Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 KA 315/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 110/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
War eine Erkrankung des Vertragsarztes im Aufsatzquartal Ursache einer niedrig(er)en Fallzahl, führte dies nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 zur Vergütung von Leistungen über das Regelleistungsvolumen hinaus, aber nicht zu dessen Erhöhung.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt ein höheres Regelleistungsvolumen (RLV) für das Quartal IV/09. Streitig ist nur noch, ob diesem eine höhere Fallzahl im Hinblick auf eine Erkrankung der Klägerin im Quartal IV/08 zugrunde zu legen ist.
Die Klägerin nimmt seit 1998 als Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin im Berliner Verwaltungsbezirk Pankow an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie war ab dem 23. Juni 2008 aufgrund einer Operation (Hysterektomie/Endometriose) und sich daran anschließender Heilbehandlung arbeitsunfähig. Auf eine telefonische Anfrage der Klägerin hin teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juni 2008 mit, dass ein Vertragsarzt sich unter anderem bei Krankheit innerhalb von 12 Monaten bis zu einer Dauer von 3 Monaten vertreten lassen könne und bei einer nicht länger als 3 Monate dauernden Vertretung keine Genehmigung der Beklagten erforderlich sei. Die Fallzahlen der Klägerin entwickelten sich zuletzt wie folgt:
Quartal Fälle durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe der Klägerin IV/06 523 I/07 507 II/07 496 III/07 460 IV/07 531 I/08 518 II/08 528 III/08 46 IV/08 359 I/09 523 645 II/09 515 667 III/09 497 555 IV/09 516 545 I/10 424 585 II/10 464 572 III/10 504 592 IV/10 532 598
Die Klägerin wandte sich gegen die RLV-Bescheide der Beklagten vom 29. Mai 2009 (Quartal III/09) und 28. August 2009 (Quartal IV/09), denen die Beklagte folgende Daten zugrunde gelegt hatte: III/09 IV/09 Behandlungsfälle der Klägerin im Vorjahresquartal 46 359 Durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe 555 545 Fallwert der Arztgruppe 46,36 39,95 Altersfraktur 1,0140 0,9987 RLV 2.162,31 14.322,87
Mit ihren Widersprüchen gegen die o.g. Bescheide machte die Klägerin neben Praxisbesonderheiten auch geltend, dass sie in der Zeit vom 23. Juni bis 31. Oktober 2008 aufgrund einer Operation und anschließender Heilbehandlung arbeitsunfähig gewesen sei und sich das RLV daher nicht am Vorjahresquartal, sondern am Durchschnitt der anderen Quartale zu orientieren habe (Schreiben vom 11. Juni und 29. September 2009). Beigefügt war ein mit "Nachweis über Arbeitsunfähigkeit" überschriebener ausgefüllter Vordruck, wonach die Klägerin seit dem 23. Juni 2008 arbeitsunfähig war und bis zum 1. August 2008 für 12 Tage Krankentagegeld erhalten hatte. Ferner bescheinigte darauf die praktische Ärztin L der Klägerin wegen unveränderter Diagnose Arbeitsunfähigkeit vom 1. bis voraussichtlich 31. Oktober 2008.
Unter anderem auf das Schreiben der Klägerin vom 11. Juni 2009 hin bewilligte die Beklagte der Klägerin für die beiden o.g. Quartale aufgrund von Praxisbesonderheiten eine Erhöhung des RLV-Fallwertes um 4,46 % (Bescheid vom 10. August 2009). U.a. den hiergegen gerichteten Widerspruch und den Widerspruch gegen den o.g. Bescheid vom 28. August 2009 wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2010 zurück. Die diesbezügliche Klage vor dem Sozialgericht Berlin (Az.: S 83 KA 309/10) nahm die Klägerin zurück.
Auf diverse Schreiben der Klägerin, unter anderem vom 11. Juni 2009, hin, lehnte die Beklagte die Anerkennung einer höheren Fallzahl für die Quartale III/09 und IV/09 ab, weil ihr lediglich für den 30. Juli 2008 eine Krankmeldung vorliege und die Klägerin insoweit ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei (Bescheid vom 25. Februar 2010). Mit ihrem Widerspruch (Schreiben vom 22. März 2010) gab die Klägerin an, dass ihre Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 30. September 2009 (gemeint offensichtlich: 2008) bestanden und sie ab dem 1. Oktober 2008 wieder praktiziert habe; insofern sei die Angabe der Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Oktober 2008 falsch. Außerdem sei die Beklagte im Juli 2008 telefonisch informiert worden, dass eine Operation bevorstehe und voraussichtlich längere Arbeitsunfähigkeit vorliegen werde. Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe sie aber dahingehend beraten, dass keinerlei Anzeigepflicht bestünde. Daraufhin half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und erhöhte die RLV-relevante Fallzahl der Klägerin für das Quartal III/09 auf 470, weil eine seit dem 23. Juni 2008 bestehende Arbeitsunfähigkeit und somit eine anerkennungsfähige Ausfallzeit im Quartal III/08 belegt sei. Für das Quartal IV/09 könne jedoch keine Erhöhung gewährt werden, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen ab dem 1. Oktober 2008 wieder praktiziert habe (Bescheid vom 10. Mai 2010).
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2010 wies die Beklagte die Widersprüche vom 11. Juni 2009 und 22. März 2010 zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, eine Erhöhung der RLV-Fallzahl für das Quartal IV/08 (gemeint offensichtlich: IV/09) aufgrund von Krankheitszeiten sei hinfällig geworden, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin den Streitgegenstand in seinem Schriftsatz vom 22. März 2010 eingeschränkt habe.
Mit dem (nicht bestandskräftigen) Honorarbescheid für das Quartal IV/09 bewilligte die Beklagte der Klägerin 35.288,95 EUR und legte hierbei ein RLV von 14.961,67 EUR sowie Punktzahlanforderungen für das RLV zugrunde, das einem Honorar i.H.v. 37.106,39 EUR entspräche.
Im Klageverfahren hat die Klägerin behauptet, die im Widerspruchsverfahren beigebrachte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht fehlerhaft. Lediglich der Beginn der Tätigkeit sei auf den 1. Oktober 2008 zu datieren, weil sie "entgegen der Arbeitsunfähigkeit wieder tätig geworden" sei. Im Quartal IV/09 (gemeint offensichtlich: IV/08) sei sie nicht in der Lage gewesen, die volle Arbeitsleistung zu erbringen. Daher sei bei der Krankenkasse die Durchführung des Hamburger Modells beantragt und eingeschränkt gearbeitet worden, was sich in der Patientenzahl niedergeschlagen habe. Tatsächlich habe sie in diesem Quartal 517 Patienten behandelt. Es müsse auch einer kleinen unterdurchschnittlich abrechnenden Praxis möglich sein, den Umsatz auf den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu steigern. § 6 Abs. 3 lit. e der Anlage 1 zum Honorarvertrag (HV) 2009 sei nicht dahin auszulegen, dass nur eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit, in deren Folge der Arzt überhaupt keine Tätigkeit ausübe, anerkannt werde. Eine unverschuldet niedrige Fallzahl könne auch dann entstehen, wenn "krankheitsbedingt" oder "wegen Krankheit" die Arbeitskraft nicht voll einsetzbar sei. Sie habe für Oktober 2008 auf der Grundlage einer täglichen Arbeitszeit von vier Stunden die stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (sog. Hamburger Modell) bei ihrer privaten Krankenkasse beantragt, welche jedoch die Zahlung von Krankentagegeld abgelehnt habe. Daher seien entsprechende Bescheinigungen für die Folgemonate nicht mehr notwendig gewesen, zumal damals nicht absehbar gewesen sei, dass es auf die Patientenzahl im Aufsatzquartal 2008 ankomme. Eine Praxisvertretung sei nicht gesucht worden; sie hätte sich auch nicht gerechnet. Sie betreue wenig Patienten mit viel Aufwand und sei daher auch zeitig wieder eingestiegen.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2013 hat das Sozialgericht die – auch wegen weiterer Streitgegenstände geführte – Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Fallzahlsteigerung für das Quartal IV/09, weil es im maßgeblichen Vorjahresquartal nicht zu einer durch Krankheit bedingten niedrigen Fallzahl gekommen sei. Die vorgelegten Abrechnungsergebnisse für die Monate Oktober bis Dezember 2008 zeigten eine Entwicklung, wie es für eine Praxis nach krankheitsbedingter Schließung, vor allem in dem spezialisierten Bereich der Klägerin, üblich sei. Die niedrigen Fallzahlen im Quartal IV/08 sei nach Überzeugung der sachkundig besetzten Kammer nicht vorrangig durch Krankheit im Quartal selbst verursacht, sondern maßgeblich Folge der vorhergehenden monatelangen Praxisschließung. Der Fallzahlausgleich für die erforderliche Wiederaufbauphase einer Arztpraxis nach krankheitsbedingter Schließung werde aber nicht vom Regelungszweck der Norm erfasst. Die Praxisöffnungszeiten seien nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten nicht eingeschränkt gewesen. Besondere gesundheitliche Belastungen, die eine quantifizierbare Einschränkung der ärztlichen Tätigkeit in Folge der im Juli 2008 stattgehabten Operation plausibel machten, seien nicht erkennbar.
Gegen dieses ihr am 17. Dezember 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20. Dezember 2013, zu deren Begründung sie vorträgt: Gerade weil erhebliche Praxisbesonderheiten bzw. eine erhebliche Spezialisierung vorlägen und sie sich von ihrer Fachgruppe in Bezug auf die Praxisstruktur bzw. die angebotene Leistung sehr stark unterscheide, sei auch von einem sehr speziellen Praxisklientel auszugehen. Demzufolge wanderten nur wenige Patienten nach einer Praxisschließung ab bzw. seien nach Wiedereröffnung sofort wieder erschienen. Sie betreue gerade nicht überwiegend Akutpatienten bzw. ein fluktuierendes Patientenklientel. Aufgrund der Spezialisierung und der überwiegenden Betreuung von chronisch Kranken habe sich ein mehr oder weniger fester Patientenstamm herausgebildet, der nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit noch vorhanden gewesen sei, jedoch wegen der Krankheit nicht umfassend habe betreut werden können. Wegen der Spezialisierung sei auch fraglich, ob tatsächlich ein Vertreter hätte gefunden werden können. Sie habe Wochen und Monate an den Folgen der Operation laboriert, mehrere Wochen in der Rehabilitation verbracht und an einem erheblichen Kräfteverlust gelitten. Der Arbeitsaufwand bzw. die Behandlung der Patienten verteilten sich gleichmäßig auf die Quartalsmonate, auch im Quartal IV/08. So seien im Oktober 353, im November 386 und im Dezember 414 Patientenkontakte zu verzeichnen gewesen. Arbeitsunfähigkeit habe jedenfalls bis 31. Dezember 2008 vorgelegen. Fraglich sei, ob es tatsächlich darauf ankomme, in welchem Umfang sie im Quartal IV/08 voll- oder teilweise leistungsgemindert gewesen sei. Auch wenn die vom Gericht verlangte Leistungseinschränkung tatsächlich nachweisbar wäre, wäre damit das Argument des schließungsbedingten Fallzahlenrückgangs nicht vom Tisch. Grundsätzlich spreche die unstreitig krankheitsbedingte Schließung der Praxis im Quartal III/08 für einen unverschuldeten Fallzahlrückgang im Quartal IV/08. Der Nachweis, dass Patienten nicht wegen der bloßen Praxisschließung weggeblieben seien, sei praktisch unmöglich. Ergänzend bezieht sie sich auf ein "ärztliches Attest zur Vorlage beim Gericht" vom 15. Juli 2016 der Fachärztin für Allgemeinmedizin L.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 in der Fassung des Bescheides vom 10. Mai 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2010, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Quartal IV/09 ein Regelleistungsvolumen i.H.v. 21.025,28 Euro zu bewilligen. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 in der Fassung des Bescheides vom 10. Mai 2010, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2010, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Quartal IV/09 ein Regelleistungsvolumen i.H.v. 21.026,28 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Laut ihrem Schreiben an die Klägerin vom 3. September 2014 geht sie u.a. davon aus, diese habe im Rechtsstreit S 83 KA 309/10 die Klage auch zurückgenommen, soweit sie sich gegen die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/09 bezogen habe.
Einen Antrag der Klägerin auf Ausgleichszahlung wegen überproportionalem Honorarverlust für das Quartal IV/09 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2016 ab.
Im Rahmen des am 14. Januar 2016 durchgeführten Erörterungstermins vor dem Berichterstatter hat die Klägerin ihr zunächst weitergehendes Begehren auf das aus dem Antrag ersichtliche Ziel beschränkt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit mit ihr ein höheres RLV für das Quartal IV/09 auf der Grundlage einer höheren Fallzahl geltend gemacht wird. Die Bescheide der Beklagten sind insoweit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
A. Streitgegenstand ist nach der Beschränkung des Berufungsbegehrens im Erörterungstermin allein die Frage, ob dem RLV der Klägerin im Quartal IV/09 im Hinblick auf deren Erkrankung eine höhere Fallzahl zugrunde zu legen ist. Da als Alternative zu der von der Beklagten herangezogenen Fallzahl der Klägerin im Vorjahresquartal IV/08 (359) nur der Durchschnitt der Fallzahlen aus den Quartalen IV/06 und IV/07, d.h. eine Fallzahl von [(523 + 531) / 2 =] 527, zur Diskussion steht, ist die Bezifferung des angestrebten RLV möglich. Es beliefe sich im Fall des klägerischen Obsiegens auf (527 x 39,95 EUR x 0,9987 =) 21.026,28 EUR.
B. Die Klägerin kann indes kein höheres RLV für das Quartal IV/09 beanspruchen. Die Klage ist bereits – ungeachtet der Bestandskraft des RLV-Bescheid IV/09 (hierzu II.) – unzulässig (hierzu I.). Sie wäre aber auch unbegründet, weil jedenfalls die Voraussetzungen für die Erhöhung des RLV wegen der Erkrankung der Klägerin im Aufsatzquartal IV/08 nicht nachgewiesen sind (hierzu III.).
I. Nach den Vorgaben des HV 2009 kann die Erkrankung des Arztes im Aufsatzquartal nur im Rahmen des Honorarstreits Berücksichtigung finden.
1. Die rechtlichen Grundlagen für die Berechnung der für die Honorarverteilung ausschlaggebenden RLV in den Jahren 2009 bis 2011 ergeben sich aus dem SGB V, den Vorgaben des (erweiterten) Bewertungsausschusses und den von den Gesamtvertragspartnern geschlossenen Honorarverträgen.
a. Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen erfolgte ab dem 01. Januar 2009 im gesamten Bundesgebiet für die große Mehrzahl der Arztgruppen auf der Grundlage von RLV gemäß § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V (in der bis zum 23. September 2011 geltenden, hier maßgeblichen alten Fassung – aF). Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V aF sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen, die die im Quartal abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen erfassen, welche mit den in der regionalen Euro-Gebührenordnung (§ 87a Abs. 2 SGB V) enthaltenen Preisen vergütet werden. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist abgestaffelt zu vergüten (§ 87b Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V aF). Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V aF sind die Werte für die RLV nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a SGB V zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V aF bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.
b. Nach dem Scheitern einer Einigung im Bewertungsausschuss schuf der erweiterte Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 4 SGB V) durch Beschluss vom 27./28. August 2008 (DÄ 2008, A 1988 - insoweit nicht geändert durch die nachfolgenden Änderungsbeschlüsse vom 17. September 2008 und vom 23. Oktober 2008 sowie nur redaktionell überarbeitet durch Änderungsbeschluss vom 20. April 2009) im Teil F Nr. 3.2.1 und 3.4 sog. Basisregelungen: Diese sahen vor, dass für die Bemessung des RLV u.a. die Fallzahl im Vorjahresquartal maßgebend war (Nr. 3.2.1 Satz 2) ) und dass bei Überschreitung der fachgruppendurchschnittlichen Fallzahl um mehr als 50 % eine Abstaffelung des Fallwerts stattzufinden hat (a.a.O. Satz 3). Nr. 3.4 sah unter der Überschrift "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" vor, dass auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden können. Über das Verfahren der Umsetzung sollten sich die Partner der Gesamtverträge einigen. Ferner heißt es unter Nr. 3.4:
- Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund - [ ] - eines außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
c. Zur Umsetzung der in Nr. 3.4 enthaltenen Regelungen vereinbarten die Gesamtvertragspartner im Bezirk der beklagten KV in § 6 ("Ermittlung des Regelleistungsvolumens") Abs. 3 der Anlage 1 zum HV 2009: Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Berlin können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Ein Arzt kann einen Antrag stellen, wenn [ ] durch e) einen außergewöhnlichen und/oder durch Arzt unverschuldeten Grund eine niedrige arztindividuelle Fallzahl im Aufsatzquartal abgerechnet wurde. Hierzu zählt z.B. Krankheit des Arztes. Die Vergütung der aufgrund der o.g. Kriterien a) bis d) das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen erfolgt je nach Zugehörigkeit des antragstellenden Arztes aus der Rückstellung für Sicherstellungsaufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Buchstabe d) für Ärzte des hausärztlichen Versorgungsbereichs und § 4 Abs. 1 Buchstabe d) für Ärzte des fachärztlichen Versorgungsbereichs; entsprechendes gilt bei Stattgabe eines Antrags nach dem Kriterium e). [ ] Über das Verfahren der Umsetzung verständigen sich die Vertragspartner in einer gesonderten Vereinbarung.
2. Von diesen rechtlichen Vorgaben ist die Beklagte abgewichen, indem sie die krankheitsbedingt niedrigen Fallzahlen im Rahmen des RLV berücksichtigen wollte.
Sowohl Teil F. Nr. 3.4 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 als auch § 6 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 1 zum HV 2009 sahen vor, dass Folge einer durch Krankheit des Vertragsarztes bedingten niedrigen Fallzahl im Aufsatzquartal nicht etwa eine Erhöhung der RLV-relevanten Fallzahl sein sollte, sondern eine Vergütung von Leistungen über das arzt-/praxisbezogene RLV hinaus. § 6 Abs. 3 Satz 3 der Anlage 1 zum HV 2009 spricht daher konsequenterweise auch von der "Vergütung der [ ] das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen". Einzig die Überschrift von § 6 a.a.O. ("Ermittlung des Regelleistungsvolumen") gibt einen (schwachen) Hinweis darauf, dass im o.g. Fall das RLV zu erhöhen ist. Die insoweit unzutreffende Überschrift lässt sich jedoch damit erklären, dass die Kernregelungen von § 6 a.a.O. das RLV betreffen.
3. Für den hiesigen Rechtsstreit hat dies zur Folge, dass der Umstand einer krankheitsbedingt niedrigen Fallzahl im Aufsatzquartal IV/08 durch die Klägerin nicht im (Rechts-) Streit um ein höheres RLV, sondern nur in dem den Honorarbescheid IV/09 betreffenden Rechtsstreit geltend zu machen wäre. Die Klage ist demnach unzulässig.
II. Im Übrigen wären auch die Voraussetzungen von § 6 Abs. 3 Satz 2 lit. e der Anlage 1 zum HV 2009 im Falle der Klägerin nicht erfüllt.
1. Zunächst lässt der Wortlaut der Vorschrift nicht einfach eine (ergänze: im Vergleich zur sonstigen vertragsärztlichen Tätigkeit) "niedrigere" Fallzahl im Aufsatzquartal genügen, sondern verlangt eine "niedrige" Fallzahl. Dies deutet darauf hin, dass nicht schon eine im Verhältnis zu vergleichbaren Quartalen der Praxis niedrigere, sondern eine absolut gesehen (und möglicherweise an objektiven Kriterien wie dem Fachgruppendurchschnitt zu messende) niedrige Fallzahl erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund erscheint bereits zweifelhaft, ob die Klägerin im Quartal IV/08 eine "niedrige" Fallzahl aufwies. Denn die Fallzahl dieses Quartals (359) bewegt sich zwischen 70 und 75 % der durchschnittlichen Fallzahlen in den Jahren 2007, 2009 und 2010.
Allerdings weicht der Wortlaut des HV insoweit von den Vorgaben des Bewertungsausschusses ab, der lediglich eine "niedrigere" Fallzahl voraussetzt. Ob diese Modifizierung bewusst oder versehentlich erfolgte, lässt sich nicht erkennen. Die Frage, ob die Gesamtvertragspartner berechtigt waren, insoweit von den Vorgaben des Bewertungsausschusses (durch Verschärfung der Anforderungen) abzuweichen, kann der Senat allerdings offen lassen.
2. Denn unabhängig hiervon muss die niedrige Fallzahl gerade auf einen außergewöhnlichen oder vom Arzt unverschuldeten Grund, z.B. eigene Krankheit, zurückzuführen sein. Ungeachtet des insoweit anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs trägt der Arzt jedenfalls die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die den außergewöhnlichen oder vom Arzt unverschuldeten Grund darstellen sollen. Dem wird die Klägerin nicht gerecht, weil ihr Vorbringen zur Frage ihrer Arbeitsunfähigkeit und zum Umfang ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit im Quartal IV/08 widersprüchlich geblieben ist.
Während sie zunächst in ihren Schreiben vom 11. Juni, 29. September und 17. November 2009 behauptete, sie sei (u.a.) vom 1. bis 31. Oktober 2008 arbeitsunfähig gewesen und hierfür auf eine diesbezügliche Bescheinigung ihrer Ärztin L verwies, gab sie in ihrem Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Februar 2010 an, dies sei falsch, die Arbeitsunfähigkeit habe nur bis zum 30. September 2008 bestanden. Demgegenüber bekräftigte sie im Klageverfahren die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, trug aber im Berufungsverfahren vor – bestätigt durch ein Attest der behandelnden Ärztin L vom 15. Juli 2016 –, die Arbeitsunfähigkeit habe (teilweise unbescheinigt) bis 31. Dezember 2008 gedauert. Mit einer (vollen oder auch nur hälftigen) Arbeitsunfähigkeit kaum vereinbar ist die Tatsache, dass die gleichwohl vertragsärztlich tätig gewordene Klägerin im Quartal IV/08 ihre Sprechzeiten offenkundig nicht eingeschränkt und dadurch nahezu 75 % ihrer im gesunden Zustand bewältigten Fallzahlen erreicht hat.
Angesichts derart uneinheitlichen Vorbringens ist eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im fraglichen Quartal nicht nachgewiesen. Denn die Ursachen für eine niedrige Fallzahl innerhalb eines Quartals können vielgestaltig sein: leichtere gesundheitliche Einschränkungen (etwa grippale Infekte, innerhalb weniger Tage ausheilende Verletzungen), die nicht ohne weiteres ein Absehen von der tatsächlichen Fallzahl rechtfertigen würden, zählen hierzu ebenso wie vom Arzt verschuldete Umstände, etwa ein mehrwöchiger Urlaub oder eine Praxisschließung am Quartalsende (zu sog. Quartalsferien vgl. http://www.aerztezeitung.de/praxis wirtschaft/praxismanagement/praxisfuehrung/article/650877/praxis-quartalsende-frust-mach-lust.html). Es existiert daher – wohl entgegen der klägerischen Auffassung – kein Beweis des ersten Anscheins, dass eine niedrige Fallzahl bei Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte auf eine Erkrankung des Arztes zurückzuführen ist.
3. Auf die weiteren im Laufe des Rechtsstreits erörterten Fragen, etwa ob § 6 Abs. 3 Satz 2 lit. e der Anlage 1 zum HV 2009 auch bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit oder in der Wiederaufbauphase nach einer krankheitsbedingten Praxisschließung anzuwenden ist, kommt es nicht mehr an.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Nach § 155 Abs. 4 VwGO können Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden. Diese Bestimmung, die allen anderen Kostenvorschriften vorgeht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10.A., § 197a Rd. 18), stellt auch auf das vorprozessuale Verhalten der Beteiligten ab (a.a.O.), etwa wenn durch vorwerfbar unrichtige Sachbehandlung der Behörde ein Bürger sich zur Klageerhebung veranlasst sehen darf (vgl. zum Veranlassungsprinzip im Bereich der gerichtsgebührenfreien Verfahren: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10.A., § 193 Rd. 12b m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben, da die Beklagte entgegen Teil F Ziff. 3.4 des Beschluss des Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 und entgegen § 6 Abs. 3 der Anlage 1 zum HV 2009 die klägerseitig geltend gemachte niedrige Fallzahl im Aufsatzquartal innerhalb des RLV berücksichtigten wollte, statt dies zum Anlass für eine Leistungsvergütung über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus zu nehmen. Angesichts dessen erscheint es sachgerecht, der Beklagten die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen, soweit sie das zuletzt noch streitige Quartal IV/09 betreffen. Die Kostenaufteilung berücksichtigt i.Ü., dass wegen der zunächst auch streitigen Quartale I/09 und III/09 die Berufung nachträglich zurückgenommen wurde und die Klägerin insoweit gemäß § 155 Abs. 2 VwGO mit den Kosten zu belasten war.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt ein höheres Regelleistungsvolumen (RLV) für das Quartal IV/09. Streitig ist nur noch, ob diesem eine höhere Fallzahl im Hinblick auf eine Erkrankung der Klägerin im Quartal IV/08 zugrunde zu legen ist.
Die Klägerin nimmt seit 1998 als Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin im Berliner Verwaltungsbezirk Pankow an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie war ab dem 23. Juni 2008 aufgrund einer Operation (Hysterektomie/Endometriose) und sich daran anschließender Heilbehandlung arbeitsunfähig. Auf eine telefonische Anfrage der Klägerin hin teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juni 2008 mit, dass ein Vertragsarzt sich unter anderem bei Krankheit innerhalb von 12 Monaten bis zu einer Dauer von 3 Monaten vertreten lassen könne und bei einer nicht länger als 3 Monate dauernden Vertretung keine Genehmigung der Beklagten erforderlich sei. Die Fallzahlen der Klägerin entwickelten sich zuletzt wie folgt:
Quartal Fälle durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe der Klägerin IV/06 523 I/07 507 II/07 496 III/07 460 IV/07 531 I/08 518 II/08 528 III/08 46 IV/08 359 I/09 523 645 II/09 515 667 III/09 497 555 IV/09 516 545 I/10 424 585 II/10 464 572 III/10 504 592 IV/10 532 598
Die Klägerin wandte sich gegen die RLV-Bescheide der Beklagten vom 29. Mai 2009 (Quartal III/09) und 28. August 2009 (Quartal IV/09), denen die Beklagte folgende Daten zugrunde gelegt hatte: III/09 IV/09 Behandlungsfälle der Klägerin im Vorjahresquartal 46 359 Durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe 555 545 Fallwert der Arztgruppe 46,36 39,95 Altersfraktur 1,0140 0,9987 RLV 2.162,31 14.322,87
Mit ihren Widersprüchen gegen die o.g. Bescheide machte die Klägerin neben Praxisbesonderheiten auch geltend, dass sie in der Zeit vom 23. Juni bis 31. Oktober 2008 aufgrund einer Operation und anschließender Heilbehandlung arbeitsunfähig gewesen sei und sich das RLV daher nicht am Vorjahresquartal, sondern am Durchschnitt der anderen Quartale zu orientieren habe (Schreiben vom 11. Juni und 29. September 2009). Beigefügt war ein mit "Nachweis über Arbeitsunfähigkeit" überschriebener ausgefüllter Vordruck, wonach die Klägerin seit dem 23. Juni 2008 arbeitsunfähig war und bis zum 1. August 2008 für 12 Tage Krankentagegeld erhalten hatte. Ferner bescheinigte darauf die praktische Ärztin L der Klägerin wegen unveränderter Diagnose Arbeitsunfähigkeit vom 1. bis voraussichtlich 31. Oktober 2008.
Unter anderem auf das Schreiben der Klägerin vom 11. Juni 2009 hin bewilligte die Beklagte der Klägerin für die beiden o.g. Quartale aufgrund von Praxisbesonderheiten eine Erhöhung des RLV-Fallwertes um 4,46 % (Bescheid vom 10. August 2009). U.a. den hiergegen gerichteten Widerspruch und den Widerspruch gegen den o.g. Bescheid vom 28. August 2009 wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2010 zurück. Die diesbezügliche Klage vor dem Sozialgericht Berlin (Az.: S 83 KA 309/10) nahm die Klägerin zurück.
Auf diverse Schreiben der Klägerin, unter anderem vom 11. Juni 2009, hin, lehnte die Beklagte die Anerkennung einer höheren Fallzahl für die Quartale III/09 und IV/09 ab, weil ihr lediglich für den 30. Juli 2008 eine Krankmeldung vorliege und die Klägerin insoweit ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei (Bescheid vom 25. Februar 2010). Mit ihrem Widerspruch (Schreiben vom 22. März 2010) gab die Klägerin an, dass ihre Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 30. September 2009 (gemeint offensichtlich: 2008) bestanden und sie ab dem 1. Oktober 2008 wieder praktiziert habe; insofern sei die Angabe der Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Oktober 2008 falsch. Außerdem sei die Beklagte im Juli 2008 telefonisch informiert worden, dass eine Operation bevorstehe und voraussichtlich längere Arbeitsunfähigkeit vorliegen werde. Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe sie aber dahingehend beraten, dass keinerlei Anzeigepflicht bestünde. Daraufhin half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und erhöhte die RLV-relevante Fallzahl der Klägerin für das Quartal III/09 auf 470, weil eine seit dem 23. Juni 2008 bestehende Arbeitsunfähigkeit und somit eine anerkennungsfähige Ausfallzeit im Quartal III/08 belegt sei. Für das Quartal IV/09 könne jedoch keine Erhöhung gewährt werden, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen ab dem 1. Oktober 2008 wieder praktiziert habe (Bescheid vom 10. Mai 2010).
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2010 wies die Beklagte die Widersprüche vom 11. Juni 2009 und 22. März 2010 zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, eine Erhöhung der RLV-Fallzahl für das Quartal IV/08 (gemeint offensichtlich: IV/09) aufgrund von Krankheitszeiten sei hinfällig geworden, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin den Streitgegenstand in seinem Schriftsatz vom 22. März 2010 eingeschränkt habe.
Mit dem (nicht bestandskräftigen) Honorarbescheid für das Quartal IV/09 bewilligte die Beklagte der Klägerin 35.288,95 EUR und legte hierbei ein RLV von 14.961,67 EUR sowie Punktzahlanforderungen für das RLV zugrunde, das einem Honorar i.H.v. 37.106,39 EUR entspräche.
Im Klageverfahren hat die Klägerin behauptet, die im Widerspruchsverfahren beigebrachte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht fehlerhaft. Lediglich der Beginn der Tätigkeit sei auf den 1. Oktober 2008 zu datieren, weil sie "entgegen der Arbeitsunfähigkeit wieder tätig geworden" sei. Im Quartal IV/09 (gemeint offensichtlich: IV/08) sei sie nicht in der Lage gewesen, die volle Arbeitsleistung zu erbringen. Daher sei bei der Krankenkasse die Durchführung des Hamburger Modells beantragt und eingeschränkt gearbeitet worden, was sich in der Patientenzahl niedergeschlagen habe. Tatsächlich habe sie in diesem Quartal 517 Patienten behandelt. Es müsse auch einer kleinen unterdurchschnittlich abrechnenden Praxis möglich sein, den Umsatz auf den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu steigern. § 6 Abs. 3 lit. e der Anlage 1 zum Honorarvertrag (HV) 2009 sei nicht dahin auszulegen, dass nur eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit, in deren Folge der Arzt überhaupt keine Tätigkeit ausübe, anerkannt werde. Eine unverschuldet niedrige Fallzahl könne auch dann entstehen, wenn "krankheitsbedingt" oder "wegen Krankheit" die Arbeitskraft nicht voll einsetzbar sei. Sie habe für Oktober 2008 auf der Grundlage einer täglichen Arbeitszeit von vier Stunden die stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (sog. Hamburger Modell) bei ihrer privaten Krankenkasse beantragt, welche jedoch die Zahlung von Krankentagegeld abgelehnt habe. Daher seien entsprechende Bescheinigungen für die Folgemonate nicht mehr notwendig gewesen, zumal damals nicht absehbar gewesen sei, dass es auf die Patientenzahl im Aufsatzquartal 2008 ankomme. Eine Praxisvertretung sei nicht gesucht worden; sie hätte sich auch nicht gerechnet. Sie betreue wenig Patienten mit viel Aufwand und sei daher auch zeitig wieder eingestiegen.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2013 hat das Sozialgericht die – auch wegen weiterer Streitgegenstände geführte – Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Fallzahlsteigerung für das Quartal IV/09, weil es im maßgeblichen Vorjahresquartal nicht zu einer durch Krankheit bedingten niedrigen Fallzahl gekommen sei. Die vorgelegten Abrechnungsergebnisse für die Monate Oktober bis Dezember 2008 zeigten eine Entwicklung, wie es für eine Praxis nach krankheitsbedingter Schließung, vor allem in dem spezialisierten Bereich der Klägerin, üblich sei. Die niedrigen Fallzahlen im Quartal IV/08 sei nach Überzeugung der sachkundig besetzten Kammer nicht vorrangig durch Krankheit im Quartal selbst verursacht, sondern maßgeblich Folge der vorhergehenden monatelangen Praxisschließung. Der Fallzahlausgleich für die erforderliche Wiederaufbauphase einer Arztpraxis nach krankheitsbedingter Schließung werde aber nicht vom Regelungszweck der Norm erfasst. Die Praxisöffnungszeiten seien nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten nicht eingeschränkt gewesen. Besondere gesundheitliche Belastungen, die eine quantifizierbare Einschränkung der ärztlichen Tätigkeit in Folge der im Juli 2008 stattgehabten Operation plausibel machten, seien nicht erkennbar.
Gegen dieses ihr am 17. Dezember 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20. Dezember 2013, zu deren Begründung sie vorträgt: Gerade weil erhebliche Praxisbesonderheiten bzw. eine erhebliche Spezialisierung vorlägen und sie sich von ihrer Fachgruppe in Bezug auf die Praxisstruktur bzw. die angebotene Leistung sehr stark unterscheide, sei auch von einem sehr speziellen Praxisklientel auszugehen. Demzufolge wanderten nur wenige Patienten nach einer Praxisschließung ab bzw. seien nach Wiedereröffnung sofort wieder erschienen. Sie betreue gerade nicht überwiegend Akutpatienten bzw. ein fluktuierendes Patientenklientel. Aufgrund der Spezialisierung und der überwiegenden Betreuung von chronisch Kranken habe sich ein mehr oder weniger fester Patientenstamm herausgebildet, der nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit noch vorhanden gewesen sei, jedoch wegen der Krankheit nicht umfassend habe betreut werden können. Wegen der Spezialisierung sei auch fraglich, ob tatsächlich ein Vertreter hätte gefunden werden können. Sie habe Wochen und Monate an den Folgen der Operation laboriert, mehrere Wochen in der Rehabilitation verbracht und an einem erheblichen Kräfteverlust gelitten. Der Arbeitsaufwand bzw. die Behandlung der Patienten verteilten sich gleichmäßig auf die Quartalsmonate, auch im Quartal IV/08. So seien im Oktober 353, im November 386 und im Dezember 414 Patientenkontakte zu verzeichnen gewesen. Arbeitsunfähigkeit habe jedenfalls bis 31. Dezember 2008 vorgelegen. Fraglich sei, ob es tatsächlich darauf ankomme, in welchem Umfang sie im Quartal IV/08 voll- oder teilweise leistungsgemindert gewesen sei. Auch wenn die vom Gericht verlangte Leistungseinschränkung tatsächlich nachweisbar wäre, wäre damit das Argument des schließungsbedingten Fallzahlenrückgangs nicht vom Tisch. Grundsätzlich spreche die unstreitig krankheitsbedingte Schließung der Praxis im Quartal III/08 für einen unverschuldeten Fallzahlrückgang im Quartal IV/08. Der Nachweis, dass Patienten nicht wegen der bloßen Praxisschließung weggeblieben seien, sei praktisch unmöglich. Ergänzend bezieht sie sich auf ein "ärztliches Attest zur Vorlage beim Gericht" vom 15. Juli 2016 der Fachärztin für Allgemeinmedizin L.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 in der Fassung des Bescheides vom 10. Mai 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2010, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Quartal IV/09 ein Regelleistungsvolumen i.H.v. 21.025,28 Euro zu bewilligen. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 in der Fassung des Bescheides vom 10. Mai 2010, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2010, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Quartal IV/09 ein Regelleistungsvolumen i.H.v. 21.026,28 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Laut ihrem Schreiben an die Klägerin vom 3. September 2014 geht sie u.a. davon aus, diese habe im Rechtsstreit S 83 KA 309/10 die Klage auch zurückgenommen, soweit sie sich gegen die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/09 bezogen habe.
Einen Antrag der Klägerin auf Ausgleichszahlung wegen überproportionalem Honorarverlust für das Quartal IV/09 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2016 ab.
Im Rahmen des am 14. Januar 2016 durchgeführten Erörterungstermins vor dem Berichterstatter hat die Klägerin ihr zunächst weitergehendes Begehren auf das aus dem Antrag ersichtliche Ziel beschränkt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit mit ihr ein höheres RLV für das Quartal IV/09 auf der Grundlage einer höheren Fallzahl geltend gemacht wird. Die Bescheide der Beklagten sind insoweit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
A. Streitgegenstand ist nach der Beschränkung des Berufungsbegehrens im Erörterungstermin allein die Frage, ob dem RLV der Klägerin im Quartal IV/09 im Hinblick auf deren Erkrankung eine höhere Fallzahl zugrunde zu legen ist. Da als Alternative zu der von der Beklagten herangezogenen Fallzahl der Klägerin im Vorjahresquartal IV/08 (359) nur der Durchschnitt der Fallzahlen aus den Quartalen IV/06 und IV/07, d.h. eine Fallzahl von [(523 + 531) / 2 =] 527, zur Diskussion steht, ist die Bezifferung des angestrebten RLV möglich. Es beliefe sich im Fall des klägerischen Obsiegens auf (527 x 39,95 EUR x 0,9987 =) 21.026,28 EUR.
B. Die Klägerin kann indes kein höheres RLV für das Quartal IV/09 beanspruchen. Die Klage ist bereits – ungeachtet der Bestandskraft des RLV-Bescheid IV/09 (hierzu II.) – unzulässig (hierzu I.). Sie wäre aber auch unbegründet, weil jedenfalls die Voraussetzungen für die Erhöhung des RLV wegen der Erkrankung der Klägerin im Aufsatzquartal IV/08 nicht nachgewiesen sind (hierzu III.).
I. Nach den Vorgaben des HV 2009 kann die Erkrankung des Arztes im Aufsatzquartal nur im Rahmen des Honorarstreits Berücksichtigung finden.
1. Die rechtlichen Grundlagen für die Berechnung der für die Honorarverteilung ausschlaggebenden RLV in den Jahren 2009 bis 2011 ergeben sich aus dem SGB V, den Vorgaben des (erweiterten) Bewertungsausschusses und den von den Gesamtvertragspartnern geschlossenen Honorarverträgen.
a. Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen erfolgte ab dem 01. Januar 2009 im gesamten Bundesgebiet für die große Mehrzahl der Arztgruppen auf der Grundlage von RLV gemäß § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V (in der bis zum 23. September 2011 geltenden, hier maßgeblichen alten Fassung – aF). Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V aF sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen, die die im Quartal abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen erfassen, welche mit den in der regionalen Euro-Gebührenordnung (§ 87a Abs. 2 SGB V) enthaltenen Preisen vergütet werden. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist abgestaffelt zu vergüten (§ 87b Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V aF). Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V aF sind die Werte für die RLV nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a SGB V zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V aF bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.
b. Nach dem Scheitern einer Einigung im Bewertungsausschuss schuf der erweiterte Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 4 SGB V) durch Beschluss vom 27./28. August 2008 (DÄ 2008, A 1988 - insoweit nicht geändert durch die nachfolgenden Änderungsbeschlüsse vom 17. September 2008 und vom 23. Oktober 2008 sowie nur redaktionell überarbeitet durch Änderungsbeschluss vom 20. April 2009) im Teil F Nr. 3.2.1 und 3.4 sog. Basisregelungen: Diese sahen vor, dass für die Bemessung des RLV u.a. die Fallzahl im Vorjahresquartal maßgebend war (Nr. 3.2.1 Satz 2) ) und dass bei Überschreitung der fachgruppendurchschnittlichen Fallzahl um mehr als 50 % eine Abstaffelung des Fallwerts stattzufinden hat (a.a.O. Satz 3). Nr. 3.4 sah unter der Überschrift "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" vor, dass auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden können. Über das Verfahren der Umsetzung sollten sich die Partner der Gesamtverträge einigen. Ferner heißt es unter Nr. 3.4:
- Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund - [ ] - eines außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
c. Zur Umsetzung der in Nr. 3.4 enthaltenen Regelungen vereinbarten die Gesamtvertragspartner im Bezirk der beklagten KV in § 6 ("Ermittlung des Regelleistungsvolumens") Abs. 3 der Anlage 1 zum HV 2009: Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Berlin können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Ein Arzt kann einen Antrag stellen, wenn [ ] durch e) einen außergewöhnlichen und/oder durch Arzt unverschuldeten Grund eine niedrige arztindividuelle Fallzahl im Aufsatzquartal abgerechnet wurde. Hierzu zählt z.B. Krankheit des Arztes. Die Vergütung der aufgrund der o.g. Kriterien a) bis d) das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen erfolgt je nach Zugehörigkeit des antragstellenden Arztes aus der Rückstellung für Sicherstellungsaufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Buchstabe d) für Ärzte des hausärztlichen Versorgungsbereichs und § 4 Abs. 1 Buchstabe d) für Ärzte des fachärztlichen Versorgungsbereichs; entsprechendes gilt bei Stattgabe eines Antrags nach dem Kriterium e). [ ] Über das Verfahren der Umsetzung verständigen sich die Vertragspartner in einer gesonderten Vereinbarung.
2. Von diesen rechtlichen Vorgaben ist die Beklagte abgewichen, indem sie die krankheitsbedingt niedrigen Fallzahlen im Rahmen des RLV berücksichtigen wollte.
Sowohl Teil F. Nr. 3.4 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 als auch § 6 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 1 zum HV 2009 sahen vor, dass Folge einer durch Krankheit des Vertragsarztes bedingten niedrigen Fallzahl im Aufsatzquartal nicht etwa eine Erhöhung der RLV-relevanten Fallzahl sein sollte, sondern eine Vergütung von Leistungen über das arzt-/praxisbezogene RLV hinaus. § 6 Abs. 3 Satz 3 der Anlage 1 zum HV 2009 spricht daher konsequenterweise auch von der "Vergütung der [ ] das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen". Einzig die Überschrift von § 6 a.a.O. ("Ermittlung des Regelleistungsvolumen") gibt einen (schwachen) Hinweis darauf, dass im o.g. Fall das RLV zu erhöhen ist. Die insoweit unzutreffende Überschrift lässt sich jedoch damit erklären, dass die Kernregelungen von § 6 a.a.O. das RLV betreffen.
3. Für den hiesigen Rechtsstreit hat dies zur Folge, dass der Umstand einer krankheitsbedingt niedrigen Fallzahl im Aufsatzquartal IV/08 durch die Klägerin nicht im (Rechts-) Streit um ein höheres RLV, sondern nur in dem den Honorarbescheid IV/09 betreffenden Rechtsstreit geltend zu machen wäre. Die Klage ist demnach unzulässig.
II. Im Übrigen wären auch die Voraussetzungen von § 6 Abs. 3 Satz 2 lit. e der Anlage 1 zum HV 2009 im Falle der Klägerin nicht erfüllt.
1. Zunächst lässt der Wortlaut der Vorschrift nicht einfach eine (ergänze: im Vergleich zur sonstigen vertragsärztlichen Tätigkeit) "niedrigere" Fallzahl im Aufsatzquartal genügen, sondern verlangt eine "niedrige" Fallzahl. Dies deutet darauf hin, dass nicht schon eine im Verhältnis zu vergleichbaren Quartalen der Praxis niedrigere, sondern eine absolut gesehen (und möglicherweise an objektiven Kriterien wie dem Fachgruppendurchschnitt zu messende) niedrige Fallzahl erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund erscheint bereits zweifelhaft, ob die Klägerin im Quartal IV/08 eine "niedrige" Fallzahl aufwies. Denn die Fallzahl dieses Quartals (359) bewegt sich zwischen 70 und 75 % der durchschnittlichen Fallzahlen in den Jahren 2007, 2009 und 2010.
Allerdings weicht der Wortlaut des HV insoweit von den Vorgaben des Bewertungsausschusses ab, der lediglich eine "niedrigere" Fallzahl voraussetzt. Ob diese Modifizierung bewusst oder versehentlich erfolgte, lässt sich nicht erkennen. Die Frage, ob die Gesamtvertragspartner berechtigt waren, insoweit von den Vorgaben des Bewertungsausschusses (durch Verschärfung der Anforderungen) abzuweichen, kann der Senat allerdings offen lassen.
2. Denn unabhängig hiervon muss die niedrige Fallzahl gerade auf einen außergewöhnlichen oder vom Arzt unverschuldeten Grund, z.B. eigene Krankheit, zurückzuführen sein. Ungeachtet des insoweit anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs trägt der Arzt jedenfalls die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die den außergewöhnlichen oder vom Arzt unverschuldeten Grund darstellen sollen. Dem wird die Klägerin nicht gerecht, weil ihr Vorbringen zur Frage ihrer Arbeitsunfähigkeit und zum Umfang ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit im Quartal IV/08 widersprüchlich geblieben ist.
Während sie zunächst in ihren Schreiben vom 11. Juni, 29. September und 17. November 2009 behauptete, sie sei (u.a.) vom 1. bis 31. Oktober 2008 arbeitsunfähig gewesen und hierfür auf eine diesbezügliche Bescheinigung ihrer Ärztin L verwies, gab sie in ihrem Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Februar 2010 an, dies sei falsch, die Arbeitsunfähigkeit habe nur bis zum 30. September 2008 bestanden. Demgegenüber bekräftigte sie im Klageverfahren die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, trug aber im Berufungsverfahren vor – bestätigt durch ein Attest der behandelnden Ärztin L vom 15. Juli 2016 –, die Arbeitsunfähigkeit habe (teilweise unbescheinigt) bis 31. Dezember 2008 gedauert. Mit einer (vollen oder auch nur hälftigen) Arbeitsunfähigkeit kaum vereinbar ist die Tatsache, dass die gleichwohl vertragsärztlich tätig gewordene Klägerin im Quartal IV/08 ihre Sprechzeiten offenkundig nicht eingeschränkt und dadurch nahezu 75 % ihrer im gesunden Zustand bewältigten Fallzahlen erreicht hat.
Angesichts derart uneinheitlichen Vorbringens ist eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im fraglichen Quartal nicht nachgewiesen. Denn die Ursachen für eine niedrige Fallzahl innerhalb eines Quartals können vielgestaltig sein: leichtere gesundheitliche Einschränkungen (etwa grippale Infekte, innerhalb weniger Tage ausheilende Verletzungen), die nicht ohne weiteres ein Absehen von der tatsächlichen Fallzahl rechtfertigen würden, zählen hierzu ebenso wie vom Arzt verschuldete Umstände, etwa ein mehrwöchiger Urlaub oder eine Praxisschließung am Quartalsende (zu sog. Quartalsferien vgl. http://www.aerztezeitung.de/praxis wirtschaft/praxismanagement/praxisfuehrung/article/650877/praxis-quartalsende-frust-mach-lust.html). Es existiert daher – wohl entgegen der klägerischen Auffassung – kein Beweis des ersten Anscheins, dass eine niedrige Fallzahl bei Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte auf eine Erkrankung des Arztes zurückzuführen ist.
3. Auf die weiteren im Laufe des Rechtsstreits erörterten Fragen, etwa ob § 6 Abs. 3 Satz 2 lit. e der Anlage 1 zum HV 2009 auch bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit oder in der Wiederaufbauphase nach einer krankheitsbedingten Praxisschließung anzuwenden ist, kommt es nicht mehr an.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Nach § 155 Abs. 4 VwGO können Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden. Diese Bestimmung, die allen anderen Kostenvorschriften vorgeht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10.A., § 197a Rd. 18), stellt auch auf das vorprozessuale Verhalten der Beteiligten ab (a.a.O.), etwa wenn durch vorwerfbar unrichtige Sachbehandlung der Behörde ein Bürger sich zur Klageerhebung veranlasst sehen darf (vgl. zum Veranlassungsprinzip im Bereich der gerichtsgebührenfreien Verfahren: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10.A., § 193 Rd. 12b m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben, da die Beklagte entgegen Teil F Ziff. 3.4 des Beschluss des Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 und entgegen § 6 Abs. 3 der Anlage 1 zum HV 2009 die klägerseitig geltend gemachte niedrige Fallzahl im Aufsatzquartal innerhalb des RLV berücksichtigten wollte, statt dies zum Anlass für eine Leistungsvergütung über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus zu nehmen. Angesichts dessen erscheint es sachgerecht, der Beklagten die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen, soweit sie das zuletzt noch streitige Quartal IV/09 betreffen. Die Kostenaufteilung berücksichtigt i.Ü., dass wegen der zunächst auch streitigen Quartale I/09 und III/09 die Berufung nachträglich zurückgenommen wurde und die Klägerin insoweit gemäß § 155 Abs. 2 VwGO mit den Kosten zu belasten war.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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