Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AL 73/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 169/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. August 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1949 geborene, geschiedene Klägerin schloss ihre Schulbildung mit dem Abitur ab und studierte anschließend vom 1. September 1969 bis zum 30. August 1972 an der Fachschule für angewandte Kunst in Sch Textilgestaltung. Sie erlangte dort am 20. Juli 1972 den Abschluss einer diplomierten Textilgestalterin. Dieser Abschluss entspricht ausweislich des Bescheides des Sächsischen Staatsministeriums vom 13. März 2012 einem Fachhochschulabschluss im Sinne des Artikels 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages. Von September 1972 bis September 1990 arbeitete sie in diesem Beruf und anschließend bis Ende 1999 als Verwaltungsangestellte im gehobenen Kommunaldienst des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt P. Während dieser Tätigkeit absolvierte sie einen Lehrgang auf dem Gebiet des kommunalen Verwaltungsrechtes, den sie erfolgreich abschloss. Von Januar 2000 bis Dezember 2000 arbeitete sie als Verwaltungsfachangestellte bei einem freien Träger der Jugendhilfe. Sie nahm nach Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 1. Juni 2001 bis zum 30. November 2002 an einer Weiterbildung zur geprüften Sekretariatsfachkauffrau teil. Vom 1. Dezember 2005 bis zur Betriebsaufgabe am 30. November 2012 war sie selbständig tätig und führte einen Betrieb "Handel und Vermittlung von bio-physikalischen Informationsträgern" und arbeitete nach eigenen Angaben als Bioenergetikerin. Vom 1. März 2011 bis 30. September 2011 absolvierte sie gleichzeitig eine Weiterbildung zum Heilpraktiker und erlangte am 26. Oktober 2011 die Erlaubnis, als Heilpraktikerin ausschließlich für das Gebiet der Psychotherapie tätig zu sein. Im Zeitraum vom 20. September 2006 bis 8. November 2012 leistete die Klägerin Beiträge für die Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 28a Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - (SGB III).
Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten persönlich am 9. November 2012 mit Wirkung zum 1. Dezember 2012 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Durch Bescheid vom 13. Dezember 2012 bewilligte ihr die Beklagte vorläufig ab dem 1. Dezember 2012 Alg für 720 Leistungstage nach einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 EUR und durch Bescheid vom 14. Dezember 2012 als Vorschuss ab dem 1. Dezember 2012 für 720 Kalendertage ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 EUR mit einem täglichen Leistungsbetrag iHv 28,07 EUR. Die endgültige Leistungsbewilligung erfolgte durch Bescheid vom 4. Januar 2013 iHv kalendertäglich 28,07 EUR für 720 Leistungstage ab dem 1. Dezember 2012, wiederum ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 EUR. Gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 legte die Klägerin am 10. Januar 2013 Widerspruch ein und gegen den Bescheid vom 4. Januar 2013 am 17. Januar 2013. Sie wies darauf hin, dass sie Mitglied einer anderen als von der Beklagten angenommenen Krankenkasse sei und bat um Übersendung ergänzender Informationen zur Bemessungsgrundlage ihres Anspruchs. Durch Änderungsbescheid vom 16. Januar 2013 korrigierte die Beklagte die Zuordnung der Klägerin zur Krankenkasse.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2013 wandte sich die Klägerin gegen die Feststellung des von der Beklagten bei der Berechnung ihres Alg-Anspruchs zu Grunde gelegten fiktiven Bemessungsentgelts. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei nicht die Qualifikationsgruppe 2 zu Grunde zu legen sondern unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Qualifikation und ihrer beruflichen Laufbahn die Qualifikationsgruppe 1. Denn sie verfüge über einen Fachhochschulabschluss, weshalb sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie hierauf zu erstrecken hätten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 1. März 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Januar 2013 und vom 16. Januar 2013 als unbegründet zurück. Der Anspruch der Klägerin auf Alg sei zutreffend ermittelt worden. Da innerhalb des auf zwei Jahren erweiterten Bemessungsrahmens ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden konnte, sei nach § 152 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Für die Festsetzung dieses fiktiven Arbeitsentgeltes sei die Klägerin derjenigen Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die ihrer beruflichen Qualifikation entspreche, welche für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken habe, im Falle der Klägerin bedeute dies die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3. Denn ihr Hochschulabschluss als Dipl.-Designerin sei nicht mehr verwertbar, deshalb müssten sich die Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf die Tätigkeit als Heilpraktikerin bzw. als Verkäuferin für Bio-Reformwaren, alternativ als Sekretariatsfachkraft, erstrecken.
Durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 26. September 2014 wurde der Klägerin ab dem 1. Dezember 2014 eine Altersrente für Frauen bewilligt.
Am 19. März 2013 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) Klage erhoben, mit der sie die Berechnung ihres Anspruchs auf Alg unter Berücksichtigung der Qualifikationsgruppe 1 (Hochschul- und Fachschulausbildung) begehrt. Sie verfüge über Qualifikationen als Diplomdesignerin und als Verwaltungsfachangestellte im gehobenen Dienst. Bei der Ermittlung des fiktiven Arbeitsentgelts zur Berechnung ihres Alg-Anspruchs komme es allein darauf an, über welche Qualifikation die Klägerin verfüge, wobei sich die Qualifikationsgruppe dann nach der höchsten bestehenden beruflichen Ausbildungsqualifikation zu richten habe. Denn an dieser hätten sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie zu orientieren. Es spiele keine Rolle, ob derartige Vermittlungsbemühungen tatsächlich erfolgversprechend seien. Der Zweck der Regelung des § 152 SGB III bestehe darin, den Entscheider von schwierigen Wertungen freizustellen. Eine Eingruppierung sei insbesondere dann problematisch, wenn der Arbeitslose wie vorliegend die Klägerin über mehrere Qualifikationen verfüge. In solchen Fällen sei eine rechtssichere Einordnung nicht möglich. Im Interesse des Arbeitsnehmers komme es deshalb allein auf dessen höchste Qualifikation an, entscheidend sei im Falle der Klägerin mithin ihre Fachhochschulausbildung.
Durch Urteil vom 30. August 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld, weil die Berechnung ihres Anspruchs zu Recht auf der Grundlage der Qualifikationsgruppe 3 erfolgt sei. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Zuordnung einer Beschäftigung zu den Qualifikationsgruppen ausdrücklich davon abhängig, dass entsprechende förmliche Berufsabschlüsse tatsächlich vorlägen, es müsse jedoch im Einzelfall auch Berücksichtigung finden, wann ein entsprechender Berufsabschluss erworben, in welchem Zeitraum eine diesbezügliche versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und ob zwischenzeitlich weitere ggf. niedriger qualifizierte Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Die Klägerin habe danach im Zeitpunkt ihrer Arbeitslosmeldung bereits über 24 Jahre lang nicht mehr in ihrem erlernten Beruf einer Textildesignerin gearbeitet. Die Vermittlungsbemühungen der Beklagten hätten sich deshalb auch auf das Gebiet einer Verwaltungsfachangestellten bzw. Sekretärin zu erstrecken sowie auf eine Tätigkeit als Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie bzw. als Verkäuferin für Bio- und Reformwaren. Denn für die Einstufung der Klägerin seien nur diejenigen Tätigkeiten relevant, in welche sie bestmöglich in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden könne.
Gegen das Urteil des SG hat die Klägerin beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Beklagte habe ihre Vermittlungsbemühungen sowohl auf eine Tätigkeit als Diplom-Designerin (FH) als auch auf eine Tätigkeit als geprüfte Verwaltungsfachangestellte als auch als geprüfte Heilpraktikerin zu erstrecken. Die Tätigkeit als geprüfte Heilpraktikerin erfülle bereits die Kriterien der Qualifikationsgruppe 1, mindestens jedoch der Qualifikationsgruppe 2. Die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3 und damit in diejenige von ungelernten Hilfstätigkeiten sei deshalb offensichtlich fehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. August 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2013 in der Fassung des Bescheides vom 16. Januar 2013 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 30. November 2014 Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines fiktiven Bemessungsentgelts nach der Qualifikationsgruppe 1, hilfsweise nach der Qualifikationsgruppe 2, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordere die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3 eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf und nicht lediglich eine ungelernte Hilfstätigkeit. Es sei diejenige Beschäftigung zu Grunde zu legen, welche für die Klägerin nach Lebensalter und Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung ihres Berufes und ihrer Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht komme. Die Tätigkeit einer Heilpraktikerin komme für die Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil es keine Stellenangebote in nennenswerter Zahl für solche Beschäftigungen gäbe, denn diese würden in der Regel von Selbständigen ausgeübt. Demnach seien die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie auf die Tätigkeit einer Verwaltungsfachangestellten zu richten gewesen, diese Tätigkeit entspreche der Qualifikationsgruppe 3.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung geworden sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit zuvor einverstanden erklärt hatten (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Zulässiger Gegenstand des Verfahrens ist (nur) noch der Bescheid vom 4. Januar 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013. Durch Bescheid vom 4. Januar 2013 wurde der Klägerin Alg endgültig bewilligt, die vorangegangenen Bescheide über die vorläufige Bewilligung nach § 328 Abs. 1 SGB III haben sich hierdurch gemäß § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) anderweitig erledigt, ohne dass es deren Aufhebung bedurfte (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 75).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Bewilligung von höherem Alg unter Berücksichtigung eines fiktiven Bemessungsentgelts nach Maßgabe der Qualifikationsgruppen 1 oder 2. Der angefochtene Bescheid ist deshalb rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Bemessung des Anspruchs der Klägerin auf Alg ist § 149 Abs. 1 SGB III in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung. Danach beträgt das Alg - in Abhängigkeit zu berücksichtigender Kinder - 67 bzw 60 vH des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 S 1 SGB III in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 S 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 150 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs. 1 S 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung).
Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass der Bemessungsrahmen ausgehend von der Arbeitslosmeldung der Klägerin zum 1. Dezember 2012 am 30. November 2012 beginnt und - rückwärts gerechnet - mit dem 1. Dezember 2010 endet. Innerhalb dieses Bemessungsrahmens hat die Klägerin kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt, denn sie war in diesem Zeitraum selbständig tätig. Zu Recht hat daher die Beklagte eine fiktive Bemessung vorgenommen.
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose derjenigen Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 152 Abs. 2 S 1 SGB III). Gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist dabei zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die 1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/300 der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/360 der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/450 der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/600 der Bezugsgröße.
Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 (§ 152 Abs 2 S 2 Nr 3 SGB III) ist zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Einstufung in die Qualifikationsgruppen 1 oder 2. Die Einschätzung der Beklagten, wonach sie ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf eine Beschäftigung der Klägerin als Heilpraktikerin bzw. Verkäuferin für Bio-Reformwaren bzw (auch) als Sekretariatsfachkraft bzw Verwaltungsfachangestellte zu erstrecken gehabt habe, ist nicht zu beanstanden. Diese Tätigkeiten erfüllen nicht die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppen 1 und 2.
In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen - unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes - zu erstrecken hat (vgl. BT- Drs. 15/1515 S.86). Die entsprechenden Gesichtspunkte für die Frage, auf welche Beschäftigungen die Vermittlung vorrangig auszurichten ist, lässt sich den Bestimmungen zur Arbeitsvermittlung (§§ 35 ff. SGB III) entnehmen. Welche Beschäftigung der Arbeitslose anstreben kann, hängt danach von seiner beruflichen Qualifikation ab, so dass die berufliche Qualifikation letztendlich das einzig ausschlaggebende Kriterium für die Eingruppierung ist. Für eine fiktive Bemessung ist indes nicht die Gesamtheit der möglichen Beschäftigungen heranzuziehen, sondern es sind jene Tätigkeiten relevant, mit denen der Arbeitslose bestmöglich wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann. Die Beklagte hat dabei das gesamte in Betracht kommende Arbeitsangebot zu berücksichtigen. Bei uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit sind alle Beschäftigungen berücksichtigungsfähig, die der Arbeitslose als nicht Ortsgebundener auf dem Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland ausüben kann. Daneben sind gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III auch Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen zu berücksichtigen (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 7. Aufl. § 152 Rn.6; Eppelein in Schlegel/Voelzke, 1. Aufl., Rn. 8 zu § 152 SGB III).
Unter Beachtung dieser Kriterien ist die Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 2 oder sogar 1 entgegen der Auffassung der Klägerin nicht möglich, denn die Klägerin hatte aufgrund des über 24 Jahre zurückliegenden Abschlusses ihrer Fachhochschulausbildung und der letztmaligen Beschäftigung als Textilgestalterin im September 1990 keine realistische Möglichkeit, in eine Tätigkeit vermittelt zu werden, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung oder eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern. Eine Wiedereingliederung in das Berufsleben in der Tätigkeit als Textilgestalterin war und ist realistischerweise nicht möglich (gewesen) und wird auch nicht von der Klägerin selbst behauptet. Demgegenüber hat die Beklagte schlüssig vorgetragen, dass die Möglichkeiten der Klägerin in dem Berufsfeld einer Verkäuferin für Bio-Erzeugnisse oder Sekretariatsfachkraft angesichts des beruflichen Werdegangs der Klägerin als durchaus realistisch anzusehen sind. Denn diese Tätigkeiten hat die Klägerin bereits zeitnah vor ihrer Arbeitslosigkeit ausgeübt. Zwar entsprechen diese Tätigkeiten nicht dem – formalen – Ausbildungsniveau der Klägerin, das Bemessungsentgelt ist jedoch nicht daran zu orientieren, wie der Arbeitslose ausgebildet ist, sondern an der Beschäftigung, in der er mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder den Zugang zum Arbeitsmarkt findet, denn hierauf hat die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen zu konzentrieren. Insofern genügt es daher, dass die von der Beklagten getroffene Einschätzung der Vermittlungsmöglichkeiten eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit erwarten lässt als die Vermittlung in den Beruf einer Textilgestalterin. Das ist hier uneingeschränkt der Fall.
Die Beklagte hat auch das Bemessungsentgelt in Höhe von 70,- EUR zutreffend errechnet. Nach der maßgeblichen Qualifikationsgruppe 3 ist gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von 1/450 der Bezugsgröße für 2012 von 31 500,- EUR (West) und 26 880,- EUR (Ost) zugrunde zu legen. Dies ergibt im Falle der Klägerin 70,- EUR.
Die ab 1. Januar 2005 erfolgte Abkehr von der ausschließlichen Orientierung am individuell erzielbaren Arbeitsentgelt (§ 133 Abs 4 SGB III aF) und die Hinwendung zu einem pauschalierenden System der Fiktivberechnung des Bemessungsentgelts einschließlich der damit verbundenen Äquivalentabweichungen unterliegen im vorliegenden Fall auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; die Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppen verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3; BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 7 RdNr 24 ff). Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekannte Ermittlung fiktiver Entgelte anhand der Einstufung in Qualifikationsgruppen (vgl § 256b Abs 1, § 256c Abs 3 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)) stellt wegen der in der Regel bestehenden Abhängigkeit zwischen beruflicher Qualifikation und Verdienstmöglichkeiten eine geeignete Methode dar, um jedenfalls in der überwiegenden Mehrheit der Fälle zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung konnte der Gesetzgeber auch davon ausgehen, dass unter Beachtung des Zusammenhangs der beruflichen Qualifikation mit den Verdienstmöglichkeiten eine Pauschalierung zu keinen schwerwiegenden Härten führen würde (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 - B 11 AL 21/11 R - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1949 geborene, geschiedene Klägerin schloss ihre Schulbildung mit dem Abitur ab und studierte anschließend vom 1. September 1969 bis zum 30. August 1972 an der Fachschule für angewandte Kunst in Sch Textilgestaltung. Sie erlangte dort am 20. Juli 1972 den Abschluss einer diplomierten Textilgestalterin. Dieser Abschluss entspricht ausweislich des Bescheides des Sächsischen Staatsministeriums vom 13. März 2012 einem Fachhochschulabschluss im Sinne des Artikels 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages. Von September 1972 bis September 1990 arbeitete sie in diesem Beruf und anschließend bis Ende 1999 als Verwaltungsangestellte im gehobenen Kommunaldienst des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt P. Während dieser Tätigkeit absolvierte sie einen Lehrgang auf dem Gebiet des kommunalen Verwaltungsrechtes, den sie erfolgreich abschloss. Von Januar 2000 bis Dezember 2000 arbeitete sie als Verwaltungsfachangestellte bei einem freien Träger der Jugendhilfe. Sie nahm nach Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 1. Juni 2001 bis zum 30. November 2002 an einer Weiterbildung zur geprüften Sekretariatsfachkauffrau teil. Vom 1. Dezember 2005 bis zur Betriebsaufgabe am 30. November 2012 war sie selbständig tätig und führte einen Betrieb "Handel und Vermittlung von bio-physikalischen Informationsträgern" und arbeitete nach eigenen Angaben als Bioenergetikerin. Vom 1. März 2011 bis 30. September 2011 absolvierte sie gleichzeitig eine Weiterbildung zum Heilpraktiker und erlangte am 26. Oktober 2011 die Erlaubnis, als Heilpraktikerin ausschließlich für das Gebiet der Psychotherapie tätig zu sein. Im Zeitraum vom 20. September 2006 bis 8. November 2012 leistete die Klägerin Beiträge für die Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 28a Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - (SGB III).
Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten persönlich am 9. November 2012 mit Wirkung zum 1. Dezember 2012 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Durch Bescheid vom 13. Dezember 2012 bewilligte ihr die Beklagte vorläufig ab dem 1. Dezember 2012 Alg für 720 Leistungstage nach einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 EUR und durch Bescheid vom 14. Dezember 2012 als Vorschuss ab dem 1. Dezember 2012 für 720 Kalendertage ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 EUR mit einem täglichen Leistungsbetrag iHv 28,07 EUR. Die endgültige Leistungsbewilligung erfolgte durch Bescheid vom 4. Januar 2013 iHv kalendertäglich 28,07 EUR für 720 Leistungstage ab dem 1. Dezember 2012, wiederum ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 EUR. Gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 legte die Klägerin am 10. Januar 2013 Widerspruch ein und gegen den Bescheid vom 4. Januar 2013 am 17. Januar 2013. Sie wies darauf hin, dass sie Mitglied einer anderen als von der Beklagten angenommenen Krankenkasse sei und bat um Übersendung ergänzender Informationen zur Bemessungsgrundlage ihres Anspruchs. Durch Änderungsbescheid vom 16. Januar 2013 korrigierte die Beklagte die Zuordnung der Klägerin zur Krankenkasse.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2013 wandte sich die Klägerin gegen die Feststellung des von der Beklagten bei der Berechnung ihres Alg-Anspruchs zu Grunde gelegten fiktiven Bemessungsentgelts. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei nicht die Qualifikationsgruppe 2 zu Grunde zu legen sondern unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Qualifikation und ihrer beruflichen Laufbahn die Qualifikationsgruppe 1. Denn sie verfüge über einen Fachhochschulabschluss, weshalb sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie hierauf zu erstrecken hätten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 1. März 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Januar 2013 und vom 16. Januar 2013 als unbegründet zurück. Der Anspruch der Klägerin auf Alg sei zutreffend ermittelt worden. Da innerhalb des auf zwei Jahren erweiterten Bemessungsrahmens ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden konnte, sei nach § 152 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Für die Festsetzung dieses fiktiven Arbeitsentgeltes sei die Klägerin derjenigen Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die ihrer beruflichen Qualifikation entspreche, welche für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken habe, im Falle der Klägerin bedeute dies die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3. Denn ihr Hochschulabschluss als Dipl.-Designerin sei nicht mehr verwertbar, deshalb müssten sich die Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf die Tätigkeit als Heilpraktikerin bzw. als Verkäuferin für Bio-Reformwaren, alternativ als Sekretariatsfachkraft, erstrecken.
Durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 26. September 2014 wurde der Klägerin ab dem 1. Dezember 2014 eine Altersrente für Frauen bewilligt.
Am 19. März 2013 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) Klage erhoben, mit der sie die Berechnung ihres Anspruchs auf Alg unter Berücksichtigung der Qualifikationsgruppe 1 (Hochschul- und Fachschulausbildung) begehrt. Sie verfüge über Qualifikationen als Diplomdesignerin und als Verwaltungsfachangestellte im gehobenen Dienst. Bei der Ermittlung des fiktiven Arbeitsentgelts zur Berechnung ihres Alg-Anspruchs komme es allein darauf an, über welche Qualifikation die Klägerin verfüge, wobei sich die Qualifikationsgruppe dann nach der höchsten bestehenden beruflichen Ausbildungsqualifikation zu richten habe. Denn an dieser hätten sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie zu orientieren. Es spiele keine Rolle, ob derartige Vermittlungsbemühungen tatsächlich erfolgversprechend seien. Der Zweck der Regelung des § 152 SGB III bestehe darin, den Entscheider von schwierigen Wertungen freizustellen. Eine Eingruppierung sei insbesondere dann problematisch, wenn der Arbeitslose wie vorliegend die Klägerin über mehrere Qualifikationen verfüge. In solchen Fällen sei eine rechtssichere Einordnung nicht möglich. Im Interesse des Arbeitsnehmers komme es deshalb allein auf dessen höchste Qualifikation an, entscheidend sei im Falle der Klägerin mithin ihre Fachhochschulausbildung.
Durch Urteil vom 30. August 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld, weil die Berechnung ihres Anspruchs zu Recht auf der Grundlage der Qualifikationsgruppe 3 erfolgt sei. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Zuordnung einer Beschäftigung zu den Qualifikationsgruppen ausdrücklich davon abhängig, dass entsprechende förmliche Berufsabschlüsse tatsächlich vorlägen, es müsse jedoch im Einzelfall auch Berücksichtigung finden, wann ein entsprechender Berufsabschluss erworben, in welchem Zeitraum eine diesbezügliche versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und ob zwischenzeitlich weitere ggf. niedriger qualifizierte Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Die Klägerin habe danach im Zeitpunkt ihrer Arbeitslosmeldung bereits über 24 Jahre lang nicht mehr in ihrem erlernten Beruf einer Textildesignerin gearbeitet. Die Vermittlungsbemühungen der Beklagten hätten sich deshalb auch auf das Gebiet einer Verwaltungsfachangestellten bzw. Sekretärin zu erstrecken sowie auf eine Tätigkeit als Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie bzw. als Verkäuferin für Bio- und Reformwaren. Denn für die Einstufung der Klägerin seien nur diejenigen Tätigkeiten relevant, in welche sie bestmöglich in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden könne.
Gegen das Urteil des SG hat die Klägerin beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Beklagte habe ihre Vermittlungsbemühungen sowohl auf eine Tätigkeit als Diplom-Designerin (FH) als auch auf eine Tätigkeit als geprüfte Verwaltungsfachangestellte als auch als geprüfte Heilpraktikerin zu erstrecken. Die Tätigkeit als geprüfte Heilpraktikerin erfülle bereits die Kriterien der Qualifikationsgruppe 1, mindestens jedoch der Qualifikationsgruppe 2. Die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3 und damit in diejenige von ungelernten Hilfstätigkeiten sei deshalb offensichtlich fehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. August 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2013 in der Fassung des Bescheides vom 16. Januar 2013 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 30. November 2014 Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines fiktiven Bemessungsentgelts nach der Qualifikationsgruppe 1, hilfsweise nach der Qualifikationsgruppe 2, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordere die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3 eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf und nicht lediglich eine ungelernte Hilfstätigkeit. Es sei diejenige Beschäftigung zu Grunde zu legen, welche für die Klägerin nach Lebensalter und Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung ihres Berufes und ihrer Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht komme. Die Tätigkeit einer Heilpraktikerin komme für die Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil es keine Stellenangebote in nennenswerter Zahl für solche Beschäftigungen gäbe, denn diese würden in der Regel von Selbständigen ausgeübt. Demnach seien die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie auf die Tätigkeit einer Verwaltungsfachangestellten zu richten gewesen, diese Tätigkeit entspreche der Qualifikationsgruppe 3.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung geworden sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit zuvor einverstanden erklärt hatten (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Zulässiger Gegenstand des Verfahrens ist (nur) noch der Bescheid vom 4. Januar 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013. Durch Bescheid vom 4. Januar 2013 wurde der Klägerin Alg endgültig bewilligt, die vorangegangenen Bescheide über die vorläufige Bewilligung nach § 328 Abs. 1 SGB III haben sich hierdurch gemäß § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) anderweitig erledigt, ohne dass es deren Aufhebung bedurfte (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 75).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Bewilligung von höherem Alg unter Berücksichtigung eines fiktiven Bemessungsentgelts nach Maßgabe der Qualifikationsgruppen 1 oder 2. Der angefochtene Bescheid ist deshalb rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Bemessung des Anspruchs der Klägerin auf Alg ist § 149 Abs. 1 SGB III in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung. Danach beträgt das Alg - in Abhängigkeit zu berücksichtigender Kinder - 67 bzw 60 vH des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 S 1 SGB III in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 S 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 150 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs. 1 S 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung).
Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass der Bemessungsrahmen ausgehend von der Arbeitslosmeldung der Klägerin zum 1. Dezember 2012 am 30. November 2012 beginnt und - rückwärts gerechnet - mit dem 1. Dezember 2010 endet. Innerhalb dieses Bemessungsrahmens hat die Klägerin kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt, denn sie war in diesem Zeitraum selbständig tätig. Zu Recht hat daher die Beklagte eine fiktive Bemessung vorgenommen.
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose derjenigen Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 152 Abs. 2 S 1 SGB III). Gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist dabei zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die 1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/300 der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/360 der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/450 der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/600 der Bezugsgröße.
Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 (§ 152 Abs 2 S 2 Nr 3 SGB III) ist zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Einstufung in die Qualifikationsgruppen 1 oder 2. Die Einschätzung der Beklagten, wonach sie ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf eine Beschäftigung der Klägerin als Heilpraktikerin bzw. Verkäuferin für Bio-Reformwaren bzw (auch) als Sekretariatsfachkraft bzw Verwaltungsfachangestellte zu erstrecken gehabt habe, ist nicht zu beanstanden. Diese Tätigkeiten erfüllen nicht die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppen 1 und 2.
In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen - unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes - zu erstrecken hat (vgl. BT- Drs. 15/1515 S.86). Die entsprechenden Gesichtspunkte für die Frage, auf welche Beschäftigungen die Vermittlung vorrangig auszurichten ist, lässt sich den Bestimmungen zur Arbeitsvermittlung (§§ 35 ff. SGB III) entnehmen. Welche Beschäftigung der Arbeitslose anstreben kann, hängt danach von seiner beruflichen Qualifikation ab, so dass die berufliche Qualifikation letztendlich das einzig ausschlaggebende Kriterium für die Eingruppierung ist. Für eine fiktive Bemessung ist indes nicht die Gesamtheit der möglichen Beschäftigungen heranzuziehen, sondern es sind jene Tätigkeiten relevant, mit denen der Arbeitslose bestmöglich wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann. Die Beklagte hat dabei das gesamte in Betracht kommende Arbeitsangebot zu berücksichtigen. Bei uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit sind alle Beschäftigungen berücksichtigungsfähig, die der Arbeitslose als nicht Ortsgebundener auf dem Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland ausüben kann. Daneben sind gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III auch Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen zu berücksichtigen (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 7. Aufl. § 152 Rn.6; Eppelein in Schlegel/Voelzke, 1. Aufl., Rn. 8 zu § 152 SGB III).
Unter Beachtung dieser Kriterien ist die Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 2 oder sogar 1 entgegen der Auffassung der Klägerin nicht möglich, denn die Klägerin hatte aufgrund des über 24 Jahre zurückliegenden Abschlusses ihrer Fachhochschulausbildung und der letztmaligen Beschäftigung als Textilgestalterin im September 1990 keine realistische Möglichkeit, in eine Tätigkeit vermittelt zu werden, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung oder eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern. Eine Wiedereingliederung in das Berufsleben in der Tätigkeit als Textilgestalterin war und ist realistischerweise nicht möglich (gewesen) und wird auch nicht von der Klägerin selbst behauptet. Demgegenüber hat die Beklagte schlüssig vorgetragen, dass die Möglichkeiten der Klägerin in dem Berufsfeld einer Verkäuferin für Bio-Erzeugnisse oder Sekretariatsfachkraft angesichts des beruflichen Werdegangs der Klägerin als durchaus realistisch anzusehen sind. Denn diese Tätigkeiten hat die Klägerin bereits zeitnah vor ihrer Arbeitslosigkeit ausgeübt. Zwar entsprechen diese Tätigkeiten nicht dem – formalen – Ausbildungsniveau der Klägerin, das Bemessungsentgelt ist jedoch nicht daran zu orientieren, wie der Arbeitslose ausgebildet ist, sondern an der Beschäftigung, in der er mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder den Zugang zum Arbeitsmarkt findet, denn hierauf hat die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen zu konzentrieren. Insofern genügt es daher, dass die von der Beklagten getroffene Einschätzung der Vermittlungsmöglichkeiten eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit erwarten lässt als die Vermittlung in den Beruf einer Textilgestalterin. Das ist hier uneingeschränkt der Fall.
Die Beklagte hat auch das Bemessungsentgelt in Höhe von 70,- EUR zutreffend errechnet. Nach der maßgeblichen Qualifikationsgruppe 3 ist gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von 1/450 der Bezugsgröße für 2012 von 31 500,- EUR (West) und 26 880,- EUR (Ost) zugrunde zu legen. Dies ergibt im Falle der Klägerin 70,- EUR.
Die ab 1. Januar 2005 erfolgte Abkehr von der ausschließlichen Orientierung am individuell erzielbaren Arbeitsentgelt (§ 133 Abs 4 SGB III aF) und die Hinwendung zu einem pauschalierenden System der Fiktivberechnung des Bemessungsentgelts einschließlich der damit verbundenen Äquivalentabweichungen unterliegen im vorliegenden Fall auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; die Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppen verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3; BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 7 RdNr 24 ff). Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekannte Ermittlung fiktiver Entgelte anhand der Einstufung in Qualifikationsgruppen (vgl § 256b Abs 1, § 256c Abs 3 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)) stellt wegen der in der Regel bestehenden Abhängigkeit zwischen beruflicher Qualifikation und Verdienstmöglichkeiten eine geeignete Methode dar, um jedenfalls in der überwiegenden Mehrheit der Fälle zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung konnte der Gesetzgeber auch davon ausgehen, dass unter Beachtung des Zusammenhangs der beruflichen Qualifikation mit den Verdienstmöglichkeiten eine Pauschalierung zu keinen schwerwiegenden Härten führen würde (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 - B 11 AL 21/11 R - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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