Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 1608/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 284/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 43/17 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Verschulden bei der Nachfrist iSd § 324 Abs 3 S 2 SGB III hinsichtlich eines Insg-Antrages
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Insolvenzgeld (Insg).
Die 1975 geborene Klägerin stand seit dem 1. Juni 2005 in einem Arbeitsverhältnis bei der A, über dessen Vermögen beim Amtsgericht Charlottenburg (AG) aufgrund des Antrags vom 15. November 2010 am 1. Januar 2011 das Insolvenz(Ins)-Verfahren eröffnet wurde (Az.: 36a Ins 121/10). Der Geschäftsbetrieb wurde unverändert fortgeführt. Die Arbeitnehmer wurden in einer Betriebsversammlung vom 17. November 2010 durch den Ins-Verwalter, Rechtsanwalt V-S (fortan: V-S) über den Eigenantrag auf Eröffnung des Ins-Verfahrens unterrichtet. Es wurde ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingerichtet, der am 22. November 2010 tagte und an dem auch ein Vertreter der Beklagten sowie die Betriebsratsvorsitzende, Frau H J (fortan: H-J), mitwirkten. Die Gruppe 2 des Ausschusses wurde aus den Vertretern der Arbeitnehmerschaft gebildet.
Nachdem der Ins-Verwalter am 15. November 2010 den Antrag auf Zustimmung zur Vorfinanzierung der Entgeltansprüche der Arbeitnehmer bei der Beklagten gestellt hatte (§ 188 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)), sollten die offenen Entgeltansprüche der Arbeitnehmer für Oktober bis Dezember 2010 durch die S Bank (fortan: S Bank) nach § 188 Abs. 4 SGB III vorfinanziert werden. Die Beklagte teilte auf Anfrage des Ins-Verwalters mit, dass nach Prüfung von § 47 Abs. 3 neuer Text des Manteltarifvertrags BMT-A II die Sonderzuwendung (13. Monatsgehalt) nur anteilig (2/12) für November und Dezember 2010 und 1/12 für Januar 2011 (ausgehend von einer Ins-Eröffnung zum 1. Februar) gezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 erteilte die Beklagte ihre Zustimmung zur Vorfinanzierung der tatsächlichen Ins-Ansprüche der Arbeitnehmer (§§ 183 – 185 SGB III). Im Ins-Gutachten vom 29. Dezember 2010 wurde nach diesbezüglicher Korrespondenz des Ins-Verwalters mit der Beklagten aufgenommen, dass Lohnansprüche der Arbeitnehmer für November und Dezember 2010 bestünden, die mit Verfahrenseröffnung auf die Beklagte übergingen. Nicht über das Insg abgesichert seien 9/12 des Weihnachtsgeldes für 2010.
Mit Forderungskaufverträgen vom 17. November, 7./13. Dezember 2010 und 10./12. Januar 2011 verkaufte die Klägerin die noch offenen Arbeitsentgeltansprüche für November (1.795,58 EUR) und Dezember 2010 (2.070,82 EUR) sowie einen Teil der Jahressonderzuwendung (102,65 EUR) an die S Bank.
Der Ins-Verwalter informierte die Arbeitnehmer über die Ins-Eröffnung schriftlich unter Beifügung des Formulars zur Forderungsanmeldung, woraufhin zahlreiche Arbeitnehmer der A Anträge auf Gewährung von Insg innerhalb der Ausschlussfrist nach §§ 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 324 Abs. 3 S. 1 SGB III stellten.
Die Klägerin stellte am 28. März 2011 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Insg i.H.v. 9/12 der Sonderzuwendung von 85 % des Septembergehalts.
Mit Bescheid vom 6. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin, die geltend gemacht hatte, dass sie in Unkenntnis des Ins-Ereignisses weitergearbeitet habe und die Versäumung der Ausschlussfrist von ihr nicht verschuldet sei, als unbegründet zurück. Die Klägerin habe den Antrag auf Gewährung von Insg i.H.v. 9/12 der Sonderzuwendung nicht innerhalb der zweimonatigen, am 1. März 2011 endenden Ausschlussfrist nach Eröffnung des Ins-Verfahrens am 1. Januar 2011 (§§ 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 324 Abs. 3 S. 1 SGB III), sondern erst am 28. März 2011 gestellt. Eine Nachfrist könne nicht eingeräumt werden, weil sich die Klägerin nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht habe. Zu vertreten sei jede Fahrlässigkeit. Hierbei sei ihr die angebliche Unkenntnis des Ins-Verfahrens anzulasten, da sie sich bei einer sachkundigen Stelle wie Amtsgericht, Arbeitsgericht, Agentur für Arbeit hätte informieren können. Zudem seien nur 3/12 der Jahressonderzahlung zu berücksichtigen, die der Klägerin bereits im Rahmen der Vorfinanzierung durch die S Bank gewährt worden seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Mai 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und unter auszugsweiser Vorlage des Bundesmanteltarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der A vom 11. März 1997 (§§ 41-53 BMP-A) vorgetragen, dass es sich bei ihrem Anspruch nicht um eine zusätzliche Vergütung für die geleistete Arbeit der einzelnen Monate handele, sondern um eine Zuwendung für Betriebstreue. Dies ergebe sich daraus, dass gemäß § 46 BMP-A das Arbeitsverhältnis in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres nicht beendet werden dürfe. Die verspätete Antragstellung könne ihr nicht angelastet werden, denn sie habe ohne Unterbrechung immer für die A weiter gearbeitet und habe mit der Insolvenz und der Beantragung des Insg nichts zu tun gehabt. Alles sei über den Verwalter gelaufen, der für sie und für alle anderen gehandelt habe. Sie habe lediglich alle Forderungen abtreten müssen. Erst im Zuge der Bearbeitung der Insg-Zahlungen sei ihr Anfang März klar geworden, dass nur 3/12 der Sonderzahlung einfließen würden. Sie habe dann sogleich den Antrag gestellt.
In zahlreichen gewechselten Schriftsätzen haben die Beteiligten weiterhin ihre jeweilige Rechtsauffassung vorgetragen.
Die Klägerin hat sich in diesem Rahmen darauf berufen, dass die Beklagte ihrer rechtlichen Pflicht zur Zahlung der noch offenen 9/12 der Sonderzahlung als Insg nicht nachgekommen sei. Diese Forderung sei nach § 187 SGB III auf die Beklagte übergegangen, so dass sie selbst im Rahmen eines Ins-Plans nicht auf diese Forderung habe verzichten können. Sollte demgegenüber die Beklagte auf diesen Teil der Forderung gegenüber dem Ins-Verwalter verzichtet haben, könne dies nicht zum Erlöschen ihrer Forderung führen. Das Ins-Verfahren sei nicht durch die Planinsolvenz beendet (Entscheidung des BSG vom 21. November 2002, B 11 AL 35/02 R, juris). Selbst wenn ein überwiegender Teil der Gläubiger mit dem Ins-Plan einverstanden gewesen sein sollte, könne dies nicht zum Untergang ihres gesonderten Anspruchs auf Insg führen. Der vom Ins-Verwalter zur weiteren Vertretung der Arbeitnehmer gestellten Anwalt habe die Interessen aller Arbeitnehmer zu vertreten. In Vorbereitung der Gläubigerversammlung seien alle Arbeitnehmer aufgefordert worden, eine Vollmacht zu unterschreiben, dass sie auf die Zahlungen der weiteren 9/12 der Sonderzahlung verzichten sollten. Nach Kenntnis der Betriebsratsvorsitzenden H J habe sie selbst, wie auch einige weitere Arbeitnehmer, diese Vollmacht nicht erteilt.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Klägerin sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht und die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III mithin schuldhaft versäumt habe. Bereits in der Betriebsversammlung am 17. November 2010 sei allen Arbeitnehmern die Insolvenz der A mitgeteilt worden. Die Klägerin habe also nicht in Unkenntnis des Ins-Ereignisses weitergearbeitet, auf die genaue Kenntnis des Datums des Eröffnungsbeschlusses im Ins-Verfahren komme es nicht an. Anhand der Forderungskaufverträge habe die Klägerin zudem den Grund des Forderungsverkaufs, nämlich die Insolvenz des Arbeitgebers und die daraus resultierende Nichtzahlung des Arbeitsentgelts ab November 2010 entnehmen können. Aus dem dritten Forderungskaufvertrag ergebe sich außerdem, dass die Jahressonderzahlung, die allein Gegenstand dieses Vertrags gewesen sei, nur anteilig verkauft worden sei. Die Klägerin habe sich auch nicht wegen Unklarheiten an die Agentur für Arbeit gewandt, sondern sich allein auf die Auskünfte von Gewerkschaft und Betriebsrat verlassen, was nicht genüge. Zudem sei ihre Forderung, wie auch sämtliche noch offenen Forderungen der Arbeitnehmer aus 2010, infolge der einstimmigen Annahme des Ins-Plans durch die Gläubigerversammlung am 14. Dezember 2011, deren Gruppe 2 aus den Arbeitnehmern der A bestanden habe, abgegolten. Für die Gruppe der bei der A beschäftigten Arbeitnehmer habe der Ins-Plan eine Sonderzahlung i.H.v. (weiteren) 3/12 eines Monatslohns, zahlbar bis zum 30. April 2012, vorgesehen. Nach der gerichtlichen Bestätigung des Plans und Aufhebung des Ins-Verfahrens mit Beschluss des AG vom 2. Januar 2012 hätten die von der Klägerin begehrten Leistungen keine Grundlage mehr, sämtliche Forderungen wären erfüllt, soweit nicht der Verzicht erklärt worden sei. Ein Anspruchsübergang nach § 187 SGB III a. F. finde nicht statt, da keine offenen Forderungen (mehr) bestünden, strittige Ansprüche gingen nicht auf die Beklagte über.
Der am 11. November 2011 erstellte und durch die Gläubigerversammlung am 14. Dezember 2011 einstimmig angenommene Ins-Plan gem. §§ 17 ff. (v. S. 7) InsO wurde vom AG nach rechtskräftiger Bestätigung mit Beschluss vom 31. Dezember 2011 aufgehoben.
Mit Urteil vom 17. August 2012 hat das SG Berlin die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2011 verurteilt, der Klägerin Insg für weitere 6/12 der Zuwendung nach § 46 BTM-A II zu gewähren. Zu den von § 183 Abs. 1 SGB III (Fassung bis 31. März 2012) erfassten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehörten auch Sonderzuwendungen wie z.B. Weihnachtsgeld. Es liege hier keine Sondervergütung mit reinem Entgeltcharakter vor, die wie das laufende Arbeitsentgelt ausschließlich die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung im Bezugsjahr entlohne, im jeweiligen Abrechnungsmonat erarbeitet, jedoch erst am vereinbarten Fälligkeitstag ausgezahlt werde, so dass die im Insg-Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Dezember 2010 erarbeiteten Anteile der Sonderzahlung nur mit je 1/12 pro Monat beim Insg zu berücksichtigen wären (vgl. zu dieser Konstellation: Bundessozialgericht –BSG-, Urteil vom 9. Dezember 1997, 10 RAr 5/97). Vielmehr belohne die hier zu beurteilende Sondervergütung neben der Arbeitsleistung auch die Betriebstreue/-zugehörigkeit, wie sich an der Regelung zur Gewährung der vollen Zuwendung trotz Nichtarbeit wegen Krankheit mit Entgeltfortzahlung bzw. auch an den in § 46 Abs. 3 MTVO-A II genannten Fällen zeige. Bei derartigen Jahressonderzahlungen mit Mischcharakter, wie sie in den §§ 46, 47 MTVO-A geregelt und in der Zeit vom 15. November bis 15. Dezember des Jahres auszuzahlen seien, handele es sich um eine Treueprämie, die in vollem Umfang dem Insg-Zeitraum zuzuordnen sei (vgl. BSG, Urteile vom 2. November 2000, B 11 AL 87/99 R, vom 21. Juli 2005, B 11a/11 AL 53/04 R, vom 18. März 2004, B 11 AL 57/03 R; ferner SG Duisburg, Urteil vom 12. Oktober 2010, S 33 AL 41/09, alle juris). Mithin habe die Klägerin bei Eröffnung des Ins-Verfahrens am 1. Januar 2011 Anspruch auf vollen Insg-Schutz gehabt.
Die Klägerin habe mit ihrem Antrag vom 28. März 2011 diesen Anspruch auch wirksam geltend gemacht, denn ihr sei eine Nachfrist nach § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III zu gewähren. Zwar schütze Rechtsunkenntnis nicht davor, den Anspruch wegen Fristversäumnis zu verlieren. Werde das Verfahren jedoch von einem professionell agierenden Ins-Verwalter im Rahmen eines Forderungsverkaufs begleitet, der unter Bezugnahme auf eine Auskunft der Bundesagentur nur einen Teil der Zuwendung als insg-gesichert eingestuft habe, könne der Klägerin dies nicht als eigenes Verschulden zugerechnet werden. Ihr könne auch nicht unzureichendes Bemühen auf Durchsetzung ihrer Entgeltansprüche vorgeworfen werden, denn die Beklagte hätte bei sorgfältiger Prüfung der vom Ins-Verwalter erbetenen Auskunft die richtige Bewertung geben müssen und habe es mit zu verantworten, dass im Rahmen der zustimmungspflichtigen (§ 188 SGB III a.F.) Vorfinanzierung nur ein Teil der Sonderzuwendung gesichert worden sei (vgl. SG Kassel, Urteil vom 7. November 2007, S 7 AL 2474/04). Der Klägerin könne schließlich auch nicht entgegengehalten werden, dass im Ins-Plan ein Verzicht auf 6/12 der Zuwendung erklärt worden sei. Eine Vollmacht für die Verzichtserklärung des Arbeitnehmervertreters im Gläubigerausschuss habe die Klägerin nicht erteilt. Der von der Beklagten erklärte Verzicht lasse den Anspruch auf Insg nicht rückwirkend entfallen, denn es wäre treuwidrig, wenn die Beklagte, die den Verfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt (hier: kraft Verzichtserklärung im Insolvenzplanverfahren) zu vertreten habe, dies dann auch dem Anspruch auf Insg entgegenhalte (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 5. Dezember 2008, L 3 AL 86/07, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. September 2009, L 1 AL 88/07, beide juris). Mit dem Anspruchsübergang nach § 187 SGB III a. F. erlange die Beklagte wegen des denkbaren Rückfalls des Entgeltanspruchs eine treuhänderische Rechtsstellung gegenüber dem von der Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer, soweit die §§ 183 ff. SGB III keinen Schutz böten (vgl. Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil vom 22. November 2007,1 SA 364/03; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2005, 9 SA 181/04, beide juris). Die Beklagte könne daher zwar auf mit Insg befriedigte Entgeltansprüche verzichten, etwa um die Sanierung des Unternehmens zu unterstützen (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Juni 2008, L 12 AL 96/07), nicht jedoch in solchen Fällen, in denen der Schutz der Insg-Versicherung verloren gehe. Die Regelung des § 55 (Insolvenzordnung) - InsO - bestätige diese Wertung insofern, als die Rückstufung der Masseforderung nach § 55 Abs. 2 InsO auf eine einfache Forderung für die auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüche (§ 55 Abs. 3 InsO) dazu diene, die Sanierung des Unternehmens nicht zu gefährden. Da Zahlungen von Insg keinen Einfluss auf die Planinsolvenz hätten bzw. die Masse nicht belasteten, könne eine Verzichtserklärung für übergegangene Ansprüche nur die Beklagte als Inhaberin der Arbeitsentgeltforderung belasten, nicht den kraft Anspruchsübergang von einer Rechtsdurchsetzung ausgeschlossenen Arbeitnehmer. Die Wirkung des vom Ins-Gericht bestätigten Plans nach § 254 InsO stehe dem nicht entgegen, denn diese Regelung betreffe die nach § 187 SGB III a. F. auf die Beklagte übergegangenen Entgeltansprüche, so dass sich nur die Frage stelle, ob der Verzicht anspruchsvernichtend auf das Insg durchschlage, was aber nicht der Fall sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 23. August 2012 zugestellte Urteil am 21. September 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) Berufung eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags nochmals darauf hingewiesen, dass die Gläubigerversammlung der A am 14. Dezember 2011 einen Ins-Plan beschlossen habe, wonach die Arbeitnehmer als Ausgleich für ihre offenen Forderungen eine Sonderzahlung i.H.v. weiteren 3/12 eines Monatslohns erhalten sollten. Selbst wenn aber die Klägerin ursprünglich insg-fähige Ansprüche auf die volle Jahressondervergütung gehabt haben sollte, wäre diese Forderung durch Verzicht in der Gläubigerversammlung untergegangen. Jeder Gläubiger hätte die Möglichkeit der Ablehnung gehabt, so auch die Gruppe der Arbeitnehmer, deren Forderungen von der Gewerkschaft vertreten worden seien. Auch wenn die Klägerin dem Ins-Plan nicht persönlich zugestimmt habe, so habe sie doch durch die Annahme des Anteils der Sonderzahlung von 3/12 eines Monatslohns den Vertragsschluss ohne Vertretungsmacht genehmigt (§ 177 Abs. 1 BGB). Ziel einer Insolvenz sei in erster Linie die Sanierung des Unternehmens, zu der auch Arbeitnehmer zur Sicherung ihres Arbeitsplatzes durch Verzicht auf Arbeitsentgeltansprüche beitragen könnten. Wenn jedoch trotz wirksamen Verzichts ev. entgangenes Entgelt weiter zu Insg-Ansprüchen führen würde, müsste die Beklagte ihre Ansprüche gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 InsO i.V.m. § 187 SGB III a. F. weiter gegen den Arbeitgeber geltend machen können, was dem Ziel einer Unternehmenssanierung zuwider liefe. Die Klägerin habe zudem den Antrag auf Insg erst am 25. März 2011 und damit nicht innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III) gestellt. Die Klägerin habe die Versäumung der Frist auch zu vertreten, denn ihr sei das Erfordernis einer fristgerechten Antragstellung bekannt gewesen, wie sich an den rechtzeitig gestellten Anträgen ihrer Kollegen zeige. Auch habe sie ihre Entgeltansprüche an die S Bank verkauft und habe anhand der Vorbemerkung im Forderungskaufvertrag die Ins des Arbeitgebers und die daraus resultierende Nichtzahlung des Arbeitsentgelts ab November 2010 entnehmen können. Dort stehe auch, wer Ins-Verwalter gewesen sei und auch dort hätte sich die Klägerin vergewissern können. Dass ihr angeblich das Datum des Eröffnungsbeschlusses nicht bekannt gewesen sei, sei unerheblich. Auch ihr Vortrag, ihr sei erst nachträglich klar geworden, dass noch 9/12 der Jahressonderzahlung offen seien, überzeuge nicht, denn sie habe aus dem 3. Forderungsverkauf ersehen können, dass die Jahressonderzahlung nur anteilig verkauft worden sei. Selbst wenn die Klägerin tatsächlich erst Anfang März 2011 Kenntnis über einen ev. Restanspruch auf Insg erlangt haben sollte, könne ihr keine Nachfrist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III eingeräumt werden. Die Unkenntnis einer Rechtslage sei schädlich, es sei denn, Rechtsrat sei nicht rechtzeitig einzuholen gewesen. Sollte die Gewerkschaft die Mitarbeiter erst nach Ablauf der Zwei-Monatsfrist über die Rechtslage informiert haben, sei dies der Klägerin zuzurechnen. Selbst eine Fehlinformation durch sie (Beklagte) gegenüber dem Ins-Verwalter würde sich nicht zu Gunsten der Klägerin auswirken, denn eine solche Auskunft sei nicht ihr gegenüber ergangen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2012 zurückzuweisen.
Sie habe die verspätete Antragstellung nicht verschuldet. Zwar sei sie in der Mitarbeiterversammlung vom 17. November 2010 durch den Ins-Verwalter und den Arbeitgeber über die Insolvenz der A und darüber informiert worden, dass die Löhne über die Bank vorfinanziert würden, in welcher konkreten Höhe sei aber nicht mitgeteilt worden. Die Arbeitnehmer seien auch aufgefordert worden, nicht selbst mit der Beklagten Kontakt aufzunehmen oder einen Antrag auf Insg zu stellen, weil das die Vorfinanzierung über die Forderungsverkäufe erschweren würde. Es seien alle offenen Forderungen durch die Vorfinanzierung gedeckt und die Anträge seien beim Ins-Verwalter zu stellen. Sie habe auf die Angaben des Arbeitgebers und des Ins-Verwalters vertraut und aus diesem Grund keinen Antrag auf Insg, sondern die Anträge auf Vorfinanzierung gestellt, wobei sie davon ausgegangen sei, dass durch die Vorfinanzierung nach § 188 SGB III a. F. der Anspruch auf Insg verbraucht gewesen sei. Die rechtlich falsche Auskunft des Ins-Verwalters nach Rücksprache mit der Beklagten, die Arbeitnehmer hätten nur einen Anspruch auf 3/12 der Sonderzuwendung gehabt, weshalb auch nur in diesem Umfang vorfinanziert werden dürfe, habe sie daran gehindert, rechtzeitig einen eigenen Antrag auf Ins-Geld zu stellen. Sie habe zudem nicht gewusst, wie sich die Zahlungen durch die Bank im Einzelnen zusammensetzten. Dass hier noch Zahlungen offen gewesen seien, habe sich erst durch eine Prüfung der Lohnbuchhaltung ergeben, so dass sie am 5. Januar 2011 einem dritten Forderungsverkauf zugestimmt habe. Dass auch dieser Forderungsverkauf nicht die Gesamtforderung abgedeckt habe, sei ihr erst durch eine weitere Prüfung der Gewerkschaft bewusst geworden. Erst als der Verwalter ihr mitgeteilt habe, dass sie mehr als die vorgenommene Zahlung i.H.v. 3/12 nicht beanspruchen könne und sie nach rechtlicher Prüfung durch die Beklagte keinen Anspruch auf eine volle Finanzierung der Zuwendung habe, habe sie die weitere Zahlung von 9/12 am 25. März 2011 geltend gemacht. Da sie von rechtskundigen Personen falsche rechtliche Hinweise erhalten habe, könne ihr die verspätete Antragstellung nicht zugerechnet werden. Sie habe den Arbeitnehmervertreter in der Gläubigerversammlung auch nicht bevollmächtigt, auf ihre weiteren Ansprüche zu verzichten; dies hätte auch keine Auswirkung gehabt, denn der Arbeitnehmervertreter handele mehrheitlich. Der Ins-Plan gelte bei Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger als angenommen, so dass selbst eine fehlende Zustimmung des Arbeitnehmervertreters keine ausschlaggebende Wirkung gehabt hätte. Dass die Beklagte auf die Erstattung des Insg durch den Ins-Verwalter verzichtet und damit die Annahme des Ins-Plans erst ermöglicht habe, könne nicht dazu führen, dass ihre Forderung gegenüber der Beklagten untergehe.
Die Beklagte hat erwidert und im Erörterungstermin vor dem LSG vom 22. Dezember 2015 nochmals bestätigt, dass unter Berücksichtigung des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg vom 4. September 2013 (L 18 AS 285/12) nicht mehr an der Rechtsauffassung festgehalten werde, dass lediglich 3/12 der Jahressondervergütung nach § 46 BMT-A II insg-fähig seien. Die Problematik der Höhe der Jahressondervergütung sei im Ins-Plan in Form der zusätzlichen Lohnzahlung i.H.v. 3/12 eines Monatslohns berücksichtigt worden (vgl. Teil 1, Abschnitt D - Rechtsverhältnisse, IV. Arbeitnehmer – S. 25/26 Insolvenzplan; Teil 2, Abschnitt C - Plangestaltungen, II. Gläubiger der Gruppe 2 (Arbeitnehmer) – S. 46). Die Klägerin müsse diese Bestimmungen im Ins-Plan gegen sich geltend lassen, zumal sie nicht gegen den den Ins-Plan bestätigenden Beschluss (§ 253 InsO) des AG Charlottenburg vom 31. Dezember 2011 Beschwerde eingelegt habe. Die Rechtsauffassung der Klägerin, nicht sie, sondern die Beklagte sei Forderungsinhaberin gewesen, sei unzutreffend. Der Anspruchsübergang gemäß § 187 SGB III a. F. erfolge nur in dem Umfang, in dem er später durch die Entscheidung der Beklagten konkretisiert werde, wogegen Ansprüche in dem Umfang, in dem der Antrag auf Insg abgelehnt werde, auf die Arbeitnehmer zurückfielen (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2005, 9 SA 181/04, juris).
Die Klägerin hat Verdienstabrechnungen für die Monate September und Oktober 2010 übersandt (Bruttoarbeitsentgelt von 2.807,16 EUR). Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die Jahressonderzuwendung 85 % des Septembergehalts, mithin 2.386,09 EUR betrage und die geltend gemachten 6/12 der Jahressonderzuwendung 1.193,04 EUR brutto betragen würden.
Die Berichterstatterin hat schriftliche Auskünfte von der Betriebsratsvorsitzenden der A, Frau H J, sowie vom Insolvenzverwalter, Herrn Rechtsanwalt V-S, eingeholt. Frau H J hat angegeben, die Beschäftigten seien am 15. November 2010 per E-Mail über den am selben Tag gestellten Antrag auf Eröffnung des Ins-Verfahrens informiert und gleichzeitig zur Mitarbeiterversammlung am 17. November 2010 eingeladen und auf ihren Anspruch nach § 183 SGB III a. F. hingewiesen worden. Die Eröffnung des Ins-Verfahrens sei aus zuwendungsrechtlichen Gründen auf den 1. Januar 2011 vorgezogen worden; wann und wie dieser Eröffnungstermin den Mitarbeitern bekannt gegeben worden sei, wisse sie nicht mehr. Ihr sei mit Datum vom 14. Januar 2011 ein entsprechendes Schreiben des Ins-Verwalters und eine Kopie des Beschlusses zugegangen. In der Mitarbeiterversammlung seien die Mitarbeiter über die geplante Vorfinanzierung des Insg in Form von Forderungsverkäufen ihrer jeweiligen Gehaltsansprüche an die S Bank informiert worden. Die Mitarbeiter seien vom Ins-Verwalter dringend aufgefordert worden, sich nicht selbst an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden, da dies den Gang der Vorfinanzierung erschweren würde. In dieser Versammlung seien die Formulare für den Forderungskauf ausgegeben und von den Mitarbeitern sogleich unterschrieben worden. Die Arbeitnehmer hätten keine Möglichkeit zur Prüfung gehabt, wie genau sich die benannte Forderungshöhe zusammensetze, da jeweils eine pauschale Summe angegeben gewesen sei. Individuelle Aufstellungen bzw. die reguläre Lohnabrechnung seien erst im Januar 2011 erstellt worden. Es habe zunächst kein Anlass bestanden, sich nicht auf die Informationen des Ins-Verwalters zu verlassen und individuelle rechtliche Beratung einzuholen. Der Betriebsrat sei am 25. November 2010 darüber informiert worden, dass die Beklagte die Entscheidung getroffen habe, nur 3/12 des Weihnachtsgeldes seien insg-fähig und würden mit 2/12 im Dezember 2010 und 1/12 im Januar 2011 ausgezahlt. Dieser Bescheid sei den Mitarbeitern allerdings nie ausdrücklich zur Kenntnis gegeben worden. Erst im Februar 2011 seien Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten aufgetreten, die durch die Rechtsabteilung von v gestützt worden seien. Dann seien doch noch 9/12 des Weihnachtsgeldes bei der Beklagten geltend gemacht worden. Der Ins-Verwalter, Rechtsanwalt V-S, hat angegeben, dass nach Ins-Eröffnung regelmäßig sämtliche ihm bekannte Arbeitnehmer laut Zustellungsverzeichnis über die Ins-Eröffnung informiert worden seien, so auch die hiesige Klägerin, konkret am 17. Januar 2011. Werde eine Insg-Vorfinanzierung organisiert, würden die Arbeitnehmer darüber informiert, dass der Ankauf von Insg-Ansprüchen über die vorfinanzierende Bank es nicht ausschließe, dass die Arbeitnehmer nach Ins-Eröffnung offene Ansprüche, die nicht Gegenstand der Vorfinanzierung gewesen seien (z.B. weitergehende Ansprüche auf Weihnachtsgeld), selbst gegenüber der Insg-Stelle geltend machen könnten. Er gehe davon aus, dass diese Information auch in der Mitarbeiterversammlung am 17. November 2010 erfolgt sei. Es sei ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmer in dieser Versammlung angehalten worden seien, nach Ins-Eröffnung keinen Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit aufzunehmen. Im Ins-Plan sei ausdrücklich geregelt worden, dass etwaige offene, weil nicht vorfinanzierte, Ansprüche der Arbeitnehmer, die den Rang von Ins-Forderungen hätten (§ 38 InsO), über eine Sonderzahlung abgefunden würden. Mit Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses betreffend die Planbestätigung gelte diese Regelung gemäß § 250 Abs. 1 InsO für und gegen alle Beteiligten, also auch für und gegen die Klägerin, unabhängig davon, ob sie dem Ins-Plan zugestimmt habe oder nicht.
Die Prozessbevollmächtigte hat ergänzend ein Schreiben vom 10. März 2011 an ihre Mitglieder vorgelegt. Hieraus ergibt sich, dass nur noch Anspruch auf 9/12 der Weihnachtszuwendung bestehe, der als offene Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet werden könne. Gleichzeitig werde empfohlen, diese Forderung auch noch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit anzumelden, entsprechender Antrag sei beigefügt. Sollte diese den Antrag für gerechtfertigt halten (was bei Ablehnung arbeitsgerichtlich festgestellt werde), bezahle sie 9/12 anteiliges Weihnachtsgeld voll und lasse sich im Gegenzug Ihre Anmeldung zur Tabelle gegenüber dem Insolvenzverwalter "abtreten".
Die Beteiligten haben mit jeweiligen Schreiben vom 13. Februar 2017 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit schriftlicher Entscheidung des Senats (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Akten L 29 AL 288/12 einschließlich zwei Bände Verwaltungsakten sowie auf den Inhalt der vom Amtsgericht Charlottenburg beigezogenen Insolvenzakten (36a IN 5121/10). Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung der der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit der Zustimmung der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nach § 144 Abs. 1 SGG zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt den Betrag von 750 EUR. Die Klägerin begehrt - nach Auskehrung der in der Gläubigerversammlung am 14. Dezember 2011 vereinbarten Sonderzahlung von weiteren 3/12 eines Monatslohns - Insg in Höhe der noch verbleibenden 6/12 der Sonderzuwendung nach § 46 BTM- II. Diese errechnet sich wiederum aus 85 % des September-Netto-Gehalts, welches entsprechend der mit Schriftsatz vom 22. März 2016 vorgelegten Verdienstabrechnung vom 1. September 2010 1.826,66 EUR beträgt, so dass sich ein Beschwerdewert von 797,30 EUR errechnet (85 % von 1.826,66 EUR = 1.552,66 EUR: 2). Soweit die Beteiligten den Gegenstandswert im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016 übereinstimmend mit 766, 41 EUR angegeben haben, liegt auch dieser Wert über dem maßgebenden Betrag von 750 EUR.
Die Berufung ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 6. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2011 erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Insg in Höhe der noch verbleibenden 6/12 der Sonderzuwendung nach § 46 BTM-II.
Nach § 183 Abs. 1 SGB III (in der Fassung bis zum 31. März 2012 a. F.) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren, ein Ins-Ereignis vorliegt und für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt bestehen. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, auch Sonderzuwendungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.
Zwar liegen diese Voraussetzungen hier vor, denn die Klägerin war als Arbeitnehmerin im Inland beschäftigt, es hat ein Ins-Ereignis in Form der Eröffnung des Ins-Verfahrens über das Vermögen der A LB e. V. durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vo im Termin zur mündlichen Verhandlung m 1. Januar 2011 vorgelegen und die noch geltend gemachten 6/12 der Sonderzuwendung waren Bestandteil des Arbeitsentgelts (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 2. November 2000, B 11 AL 87/99 R, juris). Mittlerweile ist auch der Streit der Beteiligten, ob lediglich 3/12 der Jahressondervergütung insg-fähig seien - so die vormalige Rechtsauffassung der Beklagten und ihr folgend des Ins-Verwalters - oder die gesamte Zuwendung, also 12/12, aufgrund der eindeutigen Erklärung des Beklagtenvertreters im Erörterungstermin vom 22. Dezember 2015 unter Bezugnahme auf das rechtskräftige Urteil des 18. Senats des LSG vom 4. September 2013 (L 18 AL 285/12) beigelegt worden. Auch auf die Ausführungen im Urteil des SG Berlin vom 17. August 2012 (Bl. 4 und 5) kann insoweit verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Der erkennende Senat stimmt dem ebenfalls zu.
Der geltend gemachte Anspruch auf weitere 6/12 der Sonderzuwendung, den die Klägerin - wie sie unwidersprochen behauptet - auch innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht hat, scheitert jedoch an der Versäumung der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Gemäß § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind, wobei die Agentur für Arbeit zur Vermeidung unbilliger Härten eine verspätete Antragstellung zulassen kann. Insg ist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Ins-Ereignis zu beantragen. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insg geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III). Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III). Hierbei ist der Verschuldensmaßstab des § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heranzuziehen, wonach jede Fahrlässigkeit zu vertreten ist (LSG Saarland, Urteil vom 28. Mai 2004, L 8 AL 36/03, juris, Rn. 28).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihren Antrag auf Gewährung von Insg bei der Beklagten erst am 25. März 2011, eingegangen am 28. März 2011, und damit nach Ablauf der zweimonatigen Ausschlussfrist (§ 324 Abs. 3 S. 1 SGB III) gestellt. Für den Beginn der Ausschlussfrist ist der Eintritt des jeweiligen Ins-Ereignisses, hier also die Eröffnung des Ins-Verfahrens am 1. Januar 2011 maßgebend. Die Ausschlussfrist endete mithin am 1. März 2011, einem Dienstag. Für den Ablauf der Ausschlussfrist kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Arbeitnehmers vom Eintritt des Ins-Ereignisses an (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 1999, B 11/10 AL 3/98 R, juris, Rn. 15), vielmehr spielt die individuelle Kenntnis grundsätzlich erst für den Beginn der Nachfrist (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III) eine Rolle (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. September 2011, L 2 AL 87/08, juris, Rn. 22).
Der Ins-Zeitraum nach § 183 Abs. 2 SGB III a.F. verschiebt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Behauptung der Klägerin, sie habe in Unkenntnis des Ins-Ereignisses gutgläubig weitergearbeitet, nach hinten. Eine Verschiebung des Insg-Zeitraums wird vielmehr nur im Fall der gutgläubigen Arbeitsaufnahme durch einen bislang dem Unternehmen fernstehenden Arbeitnehmer in Unkenntnis des Ins-Ereignisses der Abweisung mangels Masse angenommen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. August 1998, B 10 AL 7/97 R, juris). In Fällen der gutgläubigen Weiterarbeit wird dagegen weiterhin das Insolvenzereignis als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Ausschlussfrist angesehen. Andernfalls würden die bereits beschäftigten Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt, je nachdem, wann sie positive Kenntnis vom Ins-Ereignis erlangt hätten. Das gutgläubige Weiterarbeiten wird vielmehr durch Anwendung der Nachfrist (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III) berücksichtigt (Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. § 324 Rn. 19 ff.).
Im Fall der Klägerin liegen indes die Voraussetzungen für die Anwendung der Nachfrist (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III) nicht vor. Denn es ist Verschulden hinsichtlich der Versäumung der Antragsfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III jedenfalls im Sinne von Fahrlässigkeit anzunehmen. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe in Unkenntnis des Ins-Ereignisses weitergearbeitet, erscheint dies wenig glaubhaft. So hat die Vorsitzende des Betriebsrats, Frau H J, auf Anfrage des Gerichts schriftlich mitgeteilt, dass die Beschäftigten bereits am 15. November 2010 in Form einer E-Mail über den am selben Tag gestellten Antrag auf Eröffnung eines Ins-Verfahrens informiert worden seien, gleichzeitig seien sie zu der für den 17. November 2010 anberaumten Mitarbeiterversammlung eingeladen worden. Zwar verhält sich das erwähnte Mitarbeiterschreiben nicht ausdrücklich dazu, dass Ansprüche auf Insg innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend zu machen seien. Jedoch hat der Ins-Verwalter insoweit angegeben, dass von ihm regelmäßig sämtliche Arbeitnehmer über die Ins-Eröffnung informiert würden, da er mit der Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an die Ins-Gläubiger beauftragt werde und die Arbeitnehmer regelmäßig Ins-Gläubiger sein könnten. Dementsprechend sei auch die hiesige Klägerin am 17. Januar 2011 über die Ins-Eröffnung informiert worden, wobei dem Informationsschreiben immer das Formular zur Forderungsanmeldung beigefügt gewesen sei. Die Angaben des Ins-Verwalters finden auch ihre Bestätigung darin, dass ausweislich der Ins-Akten des AG Charlottenburg (Az.: 36a IN - 5121/10) zahlreiche Arbeitnehmer der A ihre ausstehenden Forderungen, u.a. der ausstehende Teil der Jahressonderzuwendung, auf den erwähnten Forderungsanmeldungsformularen geltend gemacht haben. Die Klägerin hat ausweislich der Einsichtnahme des Senats in die Ins-Akten ihre Forderung jedoch nicht angemeldet, obwohl ihr - wie auch allen anderen Arbeitnehmern - ein entsprechendes Formular zur Gläubigeranmeldung innerhalb der maßgeblichen Frist vom Ins-Verwalter zugesandt worden ist. Auch dieses Unterlassen belegt - neben den weiterhin aufgeführten Umständen - einen jedenfalls als fahrlässig zu erachtenden Umgang mit der Wahrung ihrer Ansprüche.
Zudem hat die Klägerin – wie wohl alle Arbeitnehmer - ihre offenen Entgeltansprüche an die S Bank verkauft. Anhand der von ihr selbst an 17. November 2010 (in der Mitarbeiterversammlung), am 7. Dezember 2010 und am 10. Januar 2011 unterzeichneten Verträge konnte sie auch den Umfang des Verkaufs ersehen und vor allen Dingen aus den jeweiligen Vorbemerkungen entnehmen, dass "über das Vermögen des Arbeitgebers ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt" wurde. Insbesondere aus dem 3. Forderungskaufvertrag wird zu dem eindeutig ersichtlich, dass nur ein kleiner Teil der Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld), nämlich ein Betrag i.H.v. 102,65 EUR vorfinanziert worden ist, dass sie also noch einen offenen Restanspruch hatte. Dies hätte ihr spätestens Anlass geben müssen, sich weiterhin fachkundig zu informieren. Damit ist auch die Information, die wohl in der Mitarbeiterversammlung im November 2010 erteilt wurde, dass nämlich die offenen Forderungen durch die Vorfinanzierung gedeckt worden seien, überholt. Dies gilt auch für den weiteren Vortrag der Klägerin, die Arbeitnehmer seien aufgefordert worden, nicht mit der Beklagten Kontakt aufzunehmen, weil das die Vorfinanzierung über die Forderungsverkäufe erschweren würde. Abgesehen davon, dass der Ins-Verwalter eine derartige Äußerung in Abrede gestellt hat, bestand nach Abwicklung der Forderungsverkäufe kein Grund für eine derartige Anweisung. Schließlich trägt die Betriebsratsvorsitzende vor, dass (bereits) im Februar 2011 auch von der Rechtsabteilung von v gestützte Zweifel ob der Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten, nur anteilig 3/12 des Weihnachtsgeldes als insg-fähig anzusehen, aufgetreten seien. Daraufhin seien Geltendmachungen hinsichtlich der noch nicht gezahlten 9/12 des Weihnachtsgeldes bei der Beklagten erfolgt. Es ist nicht verständlich, weshalb die Klägerin davon nichts erfahren haben sollte. Soweit die Klägerin vorträgt, es könne von ihr als rechtsunkundiger Person nicht verlangt werden, den Umfang einer insg-fähigen Entgeltforderung zweifelsfrei zu bestimmen, wenn sowohl Beklagte wie auch Ins-Verwalter einem Rechtsirrtum unterlägen, ist darauf zu verweisen, dass andere Mitarbeiter ausweislich der in den Ins-Akten befindlichen Forderungsanmeldungen durchaus in der Lage waren, die Beträge der restlichen Zuwendung sogar auf den Cent genau anzugeben. Jedenfalls hätte die Klägerin zur Vermeidung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs bei ev. Zweifeln, ob noch offene Forderungen bestünden, diese jedenfalls vorsorglich, ggfs. auch ohne konkrete Bestimmung der Entgeltforderung, anmelden müssen. Nach dem maßgeblichen Verschuldensmaßstab des § 276 BGB ist jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Dies bedeutet, dass ein gemäß § 324 Abs. 3 S. 3 SGB III selbst zu vertretender Grund bereits dann vorliegt, wenn sich der Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat. Angesichts der längeren Vorlaufzeit, der in den Mitarbeiterversammlungen erteilten Informationen einschließlich der Aushändigung des Formblatts zur Anmeldung des Insg-Anspruchs hatte die Klägerin genügend Hinweise auf das Insolvenzereignis und sie hatte auch genügend Zeit, sich bei etwaiger Rechtsunklarheit im Zusammenhang mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche von fachkundiger Stelle beraten zu lassen (vgl. zur verschuldeten Fristversäumnis LSG Brandenburg, Urteil vom 28. Januar 2004, L 8 AL 47/02, juris, Rn. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2003, L 9 AL 171/01, juris, Rn. 22; Gagel, SGB III, § 324 Rn. 59 m.W.n.).
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung des mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 13. Februar 2017 eingereichten Schreibens der Gewerkschaft vom 10. März 2011 begründen. Hieraus ergibt sich lediglich, dass es ein vorheriges Geltendmachungsschreiben betreffend Sanierungsbeitrag und Anteil auf Weihnachtsgeld-Zwölftel für "Verwirrung" gesorgt habe. Weiterhin wird jedoch ausgeführt, dass nach Erhalt von 3/12 Weihnachtszuwendung nur noch 9/12 als offene Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter angemeldet werden könnten, was die Mitglieder des A L B e.V. bereits getan hätten. Soweit gleichzeitig die Empfehlung ausgesprochen wurde, diese Forderung auf einem entsprechenden Antragsformular auch noch (im März) gegenüber der Beklagten anzumelden - was die Klägerin dann offensichtlich, wenn auch verspätet, getan hat -, bezieht sich dies nach dem Sachzusammenhang wohl auf eine ergänzend gemeinte Handlung nach Antragstellung auf den vom Ins-Verwalter den Arbeitnehmern zugesandten Formularen, wie sie sich in den Insolvenzakten befinden. Jedenfalls ist dem Schreiben nicht zu entnehmen, dass die Gewerkschaft davon ausgegangen wäre, dass die Frist des § 324 Abs. 3 SGB III mit Antragstellung im März noch gewahrt worden wäre. Hiervon konnte die Klägerin nach den vorherigen Ausführungen auch nicht schuldlos ausgehen. Hätte sie aber noch während des Laufs der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 SGB III die Gewerkschaft mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt (was anhand der Akten nicht feststellbar ist) und wäre sie von dieser unzutreffend über den Fristablauf belehrt worden, müsste sich die Klägerin einen Rechtsirrtum der Gewerkschaft als Verschulden des von ihr beauftragten Vertreters zurechnen lassen (§ 27 Abs. 1 S. 2 SGB X, § 85 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 202 SGG).
Ist nach alledem davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Antrag auf Insg nicht rechtzeitig gestellt hat und eine Nachfrist wegen Verschuldens nicht gewährt werden kann, kommt es nicht mehr entscheidend auf die Rechtsfrage an, ob die Klägerin unter Berücksichtigung des Beschlusses der Gläubigerversammlung vom 11. November 2011 überhaupt noch einen Anspruch auf weitere 6/12 der Sondervergütung hätte durchsetzen und ob sie - bejahendenfalls - diesen Anspruch als Insg-Forderung gegenüber der Beklagten mit Erfolg hätte geltend machen können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Insolvenzgeld (Insg).
Die 1975 geborene Klägerin stand seit dem 1. Juni 2005 in einem Arbeitsverhältnis bei der A, über dessen Vermögen beim Amtsgericht Charlottenburg (AG) aufgrund des Antrags vom 15. November 2010 am 1. Januar 2011 das Insolvenz(Ins)-Verfahren eröffnet wurde (Az.: 36a Ins 121/10). Der Geschäftsbetrieb wurde unverändert fortgeführt. Die Arbeitnehmer wurden in einer Betriebsversammlung vom 17. November 2010 durch den Ins-Verwalter, Rechtsanwalt V-S (fortan: V-S) über den Eigenantrag auf Eröffnung des Ins-Verfahrens unterrichtet. Es wurde ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingerichtet, der am 22. November 2010 tagte und an dem auch ein Vertreter der Beklagten sowie die Betriebsratsvorsitzende, Frau H J (fortan: H-J), mitwirkten. Die Gruppe 2 des Ausschusses wurde aus den Vertretern der Arbeitnehmerschaft gebildet.
Nachdem der Ins-Verwalter am 15. November 2010 den Antrag auf Zustimmung zur Vorfinanzierung der Entgeltansprüche der Arbeitnehmer bei der Beklagten gestellt hatte (§ 188 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)), sollten die offenen Entgeltansprüche der Arbeitnehmer für Oktober bis Dezember 2010 durch die S Bank (fortan: S Bank) nach § 188 Abs. 4 SGB III vorfinanziert werden. Die Beklagte teilte auf Anfrage des Ins-Verwalters mit, dass nach Prüfung von § 47 Abs. 3 neuer Text des Manteltarifvertrags BMT-A II die Sonderzuwendung (13. Monatsgehalt) nur anteilig (2/12) für November und Dezember 2010 und 1/12 für Januar 2011 (ausgehend von einer Ins-Eröffnung zum 1. Februar) gezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 erteilte die Beklagte ihre Zustimmung zur Vorfinanzierung der tatsächlichen Ins-Ansprüche der Arbeitnehmer (§§ 183 – 185 SGB III). Im Ins-Gutachten vom 29. Dezember 2010 wurde nach diesbezüglicher Korrespondenz des Ins-Verwalters mit der Beklagten aufgenommen, dass Lohnansprüche der Arbeitnehmer für November und Dezember 2010 bestünden, die mit Verfahrenseröffnung auf die Beklagte übergingen. Nicht über das Insg abgesichert seien 9/12 des Weihnachtsgeldes für 2010.
Mit Forderungskaufverträgen vom 17. November, 7./13. Dezember 2010 und 10./12. Januar 2011 verkaufte die Klägerin die noch offenen Arbeitsentgeltansprüche für November (1.795,58 EUR) und Dezember 2010 (2.070,82 EUR) sowie einen Teil der Jahressonderzuwendung (102,65 EUR) an die S Bank.
Der Ins-Verwalter informierte die Arbeitnehmer über die Ins-Eröffnung schriftlich unter Beifügung des Formulars zur Forderungsanmeldung, woraufhin zahlreiche Arbeitnehmer der A Anträge auf Gewährung von Insg innerhalb der Ausschlussfrist nach §§ 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 324 Abs. 3 S. 1 SGB III stellten.
Die Klägerin stellte am 28. März 2011 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Insg i.H.v. 9/12 der Sonderzuwendung von 85 % des Septembergehalts.
Mit Bescheid vom 6. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin, die geltend gemacht hatte, dass sie in Unkenntnis des Ins-Ereignisses weitergearbeitet habe und die Versäumung der Ausschlussfrist von ihr nicht verschuldet sei, als unbegründet zurück. Die Klägerin habe den Antrag auf Gewährung von Insg i.H.v. 9/12 der Sonderzuwendung nicht innerhalb der zweimonatigen, am 1. März 2011 endenden Ausschlussfrist nach Eröffnung des Ins-Verfahrens am 1. Januar 2011 (§§ 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 324 Abs. 3 S. 1 SGB III), sondern erst am 28. März 2011 gestellt. Eine Nachfrist könne nicht eingeräumt werden, weil sich die Klägerin nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht habe. Zu vertreten sei jede Fahrlässigkeit. Hierbei sei ihr die angebliche Unkenntnis des Ins-Verfahrens anzulasten, da sie sich bei einer sachkundigen Stelle wie Amtsgericht, Arbeitsgericht, Agentur für Arbeit hätte informieren können. Zudem seien nur 3/12 der Jahressonderzahlung zu berücksichtigen, die der Klägerin bereits im Rahmen der Vorfinanzierung durch die S Bank gewährt worden seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Mai 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und unter auszugsweiser Vorlage des Bundesmanteltarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der A vom 11. März 1997 (§§ 41-53 BMP-A) vorgetragen, dass es sich bei ihrem Anspruch nicht um eine zusätzliche Vergütung für die geleistete Arbeit der einzelnen Monate handele, sondern um eine Zuwendung für Betriebstreue. Dies ergebe sich daraus, dass gemäß § 46 BMP-A das Arbeitsverhältnis in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres nicht beendet werden dürfe. Die verspätete Antragstellung könne ihr nicht angelastet werden, denn sie habe ohne Unterbrechung immer für die A weiter gearbeitet und habe mit der Insolvenz und der Beantragung des Insg nichts zu tun gehabt. Alles sei über den Verwalter gelaufen, der für sie und für alle anderen gehandelt habe. Sie habe lediglich alle Forderungen abtreten müssen. Erst im Zuge der Bearbeitung der Insg-Zahlungen sei ihr Anfang März klar geworden, dass nur 3/12 der Sonderzahlung einfließen würden. Sie habe dann sogleich den Antrag gestellt.
In zahlreichen gewechselten Schriftsätzen haben die Beteiligten weiterhin ihre jeweilige Rechtsauffassung vorgetragen.
Die Klägerin hat sich in diesem Rahmen darauf berufen, dass die Beklagte ihrer rechtlichen Pflicht zur Zahlung der noch offenen 9/12 der Sonderzahlung als Insg nicht nachgekommen sei. Diese Forderung sei nach § 187 SGB III auf die Beklagte übergegangen, so dass sie selbst im Rahmen eines Ins-Plans nicht auf diese Forderung habe verzichten können. Sollte demgegenüber die Beklagte auf diesen Teil der Forderung gegenüber dem Ins-Verwalter verzichtet haben, könne dies nicht zum Erlöschen ihrer Forderung führen. Das Ins-Verfahren sei nicht durch die Planinsolvenz beendet (Entscheidung des BSG vom 21. November 2002, B 11 AL 35/02 R, juris). Selbst wenn ein überwiegender Teil der Gläubiger mit dem Ins-Plan einverstanden gewesen sein sollte, könne dies nicht zum Untergang ihres gesonderten Anspruchs auf Insg führen. Der vom Ins-Verwalter zur weiteren Vertretung der Arbeitnehmer gestellten Anwalt habe die Interessen aller Arbeitnehmer zu vertreten. In Vorbereitung der Gläubigerversammlung seien alle Arbeitnehmer aufgefordert worden, eine Vollmacht zu unterschreiben, dass sie auf die Zahlungen der weiteren 9/12 der Sonderzahlung verzichten sollten. Nach Kenntnis der Betriebsratsvorsitzenden H J habe sie selbst, wie auch einige weitere Arbeitnehmer, diese Vollmacht nicht erteilt.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Klägerin sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht und die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III mithin schuldhaft versäumt habe. Bereits in der Betriebsversammlung am 17. November 2010 sei allen Arbeitnehmern die Insolvenz der A mitgeteilt worden. Die Klägerin habe also nicht in Unkenntnis des Ins-Ereignisses weitergearbeitet, auf die genaue Kenntnis des Datums des Eröffnungsbeschlusses im Ins-Verfahren komme es nicht an. Anhand der Forderungskaufverträge habe die Klägerin zudem den Grund des Forderungsverkaufs, nämlich die Insolvenz des Arbeitgebers und die daraus resultierende Nichtzahlung des Arbeitsentgelts ab November 2010 entnehmen können. Aus dem dritten Forderungskaufvertrag ergebe sich außerdem, dass die Jahressonderzahlung, die allein Gegenstand dieses Vertrags gewesen sei, nur anteilig verkauft worden sei. Die Klägerin habe sich auch nicht wegen Unklarheiten an die Agentur für Arbeit gewandt, sondern sich allein auf die Auskünfte von Gewerkschaft und Betriebsrat verlassen, was nicht genüge. Zudem sei ihre Forderung, wie auch sämtliche noch offenen Forderungen der Arbeitnehmer aus 2010, infolge der einstimmigen Annahme des Ins-Plans durch die Gläubigerversammlung am 14. Dezember 2011, deren Gruppe 2 aus den Arbeitnehmern der A bestanden habe, abgegolten. Für die Gruppe der bei der A beschäftigten Arbeitnehmer habe der Ins-Plan eine Sonderzahlung i.H.v. (weiteren) 3/12 eines Monatslohns, zahlbar bis zum 30. April 2012, vorgesehen. Nach der gerichtlichen Bestätigung des Plans und Aufhebung des Ins-Verfahrens mit Beschluss des AG vom 2. Januar 2012 hätten die von der Klägerin begehrten Leistungen keine Grundlage mehr, sämtliche Forderungen wären erfüllt, soweit nicht der Verzicht erklärt worden sei. Ein Anspruchsübergang nach § 187 SGB III a. F. finde nicht statt, da keine offenen Forderungen (mehr) bestünden, strittige Ansprüche gingen nicht auf die Beklagte über.
Der am 11. November 2011 erstellte und durch die Gläubigerversammlung am 14. Dezember 2011 einstimmig angenommene Ins-Plan gem. §§ 17 ff. (v. S. 7) InsO wurde vom AG nach rechtskräftiger Bestätigung mit Beschluss vom 31. Dezember 2011 aufgehoben.
Mit Urteil vom 17. August 2012 hat das SG Berlin die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2011 verurteilt, der Klägerin Insg für weitere 6/12 der Zuwendung nach § 46 BTM-A II zu gewähren. Zu den von § 183 Abs. 1 SGB III (Fassung bis 31. März 2012) erfassten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehörten auch Sonderzuwendungen wie z.B. Weihnachtsgeld. Es liege hier keine Sondervergütung mit reinem Entgeltcharakter vor, die wie das laufende Arbeitsentgelt ausschließlich die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung im Bezugsjahr entlohne, im jeweiligen Abrechnungsmonat erarbeitet, jedoch erst am vereinbarten Fälligkeitstag ausgezahlt werde, so dass die im Insg-Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Dezember 2010 erarbeiteten Anteile der Sonderzahlung nur mit je 1/12 pro Monat beim Insg zu berücksichtigen wären (vgl. zu dieser Konstellation: Bundessozialgericht –BSG-, Urteil vom 9. Dezember 1997, 10 RAr 5/97). Vielmehr belohne die hier zu beurteilende Sondervergütung neben der Arbeitsleistung auch die Betriebstreue/-zugehörigkeit, wie sich an der Regelung zur Gewährung der vollen Zuwendung trotz Nichtarbeit wegen Krankheit mit Entgeltfortzahlung bzw. auch an den in § 46 Abs. 3 MTVO-A II genannten Fällen zeige. Bei derartigen Jahressonderzahlungen mit Mischcharakter, wie sie in den §§ 46, 47 MTVO-A geregelt und in der Zeit vom 15. November bis 15. Dezember des Jahres auszuzahlen seien, handele es sich um eine Treueprämie, die in vollem Umfang dem Insg-Zeitraum zuzuordnen sei (vgl. BSG, Urteile vom 2. November 2000, B 11 AL 87/99 R, vom 21. Juli 2005, B 11a/11 AL 53/04 R, vom 18. März 2004, B 11 AL 57/03 R; ferner SG Duisburg, Urteil vom 12. Oktober 2010, S 33 AL 41/09, alle juris). Mithin habe die Klägerin bei Eröffnung des Ins-Verfahrens am 1. Januar 2011 Anspruch auf vollen Insg-Schutz gehabt.
Die Klägerin habe mit ihrem Antrag vom 28. März 2011 diesen Anspruch auch wirksam geltend gemacht, denn ihr sei eine Nachfrist nach § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III zu gewähren. Zwar schütze Rechtsunkenntnis nicht davor, den Anspruch wegen Fristversäumnis zu verlieren. Werde das Verfahren jedoch von einem professionell agierenden Ins-Verwalter im Rahmen eines Forderungsverkaufs begleitet, der unter Bezugnahme auf eine Auskunft der Bundesagentur nur einen Teil der Zuwendung als insg-gesichert eingestuft habe, könne der Klägerin dies nicht als eigenes Verschulden zugerechnet werden. Ihr könne auch nicht unzureichendes Bemühen auf Durchsetzung ihrer Entgeltansprüche vorgeworfen werden, denn die Beklagte hätte bei sorgfältiger Prüfung der vom Ins-Verwalter erbetenen Auskunft die richtige Bewertung geben müssen und habe es mit zu verantworten, dass im Rahmen der zustimmungspflichtigen (§ 188 SGB III a.F.) Vorfinanzierung nur ein Teil der Sonderzuwendung gesichert worden sei (vgl. SG Kassel, Urteil vom 7. November 2007, S 7 AL 2474/04). Der Klägerin könne schließlich auch nicht entgegengehalten werden, dass im Ins-Plan ein Verzicht auf 6/12 der Zuwendung erklärt worden sei. Eine Vollmacht für die Verzichtserklärung des Arbeitnehmervertreters im Gläubigerausschuss habe die Klägerin nicht erteilt. Der von der Beklagten erklärte Verzicht lasse den Anspruch auf Insg nicht rückwirkend entfallen, denn es wäre treuwidrig, wenn die Beklagte, die den Verfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt (hier: kraft Verzichtserklärung im Insolvenzplanverfahren) zu vertreten habe, dies dann auch dem Anspruch auf Insg entgegenhalte (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 5. Dezember 2008, L 3 AL 86/07, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. September 2009, L 1 AL 88/07, beide juris). Mit dem Anspruchsübergang nach § 187 SGB III a. F. erlange die Beklagte wegen des denkbaren Rückfalls des Entgeltanspruchs eine treuhänderische Rechtsstellung gegenüber dem von der Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer, soweit die §§ 183 ff. SGB III keinen Schutz böten (vgl. Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil vom 22. November 2007,1 SA 364/03; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2005, 9 SA 181/04, beide juris). Die Beklagte könne daher zwar auf mit Insg befriedigte Entgeltansprüche verzichten, etwa um die Sanierung des Unternehmens zu unterstützen (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Juni 2008, L 12 AL 96/07), nicht jedoch in solchen Fällen, in denen der Schutz der Insg-Versicherung verloren gehe. Die Regelung des § 55 (Insolvenzordnung) - InsO - bestätige diese Wertung insofern, als die Rückstufung der Masseforderung nach § 55 Abs. 2 InsO auf eine einfache Forderung für die auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüche (§ 55 Abs. 3 InsO) dazu diene, die Sanierung des Unternehmens nicht zu gefährden. Da Zahlungen von Insg keinen Einfluss auf die Planinsolvenz hätten bzw. die Masse nicht belasteten, könne eine Verzichtserklärung für übergegangene Ansprüche nur die Beklagte als Inhaberin der Arbeitsentgeltforderung belasten, nicht den kraft Anspruchsübergang von einer Rechtsdurchsetzung ausgeschlossenen Arbeitnehmer. Die Wirkung des vom Ins-Gericht bestätigten Plans nach § 254 InsO stehe dem nicht entgegen, denn diese Regelung betreffe die nach § 187 SGB III a. F. auf die Beklagte übergegangenen Entgeltansprüche, so dass sich nur die Frage stelle, ob der Verzicht anspruchsvernichtend auf das Insg durchschlage, was aber nicht der Fall sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 23. August 2012 zugestellte Urteil am 21. September 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) Berufung eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags nochmals darauf hingewiesen, dass die Gläubigerversammlung der A am 14. Dezember 2011 einen Ins-Plan beschlossen habe, wonach die Arbeitnehmer als Ausgleich für ihre offenen Forderungen eine Sonderzahlung i.H.v. weiteren 3/12 eines Monatslohns erhalten sollten. Selbst wenn aber die Klägerin ursprünglich insg-fähige Ansprüche auf die volle Jahressondervergütung gehabt haben sollte, wäre diese Forderung durch Verzicht in der Gläubigerversammlung untergegangen. Jeder Gläubiger hätte die Möglichkeit der Ablehnung gehabt, so auch die Gruppe der Arbeitnehmer, deren Forderungen von der Gewerkschaft vertreten worden seien. Auch wenn die Klägerin dem Ins-Plan nicht persönlich zugestimmt habe, so habe sie doch durch die Annahme des Anteils der Sonderzahlung von 3/12 eines Monatslohns den Vertragsschluss ohne Vertretungsmacht genehmigt (§ 177 Abs. 1 BGB). Ziel einer Insolvenz sei in erster Linie die Sanierung des Unternehmens, zu der auch Arbeitnehmer zur Sicherung ihres Arbeitsplatzes durch Verzicht auf Arbeitsentgeltansprüche beitragen könnten. Wenn jedoch trotz wirksamen Verzichts ev. entgangenes Entgelt weiter zu Insg-Ansprüchen führen würde, müsste die Beklagte ihre Ansprüche gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 InsO i.V.m. § 187 SGB III a. F. weiter gegen den Arbeitgeber geltend machen können, was dem Ziel einer Unternehmenssanierung zuwider liefe. Die Klägerin habe zudem den Antrag auf Insg erst am 25. März 2011 und damit nicht innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III) gestellt. Die Klägerin habe die Versäumung der Frist auch zu vertreten, denn ihr sei das Erfordernis einer fristgerechten Antragstellung bekannt gewesen, wie sich an den rechtzeitig gestellten Anträgen ihrer Kollegen zeige. Auch habe sie ihre Entgeltansprüche an die S Bank verkauft und habe anhand der Vorbemerkung im Forderungskaufvertrag die Ins des Arbeitgebers und die daraus resultierende Nichtzahlung des Arbeitsentgelts ab November 2010 entnehmen können. Dort stehe auch, wer Ins-Verwalter gewesen sei und auch dort hätte sich die Klägerin vergewissern können. Dass ihr angeblich das Datum des Eröffnungsbeschlusses nicht bekannt gewesen sei, sei unerheblich. Auch ihr Vortrag, ihr sei erst nachträglich klar geworden, dass noch 9/12 der Jahressonderzahlung offen seien, überzeuge nicht, denn sie habe aus dem 3. Forderungsverkauf ersehen können, dass die Jahressonderzahlung nur anteilig verkauft worden sei. Selbst wenn die Klägerin tatsächlich erst Anfang März 2011 Kenntnis über einen ev. Restanspruch auf Insg erlangt haben sollte, könne ihr keine Nachfrist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III eingeräumt werden. Die Unkenntnis einer Rechtslage sei schädlich, es sei denn, Rechtsrat sei nicht rechtzeitig einzuholen gewesen. Sollte die Gewerkschaft die Mitarbeiter erst nach Ablauf der Zwei-Monatsfrist über die Rechtslage informiert haben, sei dies der Klägerin zuzurechnen. Selbst eine Fehlinformation durch sie (Beklagte) gegenüber dem Ins-Verwalter würde sich nicht zu Gunsten der Klägerin auswirken, denn eine solche Auskunft sei nicht ihr gegenüber ergangen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2012 zurückzuweisen.
Sie habe die verspätete Antragstellung nicht verschuldet. Zwar sei sie in der Mitarbeiterversammlung vom 17. November 2010 durch den Ins-Verwalter und den Arbeitgeber über die Insolvenz der A und darüber informiert worden, dass die Löhne über die Bank vorfinanziert würden, in welcher konkreten Höhe sei aber nicht mitgeteilt worden. Die Arbeitnehmer seien auch aufgefordert worden, nicht selbst mit der Beklagten Kontakt aufzunehmen oder einen Antrag auf Insg zu stellen, weil das die Vorfinanzierung über die Forderungsverkäufe erschweren würde. Es seien alle offenen Forderungen durch die Vorfinanzierung gedeckt und die Anträge seien beim Ins-Verwalter zu stellen. Sie habe auf die Angaben des Arbeitgebers und des Ins-Verwalters vertraut und aus diesem Grund keinen Antrag auf Insg, sondern die Anträge auf Vorfinanzierung gestellt, wobei sie davon ausgegangen sei, dass durch die Vorfinanzierung nach § 188 SGB III a. F. der Anspruch auf Insg verbraucht gewesen sei. Die rechtlich falsche Auskunft des Ins-Verwalters nach Rücksprache mit der Beklagten, die Arbeitnehmer hätten nur einen Anspruch auf 3/12 der Sonderzuwendung gehabt, weshalb auch nur in diesem Umfang vorfinanziert werden dürfe, habe sie daran gehindert, rechtzeitig einen eigenen Antrag auf Ins-Geld zu stellen. Sie habe zudem nicht gewusst, wie sich die Zahlungen durch die Bank im Einzelnen zusammensetzten. Dass hier noch Zahlungen offen gewesen seien, habe sich erst durch eine Prüfung der Lohnbuchhaltung ergeben, so dass sie am 5. Januar 2011 einem dritten Forderungsverkauf zugestimmt habe. Dass auch dieser Forderungsverkauf nicht die Gesamtforderung abgedeckt habe, sei ihr erst durch eine weitere Prüfung der Gewerkschaft bewusst geworden. Erst als der Verwalter ihr mitgeteilt habe, dass sie mehr als die vorgenommene Zahlung i.H.v. 3/12 nicht beanspruchen könne und sie nach rechtlicher Prüfung durch die Beklagte keinen Anspruch auf eine volle Finanzierung der Zuwendung habe, habe sie die weitere Zahlung von 9/12 am 25. März 2011 geltend gemacht. Da sie von rechtskundigen Personen falsche rechtliche Hinweise erhalten habe, könne ihr die verspätete Antragstellung nicht zugerechnet werden. Sie habe den Arbeitnehmervertreter in der Gläubigerversammlung auch nicht bevollmächtigt, auf ihre weiteren Ansprüche zu verzichten; dies hätte auch keine Auswirkung gehabt, denn der Arbeitnehmervertreter handele mehrheitlich. Der Ins-Plan gelte bei Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger als angenommen, so dass selbst eine fehlende Zustimmung des Arbeitnehmervertreters keine ausschlaggebende Wirkung gehabt hätte. Dass die Beklagte auf die Erstattung des Insg durch den Ins-Verwalter verzichtet und damit die Annahme des Ins-Plans erst ermöglicht habe, könne nicht dazu führen, dass ihre Forderung gegenüber der Beklagten untergehe.
Die Beklagte hat erwidert und im Erörterungstermin vor dem LSG vom 22. Dezember 2015 nochmals bestätigt, dass unter Berücksichtigung des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg vom 4. September 2013 (L 18 AS 285/12) nicht mehr an der Rechtsauffassung festgehalten werde, dass lediglich 3/12 der Jahressondervergütung nach § 46 BMT-A II insg-fähig seien. Die Problematik der Höhe der Jahressondervergütung sei im Ins-Plan in Form der zusätzlichen Lohnzahlung i.H.v. 3/12 eines Monatslohns berücksichtigt worden (vgl. Teil 1, Abschnitt D - Rechtsverhältnisse, IV. Arbeitnehmer – S. 25/26 Insolvenzplan; Teil 2, Abschnitt C - Plangestaltungen, II. Gläubiger der Gruppe 2 (Arbeitnehmer) – S. 46). Die Klägerin müsse diese Bestimmungen im Ins-Plan gegen sich geltend lassen, zumal sie nicht gegen den den Ins-Plan bestätigenden Beschluss (§ 253 InsO) des AG Charlottenburg vom 31. Dezember 2011 Beschwerde eingelegt habe. Die Rechtsauffassung der Klägerin, nicht sie, sondern die Beklagte sei Forderungsinhaberin gewesen, sei unzutreffend. Der Anspruchsübergang gemäß § 187 SGB III a. F. erfolge nur in dem Umfang, in dem er später durch die Entscheidung der Beklagten konkretisiert werde, wogegen Ansprüche in dem Umfang, in dem der Antrag auf Insg abgelehnt werde, auf die Arbeitnehmer zurückfielen (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2005, 9 SA 181/04, juris).
Die Klägerin hat Verdienstabrechnungen für die Monate September und Oktober 2010 übersandt (Bruttoarbeitsentgelt von 2.807,16 EUR). Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die Jahressonderzuwendung 85 % des Septembergehalts, mithin 2.386,09 EUR betrage und die geltend gemachten 6/12 der Jahressonderzuwendung 1.193,04 EUR brutto betragen würden.
Die Berichterstatterin hat schriftliche Auskünfte von der Betriebsratsvorsitzenden der A, Frau H J, sowie vom Insolvenzverwalter, Herrn Rechtsanwalt V-S, eingeholt. Frau H J hat angegeben, die Beschäftigten seien am 15. November 2010 per E-Mail über den am selben Tag gestellten Antrag auf Eröffnung des Ins-Verfahrens informiert und gleichzeitig zur Mitarbeiterversammlung am 17. November 2010 eingeladen und auf ihren Anspruch nach § 183 SGB III a. F. hingewiesen worden. Die Eröffnung des Ins-Verfahrens sei aus zuwendungsrechtlichen Gründen auf den 1. Januar 2011 vorgezogen worden; wann und wie dieser Eröffnungstermin den Mitarbeitern bekannt gegeben worden sei, wisse sie nicht mehr. Ihr sei mit Datum vom 14. Januar 2011 ein entsprechendes Schreiben des Ins-Verwalters und eine Kopie des Beschlusses zugegangen. In der Mitarbeiterversammlung seien die Mitarbeiter über die geplante Vorfinanzierung des Insg in Form von Forderungsverkäufen ihrer jeweiligen Gehaltsansprüche an die S Bank informiert worden. Die Mitarbeiter seien vom Ins-Verwalter dringend aufgefordert worden, sich nicht selbst an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden, da dies den Gang der Vorfinanzierung erschweren würde. In dieser Versammlung seien die Formulare für den Forderungskauf ausgegeben und von den Mitarbeitern sogleich unterschrieben worden. Die Arbeitnehmer hätten keine Möglichkeit zur Prüfung gehabt, wie genau sich die benannte Forderungshöhe zusammensetze, da jeweils eine pauschale Summe angegeben gewesen sei. Individuelle Aufstellungen bzw. die reguläre Lohnabrechnung seien erst im Januar 2011 erstellt worden. Es habe zunächst kein Anlass bestanden, sich nicht auf die Informationen des Ins-Verwalters zu verlassen und individuelle rechtliche Beratung einzuholen. Der Betriebsrat sei am 25. November 2010 darüber informiert worden, dass die Beklagte die Entscheidung getroffen habe, nur 3/12 des Weihnachtsgeldes seien insg-fähig und würden mit 2/12 im Dezember 2010 und 1/12 im Januar 2011 ausgezahlt. Dieser Bescheid sei den Mitarbeitern allerdings nie ausdrücklich zur Kenntnis gegeben worden. Erst im Februar 2011 seien Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten aufgetreten, die durch die Rechtsabteilung von v gestützt worden seien. Dann seien doch noch 9/12 des Weihnachtsgeldes bei der Beklagten geltend gemacht worden. Der Ins-Verwalter, Rechtsanwalt V-S, hat angegeben, dass nach Ins-Eröffnung regelmäßig sämtliche ihm bekannte Arbeitnehmer laut Zustellungsverzeichnis über die Ins-Eröffnung informiert worden seien, so auch die hiesige Klägerin, konkret am 17. Januar 2011. Werde eine Insg-Vorfinanzierung organisiert, würden die Arbeitnehmer darüber informiert, dass der Ankauf von Insg-Ansprüchen über die vorfinanzierende Bank es nicht ausschließe, dass die Arbeitnehmer nach Ins-Eröffnung offene Ansprüche, die nicht Gegenstand der Vorfinanzierung gewesen seien (z.B. weitergehende Ansprüche auf Weihnachtsgeld), selbst gegenüber der Insg-Stelle geltend machen könnten. Er gehe davon aus, dass diese Information auch in der Mitarbeiterversammlung am 17. November 2010 erfolgt sei. Es sei ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmer in dieser Versammlung angehalten worden seien, nach Ins-Eröffnung keinen Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit aufzunehmen. Im Ins-Plan sei ausdrücklich geregelt worden, dass etwaige offene, weil nicht vorfinanzierte, Ansprüche der Arbeitnehmer, die den Rang von Ins-Forderungen hätten (§ 38 InsO), über eine Sonderzahlung abgefunden würden. Mit Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses betreffend die Planbestätigung gelte diese Regelung gemäß § 250 Abs. 1 InsO für und gegen alle Beteiligten, also auch für und gegen die Klägerin, unabhängig davon, ob sie dem Ins-Plan zugestimmt habe oder nicht.
Die Prozessbevollmächtigte hat ergänzend ein Schreiben vom 10. März 2011 an ihre Mitglieder vorgelegt. Hieraus ergibt sich, dass nur noch Anspruch auf 9/12 der Weihnachtszuwendung bestehe, der als offene Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet werden könne. Gleichzeitig werde empfohlen, diese Forderung auch noch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit anzumelden, entsprechender Antrag sei beigefügt. Sollte diese den Antrag für gerechtfertigt halten (was bei Ablehnung arbeitsgerichtlich festgestellt werde), bezahle sie 9/12 anteiliges Weihnachtsgeld voll und lasse sich im Gegenzug Ihre Anmeldung zur Tabelle gegenüber dem Insolvenzverwalter "abtreten".
Die Beteiligten haben mit jeweiligen Schreiben vom 13. Februar 2017 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit schriftlicher Entscheidung des Senats (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Akten L 29 AL 288/12 einschließlich zwei Bände Verwaltungsakten sowie auf den Inhalt der vom Amtsgericht Charlottenburg beigezogenen Insolvenzakten (36a IN 5121/10). Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung der der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit der Zustimmung der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nach § 144 Abs. 1 SGG zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt den Betrag von 750 EUR. Die Klägerin begehrt - nach Auskehrung der in der Gläubigerversammlung am 14. Dezember 2011 vereinbarten Sonderzahlung von weiteren 3/12 eines Monatslohns - Insg in Höhe der noch verbleibenden 6/12 der Sonderzuwendung nach § 46 BTM- II. Diese errechnet sich wiederum aus 85 % des September-Netto-Gehalts, welches entsprechend der mit Schriftsatz vom 22. März 2016 vorgelegten Verdienstabrechnung vom 1. September 2010 1.826,66 EUR beträgt, so dass sich ein Beschwerdewert von 797,30 EUR errechnet (85 % von 1.826,66 EUR = 1.552,66 EUR: 2). Soweit die Beteiligten den Gegenstandswert im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016 übereinstimmend mit 766, 41 EUR angegeben haben, liegt auch dieser Wert über dem maßgebenden Betrag von 750 EUR.
Die Berufung ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 6. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2011 erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Insg in Höhe der noch verbleibenden 6/12 der Sonderzuwendung nach § 46 BTM-II.
Nach § 183 Abs. 1 SGB III (in der Fassung bis zum 31. März 2012 a. F.) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren, ein Ins-Ereignis vorliegt und für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt bestehen. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, auch Sonderzuwendungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.
Zwar liegen diese Voraussetzungen hier vor, denn die Klägerin war als Arbeitnehmerin im Inland beschäftigt, es hat ein Ins-Ereignis in Form der Eröffnung des Ins-Verfahrens über das Vermögen der A LB e. V. durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vo im Termin zur mündlichen Verhandlung m 1. Januar 2011 vorgelegen und die noch geltend gemachten 6/12 der Sonderzuwendung waren Bestandteil des Arbeitsentgelts (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 2. November 2000, B 11 AL 87/99 R, juris). Mittlerweile ist auch der Streit der Beteiligten, ob lediglich 3/12 der Jahressondervergütung insg-fähig seien - so die vormalige Rechtsauffassung der Beklagten und ihr folgend des Ins-Verwalters - oder die gesamte Zuwendung, also 12/12, aufgrund der eindeutigen Erklärung des Beklagtenvertreters im Erörterungstermin vom 22. Dezember 2015 unter Bezugnahme auf das rechtskräftige Urteil des 18. Senats des LSG vom 4. September 2013 (L 18 AL 285/12) beigelegt worden. Auch auf die Ausführungen im Urteil des SG Berlin vom 17. August 2012 (Bl. 4 und 5) kann insoweit verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Der erkennende Senat stimmt dem ebenfalls zu.
Der geltend gemachte Anspruch auf weitere 6/12 der Sonderzuwendung, den die Klägerin - wie sie unwidersprochen behauptet - auch innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht hat, scheitert jedoch an der Versäumung der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Gemäß § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind, wobei die Agentur für Arbeit zur Vermeidung unbilliger Härten eine verspätete Antragstellung zulassen kann. Insg ist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Ins-Ereignis zu beantragen. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insg geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III). Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III). Hierbei ist der Verschuldensmaßstab des § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heranzuziehen, wonach jede Fahrlässigkeit zu vertreten ist (LSG Saarland, Urteil vom 28. Mai 2004, L 8 AL 36/03, juris, Rn. 28).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihren Antrag auf Gewährung von Insg bei der Beklagten erst am 25. März 2011, eingegangen am 28. März 2011, und damit nach Ablauf der zweimonatigen Ausschlussfrist (§ 324 Abs. 3 S. 1 SGB III) gestellt. Für den Beginn der Ausschlussfrist ist der Eintritt des jeweiligen Ins-Ereignisses, hier also die Eröffnung des Ins-Verfahrens am 1. Januar 2011 maßgebend. Die Ausschlussfrist endete mithin am 1. März 2011, einem Dienstag. Für den Ablauf der Ausschlussfrist kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Arbeitnehmers vom Eintritt des Ins-Ereignisses an (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 1999, B 11/10 AL 3/98 R, juris, Rn. 15), vielmehr spielt die individuelle Kenntnis grundsätzlich erst für den Beginn der Nachfrist (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III) eine Rolle (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. September 2011, L 2 AL 87/08, juris, Rn. 22).
Der Ins-Zeitraum nach § 183 Abs. 2 SGB III a.F. verschiebt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Behauptung der Klägerin, sie habe in Unkenntnis des Ins-Ereignisses gutgläubig weitergearbeitet, nach hinten. Eine Verschiebung des Insg-Zeitraums wird vielmehr nur im Fall der gutgläubigen Arbeitsaufnahme durch einen bislang dem Unternehmen fernstehenden Arbeitnehmer in Unkenntnis des Ins-Ereignisses der Abweisung mangels Masse angenommen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. August 1998, B 10 AL 7/97 R, juris). In Fällen der gutgläubigen Weiterarbeit wird dagegen weiterhin das Insolvenzereignis als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Ausschlussfrist angesehen. Andernfalls würden die bereits beschäftigten Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt, je nachdem, wann sie positive Kenntnis vom Ins-Ereignis erlangt hätten. Das gutgläubige Weiterarbeiten wird vielmehr durch Anwendung der Nachfrist (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III) berücksichtigt (Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. § 324 Rn. 19 ff.).
Im Fall der Klägerin liegen indes die Voraussetzungen für die Anwendung der Nachfrist (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III) nicht vor. Denn es ist Verschulden hinsichtlich der Versäumung der Antragsfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III jedenfalls im Sinne von Fahrlässigkeit anzunehmen. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe in Unkenntnis des Ins-Ereignisses weitergearbeitet, erscheint dies wenig glaubhaft. So hat die Vorsitzende des Betriebsrats, Frau H J, auf Anfrage des Gerichts schriftlich mitgeteilt, dass die Beschäftigten bereits am 15. November 2010 in Form einer E-Mail über den am selben Tag gestellten Antrag auf Eröffnung eines Ins-Verfahrens informiert worden seien, gleichzeitig seien sie zu der für den 17. November 2010 anberaumten Mitarbeiterversammlung eingeladen worden. Zwar verhält sich das erwähnte Mitarbeiterschreiben nicht ausdrücklich dazu, dass Ansprüche auf Insg innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend zu machen seien. Jedoch hat der Ins-Verwalter insoweit angegeben, dass von ihm regelmäßig sämtliche Arbeitnehmer über die Ins-Eröffnung informiert würden, da er mit der Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an die Ins-Gläubiger beauftragt werde und die Arbeitnehmer regelmäßig Ins-Gläubiger sein könnten. Dementsprechend sei auch die hiesige Klägerin am 17. Januar 2011 über die Ins-Eröffnung informiert worden, wobei dem Informationsschreiben immer das Formular zur Forderungsanmeldung beigefügt gewesen sei. Die Angaben des Ins-Verwalters finden auch ihre Bestätigung darin, dass ausweislich der Ins-Akten des AG Charlottenburg (Az.: 36a IN - 5121/10) zahlreiche Arbeitnehmer der A ihre ausstehenden Forderungen, u.a. der ausstehende Teil der Jahressonderzuwendung, auf den erwähnten Forderungsanmeldungsformularen geltend gemacht haben. Die Klägerin hat ausweislich der Einsichtnahme des Senats in die Ins-Akten ihre Forderung jedoch nicht angemeldet, obwohl ihr - wie auch allen anderen Arbeitnehmern - ein entsprechendes Formular zur Gläubigeranmeldung innerhalb der maßgeblichen Frist vom Ins-Verwalter zugesandt worden ist. Auch dieses Unterlassen belegt - neben den weiterhin aufgeführten Umständen - einen jedenfalls als fahrlässig zu erachtenden Umgang mit der Wahrung ihrer Ansprüche.
Zudem hat die Klägerin – wie wohl alle Arbeitnehmer - ihre offenen Entgeltansprüche an die S Bank verkauft. Anhand der von ihr selbst an 17. November 2010 (in der Mitarbeiterversammlung), am 7. Dezember 2010 und am 10. Januar 2011 unterzeichneten Verträge konnte sie auch den Umfang des Verkaufs ersehen und vor allen Dingen aus den jeweiligen Vorbemerkungen entnehmen, dass "über das Vermögen des Arbeitgebers ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt" wurde. Insbesondere aus dem 3. Forderungskaufvertrag wird zu dem eindeutig ersichtlich, dass nur ein kleiner Teil der Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld), nämlich ein Betrag i.H.v. 102,65 EUR vorfinanziert worden ist, dass sie also noch einen offenen Restanspruch hatte. Dies hätte ihr spätestens Anlass geben müssen, sich weiterhin fachkundig zu informieren. Damit ist auch die Information, die wohl in der Mitarbeiterversammlung im November 2010 erteilt wurde, dass nämlich die offenen Forderungen durch die Vorfinanzierung gedeckt worden seien, überholt. Dies gilt auch für den weiteren Vortrag der Klägerin, die Arbeitnehmer seien aufgefordert worden, nicht mit der Beklagten Kontakt aufzunehmen, weil das die Vorfinanzierung über die Forderungsverkäufe erschweren würde. Abgesehen davon, dass der Ins-Verwalter eine derartige Äußerung in Abrede gestellt hat, bestand nach Abwicklung der Forderungsverkäufe kein Grund für eine derartige Anweisung. Schließlich trägt die Betriebsratsvorsitzende vor, dass (bereits) im Februar 2011 auch von der Rechtsabteilung von v gestützte Zweifel ob der Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten, nur anteilig 3/12 des Weihnachtsgeldes als insg-fähig anzusehen, aufgetreten seien. Daraufhin seien Geltendmachungen hinsichtlich der noch nicht gezahlten 9/12 des Weihnachtsgeldes bei der Beklagten erfolgt. Es ist nicht verständlich, weshalb die Klägerin davon nichts erfahren haben sollte. Soweit die Klägerin vorträgt, es könne von ihr als rechtsunkundiger Person nicht verlangt werden, den Umfang einer insg-fähigen Entgeltforderung zweifelsfrei zu bestimmen, wenn sowohl Beklagte wie auch Ins-Verwalter einem Rechtsirrtum unterlägen, ist darauf zu verweisen, dass andere Mitarbeiter ausweislich der in den Ins-Akten befindlichen Forderungsanmeldungen durchaus in der Lage waren, die Beträge der restlichen Zuwendung sogar auf den Cent genau anzugeben. Jedenfalls hätte die Klägerin zur Vermeidung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs bei ev. Zweifeln, ob noch offene Forderungen bestünden, diese jedenfalls vorsorglich, ggfs. auch ohne konkrete Bestimmung der Entgeltforderung, anmelden müssen. Nach dem maßgeblichen Verschuldensmaßstab des § 276 BGB ist jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Dies bedeutet, dass ein gemäß § 324 Abs. 3 S. 3 SGB III selbst zu vertretender Grund bereits dann vorliegt, wenn sich der Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat. Angesichts der längeren Vorlaufzeit, der in den Mitarbeiterversammlungen erteilten Informationen einschließlich der Aushändigung des Formblatts zur Anmeldung des Insg-Anspruchs hatte die Klägerin genügend Hinweise auf das Insolvenzereignis und sie hatte auch genügend Zeit, sich bei etwaiger Rechtsunklarheit im Zusammenhang mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche von fachkundiger Stelle beraten zu lassen (vgl. zur verschuldeten Fristversäumnis LSG Brandenburg, Urteil vom 28. Januar 2004, L 8 AL 47/02, juris, Rn. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2003, L 9 AL 171/01, juris, Rn. 22; Gagel, SGB III, § 324 Rn. 59 m.W.n.).
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung des mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 13. Februar 2017 eingereichten Schreibens der Gewerkschaft vom 10. März 2011 begründen. Hieraus ergibt sich lediglich, dass es ein vorheriges Geltendmachungsschreiben betreffend Sanierungsbeitrag und Anteil auf Weihnachtsgeld-Zwölftel für "Verwirrung" gesorgt habe. Weiterhin wird jedoch ausgeführt, dass nach Erhalt von 3/12 Weihnachtszuwendung nur noch 9/12 als offene Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter angemeldet werden könnten, was die Mitglieder des A L B e.V. bereits getan hätten. Soweit gleichzeitig die Empfehlung ausgesprochen wurde, diese Forderung auf einem entsprechenden Antragsformular auch noch (im März) gegenüber der Beklagten anzumelden - was die Klägerin dann offensichtlich, wenn auch verspätet, getan hat -, bezieht sich dies nach dem Sachzusammenhang wohl auf eine ergänzend gemeinte Handlung nach Antragstellung auf den vom Ins-Verwalter den Arbeitnehmern zugesandten Formularen, wie sie sich in den Insolvenzakten befinden. Jedenfalls ist dem Schreiben nicht zu entnehmen, dass die Gewerkschaft davon ausgegangen wäre, dass die Frist des § 324 Abs. 3 SGB III mit Antragstellung im März noch gewahrt worden wäre. Hiervon konnte die Klägerin nach den vorherigen Ausführungen auch nicht schuldlos ausgehen. Hätte sie aber noch während des Laufs der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 SGB III die Gewerkschaft mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt (was anhand der Akten nicht feststellbar ist) und wäre sie von dieser unzutreffend über den Fristablauf belehrt worden, müsste sich die Klägerin einen Rechtsirrtum der Gewerkschaft als Verschulden des von ihr beauftragten Vertreters zurechnen lassen (§ 27 Abs. 1 S. 2 SGB X, § 85 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 202 SGG).
Ist nach alledem davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Antrag auf Insg nicht rechtzeitig gestellt hat und eine Nachfrist wegen Verschuldens nicht gewährt werden kann, kommt es nicht mehr entscheidend auf die Rechtsfrage an, ob die Klägerin unter Berücksichtigung des Beschlusses der Gläubigerversammlung vom 11. November 2011 überhaupt noch einen Anspruch auf weitere 6/12 der Sondervergütung hätte durchsetzen und ob sie - bejahendenfalls - diesen Anspruch als Insg-Forderung gegenüber der Beklagten mit Erfolg hätte geltend machen können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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