L 33 R 551/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 567/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 551/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1987 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 4 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG), AVIwiss) feststellen muss.

Der 1943 geborene Kläger studierte vom 13. September 1963 bis zum 31. August 1968 an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität R Chemie und schloss das Studium am 26. August 1968 erfolgreich mit dem Diplom ab. Er war laut seines Sozialversicherungsausweises (SVA) zunächst ab dem 05. September 1968 bei der Zentralen Prüf- und Entwicklungsstelle des Verkehrswesens (ZPEV) in Brandenburg als Diplom-Ingenieur, ab dem 01. Januar 1973 als Diplomchemiker beschäftigt. Vom 01. September 1972 bis zum 31. August 1974 absolvierte er an der Ingenieurschule für Gummi- und Plasttechnologie F ein Fernstudium und erwarb am 31. Januar 1975 die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Fachingenieur für Plastanwendung und –verarbeitung. Aufgrund der Auflösung der ZPEV war er ab dem 01. Januar 1982 beim Zentralen Forschungsinstitut des Verkehrswesens (ZFIV) – Zentrum für Material- und Energieökonomie – zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung (Technik) und ab 01. April 1986 als "Experte in der FuE (Technik), Bearbeitung v. F/E- und Dienstaufgaben, Vorbereitung, Durchführung von Betriebsversuchen, Bearbeitung von Probl. der Einzelteilinstandsetzung" beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 01. Januar 1988 auf das Wissenschaftlich-technische Zentrum (WTZ) der Deutschen Reichsbahn (DR) – Zentrum für Material- und Energieökonomie (ZME) - überführt. Seine Arbeitsaufgabe dort war laut Überleitungsvertrag umschrieben mit "Experte FE (Techn.) selbständige Bearbeitung von FE-, Dienstaufgaben und Gutachten auf dem Gebiet der Materialanwendung – Regenerierung". Ab dem 01. August 1990 arbeitete er bei der DR – Zentralstelle für Umweltschutz und Materialprüfung -.

Eine Zusage zusätzlicher Altersversorgung wegen der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem wurde dem Kläger nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage gehabt zu haben. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat der Kläger nicht bei. Seit dem 01. März 2008 bezieht er Regelaltersrente.

Im September 2002 beantragte der Kläger die Feststellung der Zeit vom 05. September 1968 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem System der zusätzlichen Altersversorgung nach Anlage 1 zum AAÜG. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. März 2003 ab. Er habe am 30. Juni 1990 weder eine Versorgungszusage gehabt noch eine Beschäftigung ausgeübt, aufgrund derer er - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei nicht anwendbar. Er sei als Diplomchemiker und nicht als Ingenieur beschäftigt gewesen.

Am 08. Mai 2003 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag und verwies u.a. auf seine Fachingenieururkunde. Die Beklagte lehnte die Überprüfung des Bescheides vom 12. März 2003 mit Bescheid vom 16. Mai 2003 ab, da es sich bei dem WTZ der DR nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb i.S.d. 2. Durchführungsbestimmung (DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 24. Mai 1951 gehandelt habe. Die Beschäftigung als Diplomchemiker könne auch keinem anderen Zusatzversorgungssystem nach dem AAÜG zugerechnet werden. Nach der Qualifikation komme zwar die AVI-wiss in Betracht, das WTZ habe jedoch nicht zu den hiervon erfassten Einrichtungen gezählt.

Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2005 die Beschäftigungszeit vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und die entsprechenden erzielten Entgelte fest. Im weiteren Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass sowohl die ZPEV als auch das ZFIV der DR direkt unterstellte Institute gewesen seien. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08. August 2005 mit der Begründung zurück, es habe sich bei dem ZFIV weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb noch einen gleichgestellten Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB gehandelt. Das Forschungsinstitut sei auch kein Betrieb der DR gewesen, sondern habe dem Ministerium für Verkehrswesen unterstanden. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Aufgrund eines zweiten Überprüfungsantrags vom 24. Oktober 2007 erließ die Beklagte am 17. Januar 2008 einen weiteren Feststellungsbescheid, mit welchem sie unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 12. Mai 2005 die Beschäftigungszeit vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech nebst der in dieser Zeit erzielten Entgelte auswies und diese Feststellung für die – darüber hinaus noch begehrten – Zeiträume vom 31. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1987 ablehnte. In diesem Zeitraum lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVIwiss vor. Auch die Feststellung der Zeit vom 01. bis zum 30. Januar 1975 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech oder AVIwiss wurde abgelehnt. Diese Zeit sei ferner keinem anderen Zusatzversorgungssystem zuzuordnen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2008 zurück.

Im Rahmen der hiergegen erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) zu dem Aktenzeichen S 4 R 938/08 erließ die Beklagte unter dem 01. Oktober 2009 einen Bescheid, mit welchem sie feststellte, dass der Feststellungsbescheid vom 12. Mai 2005 in der Fassung des Bescheides vom 17. Januar 2008, mit welchem die Zeiten vom 01. Januar 1988 bis 30. Juni 1990 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt worden seien, teilweise rechtswidrig sei. Die Zuerkennung von Zusatzversorgungszeiten für die Zeit vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 sei von Anfang an fehlerhaft gewesen, weil die persönlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten, da die Qualifikation als Fachingenieur nicht der in der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz geforderten Qualifikation entspreche. Die Bescheide könnten aber aufgrund Vertrauensschutzes nicht nach § 45 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden. Es verbleibe deshalb bei den im Feststellungsbescheid vom 12. Mai 2005 in der Fassung des Bescheides vom 17. Januar 2008 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG. Die Bestandskraft der Bescheide erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen. Weitere Rechte könnten hieraus nicht abgeleitet werden.

Das SG wies die auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 31. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech gerichtete Klage ab, denn der Kläger erfülle schon nicht die persönlichen Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Ihm sei kein den Anforderungen des § 1 der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (IngVO) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO-AVItech entsprechendes Diplom verliehen worden. Die persönlichen Voraussetzungen zur fiktiven Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz hätten auch während der Beschäftigungszeit vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 nicht vorgelegen, weshalb das AAÜG gemäß § 5 auf ihn nicht anwendbar sei. Der dennoch mit Feststellungsbescheiden vom 12. Mai 2005 und 17. Januar 2008 festgestellte Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech und Feststellung von Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Die Beklagte habe aber zu Recht festgestellt, dass eine vollständige oder teilweise Rücknahme der Feststellungsbescheide nicht zulässig sei, weil die für die Rücknahme vorgesehene Frist des § 45 Abs. 3 SGB X bereits abgelaufen sei. Damit verbleibe es zwar bei den in den genannten Feststellungsbescheiden rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten, die Bestandskraft erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen.

Die hiergegen eingelegte und auf die Verpflichtung der Beklagten, den Bescheid vom 12. März 2003 in der Gestalt der Bescheide vom 12. Mai 2005 und 17. März 2008 abzuändern und die Zeit vom 31. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen, gerichtete Berufung des Klägers wies das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) mit Urteil vom 06. Februar 2014 (L 21 R 812/12) zurück. Streitgegenstand seien der Überprüfungsbescheid vom 17. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2008 sowie der Bescheid vom 01. Oktober 2009. Diese Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte im Wege des Zugunstenverfahrens den noch streitigen Zeitraum als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech feststelle und ihren Bescheid vom 12. März 2003 in der Fassung der Bescheide vom 12. Mai 2003 und 17. Januar 2008 insoweit abändere und den Bescheid vom 01. Oktober 2009 aufhebe. Der Feststellungsbescheid vom 12. Mai 2005 in der Fassung des Bescheides vom 17. Januar 2008 sei von Anfang an insoweit rechtswidrig, als mit diesem die Zeiten vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt worden seien. Der Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 31. Januar 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech könne schon deswegen nicht bestehen, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst werde. Ihm sei die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO-AVItech nicht erteilt worden. Die Bezeichnung "Fachingenieur" beinhalte nicht das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" i.S.v. § 1 Abs. 1 der 2. DB i.V.m. der IngVO zu führen. Ergänzend verwies das LSG darauf, dass auch die betrieblichen Voraussetzungen nicht vorlägen, denn bei dem ZFIV handele es sich nach der Rechtsprechung des LSG (Urteile vom 03. Dezember 2009 – L 21 R 894/07 – sowie 27. November 2008 – L 3 R 1069/07) nicht um einen versorgungsrechtlich gleichgestellten Betrieb i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech. Dies sei vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt worden (Beschluss vom 05. Mai 2009 – B 13 RS 1/09 R -).

Am 07. April 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVIwiss sowie die Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte. Die Beklagte lehnte den von ihm als Überprüfungsantrag ausgelegten Antrag mit Bescheid vom 12. Mai 2014 ab. Eine Überprüfung der Bescheide vom 12. Mai 2005 bzw. 17. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 01. Oktober 2009 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Der Kläger erfülle bezogen auf den 30. Juni 1990 nach wie vor nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech. Es fehle hier an der Erfüllung der persönlichen Voraussetzung. Soweit mit Bescheiden vom 12. Mai 2005 / 17. Januar 2008 die Zeit vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festgestellt worden seien, seien diese Bescheide fehlerhaft begünstigend und hätten nur im Rahmen des Vertrauensschutzes Bestand. Insoweit werde vollinhaltlich auf den Bescheid vom 01. Oktober 2009 verwiesen. Auch eine Berücksichtigung der Zeit vom 01. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1987 zur AVIwiss komme nicht in Betracht. Zwar erfülle er die persönliche Voraussetzung, jedoch zähle das ZFIV nicht zu den von dieser Versorgungsordnung erfassten Einrichtungen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2014 zurück.

Mit seiner am 10. Oktober 2014 bei dem SG eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, bei dem ZFIV – Beschäftigungsbetrieb im Zeitraum vom 01. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1987 – handele es sich um eine Forschungseinrichtung i.S.d. § 6 VO-AVIwiss und auf das Urteil des LSG vom 17. Februar 2010 – L 4 R 314/07 – verwiesen.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28. Mai 2015 unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014 verpflichtet, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 01. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1987 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der wissenschaftlichen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 4 zum AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen. Das ZFIV unterfalle dem Anwendungsbereich des § 6 VO-AVIwiss. Die Kammer schließe sich insoweit den Ausführungen des LSG in seinem Urteil vom 17. Februar 2010 – L 4 R 314/07 – an.

Gegen das ihr am 16. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juli 2015 bei dem LSG eingegangene Berufung der Beklagten. Das SG habe unterlassen zu prüfen, ob der Kläger überhaupt dem Anwendungsbereich des § 1 AAÜG unterfalle. Sie überreicht die Anordnung über das Statut der DR vom 19. November 1960 (GBl. DDR II 1960, 453ff), die Anordnung Nr. 2 über das Statut der DR vom 22. März 1990 (GBl. DDR II Bl. 186), das Schreiben des Beauftragen für den Aufbau des WTZ-DR vom 22. Juli 1987 nebst Vermerken des Ministeriums für Verkehrswesen vom 28. Juli 1987 sowie 07. September 1987, Stellenplan vom 28. August 1987, Schreiben des Stellvertretenden Ministers für Verkehrswesen vom 06. Oktober 1987 und Organisationsanweisung über die Bildung des WTZ-DR vom 12. Oktober 1987.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 06. bzw. 19. Dezember 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (VSNR ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf (teilweise) Rücknahme bzw. Änderung des Feststellungsbescheides der Beklagten vom 12. März 2005 / 17. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 01. Oktober 2009, weil mit diesen weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs. 2 SGB X). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des streitigen Zeitraums als solchen der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVIwiss und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte.

Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG stellt der Versorgungsträger die Daten fest, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und teilt sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mit. Zu diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) die in diesen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. zu diesem Verfahren im Einzelnen das Urteil des BSG vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 6/01 R -m. w. N. in SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht.

Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S 10 und Nr. 6 S. 37). Den Anwendungsbereich des AAÜG, das am 1.8.1991 in Kraft getreten ist (Art. 42 Abs. 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Rentenüberleitungsgesetz - vom 25.07.1991, BGBl. I 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 Abs. 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme i. S. der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV)) erworben worden sind (S. 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S. 2), sodass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.

Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - m. w. N., zitiert nach juris) auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem Inkrafttreten des AAÜG, an. Dies folgt aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrags (EV). So untersagt der EV primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Neueinbeziehungen ab dem 03. Oktober 1990. Darüber hinaus ordnet der EV in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab dem 01. Juli 1990 untersagt hat (§ 22 Abs. 1 S. 1 RAnglG-DDR). Da letztlich auf Grund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab dem 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig gewesen sind, ist darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

Der Kläger hat weder einen "Anspruch" i. S. von § 1 Abs. 1 S 1 AAÜG noch eine fiktive Anwartschaft gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG inne. Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in § 194 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw. Leistungsfalls (Versorgungsfall) erfüllt sind (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S 38 und Nr. 7 S. 54).

Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung i. S. des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem 01. August 1991, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden war und diese Rechtsposition deshalb später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl. dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 15 und Nr. 3 S. 20 f; SozR 4-8570 § 1 Nr. 4 Rn. 8 f).

Der Kläger hat auch unter Zugrundelegung der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R – in SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R – in SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R – in SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R – in SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R – in SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R – in SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R – in juris Rn. 22-36; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R – in juris Rn. 15-31; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R – in juris Rn. 15-31; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R – in juris Rn. 15-31) bezogen auf den Stichtag 30. Juni 1990 aus bundesrechtlicher Sicht keine (fiktive) Anwartschaft auf Versorgung i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG erworben, weil er keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

Soweit die Beklagte mit den Bescheiden vom 12. Mai 2005 und 17. Januar 2008 zunächst eine andere Entscheidung getroffen hatte, ist diese rechtswidrig begünstigend, wie die Beklagte zutreffend mit weiterem Bescheid vom 01. Oktober 2009 festgestellt hat, und entfaltet über die aus Vertrauensschutzgründen nicht rücknehmbare Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte hinaus keine Rechtswirkung. Dies ist rechtkräftig bindend zwischen den Beteiligten festgestellt (Urteil des LSG vom 06. Februar 2014 – L 21 R 812/12 -). Hierin hat das LSG u.a. unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – bereits festgestellt, dass der Kläger nicht die persönlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt, weil er nicht berechtigt war, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB i.V.m. § 1 IngVO zu führen und die Bezeichnung "Fachingenieur" den darin genannten Anforderungen nicht genügt.

Ein solcher "Anspruch" des Klägers bestand aber auch nicht nach den für die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVIwiss - Zusatzversorgungssystem nach Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) geltenden Regelungen der DDR.

Gemäß § 2 der VO-AVIwiss (GBl. Nr. 85 S. 675) gelten als Angehörige der wissenschaftlich tätigen Intelligenz

(a) hauptberuflich tätige Hochschullehrer, Leiter und hauptberuflich tätige Wissenschaftler an den Akademien, Instituten, wissenschaftlichen Bibliotheken und Museen und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Verlagsleiter, Chefredakteure, Cheflektoren, des Weiteren (b) Verwaltungsdirektoren an Akademien, Universitäten, Hochschulen und bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen, Herstellungsleiter in bedeutenden volkseigenen Verlagen und (c) besonders qualifizierte Feinmechanikermeister, Mechanikermeister, Präparatoren, Garteninspektoren und Gartenmeister an Universitäts- und Hochschulinstituten sowie an anderen bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen.

Nach § 6 der VO-AVIwiss waren wissenschaftliche, künstlerische, pädagogische und medizinische Einrichtungen der DDR im Sinne des § 1 der Verordnung wissenschaftliche und künstlerische Akademien, Universitäten und Hochschulen, Forschungsinstitute, wissenschaftliche und künstlerische Bibliotheken, Kunstsammlungen und Museen und ihnen entsprechende künstlerisch-wissenschaftliche Einrichtungen, öffentliche Theater- und Kulturorchester (einschließlich solcher von Organisationen, soweit sie von der staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten anerkannt sind), künstlerische Einrichtungen des Films und des Rundfunks in der DDR, alle Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens sowie alle Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens.

Dies zugrunde gelegt, scheitert ein Anspruch des Klägers jedenfalls daran, dass er als Diplomchemiker und "Experte FE (Techn.) selbständige Bearbeitung von FE-, Dienstaufgaben und Gutachten auf dem Gebiet der Materialanwendung – Regenerierung" beim WTZ-DR in keiner Einrichtung im vorgenannten Sinne beschäftigt war, die rechtlich selbstständig und ausschließlich wissenschaftliche Aufgaben erfüllte.

Zur Entscheidung dieser Frage ist allein anzuknüpfen an den Arbeitgeber im rechtlichen Sinne (vgl. Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R -; SozR 4-8570 § 1 Nr. 2) und nicht an den Betriebsteil, in dem der Kläger eingesetzt war, oder den Direktionsbereich, in dem er gearbeitet hat. Dies ergibt sich schon daraus, dass - sofern die Voraussetzungen für eine Anwendung des AAÜG gegeben sind - letztlich ein Ziel des Gesetzes ist, Beschäftigungszeiten als gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung festzustellen, um dann unter Zugrundelegung der entsprechenden Verdienste die für die Festsetzung des Rentenwertes im späteren Leistungsverfahren maßgebliche fiktive Vorleistung für die Versicherung (gemessen in sog. Entgeltpunkten) bewerten zu können. Es muss ein Beschäftigungsverhältnis i. S. des § 1 Nr. 1 SGB VI i. V. m. § 7 Abs. 1 SGB IV bestanden haben, also im Regelfall ein Arbeitsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinn. Parteien dieses Rechtsverhältnisses sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber (vgl. Urteil des BSG a.a.O.). Nach den Regelungen des Versorgungssystems der wissenschaftlichen Intelligenz konnte eine Einbeziehung in das Versorgungssystem nur bei der Beschäftigung in einer wissenschaftlich selbstständigen staatlichen Einrichtung erfolgen, nicht aber z. B. bei einer Beschäftigung in einem VEB oder sogar einem Forschungszentrum eines volkseigenen Betriebs (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 56/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 4 und vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 62/01 R -, zitiert nach juris, sowie vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 40/04 R, SozR 4-8570 § 5 Nr. 5).

Gemäß der Organisationsanweisung vom 12. Oktober 1987 wurde das WTZ-DR zum 01. Januar 1988 zur effektiveren Gestaltung der Wissenschaftsorganisation bei der DR als selbständig kostenrechnende und bilanzierende zentrale Dienststelle des Bereichs Eisenbahntransport gebildet (Nr. 1 und 2 der Anweisung). Zum WTZ-DR gehörte auch das ZME, d.h. die konkrete Beschäftigungsstelle des Klägers (Nr. 3 der Anweisung). Es wurde von einem, dem Minister für Verkehrswesen sowie dem Generaldirektor der DR unterstellten Direktor geleitet und war diesem gegenüber für die Erfüllung der Aufgaben verantwortlich und rechenschaftspflichtig (Nr. 9 der Anweisung). Ziel der Arbeit des WTZ war laut Nr. 4 der Anweisung: • Erhöhung der Stabilität und Leistungsfähigkeit des Eisenbahnnetzes sowie Weiterführung der Elektrifizierung • Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Rangierbahnhöfe • intensivere Nutzung der Fahrzeuge einschließlich der Entwicklung hochproduktiver Technologien der Instandhaltung • rechnerintegrierte Transportvorbereitung und -durchführung • effektivere Nutzung des verfügbaren gesellschaftlichen Arbeitsvermögens und Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen. Die Aufgaben des WTZ in diesem Rahmen wurden im Folgenden umschrieben mit: • Ableitung von Anforderungen an die DR aus dem gesellschaftlichen Reproduktionsprozess und die weitere Entwicklung der Grundfondsökonomie bei der DR • Rationalisierung der Leitung und Planung betriebswirtschaftlicher Prozesse und effektivere Nutzung des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens sowie Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen für die Eisenbahner • Entwicklung und Rationalisierung der Technologien zur Vorbereitung, Durchführung, Überwachung und Auswertung der Beförderungs- und Transportprozesse • Entwicklung der ortsfesten Eisenbahnanlagen einschließlich der Anlagen der elektrischen Zugförderung und der Entwicklung der Leistungsfähigkeit der Rangierbahnhöfe • Entwicklung von Techniken und Technologien zur Intensivierung der Bau- und Montageprozesse • Entwicklung des Fahrzeugparks und von Lösungen zur mechanisierten und automatisierten Instandhaltung einschließlich der Entwicklung rechnergestützter Verfahren zur intensiveren Nutzung der Fahrzeuge • Entwicklung moderner, insbesondere mikroelektronisch gesteuerter Sicherungs-, Informations-, Übertragungs- und Betriebsleittechnik sowie Gewähr-leistung des Beeinflussungsschutzes • Entwicklung und Einsatz stationärer und mobiler Versuchs-, Prüf- und Messtechnik, Entwicklung und Konstruktion von Rationalisierungsmitteln und wis-senschaftlicher Gerätebau • Entwicklung von Methoden und Techniken der Diagnose zur Einführung der zustandsbezogenen Instandhaltung • Forschung und Entwicklung zum rationellen Material- und Energieeinsatz sowie zum Umweltschutz • systemimmanente Erhöhung der Betriebssicherheit durch qualitative Neu- und Weiterentwicklung von Technologien und Techniken • Entwicklung rechnergestützter Leitungs-, Dispositions- und Informationssysteme zur Prozessautomatisierung der Betriebsführung und Produktionssteuerung.

Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war demnach nicht das WTZ-DR, auch wenn es im Überleitungsvertrag von 1987 als "übernehmender Betrieb" genannt wurde. Denn als zentrale Dienststelle der DR war es keine selbständige juristische Person (§§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6 der Anordnung über das Statut der DR vom 19. November 1960), sondern unselbständiger Betriebsteil der DR. Dementsprechend wurden zum 01. Januar 1988 alle lohn- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen der DR für die Beschäftigten des WTZ-DR übernommen (Schreiben des Stellvertretenden Ministers vom 06. Oktober 1987; siehe auch die Vereinbarung unter 3.1. des Überleitungsvertrages von 1987 sowie die Änderungsmitteilung der "Deutsche Reichsbahn Wissenschaftlich-Technisches Zentrum" von 1987). Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war demnach die DR als einheitliches, zentral geleitetes, staatliches Verkehrsunternehmen und Träger des öffentlichen Eisenbahnverkehrs in der DDR (§ 1 der Anordnung über das Statut der DR vom 19. November 1060), die ganz offensichtlich nicht zu den von § 6 VO-AVIwiss erfassten Einrichtungen gehörte. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass Arbeitgeber im rechtlichen Sinne das WTZ-DR gewesen ist, so hat es sich bei diesem ebenfalls nicht um eine Einrichtung i.S.d. § 6 VO-AVIwiss gehandelt, da es eben keine selbständige staatliche wissenschaftliche Einrichtung war.

Aber auch unabhängig von der Frage der Selbständigkeit kommt eine Einordnung des WTZ-DR als wissenschaftliche Einrichtung i.S. d. § 6 VO-AVIwiss nicht in Betracht. Bei dem WTZ-DR handelte es sich weder um eine wissenschaftliche Akademie noch eine wissenschaftliche Universität, Hochschule oder Bibliothek. Es war auch kein Forschungsinstitut.

In der DDR wurde zwischen (staatlicher) Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an den dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen unterstellten Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen einerseits (vgl. die o. g. Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25. Februar 1970; Verordnung über die Leitung, Planung und Finanzierung der Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an Universitäten und Hochschulen – Forschungs-VO – vom 23. August 1972, GBl. II Seite 589) und der Forschung an den Wirtschaftseinheiten andererseits unterschieden. Die Akademie der Wissenschaften und die Hochschulen hatten die Aufgabe, "nach neuen Erkenntnissen über bisher unbekannte objektive gesetzmäßige Zusammenhänge sowie nach neuen Prozessen und Eigenschaften und ihre Nutzungsmöglichkeiten planmäßig zu forschen, neue wissenschaftliche Methoden und Erfahrungen zu entwickeln und wissenschaftliche Grundlagen für die Beherrschung technologischer Prozesse und Verfahren zu schaffen sowie die wissenschaftlichen Grundlagen für die angewandte Forschung, die Entwicklung und die Überleitung ihrer Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis ständig zu erweitern" (§ 2 Abs. 2 Forschungs-VO; Grundlagenforschung). Den Wirtschaftseinheiten, d.h. den Forschungsabteilungen und –instituten der volkseigenen Betriebe und Kombinate, hingegen oblag die zweck- und betriebsbezogene Forschung und Entwicklung i.S.d. angewandten Forschung (vgl. etwa das Urteil des BSG vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 40/04 R - SozR 4-8570 § 5 Nr. 6 m.w.N.).

Dass es zwei Arten wissenschaftlicher Forschung gab, die sich in Inhalt, Ziel und Ort der Forschungsstätte unterschieden, spiegelte sich in der DDR auch in den Versorgungsordnungen wider. Während für die an Forschungsinstituten im Sinne des § 6 VO-AVIwiss tätigen Wissenschaftler das Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Intelligenz vorgesehen war, gehörten die an den Forschungsinstituten bzw. in den Forschungsabteilungen der volkseigenen Betriebe und Kombinate Tätigen dem von dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz erfassten Personenkreis an (vgl. die Urteile des BSG vom 10. April 2002 - B 4 RA 56/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 4, vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 62/01 R - juris, vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R - juris, und vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 40/04 – a.a.O.).

Unter Beachtung des dargestellten Begriffs der Grundlagenforschung in der DDR umfasste dieser die am WTZ-DR stattfindende wissenschaftliche Tätigkeit nicht, denn die wissenschaftlichen Aufgaben des WTZ-DR waren – wie oben dargestellt – laut der Organisationsanweisung ganz auf den Betrieb der DR und deren öffentlicher Transportaufgabe ausgerichtet. Das WTZ-DR war gerade nicht frei bei der Auswahl seiner Forschungsziele.

Der Berufung war demnach stattzugeben, das Urteil des SG vom 28. Mai 2015 war aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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