L 32 AS 1079/14 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 194 AS 24219/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1079/14 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. März 2014 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreites ist die Aufhebung eines Sanktionsbescheides mit einer 10-prozentigen Minderung der Grundsicherungsleistungen an die Klägerin in Höhe von 38,20 EUR für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2013.

Das Sozialgericht Berlin hat mit dem Gerichtsbescheid vom 17. März 2014 die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 20. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2013 verbunden mit dem Begehren der Zahlung von 38,20 EUR für drei Monate abgewiesen. Rechtsgrundlage sei § 32 SGB II. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, denn die Klägerin sei nicht der Einladung vom 20. August 2013, am 27. August 2013, 10:00 Uhr, in der Arbeitsvermittlung zu erscheinen, gefolgt. In der Einladung seien der Vorsprachegrund, Besprechung der aktuellen beruflichen Situation und der Bewerbungskostenanträge, konkret benannt und auf die Rechtsfolgen bei Nichterscheinen sowie die Möglichkeit der Reisekostenerstattung hingewiesen worden. Die Klägerin habe als wichtigen Grund angeführt, dass seit 2007 drei klärende Bürogespräche stattgefunden hätten und sie sei seit 2004 als ordentliche Arbeitssuchende geführt und dieser "Vertragsteil" verlängere sich mit jedem Bewilligungsbescheid, bis sie ein Arbeitsvertrag geschlossen sei. Ein weiterer Klärungsbedarf bestehe nicht. Diese Ausführungen genügten nicht für einen wichtigen Grund, da nicht das Bedürfnis der Klägerin maßgeblich sei. Dem Eingliederungsauftrag der Beklagten und den dabei bestehenden Mitwirkungspflichten für die Arbeitsuchenden könne sich die Klägerin nicht unter Hinweis auf die Gespräche in sechs Jahren entziehen. Ein schikanöses Vorgehen der Beklagten sei nicht ersichtlich. Auch der Erlass einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt am 20. August 2013 stehe dem nicht entgegen. Andere Anhaltspunkte für das vorliegen eines objektiv wichtigen Grundes seien nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das Urteil wurde der Klägerin am 20. März 2014 zugestellt.

Mit ihrer am 24. April 2014 beim Sozialgericht Berlin eingelegten und am 30. April 2014 beim Landessozialgericht eingegangenen Beschwerde an die "SG-Betriebsleitung" vom 14. April 2014 gegen die Nichtzulassung der Berufung machte die Klägerin eine einfache Lösung ohne unnötig aufwändige Bearbeitung und umgehende Nachzahlung geltend. Dazu rügt sie als Verfahrensmangel grobe Bearbeitungsverstöße im "Richterinnentext". Zudem habe die Sache für sie auch grundsätzliche Bedeutung, denn ihr stehe das Geld pünktlich und vollständig zu. Sie wendet sich gegen eine fehlerhafte Verfahrensführung der Beklagten, insbesondere gegen den repressiven Melderechtstext. Ein solcher habe wegen eines Abhilfebescheides nicht mehr verwendet werden dürfen, worauf im Gerichtsbescheid nicht eingegangen worden sei. Der Gerichtsbescheid unterschlage auch das Antwortschreiben der Klägerin zur Mitteilung eines wichtigen Grundes. Ihr wichtiger Grund sei gewesen: "Die falsche ‚neue‘ Fachvermittlung solle bitte erst richtig, auch in der Rechtsstelle geklärt werden, was ausblieb". Obwohl die Richterin aus einem Erörterungstermin 2011 den veralteten, schikanösen Melderechtstext und die "Übersicht zum Leistungsschädigungsmuster" gekannt habe, fehle dazu im Gerichtsbescheid jeglicher Bezug. Im Gerichtsbescheid werde auch die laufende und brauchbare Eingliederungsvereinbarung 2007 mit vereinbartem Abrechnungsmodus bzgl Bewerbungskosten und laufender Zuarbeit, zur Datenverarbeitung aus der Bewerbungsarbeit unterschlagen. Unverständlich sei, dass im Gerichtsbescheid von Verpflichtungsklage statt von einfacher Nachzahlungsklage gesprochen werde. Die Klägerin beanstandet, dass die Sanktion nicht habe zulässig begründet werden können. Ohne Rechtsarbeit im Gericht werde die Nachzahlung nicht kommen. Obwohl es nur um eine einfache Nachzahlungsklage gehe, sei die Nachzahlung noch nicht ausgelöst. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift vom 14. April 2014 und im Schreiben vom 3. Juli 2014 in der Gerichtsakte gemäß § 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG Bezug genommen.

Auf den Hinweis des Senats auf eine Versäumung der Beschwerdefrist führte die Klägerin u a aus, sie habe keine Versäumnisse. Ihr seien seit 2006 die Bearbeitungszeiten als Klägerin bekannt aus den brauchbaren Rechtsbehelfstexten des Sozialgerichts. Es könne sich nur um einen Schreibfehler handeln. Richtig könnte ihr Schreiben "am 30.03.2014 ans SG gegangen sein". Eventuell liege seitens des Senats ein Bearbeitungsversehen und eine Verwechslung mit einem anderen Kläger gleichen Namens vor. Sie habe die Bearbeitungszeiten als Klägerin immer eingehalten. "Rechtsablehnungen" könnten auch bei Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Berufung auch an das SG geschickt werden. Durch das SG erfolge dann der Versand "an die LSG-Partner". Es könne eine Datumsangabefehler der Klägerin vorliegen: 30.04.2014 statt 30.03.2014.

II.

Die von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zulässig. Sie ist zwar statthaft, erfolgte jedoch nicht fristgerecht, weshalb eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht zu erfolgen hat.

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 572 Abs.2 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Denn sie wurde nicht fristgerecht eingelegt.

Gemäß § 145 Abs 1 SGG ist die Beschwerde bei dem zuständigen Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils/Gerichtsbescheides einzulegen. Anders als nach § 151 Abs 2 SGG wahrt die Einlegung des Rechtsmittels beim Sozialgericht die Frist nicht. Über die Frist und den Ort der zulässigen Einlegung der Beschwerde wurde die Klägerin im angefochtenen Gerichtsbescheid korrekt belehrt. Ein Hinweis darauf, dass die Einlegung auch am Sozialgericht die Frist wahren könnte, findet sich in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheides zutreffend nicht. Ausweislich ihrer Beschwerde hat die Klägerin die Rechtsmittelbelehrung auch zur Kenntnis genommen.

Nach Aktenlage wurde der Gerichtsbescheid der Klägerin am 20. März 2014 mit Zustellungsurkunde zugestellt. Die oben bezeichnete Frist für die Einlegung der Beschwerde begann daher am 21. März 2014 und das Ende der Frist fiel mit Ablauf des 20. April 2014 auf Ostersonntag. Damit endete gemäß § 64 Abs.3 SGG die Frist am nächsten Werktag, dem 22. April 2014. Die auf den 14. April 2014 datierte Beschwerde ist jedoch erst am 30. April 2014 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangen. Sie war auch beim Sozialgericht Berlin erst am 24. April 2014, also nach Fristablauf, eingegangen und wurde dann von dort an das Landessozialgericht weitergeleitet. Demgemäß ist die Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt worden.

Es liegen keine Tatsachen vor, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Gemäß § 67 Abs 1 SGG ist die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, wenn der Rechtsmittelführer ohne Verschulden gehindert war, rechtzeitig Beschwerde einzulegen. Die Tatsachen sollen glaubhaft gemacht werden.

Derartige Tatsachen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere sind keine Umstände durch sie mitgeteilt worden, die eine rechtzeitige Beschwerde verhindert haben könnten. Bereits, dass die Beschwerde entgegen der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid nicht beim Landessozialgericht, sondern beim Sozialgericht eingelegt wurde, spricht dafür, dass kein Fall verschuldensfreier Versäumung der Beschwerdefrist vorliegt. Fehlerhafte Vorstellungen der Klägerin entgegen einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung vermögen ein Verschulden im Sinne des § 67 Abs 1 SGG nicht auszuschließen. Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Klägerin die Beschwerdeschrift am Tag der Datierung, also am 14. April 2014 zur Post aufgegeben hätte und keine Verzögerungen im postalischen Versand eingetreten wären, wäre nicht damit zu rechnen gewesen, dass das Schreiben noch fristgerecht beim LSG hätte vorliegen können. Denn insofern muss die Bearbeitung beim Sozialgericht einkalkuliert werden, die hier schon deshalb notwendig war, weil die Klägerin ihre Beschwerdeschrift nicht als "Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung" oder "Nichtzulassungsbeschwerde", sondern als Beschwerde "zur erheblich (& unnötigen) aufwändigen Bearbeitung" bezeichnet und nicht zur Weiterleitung an das Landessozialgericht, sondern ausdrücklich an die "SG-Betriebsleitung" gerichtet hatte. Daher konnte selbst bei üblichem Postlauf von zwei Werktagen und angemessener Bearbeitung durch das Sozialgericht nicht vor einem Eingang beim Landessozialgericht vor Ablauf von sieben Werktagen gerechnet werden. Damit wäre bis zum maßgeblichen Eingang der Beschwerdeschrift beim Landessozialgericht die Frist selbst bei unterstellter Aufgabe der Beschwerde zur Post am 14. April 2014 nicht mehr bis zum 22. April 2014 zu wahren gewesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.

Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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