L 13 SB 291/15 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 125 SB 137/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 291/15 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 5. Oktober 2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger erhielt am 24. Juli 2009 einen Bescheid der Beklagten, der wörtlich folgenden Text enthielt:

"Bescheid über die Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung und weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sowie über die Ausstellung eines Ausweises nach § 69 Abs. 1, 4 und 5 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen in der Fassung vom 19. Juni 2001 (BGBl. S. 1046 ff).

Feststellungen:

Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 30.

Die Funktionsbeeinträchtigung hat zu einer dauerhaften Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt.

Begründung:

Bei Ihnen liegen folgende Funktionsbeeinträchtigungen gemäß § 69 Abs. 1 – 3 SGB IX vor:

a) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule b) Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts; Funktionsbehinderung der Finger beidseitig c) Knorpelschäden am Kniegelenk beidseitig; Funktionsstörung durch Fußfehlform beidseitig

Weitere Funktionsbeeinträchtigungen bzw. gesundheitliche Merkmale liegen nach unseren Erkenntnissen nicht vor und können deshalb nicht festgestellt werden."

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 30. November 2010 zurückgewiesen wurde. Eine anschließend zum Aktenzeichen S 139 SB 9/11 geführte Klage, die sich allein auf den Grad der Behinderung (GdB) bezog, hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 18. Juni 2015 abgewiesen. Eine Berufung hiergegen ist vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen L 13 SB 230/15 anhängig.

Am 12. Januar 2015 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin wegen Untätigkeit erhoben. Er hat geltend gemacht, der Beklagte habe ohne zureichenden Grund den Antrag des Klägers über die Zuerkennung von Merkzeichen nicht beschieden.

Mit Beschluss vom 5. Oktober 2015 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg: Der Beklagte habe bereits mit seinem Bescheid vom 24. Juli 2009 auch den Antrag des Klägers auf Gewährung von Nachteilsausgleichen oder Merkzeichen in der Sache beschieden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er ist der Meinung, der Verfügungssatz des Bescheides vom 24. Juli 2009 habe nur den Grad der Behinderung umfasst, nicht jedoch Nachteilsausgleiche bzw. Merkzeichen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bindungswirkung von Bescheiden komme es allein auf den Inhalt des Verfügungssatzes an, nicht jedoch auf die Bescheidbegründung.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie hat jedoch in der Sache selbst keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt, denn die Untätigkeitsklage nach § 75 SGG besitzt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es lag bereits bei Klageerhebung und auch zu einem späteren Zeitpunkt keine Untätigkeit vor, weil der Beklagte bereits mit Bescheid vom 24. Juli 2009 den Antrag des Klägers auf Gewährung von Nachteilsausgleichen bzw. Merkzeichen beschieden hatte. Dabei musste der Bescheid ausgelegt werden. Bereits aus dem Eingangssatz des Bescheides, der seinen Gegenstand umschreibt, geht hervor, dass der Bescheid über die Feststellung einer Behinderung, des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen ergeht. Entgegen der Auffassung des Klägers bewegt sich der Beklagte bei der Wortwahl innerhalb des gesetzlichen Rahmens, denn § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch/Neuntes Buch (SGB IX) spricht ausdrücklich von dem Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind. Hiermit sind die häufig so bezeichneten Merkzeichen gemeint. Entgegen der Auffassung des Klägers trifft der Bescheid auch hierüber Feststellungen in seinen Verfügungssätzen. Dabei ist der Bescheid so aufgebaut, dass zunächst in zwei Verfügungssätzen eine Feststellung zum GdB in Höhe von 30 und zu der Funktionsbeeinträchtigung, die zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat, getroffen wird. Anschließend folgt hierzu die Begründung, in dem unter a, b und c die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen benannt werden.

Danach folgt ein weiterer Verfügungssatz, der sich diesmal auf das Vorliegen weiterer Funktionsbeeinträchtigungen und auf das Fehlen der vorliegenden gesundheitlichen Merkmale bezieht. Damit lehnt der Beklagte einerseits das Vorliegen weiterer Funktionsbeeinträchtigungen und die Feststellung eines höheren GdB ab – hiergegen richtet sich das noch anhängige Rechtsmittelverfahren in der Sache selbst -, er trifft aber gleichzeitig auch eine Entscheidung über das Nichtvorliegen der gesundheitlichen Merkmale im Sinne von § 69 Abs. 4 SGB IX.

Kritisch anzumerken ist allenfalls, dass der Beklagte im Hinblick auf diesen weiteren – ablehnenden – Verfügungssatz keine weitere Begründung folgen lässt; dies ändert allerdings nichts daran, dass er mit dem Bescheid die Feststellung von weiteren gesundheitlichen Merkmalen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen abgelehnt und damit den Antrag des Klägers beschieden hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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