Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 208 KR 418/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 335/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Prüfbescheid der Beklagten. Der Sache nach geht es um die Frage, ob der Beigeladene zu 1) (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 als Angestellter der Klägerin gesetzlich krankenversichert als abhängig Beschäftigter gewesen ist.
Der 1971 geborene Beigeladene lebt seit 1995 in Deutschland. Er war bis Februar 2015 israelischer Staatsangehöriger. Vom 1. Juni 2002 bis zum 31. Dezember 2013 war er privat kranken- und pflegeversichert. Die israelische Botschaft beschäftigte ihn vom 1. März 2001 bis zum 31. Dezember 2002 als Assistenten des Verwaltungsleiters. Seit dem 6. Januar 2003 war er bei der Klägerin als Assistent der Geschäftsleitung aufgrund eines Anstellungsvertrages für kaufmännische Angestellte vom 2. März 2003 tätig. Im Vertrag ist ein Nettogehalt in Höhe von 2.000 EUR vereinbart. Zunächst zahlte die Klägerin ein Bruttogehalt in Höhe von 3.600 EUR. Diese Bruttovergütung wurde in der Folge jährlich angepasst, weil die Vergütung oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) liegen sollte. Die Klägerin zahlte für ihn bis Ende 2013 keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung.
In der Zeit vom 16. Februar bis zum 23. März 2006 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 23. März 2006 machte sie hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2005 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen geltend, die (nur) einen anderen Beschäftigten der Klägerin betraf. Anlässlich einer weiteren Betriebsprüfung im Jahr 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Juni 2010 hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 mit, dass die Betriebsprüfung keine Feststellungen bzw. Beanstandungen ergeben habe. Die stichprobenweise Überprüfung der vorgelegten Unterlagen und Aufzeichnungen der beschäftigten Arbeitnehmer habe keine Beanstandungen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflicht im Sinne der Sozialversicherung ergeben.
Am 27. Mai 2014 führte die Beklagte eine weitere Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Nach vorheriger Anhörung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 5. August 2014 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 31.658,40 EUR als Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung für den Beigeladenen nach. Dieser sei im Prüfzeitraum beschäftigt gewesen. Krankenversicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V wegen Überschreitens der allgemeinen Jahresarbeitsentgeltgrenze habe in den Jahren 2010 bis 2013 nicht festgestellt werden können. Der Beigeladene habe die (allgemeine) Jahresarbeitsentgeltgrenze in den Jahren des Prüfzeitraumes nicht überschritten. Die Übergangsvorschrift des § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V, welche aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes eine niedrigere Jahresarbeitsentgeltgrenze für diejenigen Arbeitnehmer vorsehe, die (bereits) am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert gewesen seien, sei nicht einschlägig. Ob diese Voraussetzungen vorlägen, habe der Arbeitgeber nicht nur bei den zum Jahreswechsel 2002/2003 bereits bestandenen Beschäftigungsverhältnissen zu beachten, sondern auch bei künftigen Neueinstellungen. Für Arbeitnehmer, die am Stichtag 31. Dezember 2002 nicht als Arbeitnehmer, sondern beispielsweise als Student, privat krankenversichert gewesen seien oder die erst danach einen privaten Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen hätten, gelte die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V. Beim Beigeladenen habe ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, bei welchem er als Arbeitnehmer am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei gewesen sei, nicht bestanden bzw. nicht festgestellt werden können. Bei dem Beschäftigungsverhältnis zwischen ihm und der israelischen Botschaft im Zeitraum vom 1. März 2001 bis 31. Dezember 2002 habe es sich um eines mit einem exterritorialen Arbeitgeber gehandelt. Zwar bestünde auch bei Beschäftigungsverhältnissen mit solchen Arbeitgebern grundsätzlich Sozialversicherungspflicht, soweit nicht bilaterale Sozialversicherungsabkommen etwas anderes regelten bzw. Sonderregelungen für Mitarbeiter in diplomatischen Vertretungen vorsehen. Zwischen Deutschland und Israel bestehe seit 1973 ein Sozialversicherungsabkommen. Es sei darin aber unter anderem geregelt, dass Mitarbeiter der israelischen Botschaft von den gesetzlichen Regelungen der Sozialversicherung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befreit sein könnten. Somit bestehe für diese kein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Ein solches Beschäftigungsverhältnis sei aber maßgeblich für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 7 SGB V. Bei einem nachgewiesenen Bruttojahresverdienst 2002 in Höhe von 28.845,98 EUR sei zudem die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze 2002 in Höhe von 40.500 EUR nicht überschritten.
Die Klägerin erhob hiergegen am 1. September 2014 Widerspruch. Der Vorgang des Beigeladenen sei bei zwei früheren Betriebsprüfungen explizit erörtert worden. Der jetzigen Nachforderung stünden deshalb Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verwirkung entgegen. Die Steuerberaterin B erinnere sich zudem noch gut an die Erörterungen in den vorangegangenen Betriebsprüfungen 2006 und 2010. Die private Kranken- und Pflegeversicherung des Beigeladenen sei dabei gerade deshalb immer erörtert und untersucht worden, weil nicht die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V angewendet worden sei, sondern die besondere des § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V. Bei der hier streitgegenständlichen Betriebsprüfung im Jahr 2014 habe der Betriebsprüfer der Beklagten F wiederum den Hintergrund für die private Krankenversicherung bzw. die Anwendung des § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V abgefragt. Grundlage ihrer ursprünglichen Annahme der Versicherungsfreiheit seien für sie die Auskünfte des Beigeladenen im Zusammenhang mit den Verhandlungen zu seinem Anstellungsvertrag sowie aus die von ihm im Rahmen der Verhandlungen vorgelegten Nachweise gewesen, insbesondere eine Nettolohnbescheinigung der Botschaft des Staates Israels vom 11. Juni 2002 sowie eine Bescheinigung der privaten Krankenversicherung. Die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, sich andere Informationen als die Auskünfte ihres Beschäftigten einzuholen. Im Gegensatz dazu hätte die Beklagte Sozialversicherungsverläufe einsehen und beitragsfreie Zeiträume erkennen können. Der Beigeladene sei bis zum 31. Dezember 2002 sowohl in Folge des deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommens kranken- und pflegeversicherungsfrei gewesen sei, zugleich aber auch wegen Überschreitens der seinerzeit maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Die Befreiung aufgrund des Sozialversicherungsabkommens beruhe letztlich nur auf einer entsprechenden Rechtswahl. Hätte der Beigeladene für das deutsche Recht optiert, wäre immer noch zu überprüfen gewesen, ob er zum Stichtag die Jahresentgeltgrenze überschritten habe. Dies wäre der Fall gewesen, da er ein Nettogehalt erhalten habe, welches in Anwendung des Abtastverfahrens nach § 14 Abs. 2 SGB IV einen Bruttobetrag oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze ergeben hätte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2015 (abgesandt: 12.Februar 2015) zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. März 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 die Steuerberaterin B als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Es hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beigeladene habe im streitgegenständlichen Prüfzeitraum der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V unterlegen, da er bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen sei und keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestanden habe. Die abgesenkte Grenze des § 6 Abs. 7 SGB V sei nicht anzuwenden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei der Beigeladene bei der israelischen Botschaft nicht nach dem deutschen Sozialrecht beschäftigt gewesen. Eine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V habe nicht zusätzlich bestehen können, denn die deutschen Vorschriften zur Krankenversicherung hätten für den Beigeladenen gerade nicht gegolten. § 14 SGB IV sei ebenfalls nicht anwendbar gewesen. Von dem Arbeitsentgelt seien Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Die Berechnung der Höhe sei nicht zu beanstanden und von der Klägerin auch nicht angegriffen worden, § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V und § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass in den vorangegangenen Betriebsprüfungen hinsichtlich des Beigeladenen keine Beanstandungen zu verzeichnen gewesen seien. Dabei könne unterstellt werden, dass die Zeugin B den Fall jeweils mit den Betriebsprüfern erörtert habe und die von der Klägerin angeführten Unterlagen überreicht worden seien. Betriebsprüfungen sollten nämlich nur Beitragsausfälle verhindern helfen, und die Versicherungsträger davor bewahren, dass als Folge der Entgegennahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige oder versicherungsberechtigte Personen Leistungsansprüche entstehen könnten. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Diese bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm etwa Entlastung zu erteilen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 30. November 1978 – 12 RK 6/76; Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R). Dem Arbeitgeber stünden Möglichkeiten offen, Rechtsklarheit zu erlangen. So könne er gemäß § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Mitarbeiters durch Verwaltungsakt herbeiführen oder den Weg des Anfrageverfahrens nach § 7 a SGB IV beschreiten (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R). Eine materielle Bindungswirkung könne sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht und Beitragshöhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderte Verwaltungsakte festgestellt würden (Bezugnahme auf BSG, a.a.O.). Eine solche Feststellung sei hinsichtlich des Beigeladenen nicht erfolgt. Das Billigen durch die Betriebsprüfer bedeute auch nicht etwa einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt der Feststellung der Versicherungsfreiheit. In einer solchen mündlichen Einschätzung könne keine konkrete Regelung für den Einzelfall gesehen werden. Erst recht werde keine Erklärung über den Prüfzeitraum hinaus getroffen. Für eine solche bestünde auch keine Ermächtigungsgrundlage. Eine (ausdrückliche) Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten "im Rahmen der Prüfung" bestehe nur in § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, nämlich soweit Versicherungspflicht und/oder Beitragspflicht sowie Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume festgestellt werden sollen (Bezugnahme auf BSG, a.a.O.). Selbst wenn eine Feststellung hinsichtlich des Beigeladenen insoweit getroffen worden wäre, hätte sich diese allein auf den Prüfzeitraum bezogen. Ein Vertrauen auf das Fortbestehen der Rechtsauffassung könne sich daraus nicht ergeben (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 10. September 1975 – 3/12 RK 15/94). Der Nachforderung von Beiträgen stehe auch nicht das sogenannte Äquivalenzprinzip entgegen. Das Äquivalenzprinzip sei bereits nicht gestört. Der Beigeladene sei nämlich im Prüfzeitraum gesetzlich krankenversichert gewesen und hätte, da er jederzeit Kenntnis von der Versicherungspflicht hätte erlangen können, sich für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entscheiden können, etwa bei Problemen im Vertragsverhältnis mit der privaten Versicherung (Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. März 2012 – L 11 KR 1452/10). Der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, die Beitragspflicht entfallen zu lassen, wenn eine anderweitige Versicherung im Krankenfall bestehe. Dies liefe auch auf ein Aushöhlen der Versicherungspflicht hinaus.
Gegen dieses ihr am 10. Juni 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 8. Juli 2016. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, das SG habe das in § 3 Nr. 1 SGB IV verankerte Territorialprinzip verkannt. Dieses stehe zwar gemäß § 6 SGB IV unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen. Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechtes überlagerten es zwar, die Vorschriften des deutschen Sozialversicherungsrechts blieben jedoch als lex specialis einschlägig. Die Tätigkeit bei der israelischen Botschaft sei eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV gewesen. Deshalb sei auch die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 SGB V anwendbar gewesen. Der Beigeladene sei sowohl als Mitarbeiter der israelischen Botschaft infolge des Sozialversicherungsabkommens kranken- und pflegeversicherungsfrei gewesen, zugleich aber auch wegen Überschreitens der seinerzeit maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Entgegen der Auffassung des SG habe zudem für die Klägerin kein Anlass bestanden, eine behördliche Entscheidung nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zu erwirken. Anlass für eine Entscheidung der Einzugsstelle habe nicht bestanden, da bei den Betriebsprüfungen in den Jahren 2006 und 2010 jeweils explizit mit den Betriebsprüfern der Fall des Beigeladenen erörtert worden sei. Die Klägerin als Verpflichtete habe infolge des Verhaltens der Beklagten darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte das Recht nicht mehr geltend machen werde. Die Beklagte habe die Ausübung ihres vermeintlichen Nachforderungsrechtes während eines längeren Zeitraums unterlassen, nämlich für die geprüften Zeiträume der Betriebsprüfungen in den Jahren 2006 und 2010. Damit lägen besondere Umstände vor. Verwirkung sei eingetreten. Sie habe dem Beigeladenen die Beitragszuschüsse im Sinne von § 257 SGB V gezahlt und werde nun infolge der Nachforderung doppelt belastet.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2016 sowie den Bescheid vom 5. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 im Rahmen der Tätigkeit als Arbeitnehmer für die Klägerin sozialversicherungsfrei hinsichtlich der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Selbst unterstellt, es käme auf das vom Beigeladenen erzielte Jahresbruttoentgelt für das Jahr 2002 an, hätte dies die maßgebliche Grenze von 40.500 EUR bei einem aktenkundigen Bruttoentgelt von 28.845,98 EUR nicht erreicht. Sie hat ergänzend zur etwaigen Verwirkung auf das Urteil des BSG vom 18. November 2015 (B 12 R 7/14) verwiesen sowie zum "Bestandsschutz" gegenüber einer neuerlichen Beitragsforderung auf das Urteil des BSG vom 30. Oktober 2013 (B 12 AL 2/11 R). Ergänzend führt sie aus, das Äquivalenzprinzip beziehe sich in erster Linie auf das sozialrechtliche Versicherungsverhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Versichertem und sei nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherungsträger übertragbar.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 5. August 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit ist gleichzeitig kein Raum für die begehrte Feststellung.
Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Jahr 2003 45.900 EUR. Sie ändert sich nach § 6 Abs. 6 Satz 2 SGB V zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nach Satz 3 nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt gemäß Satz 4 die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest. Abweichend von § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V beträgt gemäß § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41.400 EUR. Die Fortschreibung der Beträge nach § 6 Abs. 6 Satz 2 bis 4 SGB V gilt entsprechend.
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, ist der Beigeladene nicht deshalb im Jahr 2003 und später trotz abhängiger Beschäftigung mit einem Einkommen innerhalb der abgesenkten Jahresentgeltgrenze aufgrund der Übergangsvorschrift nicht gesetzlich krankenversichert, weil dieser nicht allein aufgrund der außergewöhnlichen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze zum Stichtag 1. Januar 2003 wieder gesetzlich krankenversichert hätte sein müssen, sondern weil er außerhalb des Systems der deutschen Sozialversicherung beschäftigt gewesen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
Dass das deutsche Sozialrecht insoweit nicht anwendbar war, ergibt sich aus Artikel 9 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit vom 17. Dezember 1973 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 7. Januar 1986 (Sozialversicherungsabkommen, SVA), wonach die Rechtsvorschriften desjenigen Vertragsstaates gelten, dessen Staatsangehöriger von diesem im Gebiet des anderen Vertragsstaates beschäftigt wird. Dass diese Vorschrift nicht zwingend anzuwenden war, weil der Beigeladene vielmehr binnen drei Monaten nach Aufnahme der Beschäftigung bei der Botschaft nach Art. 6 Abs. 2 SVA für das deutsche Recht hätte optieren können, da er sich zuvor bereits länger als drei Monate in Deutschland aufgehalten hatte, ist unbeachtlich. Der Beigeladene hat keinen entsprechenden Antrag gestellt. Das SVA verdrängt als spezielleres Regelungswerk das Sozialgesetzbuch, § 6 SGB IV. Unmaßgeblich ist also, ob die Tätigkeit des Beigeladenen für die Botschaft eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV und von welchem Einkommen im Sinne des § 14 SGB IV auszugehen gewesen wäre.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) bestand damit auch Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Das Jahresarbeitsentgelt des Beigeladenen überstieg in den Jahren 2010 bis 2013 die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 6 SGB V nicht.
Gegen eine Verletzung des Äquivalenzprinzips spricht bereits, dass mit der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Status begründet wird. Unter anderem hängt es von den Zeiten der Zugehörigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung ab, ob bei Bezug einer Rente Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR; § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) besteht, die gegenüber freiwilliger Versicherung oder einer solchen aufgrund der Auffangpflichtversicherung in beitragsrechtlicher Hinsicht mit Vorteilen verbunden ist.
Das Äquivalenzprinzip ist zudem im Beitragsrecht der deutschen Krankenversicherung nur schwach ausgeprägt, während das Solidaritätsprinzip – der Grundsatz des sozialen Ausgleichs – erhebliche Bedeutung hat (BSG, Urteil vom 23. März 1993 – 12 RK 6/92 – juris Rdnr. 17). Die Anknüpfung der Versicherungspflicht an den Beschäftigungs- oder Tätigungsort ist ein Strukturmerkmal der deutschen Sozialversicherung im Unterschied etwa zu einer sogenannten Volksversicherung. Die dazu im Einzelnen getroffenen gesetzlichen Abgrenzungen, unter anderem die §§ 3 ff. SGB IV, zeigen, dass Sonderfälle vorliegen können. Es liegt in der Natur typisierender Regelungen, dass im Einzelfall Härten auftreten können. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Gesetzgebers, jede auch nur entfernt denkbare Variante von Lebenssachverhalten vorab zu erfassen und ausgewogen zu gestalten. Der Ausnahmefall, dass trotz eines in Deutschland liegenden Tätigkeitsortes eine dauernde Integration in ein ausländisches Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem vorliegt, habe der Gesetzgeber nicht gesondert geregelt. (so BSG, Urteil vom 7. August 2000 – B 10 KR 2/99 R –, juris-Rdnr. 23 zu einem in den USA Lebenden, der in Deutschland als landwirtschaftlicher Unternehmer krankenversicherungspflichtig ist, obgleich seine Leistungsansprüche aufgrund des Auslandswohnsitzes ruhen;). Im vorliegenden Fall handelt es sich ebenfalls um den ausgesprochenen Ausnahmefall der Tätigkeit bei einem exterritorialen Arbeitgeber. Selbst wenn hier also der Beitragspflicht keine Leistungsansprüche gegenüberstünden und sich der Beigeladene selbst auf fehlende Äquivalenz beriefe, wäre dieses Prinzip nicht verletzt. Der Senat teilt darüber hinaus aber auch die Auffassung des SG, dass von einer Störung des Äquivalenzprinzips bereits deshalb nicht ausgegangen werden kann, weil -anders als in den von der Klägerin angeführten Situationen, welche den von ihr benannten Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zugrunde liegen- der Beigeladene gerade gesetzlich krankenversichert war und ihm alle Leistungen zustanden. Die Situation ist also anders zu der, dass einerseits Beitragspflicht entsteht, jedoch andererseits (generell) Leistungen von Gesetz wegen verwehrt werden. (vgl. Leitsatz 1 des Beschlusses des BVerfG vom 11. Januar 1995 – 1 BvR 892/88 –: "Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz [Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz] unvereinbar, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt [Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw.] zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, ohne dass es bei der Berechnung von kurzfristigen Lohnersatzleistungen [beispielsweise Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld] berücksichtigt wird"). Ähnlich knüpft der Begriff der Beitragsäquivalenz auf den Gleichklang Beitragsleistung und Versicherungsleistung an (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23. März 1994 – 1 BVL 8/85 -juris-Rdnr. 55).
Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz oder Verwirkung berufen: Soweit die Klägerin aus einem Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zitiert (vom 27. April 2016 – L 1 R 300/15 B ER) blendet sie aus, dass dort die vom Sozialgericht angeführte Rechtsprechung des BSG zum Vertrauensschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen referiert wird, wonach ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstehen kann, die ausdrückliche Überprüfung eines bestimmten Sachverhaltes (zum Beispiel die Tätigkeit eines bestimmten Versicherten) münde nach der vom SG zutreffend zitierten BSG-Rechtsprechung in einen entsprechenden Verwaltungsakt. Mangels Vertrauensschutz kann eine Verwirkung nicht eingetreten sein. Die früheren "beanstandungsfrei" verlaufenen Betriebsprüfungen entfalten keine Bindungswirkung und vermitteln noch nicht einmal "Bestandsschutz" gegenüber einer neuerlichen Beitragsforderung, die der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide entgegenstehen könnte (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R –, Rdnr. 21 mit Bezugnahme auf Urteil v. 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R –, BSGE 115, 1-11).
Die Klägerin konnte also nicht auf das Ergebnis der bisherigen Betriebsprüfungen vertrauen. Sie hätte unabhängig von dem Prüfverfahren durch die Beklagte durch einen Antrag bei der Krankenkasse (als Einzugsstelle) die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse verbindlich klären können. Dass ihre Steuerberaterin dies unterlassen hat, muss sie sich zurechnen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat ein Steuerberater im Rahmen seines Auftrages zur Führung der Lohnbuchhaltung seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Er muss seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren, deshalb den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge unterbreiten. Gegen diese vertragliche Schadensverhütungspflicht kann er auch verstoßen, wenn er die Lohnabrechnung und Lohnkontenführung übernommen hat und auf der von ihm erarbeiteten Grundlage Beiträge zur Sozialversicherung irrtümlich nicht abgeführt werden. Nach § 33 Satz 2 Steuerberatergesetz kann zum geschuldeten Gegenstand der steuerlichen Beratung auch die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten gemacht werden, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen. (BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 – IX ZR 246/2 – juris Rdnr. 11 und 12.).
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Prüfbescheid der Beklagten. Der Sache nach geht es um die Frage, ob der Beigeladene zu 1) (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 als Angestellter der Klägerin gesetzlich krankenversichert als abhängig Beschäftigter gewesen ist.
Der 1971 geborene Beigeladene lebt seit 1995 in Deutschland. Er war bis Februar 2015 israelischer Staatsangehöriger. Vom 1. Juni 2002 bis zum 31. Dezember 2013 war er privat kranken- und pflegeversichert. Die israelische Botschaft beschäftigte ihn vom 1. März 2001 bis zum 31. Dezember 2002 als Assistenten des Verwaltungsleiters. Seit dem 6. Januar 2003 war er bei der Klägerin als Assistent der Geschäftsleitung aufgrund eines Anstellungsvertrages für kaufmännische Angestellte vom 2. März 2003 tätig. Im Vertrag ist ein Nettogehalt in Höhe von 2.000 EUR vereinbart. Zunächst zahlte die Klägerin ein Bruttogehalt in Höhe von 3.600 EUR. Diese Bruttovergütung wurde in der Folge jährlich angepasst, weil die Vergütung oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) liegen sollte. Die Klägerin zahlte für ihn bis Ende 2013 keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung.
In der Zeit vom 16. Februar bis zum 23. März 2006 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 23. März 2006 machte sie hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2005 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen geltend, die (nur) einen anderen Beschäftigten der Klägerin betraf. Anlässlich einer weiteren Betriebsprüfung im Jahr 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Juni 2010 hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 mit, dass die Betriebsprüfung keine Feststellungen bzw. Beanstandungen ergeben habe. Die stichprobenweise Überprüfung der vorgelegten Unterlagen und Aufzeichnungen der beschäftigten Arbeitnehmer habe keine Beanstandungen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflicht im Sinne der Sozialversicherung ergeben.
Am 27. Mai 2014 führte die Beklagte eine weitere Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Nach vorheriger Anhörung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 5. August 2014 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 31.658,40 EUR als Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung für den Beigeladenen nach. Dieser sei im Prüfzeitraum beschäftigt gewesen. Krankenversicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V wegen Überschreitens der allgemeinen Jahresarbeitsentgeltgrenze habe in den Jahren 2010 bis 2013 nicht festgestellt werden können. Der Beigeladene habe die (allgemeine) Jahresarbeitsentgeltgrenze in den Jahren des Prüfzeitraumes nicht überschritten. Die Übergangsvorschrift des § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V, welche aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes eine niedrigere Jahresarbeitsentgeltgrenze für diejenigen Arbeitnehmer vorsehe, die (bereits) am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert gewesen seien, sei nicht einschlägig. Ob diese Voraussetzungen vorlägen, habe der Arbeitgeber nicht nur bei den zum Jahreswechsel 2002/2003 bereits bestandenen Beschäftigungsverhältnissen zu beachten, sondern auch bei künftigen Neueinstellungen. Für Arbeitnehmer, die am Stichtag 31. Dezember 2002 nicht als Arbeitnehmer, sondern beispielsweise als Student, privat krankenversichert gewesen seien oder die erst danach einen privaten Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen hätten, gelte die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V. Beim Beigeladenen habe ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, bei welchem er als Arbeitnehmer am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei gewesen sei, nicht bestanden bzw. nicht festgestellt werden können. Bei dem Beschäftigungsverhältnis zwischen ihm und der israelischen Botschaft im Zeitraum vom 1. März 2001 bis 31. Dezember 2002 habe es sich um eines mit einem exterritorialen Arbeitgeber gehandelt. Zwar bestünde auch bei Beschäftigungsverhältnissen mit solchen Arbeitgebern grundsätzlich Sozialversicherungspflicht, soweit nicht bilaterale Sozialversicherungsabkommen etwas anderes regelten bzw. Sonderregelungen für Mitarbeiter in diplomatischen Vertretungen vorsehen. Zwischen Deutschland und Israel bestehe seit 1973 ein Sozialversicherungsabkommen. Es sei darin aber unter anderem geregelt, dass Mitarbeiter der israelischen Botschaft von den gesetzlichen Regelungen der Sozialversicherung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befreit sein könnten. Somit bestehe für diese kein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Ein solches Beschäftigungsverhältnis sei aber maßgeblich für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 7 SGB V. Bei einem nachgewiesenen Bruttojahresverdienst 2002 in Höhe von 28.845,98 EUR sei zudem die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze 2002 in Höhe von 40.500 EUR nicht überschritten.
Die Klägerin erhob hiergegen am 1. September 2014 Widerspruch. Der Vorgang des Beigeladenen sei bei zwei früheren Betriebsprüfungen explizit erörtert worden. Der jetzigen Nachforderung stünden deshalb Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verwirkung entgegen. Die Steuerberaterin B erinnere sich zudem noch gut an die Erörterungen in den vorangegangenen Betriebsprüfungen 2006 und 2010. Die private Kranken- und Pflegeversicherung des Beigeladenen sei dabei gerade deshalb immer erörtert und untersucht worden, weil nicht die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V angewendet worden sei, sondern die besondere des § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V. Bei der hier streitgegenständlichen Betriebsprüfung im Jahr 2014 habe der Betriebsprüfer der Beklagten F wiederum den Hintergrund für die private Krankenversicherung bzw. die Anwendung des § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V abgefragt. Grundlage ihrer ursprünglichen Annahme der Versicherungsfreiheit seien für sie die Auskünfte des Beigeladenen im Zusammenhang mit den Verhandlungen zu seinem Anstellungsvertrag sowie aus die von ihm im Rahmen der Verhandlungen vorgelegten Nachweise gewesen, insbesondere eine Nettolohnbescheinigung der Botschaft des Staates Israels vom 11. Juni 2002 sowie eine Bescheinigung der privaten Krankenversicherung. Die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, sich andere Informationen als die Auskünfte ihres Beschäftigten einzuholen. Im Gegensatz dazu hätte die Beklagte Sozialversicherungsverläufe einsehen und beitragsfreie Zeiträume erkennen können. Der Beigeladene sei bis zum 31. Dezember 2002 sowohl in Folge des deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommens kranken- und pflegeversicherungsfrei gewesen sei, zugleich aber auch wegen Überschreitens der seinerzeit maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Die Befreiung aufgrund des Sozialversicherungsabkommens beruhe letztlich nur auf einer entsprechenden Rechtswahl. Hätte der Beigeladene für das deutsche Recht optiert, wäre immer noch zu überprüfen gewesen, ob er zum Stichtag die Jahresentgeltgrenze überschritten habe. Dies wäre der Fall gewesen, da er ein Nettogehalt erhalten habe, welches in Anwendung des Abtastverfahrens nach § 14 Abs. 2 SGB IV einen Bruttobetrag oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze ergeben hätte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2015 (abgesandt: 12.Februar 2015) zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. März 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 die Steuerberaterin B als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Es hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beigeladene habe im streitgegenständlichen Prüfzeitraum der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V unterlegen, da er bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen sei und keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestanden habe. Die abgesenkte Grenze des § 6 Abs. 7 SGB V sei nicht anzuwenden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei der Beigeladene bei der israelischen Botschaft nicht nach dem deutschen Sozialrecht beschäftigt gewesen. Eine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V habe nicht zusätzlich bestehen können, denn die deutschen Vorschriften zur Krankenversicherung hätten für den Beigeladenen gerade nicht gegolten. § 14 SGB IV sei ebenfalls nicht anwendbar gewesen. Von dem Arbeitsentgelt seien Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Die Berechnung der Höhe sei nicht zu beanstanden und von der Klägerin auch nicht angegriffen worden, § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V und § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass in den vorangegangenen Betriebsprüfungen hinsichtlich des Beigeladenen keine Beanstandungen zu verzeichnen gewesen seien. Dabei könne unterstellt werden, dass die Zeugin B den Fall jeweils mit den Betriebsprüfern erörtert habe und die von der Klägerin angeführten Unterlagen überreicht worden seien. Betriebsprüfungen sollten nämlich nur Beitragsausfälle verhindern helfen, und die Versicherungsträger davor bewahren, dass als Folge der Entgegennahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige oder versicherungsberechtigte Personen Leistungsansprüche entstehen könnten. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Diese bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm etwa Entlastung zu erteilen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 30. November 1978 – 12 RK 6/76; Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R). Dem Arbeitgeber stünden Möglichkeiten offen, Rechtsklarheit zu erlangen. So könne er gemäß § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Mitarbeiters durch Verwaltungsakt herbeiführen oder den Weg des Anfrageverfahrens nach § 7 a SGB IV beschreiten (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R). Eine materielle Bindungswirkung könne sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht und Beitragshöhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderte Verwaltungsakte festgestellt würden (Bezugnahme auf BSG, a.a.O.). Eine solche Feststellung sei hinsichtlich des Beigeladenen nicht erfolgt. Das Billigen durch die Betriebsprüfer bedeute auch nicht etwa einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt der Feststellung der Versicherungsfreiheit. In einer solchen mündlichen Einschätzung könne keine konkrete Regelung für den Einzelfall gesehen werden. Erst recht werde keine Erklärung über den Prüfzeitraum hinaus getroffen. Für eine solche bestünde auch keine Ermächtigungsgrundlage. Eine (ausdrückliche) Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten "im Rahmen der Prüfung" bestehe nur in § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, nämlich soweit Versicherungspflicht und/oder Beitragspflicht sowie Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume festgestellt werden sollen (Bezugnahme auf BSG, a.a.O.). Selbst wenn eine Feststellung hinsichtlich des Beigeladenen insoweit getroffen worden wäre, hätte sich diese allein auf den Prüfzeitraum bezogen. Ein Vertrauen auf das Fortbestehen der Rechtsauffassung könne sich daraus nicht ergeben (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 10. September 1975 – 3/12 RK 15/94). Der Nachforderung von Beiträgen stehe auch nicht das sogenannte Äquivalenzprinzip entgegen. Das Äquivalenzprinzip sei bereits nicht gestört. Der Beigeladene sei nämlich im Prüfzeitraum gesetzlich krankenversichert gewesen und hätte, da er jederzeit Kenntnis von der Versicherungspflicht hätte erlangen können, sich für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entscheiden können, etwa bei Problemen im Vertragsverhältnis mit der privaten Versicherung (Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. März 2012 – L 11 KR 1452/10). Der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, die Beitragspflicht entfallen zu lassen, wenn eine anderweitige Versicherung im Krankenfall bestehe. Dies liefe auch auf ein Aushöhlen der Versicherungspflicht hinaus.
Gegen dieses ihr am 10. Juni 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 8. Juli 2016. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, das SG habe das in § 3 Nr. 1 SGB IV verankerte Territorialprinzip verkannt. Dieses stehe zwar gemäß § 6 SGB IV unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen. Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechtes überlagerten es zwar, die Vorschriften des deutschen Sozialversicherungsrechts blieben jedoch als lex specialis einschlägig. Die Tätigkeit bei der israelischen Botschaft sei eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV gewesen. Deshalb sei auch die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 SGB V anwendbar gewesen. Der Beigeladene sei sowohl als Mitarbeiter der israelischen Botschaft infolge des Sozialversicherungsabkommens kranken- und pflegeversicherungsfrei gewesen, zugleich aber auch wegen Überschreitens der seinerzeit maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Entgegen der Auffassung des SG habe zudem für die Klägerin kein Anlass bestanden, eine behördliche Entscheidung nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zu erwirken. Anlass für eine Entscheidung der Einzugsstelle habe nicht bestanden, da bei den Betriebsprüfungen in den Jahren 2006 und 2010 jeweils explizit mit den Betriebsprüfern der Fall des Beigeladenen erörtert worden sei. Die Klägerin als Verpflichtete habe infolge des Verhaltens der Beklagten darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte das Recht nicht mehr geltend machen werde. Die Beklagte habe die Ausübung ihres vermeintlichen Nachforderungsrechtes während eines längeren Zeitraums unterlassen, nämlich für die geprüften Zeiträume der Betriebsprüfungen in den Jahren 2006 und 2010. Damit lägen besondere Umstände vor. Verwirkung sei eingetreten. Sie habe dem Beigeladenen die Beitragszuschüsse im Sinne von § 257 SGB V gezahlt und werde nun infolge der Nachforderung doppelt belastet.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2016 sowie den Bescheid vom 5. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 im Rahmen der Tätigkeit als Arbeitnehmer für die Klägerin sozialversicherungsfrei hinsichtlich der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Selbst unterstellt, es käme auf das vom Beigeladenen erzielte Jahresbruttoentgelt für das Jahr 2002 an, hätte dies die maßgebliche Grenze von 40.500 EUR bei einem aktenkundigen Bruttoentgelt von 28.845,98 EUR nicht erreicht. Sie hat ergänzend zur etwaigen Verwirkung auf das Urteil des BSG vom 18. November 2015 (B 12 R 7/14) verwiesen sowie zum "Bestandsschutz" gegenüber einer neuerlichen Beitragsforderung auf das Urteil des BSG vom 30. Oktober 2013 (B 12 AL 2/11 R). Ergänzend führt sie aus, das Äquivalenzprinzip beziehe sich in erster Linie auf das sozialrechtliche Versicherungsverhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Versichertem und sei nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherungsträger übertragbar.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 5. August 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit ist gleichzeitig kein Raum für die begehrte Feststellung.
Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Jahr 2003 45.900 EUR. Sie ändert sich nach § 6 Abs. 6 Satz 2 SGB V zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nach Satz 3 nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt gemäß Satz 4 die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest. Abweichend von § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V beträgt gemäß § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41.400 EUR. Die Fortschreibung der Beträge nach § 6 Abs. 6 Satz 2 bis 4 SGB V gilt entsprechend.
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, ist der Beigeladene nicht deshalb im Jahr 2003 und später trotz abhängiger Beschäftigung mit einem Einkommen innerhalb der abgesenkten Jahresentgeltgrenze aufgrund der Übergangsvorschrift nicht gesetzlich krankenversichert, weil dieser nicht allein aufgrund der außergewöhnlichen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze zum Stichtag 1. Januar 2003 wieder gesetzlich krankenversichert hätte sein müssen, sondern weil er außerhalb des Systems der deutschen Sozialversicherung beschäftigt gewesen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
Dass das deutsche Sozialrecht insoweit nicht anwendbar war, ergibt sich aus Artikel 9 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit vom 17. Dezember 1973 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 7. Januar 1986 (Sozialversicherungsabkommen, SVA), wonach die Rechtsvorschriften desjenigen Vertragsstaates gelten, dessen Staatsangehöriger von diesem im Gebiet des anderen Vertragsstaates beschäftigt wird. Dass diese Vorschrift nicht zwingend anzuwenden war, weil der Beigeladene vielmehr binnen drei Monaten nach Aufnahme der Beschäftigung bei der Botschaft nach Art. 6 Abs. 2 SVA für das deutsche Recht hätte optieren können, da er sich zuvor bereits länger als drei Monate in Deutschland aufgehalten hatte, ist unbeachtlich. Der Beigeladene hat keinen entsprechenden Antrag gestellt. Das SVA verdrängt als spezielleres Regelungswerk das Sozialgesetzbuch, § 6 SGB IV. Unmaßgeblich ist also, ob die Tätigkeit des Beigeladenen für die Botschaft eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV und von welchem Einkommen im Sinne des § 14 SGB IV auszugehen gewesen wäre.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) bestand damit auch Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Das Jahresarbeitsentgelt des Beigeladenen überstieg in den Jahren 2010 bis 2013 die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 6 SGB V nicht.
Gegen eine Verletzung des Äquivalenzprinzips spricht bereits, dass mit der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Status begründet wird. Unter anderem hängt es von den Zeiten der Zugehörigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung ab, ob bei Bezug einer Rente Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR; § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) besteht, die gegenüber freiwilliger Versicherung oder einer solchen aufgrund der Auffangpflichtversicherung in beitragsrechtlicher Hinsicht mit Vorteilen verbunden ist.
Das Äquivalenzprinzip ist zudem im Beitragsrecht der deutschen Krankenversicherung nur schwach ausgeprägt, während das Solidaritätsprinzip – der Grundsatz des sozialen Ausgleichs – erhebliche Bedeutung hat (BSG, Urteil vom 23. März 1993 – 12 RK 6/92 – juris Rdnr. 17). Die Anknüpfung der Versicherungspflicht an den Beschäftigungs- oder Tätigungsort ist ein Strukturmerkmal der deutschen Sozialversicherung im Unterschied etwa zu einer sogenannten Volksversicherung. Die dazu im Einzelnen getroffenen gesetzlichen Abgrenzungen, unter anderem die §§ 3 ff. SGB IV, zeigen, dass Sonderfälle vorliegen können. Es liegt in der Natur typisierender Regelungen, dass im Einzelfall Härten auftreten können. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Gesetzgebers, jede auch nur entfernt denkbare Variante von Lebenssachverhalten vorab zu erfassen und ausgewogen zu gestalten. Der Ausnahmefall, dass trotz eines in Deutschland liegenden Tätigkeitsortes eine dauernde Integration in ein ausländisches Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem vorliegt, habe der Gesetzgeber nicht gesondert geregelt. (so BSG, Urteil vom 7. August 2000 – B 10 KR 2/99 R –, juris-Rdnr. 23 zu einem in den USA Lebenden, der in Deutschland als landwirtschaftlicher Unternehmer krankenversicherungspflichtig ist, obgleich seine Leistungsansprüche aufgrund des Auslandswohnsitzes ruhen;). Im vorliegenden Fall handelt es sich ebenfalls um den ausgesprochenen Ausnahmefall der Tätigkeit bei einem exterritorialen Arbeitgeber. Selbst wenn hier also der Beitragspflicht keine Leistungsansprüche gegenüberstünden und sich der Beigeladene selbst auf fehlende Äquivalenz beriefe, wäre dieses Prinzip nicht verletzt. Der Senat teilt darüber hinaus aber auch die Auffassung des SG, dass von einer Störung des Äquivalenzprinzips bereits deshalb nicht ausgegangen werden kann, weil -anders als in den von der Klägerin angeführten Situationen, welche den von ihr benannten Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zugrunde liegen- der Beigeladene gerade gesetzlich krankenversichert war und ihm alle Leistungen zustanden. Die Situation ist also anders zu der, dass einerseits Beitragspflicht entsteht, jedoch andererseits (generell) Leistungen von Gesetz wegen verwehrt werden. (vgl. Leitsatz 1 des Beschlusses des BVerfG vom 11. Januar 1995 – 1 BvR 892/88 –: "Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz [Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz] unvereinbar, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt [Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw.] zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, ohne dass es bei der Berechnung von kurzfristigen Lohnersatzleistungen [beispielsweise Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld] berücksichtigt wird"). Ähnlich knüpft der Begriff der Beitragsäquivalenz auf den Gleichklang Beitragsleistung und Versicherungsleistung an (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23. März 1994 – 1 BVL 8/85 -juris-Rdnr. 55).
Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz oder Verwirkung berufen: Soweit die Klägerin aus einem Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zitiert (vom 27. April 2016 – L 1 R 300/15 B ER) blendet sie aus, dass dort die vom Sozialgericht angeführte Rechtsprechung des BSG zum Vertrauensschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen referiert wird, wonach ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstehen kann, die ausdrückliche Überprüfung eines bestimmten Sachverhaltes (zum Beispiel die Tätigkeit eines bestimmten Versicherten) münde nach der vom SG zutreffend zitierten BSG-Rechtsprechung in einen entsprechenden Verwaltungsakt. Mangels Vertrauensschutz kann eine Verwirkung nicht eingetreten sein. Die früheren "beanstandungsfrei" verlaufenen Betriebsprüfungen entfalten keine Bindungswirkung und vermitteln noch nicht einmal "Bestandsschutz" gegenüber einer neuerlichen Beitragsforderung, die der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide entgegenstehen könnte (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R –, Rdnr. 21 mit Bezugnahme auf Urteil v. 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R –, BSGE 115, 1-11).
Die Klägerin konnte also nicht auf das Ergebnis der bisherigen Betriebsprüfungen vertrauen. Sie hätte unabhängig von dem Prüfverfahren durch die Beklagte durch einen Antrag bei der Krankenkasse (als Einzugsstelle) die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse verbindlich klären können. Dass ihre Steuerberaterin dies unterlassen hat, muss sie sich zurechnen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat ein Steuerberater im Rahmen seines Auftrages zur Führung der Lohnbuchhaltung seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Er muss seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren, deshalb den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge unterbreiten. Gegen diese vertragliche Schadensverhütungspflicht kann er auch verstoßen, wenn er die Lohnabrechnung und Lohnkontenführung übernommen hat und auf der von ihm erarbeiteten Grundlage Beiträge zur Sozialversicherung irrtümlich nicht abgeführt werden. Nach § 33 Satz 2 Steuerberatergesetz kann zum geschuldeten Gegenstand der steuerlichen Beratung auch die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten gemacht werden, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen. (BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 – IX ZR 246/2 – juris Rdnr. 11 und 12.).
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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