L 27 R 524/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 R 4564/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 524/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2012 wird zurückgewiesen, soweit das Verfahren nicht abgetrennt ist. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, soweit das Verfahren nicht mit Wirkung ab 9. Dezember 2015 abgetrennt ist.

Die 1960 geborene Klägerin war nach ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau in diesem Beruf bis August 1984 tätig. Anschließend machte sie ihr Fachabitur und nahm ein Fachhochschulstudium auf, das sie ohne Abschluss abbrach. Bis Oktober 1990 war sie als hilfswissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Nach Zeiten der Kindererziehung ist die Klägerin seit Mai 2005 arbeitslos.

Im April 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auf der Grundlage der Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Neurologie R vom 15. Juni 2010, der Internistin Dr. S vom 8. März 2011 und der Ärztin für Chirurgie Dr. M vom 25. März 2011, die übereinstimmend ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten feststellten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 den Rentenantrag mit der Begründung ab, dass weder eine Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vorlägen.

Mit der Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat die Klägerin eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung begeht. Das Sozialgericht hat neben dem Befundbericht der die Klägerin behandelnden Allgemeinmedizinerin Dr. M vom 18. November 2011 das Gutachten des Facharztes für Nervenheilkunde sowie für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 20. Februar 2012 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet bei der Klägerin insbesondere eine Dysthymie und eine somatoforme Schmerzstörung festgestellt. Die Klägerin könne körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit, nach anderthalb Stunden die Haltungsarten zu wechseln, mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 22. Mai 2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt:

Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Denn nach dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Dr. H sei ihr quantitatives Leistungsvermögen nicht gemindert. Auch liege keine Berufsunfähigkeit vor. Denn sie sei mit dem festgestellten Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden in der Lage, ihren erlernten Beruf als Hotelfachfrau sechs Stunden täglich auszuüben.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Unter Vorlage diverser ärztlicher Unterlagen, u.a. des Entlassungsberichts der C vom 13. Januar 2016 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 9. Dezember 2015 bis zum 13. Januar 2016 in der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie, bringt sie vor, wegen der bei ihr bestehenden Multimorbidität nicht in der Lage zu sein, irgendwelche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für Anaesthesiologie Dr. B vom 8. Juli 2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 7. Juli 2016. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebebiet bei der Klägerin die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen und eine Somatisierungsstörung festgestellt. Quantitative Leistungseinschränkungen bestehen nach den gutachterlichen Ausführungen bei der Klägerin nicht; sie ist in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten zu bewältigen.

Der Senat hat den Rechtsstreit, soweit der den Zeitraum ab 9. Dezember 2015 betrifft, abgetrennt. Dieses Verfahren wird unter dem Az. L 27 R 932/16 fortgeführt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist nach Abtrennung des Verfahrens mit Wirkung ab 9. November 2015 das Rentenbegehren der Klägerin bis zum 8. November 2015.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid vom 13. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht der von ihr verfolgte Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu.

Die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) in der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) mit Folgeänderungen. Bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Abs. 1 und Abs. 2, jeweils Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3) haben danach Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 1 Satz 2). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 2 Satz 2). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).

Nach den vorliegenden gutachterlichen Feststellungen war die Klägerin mit dem bei ihr bestehenden Leistungsvermögen in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich eine Tätigkeit zu verrichten.

Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Urteils des Sozialgerichts; hierauf nimmt er Bezug und sieht daher von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab.

Die Ermittlungen im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin. Der Sachverständige Dr. B ist nach Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 8. Juli 2015 zu dem Schluss gelangt, dass sie über ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verfügte. Die von der Klägerin eingereichten Unterlagen, insbesondere der Entlassungsbericht der C vom 13. Januar 2016 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 9. Dezember 2015 bis zum 13. Januar 2016 in der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie, der den Anlass für die Abtrennung des Verfahrens mit Wirkung ab 9. Dezember gebildet hat, sowie die Atteste des Internisten und Pneumologen Dr. S vom 1. November 2016 und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K vom 23. September 2016, sind hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums nicht geeignet, die überzeugenden gutachtlichen Feststellungen zu erschüttern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Sache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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