Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 8758/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 435/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch nicht für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Kostenentscheidung in dem Widerspruchsbescheid vom 5. März 2013 bleibt hiervon unberührt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Januar 2013.
Die 1959 geborene Klägerin bezog auch im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Bereits mit Schreiben vom 12. März 2012 hatte sie dem Beklagten erklärt, ihr 1987 geborener Sohn wohne gemeinsam mit ihr in einer Wohnung, gehöre indes nicht zur Bedarfsgemeinschaft, da er keine Leistungen von dem Beklagten beziehe und einer geregelten Arbeit nachgehe. Von ihm erhalte sie eine Miete in Höhe von monatlich 320,- Euro. Mit Schreiben vom 10. September 2012 erklärte sie dem Beklagten, ihr Sohn sei zum 1. September 2012 ausgezogen. Seitdem habe sie einen neuen Untermieter, von dem sie monatlich 350,- Euro Miete erhalte. Dieser erhalte keine Sozialleistungen; man lebe in einer "Hausgemeinschaft".
Die Wohnung der Klägerin war rund 115 m² groß. Die monatliche Nettokaltmiete belief sich auf 588,26 Euro. Daneben waren monatlich eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 161,- Euro und eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 93,- Euro zu zahlen.
Anlässlich ihrer Antragstellung für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 erklärte sie, vom 26. November 2012 bis 1. Januar 2013 als Kunsthandwerkerin auf dem Weihnachtsmarkt selbständig tätig zu sein.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 30. Oktober 2012 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 628,63 Euro, wovon 374,- Euro auf die Regelleistung und 254,63 Euro auf KdU entfielen. Einkommen aus selbständiger Tätigkeit rechnete der Beklagte nicht an. Der Betrag für die KdU ermittelte sich wie folgt: Der Beklagte ging von der vollen Nettokaltmiete von 588,26 Euro aus, von der er die Untermiete von 350,- Euro abzog. Des Weiteren berücksichtigte er Betriebskosten in Höhe von 178,- Euro und Heizkosten in Höhe von 93,- Euro. Den Gesamtbetrag von 509,26 Euro teilte er durch 2, weil er annahm, auch der Sohn der Klägerin lebe weiterhin in derselben Wohnung.
Gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2012 legte die Klägerin hinsichtlich der Höhe der bewilligten KdU Widerspruch ein. Sie begehrte KdU in Höhe von monatlich 542,26 Euro. Denn die Bruttokaltmiete betrage 749,26 Euro monatlich (588,26 Euro zuzüglich 161,- Euro). Hinzu kämen Heizkosten in Höhe von monatlich 93,- Euro. In der Untermiete von 350,- Euro seien Stromkosten enthalten. Die Stromkosten der Klägerin beliefen sich auf 101,- Euro, der Mietanteil betrage daher (nur) 300,- Euro.
Auf Anforderung des Beklagten übermittelte die Klägerin eine Anmeldebestätigung des Bezirksamts C vom 4. Januar 2013, mit der mit Einzugsdatum 1. September 2012 der Einzug des Sohnes in eine neue Wohnung bescheinigt wurde. Daneben überreichte sie einen Untermietvertrag mit Herrn A K.
Mit Schreiben an den Beklagten vom 5. Februar 2013 erklärte die Klägerin, ihr Untermieter sei zum 1. Februar 2013 ausgezogen; sie werde sich umgehend um einen neuen Untermieter bemühen. Am 13. Februar 2013 ging bei dem Beklagten ein Schreiben des Vermieters der Klägerin, adressiert an sie und einen Herrn D, ein, ausweislich dessen die Nettokaltmiete zum 1. März 2013 um monatlich 56,34 Euro auf monatlich 644,60 Euro (Bruttokaltmiete 805,60 Euro) erhöht wurde.
Der Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 1. März 2013 für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 teilweise ab, als er der Klägerin weiter vorläufig – neben um 8,- Euro monatlich höheren Regelleistungen – KdU nunmehr in Höhe von monatlich 492,26 Euro bewilligte. Dieser Betrag ergab sich aus der monatlichen Bruttokaltmiete von 749,26 Euro abzüglich 350,- Euro Untermiete zuzüglich der Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 93,- Euro. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2013 zurück und verfügte, es würden die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Klägerin auf Antrag zu vier Zehntel erstattet. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Untermiete sei in vollem Umfang zu berücksichtigen, weil ein Nachweis über einen darin enthaltenen Energiekostenanteil nicht erbracht worden sei. Der Auszug des Sohnes der Klägerin könne erst mit dem Ausstellungsdatum der Anmeldung anerkannt werden.
Am 8. April 2013 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2012 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2013 Klage erhoben. Anträge und Begründungen würden folgen. Ihrer Klageschrift fügte sie die angefochtenen Bescheide in Kopie bei.
Mit Bescheid vom 8. April 2013 hat der Beklagte der Klägerin weiter vorläufig KdU für Februar 2013 in Höhe von 842,26 Euro und für März 2013 in Höhe von 898,60 Euro bewilligt. Grund hierfür waren der Wegfall der Untermiete einerseits und die Erhöhung der Miete andererseits.
Die anwaltlich vertretene Klägerin beantragte für Klageantrag und –begründung vier Mal eine Fristverlängerung, dies zuletzt bis zum 7. Oktober 2013.
Das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. Oktober 2013 ein gerichtliches Schreiben vom 16. Oktober 2013 folgenden Inhalts zugestellt:
Die Klage entspreche nicht den Anforderungen des § 92 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Anschließend hat das Sozialgericht den vollständigen Gesetzeswortlaut des § 92 SGG wiedergegeben und erklärt, es fehle an der Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens. Insoweit reiche die Bezeichnung der angefochtenen Bescheide nicht aus. Notwendig sei die Bezeichnung der begehrten Leistung, die so weit wie möglich zu konkretisieren sei. Bediene sich der Kläger anwaltlicher Hilfe, sei hinsichtlich der Möglichkeit der Konkretisierung ein strengerer Maßstab anzulegen. Hier sei nicht erkennbar, welche Leistungen, das heißt welcher Art und in welcher Höhe, für welchen Zeitraum begehrt würden. Eine Klagebegründung sei trotz Ankündigung und vielfacher Fristverlängerung nicht eingereicht worden. Das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigten eine Frist von einem Monat ab Zugang dieser Aufforderung gesetzt, um entsprechend der vorstehenden Aufforderung die formalen Voraussetzungen für die Klage nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG zu erfüllen. Die Frist habe nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG ausschließende Wirkung, so dass eine spätere Nachholung des Vorbringens ohne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht berücksichtigt werde. Die Klage sei dann unzulässig. Die Verfügung vom 16. Oktober 2013, mit dem die Übersendung vorgenannten Schreibens verfügt worden ist, hat der zuständige Kammervorsitzende des Sozialgerichts mit vollem Namen unterschrieben. Die Abschrift des gerichtlichen Schreibens vom 16. Oktober 2013 ist wie folgt unterschrieben: "mit freundlichen Grüßen gez. M Richter Beglaubigt P Justizbeschäftigte."
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sich innerhalb der Monatsfrist nicht bei dem Sozialgericht gemeldet. Mit ihr am 5. Dezember 2013 zugestellten Schreiben des Gerichts vom 29. November 2013 ist sie über die Absicht des Sozialgerichts in Kenntnis gesetzt worden, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Klage sei unzulässig.
Am 10. Dezember 2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darum gebeten, die aufgrund von Krankheit eingetretenen Verzögerungen zu entschuldigen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit dem wegen "Erkrankung" in Vertretung von Rechtsanwalt R unterzeichneten Schreiben hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Klageantrag gestellt und die Klage begründet. Beigefügt gewesen sind dem Schreiben drei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinsichtlich der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, wovon die erste auf den 27. September 2013 datiert, sowie eine Bestätigung des Sohnes der Klägerin über seinen Auszug (schon) am 1. September 2012.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 hat das Sozialgericht seine Absicht, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen, bekräftigt. Krankheit schließe ein Verschulden nur aus, wenn der Betroffene so schwer erkrankt sei, dass er selbst nicht handeln und auch niemanden beauftragen könne. Dies sei weder dargetan noch ersichtlich.
Durch Gerichtsbescheid vom 6. Januar 2014 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klage sei mangels Bezeichnung des Klagegegenstandes innerhalb der nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG gesetzten Ausschlussfrist unzulässig. Die Leistungen seien hier nicht hinreichend konkretisiert worden. Zwar lasse sich aus den beigefügten Bescheiden der Leistungszeitraum, nicht aber die Leistungshöhe entnehmen. Die Klage sei nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG unzulässig, ohne dass dem Gericht insoweit ein Ermessen zukomme. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 92 Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 67 SGG scheide hier aus. Krankheit der Prozessbevollmächtigten könne eine Wiedereinsetzung nur rechtfertigen, wenn die Erkrankung so schwer sei, dass die Prozessbevollmächtigte selbst nicht handeln und auch keinen anderen beauftragen konnte. Dafür sei hier nichts ersichtlich, zumal die Prozessbevollmächtigte der Klägerin offenbar im Stande gewesen sei, einen anderen Rechtsanwalt mit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages zu beauftragen. Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei dieser zuzurechnen.
Gegen den ihr am 16. Januar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 17. Februar 2014 Berufung eingelegt. Anträge und Begründungen würden folgen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nach mehrmaligen Erinnerungen am 13. November 2014 erklärt, "in Kürze" die Berufung begründen zu wollen. Am 30. März 2015 hat sie erklärt, "dass sich die Übersendung des Schriftsatzes wegen eines technischen Defektes und der dadurch erforderlichen Wiederherstellung um einige Tage verzögern" werde. Ein Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Berufungsantrag und -begründung ist bei dem Senat am 15. Februar 2016 eingegangen.
Durch Beschluss des Senats vom 29. Juli 2015 hat der Senat die Berufung gemäß § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen.
Die Klägerin hat zur Berufungsbegründung vorgetragen, die Frist sei mit dem gerichtlichen Schreiben vom 16. Oktober 2013 nicht rechtmäßig gesetzt worden, weil die mit Ausschlussfrist gesetzte Aufforderung durch den Kammervorsitzenden zu unterschreiben sei. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei indes nur eine beglaubigte Abschrift übersandt worden. Zudem hätte das Sozialgericht zur Auslegung des Klagebegehrens die Verwaltungsakte heranziehen müssen. Der streitige Sachverhalt habe sich auch aus dem Widerspruchsbescheid des Beklagten ergeben. Schließlich sei die Abweisung der Klage als unzulässig nicht zwingend.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter Abänderung des Bescheids vom 30. Oktober 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung der Klägerin in Höhe von 542,26 Euro für den Zeitraum Oktober 2012 bis Januar 2013 zu bewilligen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2014 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der angegriffene Gerichtsbescheid ist zutreffend. Die Klage ist unzulässig.
Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung ab, § 153 Abs. 2 SGG. Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen:
Zwar ist bei der Auslegung des § 92 SGG auch das sich aus Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes und aus Artikel 15 Abs. 4 der Verfassung von Berlin ergebende Gebot effektiven Rechtsschutzes zu berücksichtigen (vgl. hierzu die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 16. April 2015 – L 11 SB 244/14 – und vom 25. Juni 2015 - L 11 VU 15/15 – beide bei juris). Die Anforderungen an die hinreichende Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens dürfen nicht überspannt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist es insoweit, dass der Kläger sein Begehren angibt, also zum Beispiel den Verwaltungsakt bezeichnet, den das Gericht aufheben oder zu dem das Gericht verurteilen soll, die Feststellung, die das Gericht treffen soll, oder die Leistung, die begehrt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 92, Rn. 8 m. w. N.). Die zwingenden Anforderungen des § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG zum Klagebegehren können schon dann erfüllt sein, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben oder wenigstens umrissen ist, da die Regelung zum "bestimmten Antrag" nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist (Bayerisches LSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – L 8 SO 75/11 – juris; Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 92, Rn. 3). Im Regelfall, der Klage gegen eine Verwaltungsentscheidung, reicht es hierbei aus, dass der Kläger die angegriffene Entscheidung so bezeichnet, dass das Gericht sie – und damit auch den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens – ermitteln kann.
Auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und des im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigenden Meistbegünstigungsprinzips (vgl. dazu z. B. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – juris - und vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R – juris - jeweils m. w. N.) ließ sich im vorliegenden Einzelfall der Gegenstand des Klagebegehrens bis zum Eingang des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10. Dezember 2013, der außerhalb der Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG eingegangen und damit unbeachtlich ist, weder den Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nebst den von ihr eingereichten Unterlagen, noch aus den sonstigen Erklärungen des Klägerin oder den Verwaltungsakten (BSG, Urteil vom 22. März 1988 – 8/5a RKn 11/87 –, juris Rn. 11; Leitherer, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.) hinreichend deutlich entnehmen. Zwar hat sie ihrer Klageschrift die angefochtenen Bescheide beigefügt. Den Verwaltungsakten des Beklagten dürfte sich auch in hinreichender Deutlichkeit entnehmen lassen, dass es der Klägerin um die Höhe der ihr bewilligten KdU ging. Indes ist vorliegend zu beachten, dass der Beklagte bereits dem Widerspruch der Klägerin teilweise abgeholfen und während des Klageverfahrens mit Bescheid vom 8. April 2013 für die Monate Februar und März 2013 in erheblichem Umfang KdU nachbewilligt hat. Unklar war bei dieser Sachlage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin ihren Widerspruchsvortrag – Auszug des Sohnes, Energiekostenanteil in der Untermiete – aufrechterhalten wollte und ob es mit der Nachbewilligung mit Bescheid vom 1. März 2013 für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 oder mit der Nachbewilligung durch Bescheid vom 8. April 2013 für die Monate Februar und März 2013 ganz oder teilweise sein Bewenden haben sollte, was hinsichtlich des letztgenannten Bescheides und der Monate Februar und März 2013 ausweislich des Antrages vom 10. Dezember 2013 hier der Fall ist. Bei dieser Sachlage war das Klagebegehren hinsichtlich der Höhe der begehrten Leistungen sowie in zeitlicher Hinsicht nicht ausreichend konkretisiert. Daher war es im vorliegenden Einzelfall auch nicht ausreichend, dass sich der Lebenssachverhalt aus dem Widerspruchsbescheid ergeben haben mag.
Das Sozialgericht hat auch das ihm im Hinblick auf das Setzen der Ausschlussfrist gemäß § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Namentlich hat das Sozialgericht ausweislich des gerichtlichen Schreibens vom 16. Oktober 2013 das Vorhandensein anwaltlicher Vertretung und damit einen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt berücksichtigt (vgl. etwa die Gesetzesbegründung: BR-Drucks. 820/07, S. 22). Auch den Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst Klageantrag und –begründung in Aussicht gestellt und insoweit mehrfach Fristverlängerung beantragt hat, hat das Sozialgericht zu Recht berücksichtigt.
Die Ausschlussfrist hat das Sozialgericht auch der Form genügend gesetzt. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin insoweit auf ein Urteil des BSG vom 1. Juli 2010 (B 13 R 58/09 R – juris). Für die Betreibensaufforderung hat das BSG darin klargestellt, sie müsse nicht nur vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben sein, sondern auch die gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift müsse diesen Umstand erkennen lassen, das heißt durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt. Hier hat der zuständige Richter die Verfügung des gerichtlichen Schreibens, mit dem der Klägerin die Ausschlussfrist gesetzt worden ist, mit vollem Namen unterschrieben. Die beglaubigte Abschrift des gerichtlichen Schreibens vom 16. Oktober 2013 weist den vollen Namen des Richters aus. Soweit die Klägerin annehmen sollte, auch die ihr zugestellte Abschrift müsse vom Richter mit vollem Namen unterschrieben sein, beruht dies auf einem Missverständnis der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Zutreffend hat das Sozialgericht auch eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 67 SGG abgelehnt. Auch insoweit kann der Senat auf die zutreffenden Gründe in der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG verweisen.
Mit fruchtlosem Ablauf der vom Sozialgericht gesetzten Frist war die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. nur Binder in Lüdtke, Sozialgerichtsgesetz, 4. Auflage 2012, § 92, Rn. 15). Ermessen insoweit bestand nicht. Dies ergibt sich bereits aus den gesetzgeberischen Erwägungen zur Neufassung des § 92 SGG (vgl. BR-Drucks. 820/07, S. 22; "Eine Verletzung der in § 92 genannten Erfordernisse macht die Klage unzulässig, soweit es sich nicht nur um Soll-Bestimmungen handelt oder der Mangel jedenfalls bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung bzw. – wenn dem Kläger dafür nach Abs. 2 Satz 2 eine Ausschlussfrist gesetzt wurde – bis zu deren Ablauf beseitigt wird [ ]). Auch der Verweis in den gesetzgeberischen Motiven auf die Parallelvorschrift des § 82 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) spricht gegen ein Ermessen, weil auch zu § 82 Abs. 2 VwGO angenommen wird, dass die Klage bei fruchtlosem Fristablauf ohne weiteres unzulässig ist (vgl. nur Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, § 82, Rn. 11).
Nachdem das Sozialgericht die Klage demnach zu Recht als unzulässig abgewiesen hat, kam hier auch nicht die hilfsweise Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 SGG in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2013 getroffene Kostenentscheidung war insoweit unangetastet zu lassen, als der Beklagte hiermit eine für die Klägerin teilweise begünstigende Regelung getroffen hat. Der begünstigende Teil der Kostengrundentscheidung des Widerspruchsbescheides ist bei verständiger Würdigung des Klagebegehrens nicht Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens gewesen und somit in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Januar 2013.
Die 1959 geborene Klägerin bezog auch im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Bereits mit Schreiben vom 12. März 2012 hatte sie dem Beklagten erklärt, ihr 1987 geborener Sohn wohne gemeinsam mit ihr in einer Wohnung, gehöre indes nicht zur Bedarfsgemeinschaft, da er keine Leistungen von dem Beklagten beziehe und einer geregelten Arbeit nachgehe. Von ihm erhalte sie eine Miete in Höhe von monatlich 320,- Euro. Mit Schreiben vom 10. September 2012 erklärte sie dem Beklagten, ihr Sohn sei zum 1. September 2012 ausgezogen. Seitdem habe sie einen neuen Untermieter, von dem sie monatlich 350,- Euro Miete erhalte. Dieser erhalte keine Sozialleistungen; man lebe in einer "Hausgemeinschaft".
Die Wohnung der Klägerin war rund 115 m² groß. Die monatliche Nettokaltmiete belief sich auf 588,26 Euro. Daneben waren monatlich eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 161,- Euro und eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 93,- Euro zu zahlen.
Anlässlich ihrer Antragstellung für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 erklärte sie, vom 26. November 2012 bis 1. Januar 2013 als Kunsthandwerkerin auf dem Weihnachtsmarkt selbständig tätig zu sein.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 30. Oktober 2012 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 628,63 Euro, wovon 374,- Euro auf die Regelleistung und 254,63 Euro auf KdU entfielen. Einkommen aus selbständiger Tätigkeit rechnete der Beklagte nicht an. Der Betrag für die KdU ermittelte sich wie folgt: Der Beklagte ging von der vollen Nettokaltmiete von 588,26 Euro aus, von der er die Untermiete von 350,- Euro abzog. Des Weiteren berücksichtigte er Betriebskosten in Höhe von 178,- Euro und Heizkosten in Höhe von 93,- Euro. Den Gesamtbetrag von 509,26 Euro teilte er durch 2, weil er annahm, auch der Sohn der Klägerin lebe weiterhin in derselben Wohnung.
Gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2012 legte die Klägerin hinsichtlich der Höhe der bewilligten KdU Widerspruch ein. Sie begehrte KdU in Höhe von monatlich 542,26 Euro. Denn die Bruttokaltmiete betrage 749,26 Euro monatlich (588,26 Euro zuzüglich 161,- Euro). Hinzu kämen Heizkosten in Höhe von monatlich 93,- Euro. In der Untermiete von 350,- Euro seien Stromkosten enthalten. Die Stromkosten der Klägerin beliefen sich auf 101,- Euro, der Mietanteil betrage daher (nur) 300,- Euro.
Auf Anforderung des Beklagten übermittelte die Klägerin eine Anmeldebestätigung des Bezirksamts C vom 4. Januar 2013, mit der mit Einzugsdatum 1. September 2012 der Einzug des Sohnes in eine neue Wohnung bescheinigt wurde. Daneben überreichte sie einen Untermietvertrag mit Herrn A K.
Mit Schreiben an den Beklagten vom 5. Februar 2013 erklärte die Klägerin, ihr Untermieter sei zum 1. Februar 2013 ausgezogen; sie werde sich umgehend um einen neuen Untermieter bemühen. Am 13. Februar 2013 ging bei dem Beklagten ein Schreiben des Vermieters der Klägerin, adressiert an sie und einen Herrn D, ein, ausweislich dessen die Nettokaltmiete zum 1. März 2013 um monatlich 56,34 Euro auf monatlich 644,60 Euro (Bruttokaltmiete 805,60 Euro) erhöht wurde.
Der Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 1. März 2013 für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 teilweise ab, als er der Klägerin weiter vorläufig – neben um 8,- Euro monatlich höheren Regelleistungen – KdU nunmehr in Höhe von monatlich 492,26 Euro bewilligte. Dieser Betrag ergab sich aus der monatlichen Bruttokaltmiete von 749,26 Euro abzüglich 350,- Euro Untermiete zuzüglich der Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 93,- Euro. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2013 zurück und verfügte, es würden die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Klägerin auf Antrag zu vier Zehntel erstattet. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Untermiete sei in vollem Umfang zu berücksichtigen, weil ein Nachweis über einen darin enthaltenen Energiekostenanteil nicht erbracht worden sei. Der Auszug des Sohnes der Klägerin könne erst mit dem Ausstellungsdatum der Anmeldung anerkannt werden.
Am 8. April 2013 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2012 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2013 Klage erhoben. Anträge und Begründungen würden folgen. Ihrer Klageschrift fügte sie die angefochtenen Bescheide in Kopie bei.
Mit Bescheid vom 8. April 2013 hat der Beklagte der Klägerin weiter vorläufig KdU für Februar 2013 in Höhe von 842,26 Euro und für März 2013 in Höhe von 898,60 Euro bewilligt. Grund hierfür waren der Wegfall der Untermiete einerseits und die Erhöhung der Miete andererseits.
Die anwaltlich vertretene Klägerin beantragte für Klageantrag und –begründung vier Mal eine Fristverlängerung, dies zuletzt bis zum 7. Oktober 2013.
Das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. Oktober 2013 ein gerichtliches Schreiben vom 16. Oktober 2013 folgenden Inhalts zugestellt:
Die Klage entspreche nicht den Anforderungen des § 92 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Anschließend hat das Sozialgericht den vollständigen Gesetzeswortlaut des § 92 SGG wiedergegeben und erklärt, es fehle an der Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens. Insoweit reiche die Bezeichnung der angefochtenen Bescheide nicht aus. Notwendig sei die Bezeichnung der begehrten Leistung, die so weit wie möglich zu konkretisieren sei. Bediene sich der Kläger anwaltlicher Hilfe, sei hinsichtlich der Möglichkeit der Konkretisierung ein strengerer Maßstab anzulegen. Hier sei nicht erkennbar, welche Leistungen, das heißt welcher Art und in welcher Höhe, für welchen Zeitraum begehrt würden. Eine Klagebegründung sei trotz Ankündigung und vielfacher Fristverlängerung nicht eingereicht worden. Das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigten eine Frist von einem Monat ab Zugang dieser Aufforderung gesetzt, um entsprechend der vorstehenden Aufforderung die formalen Voraussetzungen für die Klage nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG zu erfüllen. Die Frist habe nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG ausschließende Wirkung, so dass eine spätere Nachholung des Vorbringens ohne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht berücksichtigt werde. Die Klage sei dann unzulässig. Die Verfügung vom 16. Oktober 2013, mit dem die Übersendung vorgenannten Schreibens verfügt worden ist, hat der zuständige Kammervorsitzende des Sozialgerichts mit vollem Namen unterschrieben. Die Abschrift des gerichtlichen Schreibens vom 16. Oktober 2013 ist wie folgt unterschrieben: "mit freundlichen Grüßen gez. M Richter Beglaubigt P Justizbeschäftigte."
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sich innerhalb der Monatsfrist nicht bei dem Sozialgericht gemeldet. Mit ihr am 5. Dezember 2013 zugestellten Schreiben des Gerichts vom 29. November 2013 ist sie über die Absicht des Sozialgerichts in Kenntnis gesetzt worden, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Klage sei unzulässig.
Am 10. Dezember 2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darum gebeten, die aufgrund von Krankheit eingetretenen Verzögerungen zu entschuldigen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit dem wegen "Erkrankung" in Vertretung von Rechtsanwalt R unterzeichneten Schreiben hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Klageantrag gestellt und die Klage begründet. Beigefügt gewesen sind dem Schreiben drei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinsichtlich der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, wovon die erste auf den 27. September 2013 datiert, sowie eine Bestätigung des Sohnes der Klägerin über seinen Auszug (schon) am 1. September 2012.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 hat das Sozialgericht seine Absicht, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen, bekräftigt. Krankheit schließe ein Verschulden nur aus, wenn der Betroffene so schwer erkrankt sei, dass er selbst nicht handeln und auch niemanden beauftragen könne. Dies sei weder dargetan noch ersichtlich.
Durch Gerichtsbescheid vom 6. Januar 2014 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klage sei mangels Bezeichnung des Klagegegenstandes innerhalb der nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG gesetzten Ausschlussfrist unzulässig. Die Leistungen seien hier nicht hinreichend konkretisiert worden. Zwar lasse sich aus den beigefügten Bescheiden der Leistungszeitraum, nicht aber die Leistungshöhe entnehmen. Die Klage sei nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG unzulässig, ohne dass dem Gericht insoweit ein Ermessen zukomme. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 92 Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 67 SGG scheide hier aus. Krankheit der Prozessbevollmächtigten könne eine Wiedereinsetzung nur rechtfertigen, wenn die Erkrankung so schwer sei, dass die Prozessbevollmächtigte selbst nicht handeln und auch keinen anderen beauftragen konnte. Dafür sei hier nichts ersichtlich, zumal die Prozessbevollmächtigte der Klägerin offenbar im Stande gewesen sei, einen anderen Rechtsanwalt mit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages zu beauftragen. Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei dieser zuzurechnen.
Gegen den ihr am 16. Januar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 17. Februar 2014 Berufung eingelegt. Anträge und Begründungen würden folgen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nach mehrmaligen Erinnerungen am 13. November 2014 erklärt, "in Kürze" die Berufung begründen zu wollen. Am 30. März 2015 hat sie erklärt, "dass sich die Übersendung des Schriftsatzes wegen eines technischen Defektes und der dadurch erforderlichen Wiederherstellung um einige Tage verzögern" werde. Ein Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Berufungsantrag und -begründung ist bei dem Senat am 15. Februar 2016 eingegangen.
Durch Beschluss des Senats vom 29. Juli 2015 hat der Senat die Berufung gemäß § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen.
Die Klägerin hat zur Berufungsbegründung vorgetragen, die Frist sei mit dem gerichtlichen Schreiben vom 16. Oktober 2013 nicht rechtmäßig gesetzt worden, weil die mit Ausschlussfrist gesetzte Aufforderung durch den Kammervorsitzenden zu unterschreiben sei. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei indes nur eine beglaubigte Abschrift übersandt worden. Zudem hätte das Sozialgericht zur Auslegung des Klagebegehrens die Verwaltungsakte heranziehen müssen. Der streitige Sachverhalt habe sich auch aus dem Widerspruchsbescheid des Beklagten ergeben. Schließlich sei die Abweisung der Klage als unzulässig nicht zwingend.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter Abänderung des Bescheids vom 30. Oktober 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung der Klägerin in Höhe von 542,26 Euro für den Zeitraum Oktober 2012 bis Januar 2013 zu bewilligen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2014 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der angegriffene Gerichtsbescheid ist zutreffend. Die Klage ist unzulässig.
Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung ab, § 153 Abs. 2 SGG. Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen:
Zwar ist bei der Auslegung des § 92 SGG auch das sich aus Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes und aus Artikel 15 Abs. 4 der Verfassung von Berlin ergebende Gebot effektiven Rechtsschutzes zu berücksichtigen (vgl. hierzu die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 16. April 2015 – L 11 SB 244/14 – und vom 25. Juni 2015 - L 11 VU 15/15 – beide bei juris). Die Anforderungen an die hinreichende Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens dürfen nicht überspannt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist es insoweit, dass der Kläger sein Begehren angibt, also zum Beispiel den Verwaltungsakt bezeichnet, den das Gericht aufheben oder zu dem das Gericht verurteilen soll, die Feststellung, die das Gericht treffen soll, oder die Leistung, die begehrt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 92, Rn. 8 m. w. N.). Die zwingenden Anforderungen des § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG zum Klagebegehren können schon dann erfüllt sein, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben oder wenigstens umrissen ist, da die Regelung zum "bestimmten Antrag" nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist (Bayerisches LSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – L 8 SO 75/11 – juris; Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 92, Rn. 3). Im Regelfall, der Klage gegen eine Verwaltungsentscheidung, reicht es hierbei aus, dass der Kläger die angegriffene Entscheidung so bezeichnet, dass das Gericht sie – und damit auch den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens – ermitteln kann.
Auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und des im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigenden Meistbegünstigungsprinzips (vgl. dazu z. B. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – juris - und vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R – juris - jeweils m. w. N.) ließ sich im vorliegenden Einzelfall der Gegenstand des Klagebegehrens bis zum Eingang des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10. Dezember 2013, der außerhalb der Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG eingegangen und damit unbeachtlich ist, weder den Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nebst den von ihr eingereichten Unterlagen, noch aus den sonstigen Erklärungen des Klägerin oder den Verwaltungsakten (BSG, Urteil vom 22. März 1988 – 8/5a RKn 11/87 –, juris Rn. 11; Leitherer, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.) hinreichend deutlich entnehmen. Zwar hat sie ihrer Klageschrift die angefochtenen Bescheide beigefügt. Den Verwaltungsakten des Beklagten dürfte sich auch in hinreichender Deutlichkeit entnehmen lassen, dass es der Klägerin um die Höhe der ihr bewilligten KdU ging. Indes ist vorliegend zu beachten, dass der Beklagte bereits dem Widerspruch der Klägerin teilweise abgeholfen und während des Klageverfahrens mit Bescheid vom 8. April 2013 für die Monate Februar und März 2013 in erheblichem Umfang KdU nachbewilligt hat. Unklar war bei dieser Sachlage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin ihren Widerspruchsvortrag – Auszug des Sohnes, Energiekostenanteil in der Untermiete – aufrechterhalten wollte und ob es mit der Nachbewilligung mit Bescheid vom 1. März 2013 für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 oder mit der Nachbewilligung durch Bescheid vom 8. April 2013 für die Monate Februar und März 2013 ganz oder teilweise sein Bewenden haben sollte, was hinsichtlich des letztgenannten Bescheides und der Monate Februar und März 2013 ausweislich des Antrages vom 10. Dezember 2013 hier der Fall ist. Bei dieser Sachlage war das Klagebegehren hinsichtlich der Höhe der begehrten Leistungen sowie in zeitlicher Hinsicht nicht ausreichend konkretisiert. Daher war es im vorliegenden Einzelfall auch nicht ausreichend, dass sich der Lebenssachverhalt aus dem Widerspruchsbescheid ergeben haben mag.
Das Sozialgericht hat auch das ihm im Hinblick auf das Setzen der Ausschlussfrist gemäß § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Namentlich hat das Sozialgericht ausweislich des gerichtlichen Schreibens vom 16. Oktober 2013 das Vorhandensein anwaltlicher Vertretung und damit einen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt berücksichtigt (vgl. etwa die Gesetzesbegründung: BR-Drucks. 820/07, S. 22). Auch den Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst Klageantrag und –begründung in Aussicht gestellt und insoweit mehrfach Fristverlängerung beantragt hat, hat das Sozialgericht zu Recht berücksichtigt.
Die Ausschlussfrist hat das Sozialgericht auch der Form genügend gesetzt. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin insoweit auf ein Urteil des BSG vom 1. Juli 2010 (B 13 R 58/09 R – juris). Für die Betreibensaufforderung hat das BSG darin klargestellt, sie müsse nicht nur vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben sein, sondern auch die gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift müsse diesen Umstand erkennen lassen, das heißt durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt. Hier hat der zuständige Richter die Verfügung des gerichtlichen Schreibens, mit dem der Klägerin die Ausschlussfrist gesetzt worden ist, mit vollem Namen unterschrieben. Die beglaubigte Abschrift des gerichtlichen Schreibens vom 16. Oktober 2013 weist den vollen Namen des Richters aus. Soweit die Klägerin annehmen sollte, auch die ihr zugestellte Abschrift müsse vom Richter mit vollem Namen unterschrieben sein, beruht dies auf einem Missverständnis der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Zutreffend hat das Sozialgericht auch eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 67 SGG abgelehnt. Auch insoweit kann der Senat auf die zutreffenden Gründe in der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG verweisen.
Mit fruchtlosem Ablauf der vom Sozialgericht gesetzten Frist war die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. nur Binder in Lüdtke, Sozialgerichtsgesetz, 4. Auflage 2012, § 92, Rn. 15). Ermessen insoweit bestand nicht. Dies ergibt sich bereits aus den gesetzgeberischen Erwägungen zur Neufassung des § 92 SGG (vgl. BR-Drucks. 820/07, S. 22; "Eine Verletzung der in § 92 genannten Erfordernisse macht die Klage unzulässig, soweit es sich nicht nur um Soll-Bestimmungen handelt oder der Mangel jedenfalls bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung bzw. – wenn dem Kläger dafür nach Abs. 2 Satz 2 eine Ausschlussfrist gesetzt wurde – bis zu deren Ablauf beseitigt wird [ ]). Auch der Verweis in den gesetzgeberischen Motiven auf die Parallelvorschrift des § 82 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) spricht gegen ein Ermessen, weil auch zu § 82 Abs. 2 VwGO angenommen wird, dass die Klage bei fruchtlosem Fristablauf ohne weiteres unzulässig ist (vgl. nur Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, § 82, Rn. 11).
Nachdem das Sozialgericht die Klage demnach zu Recht als unzulässig abgewiesen hat, kam hier auch nicht die hilfsweise Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 SGG in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2013 getroffene Kostenentscheidung war insoweit unangetastet zu lassen, als der Beklagte hiermit eine für die Klägerin teilweise begünstigende Regelung getroffen hat. Der begünstigende Teil der Kostengrundentscheidung des Widerspruchsbescheides ist bei verständiger Würdigung des Klagebegehrens nicht Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens gewesen und somit in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
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