Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 26 SB 344/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 42/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 5. Dezember 2014 geändert sowie der Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 verpflichtet, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 60 ab dem 29. März 2016 festzustellen. Der Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligen streiten noch über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Im Jahr 2010 war bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt worden. Den Änderungsantrag des Klägers vom 18. Oktober 2010, mit dem er auch das Merkzeichen G verfolgte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 ab. Hierbei legte er folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
1. Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche beidseits (Einzel-GdB von 30), 2. Ekzem, Psoriasis (Einzel-GdB von 20), 3. entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung (Einzel-GdB von 10), 4. Funktionsstörung des linken Kniegelenks (Einzel-GdB von 10).
Mit der bei dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat der Kläger einen Grad der Behinderung von mindestens 50 und die Zuerkennung des Merkzeichens G begehrt. Nach Einholung von Befundberichten, insbesondere des Befundberichts des Nervenarztes F vom 29. Dezember 2011, hat das Sozialgericht das Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin B vom 28. Juli 2014 eingeholt, der den Gesamt-GdB auf 30 eingeschätzt hat. Hierbei hat der Sachverständige folgende Funktionsbeeinträchtigungen ermittelt:
1. Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Einzel-GdB von 30), 2. Schuppenflechte mit Gelenkbefall (Einzel-GdB von 20), 3. Belastungsbeschwerden des linken Knie- und Sprunggelenks (Einzel-GdB von 10).
Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2014 abgewiesen. Es ist hierbei dem Sachverständigen im Wesentlichen gefolgt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren zunächst weiter verfolgt hat.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C vom 31. März 2016, der nach Untersuchung des Klägers am 29. März 2016 den bei ihm festzustellenden GdB mit 60 eingeschätzt hat. Der Sachverständige hat folgende Behinderungen ermittelt:
1. Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Einzel-GdB von 30), 2. Schuppenflechte mit Gelenkbefall (Einzel-GdB von 20), 3. Belastungsbeschwerden des linken Knie- und Sprunggelenks (Einzel-GdB von 10), 4. hirnorganische Funktionsstörung (Einzel-GdB von 40).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13. Juli 2015 hat der Kläger sein Begehren auf die Feststellung eines GdB von 60 ab dem 29. März 2016 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 5. Dezember 2014 zu ändern sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2011 in Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 zu verpflichten, bei ihm einen Grad der Behinderung von 60 ab dem 29. März 2016 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist.
Er ist der Ansicht, dass die sozialgerichtliche Entscheidung zutreffend ist. Hierzu bezieht er sich auf die Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. B vom 6. Mai 2016.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist, nachdem die Kläger sein Begehren auf die Feststellung eines GdB von 60 ab dem 29. März 2016 beschränkt hat, in diesem Umfang begrün-det.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Heranzuziehen sind hierbei die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze".
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. C leidet der Kläger an einer hirn-organischen Funktionsstörung, die sich im Alltag nur gering auswirkt. Der Senat folgt dem Vorschlag des Gutachters, diesen Hirnschaden mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten. Angesichts der in dem Gutachten beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten des Klägers hält es der Senat für angemessen, den oberen Wert des in Teil B Nr. 3.1.1 der Anlage zu § 2 VersMedV für Hirnschäden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung vorgesehenen GdB-Rahmens von 30 bis 40 einzusetzen. Den Einwänden der Versorgungsärztin Dr. B gegen die Höhe des Einzel-GdB ist schon deshalb nicht zu folgen, weil sie den Kläger im Gegensatz zu dem Sachver-ständigen nicht untersucht hat. Auch beziehen sich die versorgungsärztlichen Ausführungen nicht auf Hirnschäden, sondern auf Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen im Sinne des Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV, die hier nicht in Rede stehen.
Die Bewertung der übrigen Behinderungen des Klägers, der Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen mit einem Einzel-GdB von 30, der Schuppenflechte mit Gelenkbefall mit einem Einzel-GdB von 20 und der Belastungsbeschwerden des linken Knie- und Sprunggelenks mit einem Einzel-GdB von 10, steht zwischen den Beteiligten – zu Recht – nicht im Streit.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Der höchste Einzel-GdB von 40 für die Hirnschäden ist im Hinblick auf die mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewertende Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen und die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Schuppenflechte mit Gelenkbefall um jeweils einen Zehnergrad zu erhöhen, da sich die Behinderungen nach den Feststellungen des Sachverständigen nur wenig überlappen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den gegenseitigen Grad des Unterliegens der Beteiligten.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligen streiten noch über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Im Jahr 2010 war bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt worden. Den Änderungsantrag des Klägers vom 18. Oktober 2010, mit dem er auch das Merkzeichen G verfolgte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 ab. Hierbei legte er folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
1. Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche beidseits (Einzel-GdB von 30), 2. Ekzem, Psoriasis (Einzel-GdB von 20), 3. entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung (Einzel-GdB von 10), 4. Funktionsstörung des linken Kniegelenks (Einzel-GdB von 10).
Mit der bei dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat der Kläger einen Grad der Behinderung von mindestens 50 und die Zuerkennung des Merkzeichens G begehrt. Nach Einholung von Befundberichten, insbesondere des Befundberichts des Nervenarztes F vom 29. Dezember 2011, hat das Sozialgericht das Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin B vom 28. Juli 2014 eingeholt, der den Gesamt-GdB auf 30 eingeschätzt hat. Hierbei hat der Sachverständige folgende Funktionsbeeinträchtigungen ermittelt:
1. Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Einzel-GdB von 30), 2. Schuppenflechte mit Gelenkbefall (Einzel-GdB von 20), 3. Belastungsbeschwerden des linken Knie- und Sprunggelenks (Einzel-GdB von 10).
Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2014 abgewiesen. Es ist hierbei dem Sachverständigen im Wesentlichen gefolgt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren zunächst weiter verfolgt hat.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C vom 31. März 2016, der nach Untersuchung des Klägers am 29. März 2016 den bei ihm festzustellenden GdB mit 60 eingeschätzt hat. Der Sachverständige hat folgende Behinderungen ermittelt:
1. Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Einzel-GdB von 30), 2. Schuppenflechte mit Gelenkbefall (Einzel-GdB von 20), 3. Belastungsbeschwerden des linken Knie- und Sprunggelenks (Einzel-GdB von 10), 4. hirnorganische Funktionsstörung (Einzel-GdB von 40).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13. Juli 2015 hat der Kläger sein Begehren auf die Feststellung eines GdB von 60 ab dem 29. März 2016 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 5. Dezember 2014 zu ändern sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2011 in Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 zu verpflichten, bei ihm einen Grad der Behinderung von 60 ab dem 29. März 2016 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist.
Er ist der Ansicht, dass die sozialgerichtliche Entscheidung zutreffend ist. Hierzu bezieht er sich auf die Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. B vom 6. Mai 2016.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist, nachdem die Kläger sein Begehren auf die Feststellung eines GdB von 60 ab dem 29. März 2016 beschränkt hat, in diesem Umfang begrün-det.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Heranzuziehen sind hierbei die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze".
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. C leidet der Kläger an einer hirn-organischen Funktionsstörung, die sich im Alltag nur gering auswirkt. Der Senat folgt dem Vorschlag des Gutachters, diesen Hirnschaden mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten. Angesichts der in dem Gutachten beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten des Klägers hält es der Senat für angemessen, den oberen Wert des in Teil B Nr. 3.1.1 der Anlage zu § 2 VersMedV für Hirnschäden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung vorgesehenen GdB-Rahmens von 30 bis 40 einzusetzen. Den Einwänden der Versorgungsärztin Dr. B gegen die Höhe des Einzel-GdB ist schon deshalb nicht zu folgen, weil sie den Kläger im Gegensatz zu dem Sachver-ständigen nicht untersucht hat. Auch beziehen sich die versorgungsärztlichen Ausführungen nicht auf Hirnschäden, sondern auf Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen im Sinne des Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV, die hier nicht in Rede stehen.
Die Bewertung der übrigen Behinderungen des Klägers, der Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen mit einem Einzel-GdB von 30, der Schuppenflechte mit Gelenkbefall mit einem Einzel-GdB von 20 und der Belastungsbeschwerden des linken Knie- und Sprunggelenks mit einem Einzel-GdB von 10, steht zwischen den Beteiligten – zu Recht – nicht im Streit.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Der höchste Einzel-GdB von 40 für die Hirnschäden ist im Hinblick auf die mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewertende Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen und die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Schuppenflechte mit Gelenkbefall um jeweils einen Zehnergrad zu erhöhen, da sich die Behinderungen nach den Feststellungen des Sachverständigen nur wenig überlappen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den gegenseitigen Grad des Unterliegens der Beteiligten.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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