, wobei sie auch nachgereicht werden kann. Zwar hat das Gericht einen Mangel der Vollmacht von Amts wegen nur zu berücksichtigen, wenn - anders als hier - als Bevollmächtigter nicht ein Rechtsanwalt auftritt (§ 73 Abs. 6 Satz 5 SGG). Hier hat indes der Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2015 den Mangel der Vollmacht gemäß § 73 Abs. 6 Satz 4 SGG ausdrücklich geltend gemacht. Der Senat war daher verpflichtet, den Mangel der Vollmacht zu berücksichtigen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73, Rn. 67 f.).

Ein Mangel der Vollmacht liegt hier auch vor. Allerdings hat der als Verfahrensbevollmächtigter des Klägers auftretende Rechtsanwalt dem Sozialgericht auf dessen entsprechende Anforderung in der Terminsmitteilung vom 6. Juli 2015 am 31. August 2015 ohne Verwendung einer qualifizierten Signatur über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Sozialgerichts eine Datei im PDF-Format mit dem Titel "0005-Vollmacht, P.pdf" übermittelt, welche eine wohl auch von diesem unterschriebene "Vollmacht" des Klägers vom 1. Dezember 2011 enthielt, nach der der als Verfahrensbevollmächtigter des Klägers auftretende Rechtsanwalt "in Sachen P M./. Jobcenter wegen sämtlicher in Betracht kommenden Ansprüche gegen die oben genannte Behörde" eine Vollmacht erteilt wurde und zwar "sowohl für das Verwaltungs-, das Widerspruchs- als auch das gerichtliche Verfahren in sämtlichen Instanzen." Die Vollmacht enthielt weiter den Vermerk, dass sie sich auf sämtliche auch zukünftige Verfahren erstrecke. Der Rechtsanwalt werde "mit der Führung sämtlicher Widerspruchs- und Klageverfahren beauftragt, die nach seiner Auffassung erfolgversprechend sind". Selbst wenn man annimmt, dass eine Vollmacht nicht für jede Instanz vorzulegen ist (vgl. Arndt in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 73, Rn. 51), und selbst wenn man unterstellt, die Vollmacht sei hier ungeachtet der elektronischen Übermittlung ohne Verwendung einer qualifizierten Signatur "schriftlich" im Sinne des § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG eingereicht worden, reicht die hier vorgelegte Vollmacht nicht aus. Denn eine Vollmacht muss erkennen lassen, wer wen wozu bevollmächtigt hat (vgl. Arndt, a. a. O., Rn. 48). Vorliegend lässt die Vollmacht zwar den Aussteller und den Bevollmächtigten erkennen, nicht aber, für welches konkrete Verfahren eine Bevollmächtigung erfolgen sollte. Hier fehlt es an der hinreichenden Individualisierung des Willens des Klägers, den als Verfahrensbevollmächtigten auftretenden Rechtsanwalt im konkreten Streitverfahren mit seiner Vertretung zu beauftragen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Januar 2014 - L 2 AS 605/13 NZB – juris).

Zwar kann (nur) derjenige für das Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte als zugleich für das Klageverfahren bevollmächtigt angesehen werden, der im Sozialgerichtsverfahren selbst eine Verklammerung zwischen Verwaltungs- und Gerichtsakten herstellt, indem er sich - zur Einreichung einer Prozessvollmacht richterlich aufgefordert - gegenüber dem Gericht auch ausdrücklich darauf beruft und aufzeigt, dass die in den Verwaltungsakten befindliche Vollmacht die Vertretung im Gerichtsverfahren mit abdeckt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Dezember 2000 – B 6 KA 29/00 R – juris). Nur wenn diese Vollmacht ihrem Inhalt nach zweifelsfrei das nachfolgende gerichtliche Verfahren mit umfasst, ist den Anforderungen des § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG Genüge getan. Vorliegend hat der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers ausweislich seines Schriftsatzes vom 4. Januar 2016 im Verwaltungsverfahren allerdings nur die bereits benannte Generalvollmacht vorgelegt. Eine solche Vollmacht, die zudem schon aufgrund ihres

Alters nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem maßgeblichen Verwaltungsverfahren erteilt worden ist, kann aber nicht "zweifelsfrei" ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren erfassen, das bei Vollmachterteilung nicht einmal absehbar gewesen ist.

Der Senat hat den als Verfahrensbevollmächtigten auftretenden Rechtsanwalt mit gerichtlichem Schreiben vom 19. Januar 2016, diesem zugestellt am 21. Januar 2016, zur Nachreichung einer Vollmacht gemäß § 73 Abs. 6 Satz 2 SGG binnen eines Monats ab Zustellung dieses Schreibens aufgefordert. Diese Frist ist fruchtlos verstrichen. Damit sind die Prozesshandlungen des Rechtsanwalts unwirksam. Die am 24. Oktober 2015 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, nachdem auch eine Genehmigung durch den Kläger nicht erfolgt ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung. Obwohl der Beschluss des Senats gegen den ergeht, der vertreten werden sollte - hier den Kläger -, waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem als Verfahrensbevollmächtigten auftretenden Rechtsanwalt aufzuerlegen, weil er als vollmachtloser Vertreter das erfolglose Beschwerdeverfahren veranlasst hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 73, Rn. 76 und § 193, Rn. 11). Als vollmachtloser Vertreter gehört er auch nicht dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG an, so dass die Kostenvorschrift des § 197a SGG anzuwenden ist (vgl. Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 26. Juni 2014 - L 3 AS 318/12 B ER – juris).

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Eine nähere Bezifferung ist mit Blick auf die fehlende rechtliche Relevanz hier nicht notwendig.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG, § 197a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Nach § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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