Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 18 KR 56/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 228/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 11. April 2017 wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab sofort bis zum Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 16. Dezember 2017, Leistungen der häuslichen Krankenpflege in form von Blutzuckermessung einmal täglich, Verabreichen von Medikamenten zweimal täglich sowie Herrichten von Medikamenten ein mal wöchentlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Dem Antragsteller wurde nach Aktenlage unstreitig durch seine ihn behandelnden Ärzte für den Zeitraum 16. Dezember 2016 bis 16. Dezember 2017 häusliche Krankenpflege unter anderem in Form von täglicher Blutzuckermessung und Insulininjektion, zweimal täglicher Medikamentengabe sowie wöchentlichem Richten der Medikamente und eine Injektion subcutan monatlich verordnet. Hinsichtlich häuslicher Krankenpflege durch viermal tägliches Verabreichen von Augentropfen ist daneben ein weiteres Verfahren anhängig (LSG Berlin-Brandenburg, Az. L 1 KR 229/17 BER) gewesen. Die Antragsgegnerin bewilligte mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 häusliche Krankenpflege hinsichtlich der Injektionen und lehnte Leistungen im Übrigen ab.
Der Antragsteller hat vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, die Antragsgegnerin zur Gewährung der häuslichen Krankenpflege als Sachleistung ab sofort zu verpflichten.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 11. April 2017 zurückgewiesen. Der Antragsteller habe keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, da die Intensität der verordneten Pflege nicht derart hoch sei, dass nur durch den Einsatz einer Pflegekraft Krankenhausbehandlung vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung erreicht werden könnte. Außerdem seien die Wohnstätte bzw. die Werkstatt ihrerseits verpflichtet, die Leistungen zu erbringen. Zudem sei noch keine Zahlungsaufforderung vorgelegt worden und nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller selbst zu einer Vorleistung nicht in der Lage sei.
Gegen den ihm am 18. April 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18. Mai 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Beschwerde des Antragstellers, mit der die Leistungen ab 11. April 2017 begehrt werden.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und in der Sache begründet. Zu Unrecht hat das SG abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu verpflichten. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte an den Erfolgsaussichten nur orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so hat es anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Nach diesen Maßstäben durfte das SG eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistung nicht ablehnen.
Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege kann sich nämlich aus § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V ergeben. Bei der (verordneten) Herrichtung und Verabreichung von Medikamenten liegt eine Erscheinungsform der (einfachen) Behandlungspflege vor. Leistungen der häuslichen Krankenpflege sind nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB V an Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie oder an sonstigen "geeigneten Orten" zu erbringen. Der Antragsteller lebt in einer Wohnung, die ihm von der W GmbH des A K vermietet worden ist. Der A erbringt in dieser Wohnung (auch) Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), die dem Antragsteller durch den Landkreis Dahme-Spreewald im Umfang von ca. sechs Fachleistungsstunden in der Woche bewilligt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind betreute Wohnformen nur dann "geeignete Orte" im Sinne des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V für die Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung, wenn der Versicherte während seines Aufenthalts dort nicht bereits einen Anspruch auf Erbringung von Krankenpflegeleistungen gegen die Einrichtung hat (BSG, Urt. v. 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R - Rdnr. 13, -B 3 KR 10/14 R- Rdnr. 12 und v. 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – Rdnr. 17). Auch zählt das BSG zu den "betreuten Wohnformen" in § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V ausdrücklich nicht nur stationäre Einrichtungen, sondern auch andere Formen der Versorgung, in denen nur ambulante Leistungen erbracht werden (vgl. nur BSG v. 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R - Rdnr. 19). Nach der Rechtsprechung des BSG soll gerade nicht entscheidend sein, ob die tatsächlich gegebene Unterbringung und Betreuung weitgehende Ähnlichkeit mit stationären Versorgungsformen hat, sondern welchen Inhalt die bereits anderweitig gewährten Betreuungsleistungen haben.
Entscheidend ist deswegen allein, ob die Blutzuckermessung und die Medikamentengaben nach Art und Umfang bereits zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehört, die dem Antragsteller von dem Landkreis Dahme-Spreewald gewährt worden sind. Das BSG hält die Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur insoweit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zur Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege verpflichtet, als sie dazu aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung auch in der Lage sind (BSG v. 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – Rdnr. 22). Deswegen ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Einrichtung nach ihrem Aufgabenprofil, ihrer Ausrichtung auf eine bestimmte Bewohnerklientel und insbesondere aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung die fragliche Leistung selbst erbringen kann. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) wird nämlich nur dann nicht verletzt, wenn Leistungen der Eingliederungshilfe durch eine Einrichtung ohnehin vorzuhalten sind, die Gewährung der Eingliederungshilfe deutlich im Vordergrund steht und die Leistungen der Behandlungspflege untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe sind (BSG, a. a. O. Rdnr. 28).
Für einen engen Bezug der Blutzuckermessung und der Medikamentengabe zur Eingliederungshilfe spricht zwar grundsätzlich, dass die in Frage stehenden Leistungen ihrem Inhalt nach einer allgemeinen Betreuungsleistung gleichstehen und keine vertieften medizinischen Kenntnisse verlangen. Es sind hier aber besondere Gründe vorhanden, die einem Rückgriff auf die Eingliederungshilfe entgegenstehen. Der Senat geht mangels anderer Anhaltspunkte davon aus, dass die Blutzuckermessung und die Medikamentengabe in dem verordneten Umfang für den Antragsteller medizinisch notwendig sind. Aus der ärztlichen Verordnung ergibt sich, dass ein Mitarbeiter der Eingliederungshilfe zweimal am Tag bei dem Antragsteller in der Wohnung sein müsste, um Medikamente zu verabreichen und einmal den Blutzucker zu messen. Ferner müsste dieser einmal in der Woche den Wochenbedarf an den Medikamenten herrichten. Dafür reicht der bewilligte Umfang der Eingliederungshilfe indessen nicht aus. Sechs Fachleistungsstunden in der Woche geben nicht genügend Raum für zweimal am Tag stattfindende Besuche, in denen neben der Medikamentengabe noch weitere Leistungen erbracht werden sollen. Die Medikamentengabe -die aufgrund der verschiedenen psychischen und physischen Erkrankungen des Antragstellers, die sich unter anderem in mangelnder Compliance äußern, keine Kleinigkeit ist- gehört lediglich am Rande mit zur Eingliederungshilfe, sie ist nicht ihr zentraler Inhalt. Eine gesonderte Betrachtung des Medikamentenherrichtens erscheint dabei nicht sinnvoll, weil es sich um einen einheitlichen Vorgang handelt.
Die Beschwerde war klarstellend im Übrigen zurückzuweisen: Nach dem Wortlaut des Antrages wird die vorläufige Gewährung der Sachleistungen auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt. Insoweit kommt nur eine (vorläufige) Kostenerstattung bzw. -freistellung in Betracht. Anhaltspunkte für die besondere Dringlichkeit einer solchen Regelung sind jedoch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG. Es ist in der Sache von einem ganz überwiegenden Erfolg des Antragstellers auszugehen.
Mit der zusprechenden Kostenentscheidung hat sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe aus Sicht des Senats erledigt, weil der Antragsteller insoweit nicht mehr bedürftig ist.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht nicht gegeben (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Dem Antragsteller wurde nach Aktenlage unstreitig durch seine ihn behandelnden Ärzte für den Zeitraum 16. Dezember 2016 bis 16. Dezember 2017 häusliche Krankenpflege unter anderem in Form von täglicher Blutzuckermessung und Insulininjektion, zweimal täglicher Medikamentengabe sowie wöchentlichem Richten der Medikamente und eine Injektion subcutan monatlich verordnet. Hinsichtlich häuslicher Krankenpflege durch viermal tägliches Verabreichen von Augentropfen ist daneben ein weiteres Verfahren anhängig (LSG Berlin-Brandenburg, Az. L 1 KR 229/17 BER) gewesen. Die Antragsgegnerin bewilligte mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 häusliche Krankenpflege hinsichtlich der Injektionen und lehnte Leistungen im Übrigen ab.
Der Antragsteller hat vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, die Antragsgegnerin zur Gewährung der häuslichen Krankenpflege als Sachleistung ab sofort zu verpflichten.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 11. April 2017 zurückgewiesen. Der Antragsteller habe keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, da die Intensität der verordneten Pflege nicht derart hoch sei, dass nur durch den Einsatz einer Pflegekraft Krankenhausbehandlung vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung erreicht werden könnte. Außerdem seien die Wohnstätte bzw. die Werkstatt ihrerseits verpflichtet, die Leistungen zu erbringen. Zudem sei noch keine Zahlungsaufforderung vorgelegt worden und nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller selbst zu einer Vorleistung nicht in der Lage sei.
Gegen den ihm am 18. April 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18. Mai 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Beschwerde des Antragstellers, mit der die Leistungen ab 11. April 2017 begehrt werden.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und in der Sache begründet. Zu Unrecht hat das SG abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu verpflichten. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte an den Erfolgsaussichten nur orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so hat es anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Nach diesen Maßstäben durfte das SG eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistung nicht ablehnen.
Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege kann sich nämlich aus § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V ergeben. Bei der (verordneten) Herrichtung und Verabreichung von Medikamenten liegt eine Erscheinungsform der (einfachen) Behandlungspflege vor. Leistungen der häuslichen Krankenpflege sind nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB V an Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie oder an sonstigen "geeigneten Orten" zu erbringen. Der Antragsteller lebt in einer Wohnung, die ihm von der W GmbH des A K vermietet worden ist. Der A erbringt in dieser Wohnung (auch) Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), die dem Antragsteller durch den Landkreis Dahme-Spreewald im Umfang von ca. sechs Fachleistungsstunden in der Woche bewilligt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind betreute Wohnformen nur dann "geeignete Orte" im Sinne des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V für die Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung, wenn der Versicherte während seines Aufenthalts dort nicht bereits einen Anspruch auf Erbringung von Krankenpflegeleistungen gegen die Einrichtung hat (BSG, Urt. v. 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R - Rdnr. 13, -B 3 KR 10/14 R- Rdnr. 12 und v. 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – Rdnr. 17). Auch zählt das BSG zu den "betreuten Wohnformen" in § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V ausdrücklich nicht nur stationäre Einrichtungen, sondern auch andere Formen der Versorgung, in denen nur ambulante Leistungen erbracht werden (vgl. nur BSG v. 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R - Rdnr. 19). Nach der Rechtsprechung des BSG soll gerade nicht entscheidend sein, ob die tatsächlich gegebene Unterbringung und Betreuung weitgehende Ähnlichkeit mit stationären Versorgungsformen hat, sondern welchen Inhalt die bereits anderweitig gewährten Betreuungsleistungen haben.
Entscheidend ist deswegen allein, ob die Blutzuckermessung und die Medikamentengaben nach Art und Umfang bereits zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehört, die dem Antragsteller von dem Landkreis Dahme-Spreewald gewährt worden sind. Das BSG hält die Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur insoweit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zur Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege verpflichtet, als sie dazu aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung auch in der Lage sind (BSG v. 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – Rdnr. 22). Deswegen ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Einrichtung nach ihrem Aufgabenprofil, ihrer Ausrichtung auf eine bestimmte Bewohnerklientel und insbesondere aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung die fragliche Leistung selbst erbringen kann. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) wird nämlich nur dann nicht verletzt, wenn Leistungen der Eingliederungshilfe durch eine Einrichtung ohnehin vorzuhalten sind, die Gewährung der Eingliederungshilfe deutlich im Vordergrund steht und die Leistungen der Behandlungspflege untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe sind (BSG, a. a. O. Rdnr. 28).
Für einen engen Bezug der Blutzuckermessung und der Medikamentengabe zur Eingliederungshilfe spricht zwar grundsätzlich, dass die in Frage stehenden Leistungen ihrem Inhalt nach einer allgemeinen Betreuungsleistung gleichstehen und keine vertieften medizinischen Kenntnisse verlangen. Es sind hier aber besondere Gründe vorhanden, die einem Rückgriff auf die Eingliederungshilfe entgegenstehen. Der Senat geht mangels anderer Anhaltspunkte davon aus, dass die Blutzuckermessung und die Medikamentengabe in dem verordneten Umfang für den Antragsteller medizinisch notwendig sind. Aus der ärztlichen Verordnung ergibt sich, dass ein Mitarbeiter der Eingliederungshilfe zweimal am Tag bei dem Antragsteller in der Wohnung sein müsste, um Medikamente zu verabreichen und einmal den Blutzucker zu messen. Ferner müsste dieser einmal in der Woche den Wochenbedarf an den Medikamenten herrichten. Dafür reicht der bewilligte Umfang der Eingliederungshilfe indessen nicht aus. Sechs Fachleistungsstunden in der Woche geben nicht genügend Raum für zweimal am Tag stattfindende Besuche, in denen neben der Medikamentengabe noch weitere Leistungen erbracht werden sollen. Die Medikamentengabe -die aufgrund der verschiedenen psychischen und physischen Erkrankungen des Antragstellers, die sich unter anderem in mangelnder Compliance äußern, keine Kleinigkeit ist- gehört lediglich am Rande mit zur Eingliederungshilfe, sie ist nicht ihr zentraler Inhalt. Eine gesonderte Betrachtung des Medikamentenherrichtens erscheint dabei nicht sinnvoll, weil es sich um einen einheitlichen Vorgang handelt.
Die Beschwerde war klarstellend im Übrigen zurückzuweisen: Nach dem Wortlaut des Antrages wird die vorläufige Gewährung der Sachleistungen auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt. Insoweit kommt nur eine (vorläufige) Kostenerstattung bzw. -freistellung in Betracht. Anhaltspunkte für die besondere Dringlichkeit einer solchen Regelung sind jedoch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG. Es ist in der Sache von einem ganz überwiegenden Erfolg des Antragstellers auszugehen.
Mit der zusprechenden Kostenentscheidung hat sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe aus Sicht des Senats erledigt, weil der Antragsteller insoweit nicht mehr bedürftig ist.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht nicht gegeben (§ 177 SGG).
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