L 18 AL 129/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 AL 84/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 129/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. Mai 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis 2. November 2014 im Zugunstenverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).

Der 1969 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 1. Januar 2008 bei einer Bank als Kreditspezialist beschäftigt. Am 13. Dezember 2011 schloss er mit seinem Arbeitgeber zur Vermeidung einer betrieblichen Kündigung wegen der Schließung der Abteilung, in welcher der Kläger gearbeitet hatte, einen Aufhebungsvertrag. Danach endete das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 2012, der Kläger wurde ab dem 1. April 2012 unwiderruflich unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Als Abfindung wurde die Zahlung eines Betrages iHv 97.000,- EUR vereinbart.

Am 11. September 2012 meldete sich der Kläger bei der Arbeitsvermittlung der Beklagten an; ausweislich eines Vermerkes der Beklagten über einen telefonischen Kontakt mit dem Kläger am 19. September 2012 habe er erklärt, er wolle zunächst von seinem Dispositionsrecht Gebrauch machen und seinen Leistungsanspruch ggf erst ab dem 1. Januar 2014 geltend machen. Derzeit wolle er weder arbeitsuchend noch arbeitslos gemeldet sein. Handschriftlich wurde auf diesem Vermerk am 24. September 2012 angebracht: "Hinweis auf kein KV/PV Schutz, Alo-Meldung spät. nach 1 Jahr". Die Beklagte meldete den Kläger daraufhin am 19. September 2012 von der Arbeitsvermittlung ab.

Am 7. Januar 2013 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mWv 7. Januar 2013 arbeitslos. Dabei wurde dem Kläger unter anderem ein Antragsvordruck für die Beantragung von Alg und das "Merkblatt1 für Arbeitslose" ausgehändigt. Am 29. Januar 2013 teilte der Kläger der Beklagten anlässlich einer persönlichen Vorsprache mit, dass er den Antragsvordruck nicht abgeben möchte, da der Anspruch auf Alg erst zum 1. Januar 2014 entstehen solle. Ausweislich des an diesem Tag erstellten Verbis-Vermerks sei er auf die Notwendigkeit der erneuten Arbeitslosmeldung hingewiesen worden, was der Kläger bestreitet. Die von ihm am 29. Januar 2013 unterzeichnete "Erklärung zum Anspruchsbeginn" enthält folgenden Text:

Der Kläger reichte schließlich die Antragsunterlagen anlässlich einer weiteren persönlichen Vorsprache mit Arbeitslosmeldung bei der Beklagten am 29. Januar 2014 ein; er war vom 27. Dezember 2013 bis 31. Januar 2014 ohne Leistungsbezug arbeitsunfähig erkrankt. Er korrigierte das Datum des Beginns auf den 29. Januar 2014 und auch das Datum seiner Unterschrift und bestätigte zudem, das "Merkblatt 1 für Arbeitslose" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Durch Bescheid vom 3. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Mit Schreiben vom 3. April 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung seines "Antrags auf Arbeitslosengeld vom 7. Januar 2013 bzw. 29. Januar 2014". Er sei bei den Gesprächen mit der Beklagten nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich noch im Jahr 2013 persönlich melden müsse. Durch Bescheid vom 10. April 2014, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2014, stellte die Beklagte fest, dass der Bescheid vom 3. Februar 2014 nicht zu beanstanden sei, und lehnte dessen Rücknahme ab. Der Kläger habe in dem vor der persönlichen Arbeitslosmeldung am 29. Januar 2014 maßgebenden Zeitraum von zwei Jahren weniger als zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und deshalb die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er führte zur Begründung aus, er sei Ende 2013 bis zum 31. Januar 2014 arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe sich deshalb "nicht wie geplant in dem Zeitraum zwischen Weihnachten und Silvester 2013 persönlich arbeitslos melden" können.

Mit seiner Klage hat der Kläger, der seit 3. November 2014 selbständig tätig ist, vorgetragen, er sei anlässlich seiner persönlichen Vorsprache am 29. Januar 2013 von der Mitarbeiterin der Beklagten nicht darüber informiert worden, bis wann er sich spätestens erneut hätte arbeitslos melden müssen. Bei entsprechender Beratung durch die Beklagte hätte er sich in jedem Fall vor Weihnachten 2013 bei der Beklagten erneut gemeldet. Der Anspruch des Klägers auf Alg sei zudem bereits zum Zeitpunkt seiner ersten Arbeitslosmeldung am 7. Januar 2013 entstanden und dieser habe auch zum Zeitpunkt der erneuten Arbeitslosmeldung am 29. Januar 2014 weiter bestanden und sei noch nicht aufgebraucht gewesen, weshalb es der erneuten Erfüllung der Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist nicht bedurft hätte. Es sei von ihm im Januar 2013 lediglich beabsichtigt gewesen, das Alg später ausgezahlt zu erhalten. Er sei seit seiner persönlichen Arbeitslosmeldung am 7. Januar 2013 verfügbar gewesen. Diese Verfügbarkeit könne auch nicht durch eine spätere Erklärung rückgängig gemacht werden.

Durch Urteil vom 26. Mai 2016 hat das Sozialgericht (SG) Neuruppin den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 aufgehoben und die Beklagte zur Rücknahme des Bescheides vom 3. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2014 und Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis 2. November 2014 verurteilt. Der Kläger sei am 7. Januar 2013 arbeitslos gewesen: er habe sich am 7. Januar 2013 bei der Beklagten persönlich arbeitslos gemeldet und er sei bis zur Unterschriftsleistung am 29. Januar 2013 verfügbar gewesen. Er habe am 7. Januar 2013 auch die Anwartschaftszeit erfüllt. Damit sei das Stammrecht auf Alg an diesem Tag entstanden. Er habe am 29. Januar 2013 anlässlich des Beratungsgespräches bei der Beklagten lediglich den Anspruch auf Zahlung des Alg zurückgenommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten lägen auch nicht die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 SGB III vor, denn wegen der nur unzureichenden Belehrung des Klägers durch die Beklagte über die Folgen seiner Erklärung sei diese unwirksam.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie meint, der Anspruch des Klägers auf Alg sei weder am 7. Januar 2013 noch am 29. Januar 2013 entstanden, da der Kläger nicht arbeitslos gewesen sei. Mit seiner Erklärung vom 29. Januar 2013 habe der Kläger das Vorliegen seiner Verfügbarkeit widerrufen. Er habe sich erst am 10. Februar 2014 persönlich arbeitslos gemeldet. Er sei mehrfach und umfassend darüber belehrt worden, dass eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. Mai 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Es sei nicht zutreffend, dass er am 29. Januar 2013 seine Antragsunterlagen nicht habe abgeben wollen. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe ihn auf einen späteren Abgabetermin verwiesen, nachdem er erklärt gehabt habe, dass sein Alg erst ab dem 1. Januar 2014 ausgezahlt werden solle. Die Beklagte hätte ihm auch raten müssen, das Alg jedenfalls für den Zeitraum 7. Januar 2013 bis 29. Januar 2013 in Anspruch zu nehmen, was er nunmehr im Klageverfahren geltend mache. Die Beklagte habe ihn weder darüber aufgeklärt, dass er sich zum Erhalt seines Anspruchs auf Alg bis zum Jahresende 2013 erneut arbeitslos melden müsse, noch darüber, dass die kurzzeitige Inanspruchnahme des Alg seinen Anspruch gesichert hätte. Durch Unterzeichnung der vorformulierten Erklärung am 29. Januar 2013 habe er nur zum Ausdruck bringen wollen, dass er das Alg erst ab dem 1. Januar 2014 habe ausgezahlt bekommen wollen. Da diese Erklärung unwirksam sei, habe er der Arbeitsvermittlung durch die Beklagte vom 7. Januar 2013 bis 29. Januar 2013 zur Verfügung gestanden, weshalb sein Stammrecht auf Alg entstanden sei. Seine Verfügbarkeit habe erst am 29. Januar 2013 vorläufig geendet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat gemäß § 44 SGB X keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 3. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2014 und Gewährung von Alg im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Februar 2014 bis 2. November 2014. Der Ablehnungsbescheid vom 3. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2014 ist rechtmäßig.

Anspruch auf Alg hat gem. § 137 Abs 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - (SGB III) in der ab dem 1. April 2012 geltenden und hier anwendbaren Fassung, wer (1.) arbeitslos ist, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Für die Zeit ab 1. Februar 2014 hatte der Kläger danach jedoch keinen Anspruch auf Alg. Er hatte sich zwar am 29. Januar 2014 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und er war auch iSv § 137 SGB III arbeitslos (vgl § 138 Abs. 1 SGB III). Er erfüllte am 1. Februar 2014 jedoch nicht die Anwartschaftszeit nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 142 SGB III. Danach erfüllt die Anwartschaftszeit, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg, vorliegend läuft sie vom 31. Januar 2014 bis zum 1. Februar 2012, da der Kläger erst nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit ab dem 1. Februar 2014 wieder verfügbar war. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete bereits am 31. Dezember 2012, so dass der Kläger im Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis 31. Dezember 2012 nicht 360 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis stand (§§ 142, 339 Satz 2 SGB III). Andere Versicherungspflichtverhältnisse im Rahmenzeitraum als das Beschäftigungsverhältnis liegen nicht vor.

Ein Stammrecht auf Alg, aufgrund dessen der Kläger ab dem 1. Februar 2014 Zahlung von Alg verlangen könnte, ist auch nicht früher entstanden. Denn eine frühere Arbeitslosmeldung zu einem Zeitpunkt, zu welchem der Kläger die Anwartschaftszeit erfüllte und auch alle sonstigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg vorlagen, ist nicht ersichtlich.

Anlässlich seiner telefonischen Kontakte im September 2012 hat der Kläger jedenfalls keinen Antrag auf Alg gestellt und sich auch nicht iSv § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III persönlich arbeitslos gemeldet. Hierzu hat er erklärt, er wolle derzeit weder arbeitsuchend noch arbeitslos gemeldet sein und seinen Leistungsanspruch ggf erst ab dem 1. Januar 2014 geltend machen. In Erörterungstermin vor dem SG hat er ausgeführt, er habe zu diesem Zeitpunkt die Absicht gehabt, mit seiner Familie in den Urlaub zu fahren und er habe sich beruflich neu orientieren wollen. Er war also auch nicht verfügbar im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III.

Am 7. Januar 2013 hat sich der Kläger zwar persönlich arbeitslos gemeldet, allerdings am 29. Januar 2013 erklärt, der Anspruch auf Alg "soll am 1. Januar 2014 entstehen". Hierbei handelt es sich nach dem insoweit maßgebenden objektiven Empfängerhorizont um eine Erklärung iSv § 137 Abs. 2 SGB III, die wortgleich dem Gesetzeswortlaut entspricht. Danach kann der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Antrag auf Alg bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll. Mit Anspruch iS des § 137 Abs. 2 SGB III ist das Stammrecht gemeint und nicht (nur) der Zahlungsanspruch (Öndül in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 137 SGB III).

Das bedeutet, dass der Anspruch auf Alg erst mit dem nach § 137 Abs. 2 SGB III frei bestimmten Zeitpunkt entsteht. Der Kläger hat damit bei verständiger Würdigung auch seine Arbeitslosmeldung vom 7. Januar 2013 widerrufen. An dieser Erklärung muss sich der Kläger auch festhalten lassen, obwohl er nunmehr vorträgt, diese nicht gelesen und verstanden zu haben, was jedoch zu seinen Lasten geht. Der Wortlaut der Erklärung, der eindeutig besagt, der Anspruch solle erst am 1. Januar 2014 entstehen, ist einer anderen Auslegung nicht zugänglich. Zudem hat der Kläger durch seine Unterschrift bestätigt, über die leistungsrechtlichen Konsequenzen seiner Erklärung umfassend beraten und informiert worden zu sein. Es erscheint auch nicht glaubhaft, dass dies anders gewesen sein sollte, denn er hat im Verwaltungsverfahren zunächst ausgeführt, es sei ihm im Dezember 2013 aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen, sich persönlich arbeitslos zu melden. Diese Erklärung impliziert jedoch, dass der Kläger wusste, dass eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung im Dezember 2013 notwendig war, um sein Stammrecht auf Alg am 1. Januar 2014 entstehen zu lassen. Zumindest hätte es dem Kläger oblegen, im Hinblick auf seine Erklärung, wonach der Anspruch erst am 1. Januar 2014 entstehen solle, ggf nachzufragen, bis wann konkret die Arbeitslosmeldung erfolgen müsse. Die Beklagte hatte am 29. Januar 2013 auch noch nicht über den Anspruch des Klägers auf Alg entschieden, weshalb der Widerruf rückwirkend zum 7. Januar 2013 noch möglich war (§ 137 Abs. 2 SGB III). Er hatte damit auch keinen Anspruch auf Alg im Zeitraum vom 7. Januar 2013 bis zum 29. Januar 2013.

Soweit der Kläger vorträgt, er sei von der Beklagten hinsichtlich der rechtlichen Folgen seiner Erklärung vom 29. Januar 2013 nur unzureichend beraten worden und insbesondere auch nicht auf das Erfordernis einer erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung hingewiesen worden, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Einschätzung. Denn eine rechtzeitige persönliche Arbeitslosmeldung ist auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzbar, so dass es insoweit auch nicht einer Vernehmung der die Beratung seinerzeit durchführenden Mitarbeiterin der Beklagten bedurft hat.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 4 AS 77/08 B –; Urteile vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 64/93 – und 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R –, alle juris) zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I)), verletzt hat. Dabei ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können; (vgl BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 28/08 R – juris). Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck also nicht widersprechen.

Für die persönliche Arbeitslosmeldung kann nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 19. März 1986 – 7 RAr 48/84 – und – 7 RAr 17/84 –; Beschluss vom 7. Mai 2009 – B 11 AL 72/08 B –) als geklärt angesehen werden, dass diese als tatsächliche Handlung gerade nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt oder vorverlegt werden kann, weil der Herstellungsanspruch den Versicherungsträger nur zu solchem Tun oder Unterlassen verpflichten kann, das rechtlich zulässig ist. Nach dieser Ansicht muss dieses Handeln zumindest in seiner wesentlichen Struktur im Gesetz vorgesehen sein, woran es aber für den Fall der persönlichen Arbeitslosmeldung fehlt. Im Kern liegt dem die Annahme zugrunde, die Arbeitslosmeldung unterliege als Tatsachenerklärung nicht den Gestaltungsmöglichkeiten einer Willenserklärung, weil sie keine Willenserklärung ist. Die gesetzlich geregelten tatsächlichen Anforderungen an die Arbeitslosigkeit – die fehlende persönliche Arbeitslosmeldung – können damit also in gesetzeskonformer Weise nicht fingiert werden. Ausgehend hiervon steht dem Kläger der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht zur Seite, um eine Arbeitslosmeldung im Jahr 2013 zu fingieren (zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger die Rahmenfrist noch erfüllt). Der Senat sieht hier im Übrigen auch keinen Beratungsfehler der Beklagten in Bezug auf den Zeitpunkt der Antragstellung. Denn es war der erklärte Wunsch des Klägers, aus privaten Gründen erst ab 1. Januar 2014 Alg zu beziehen. Insoweit wäre bei einer rechtzeitigen Arbeitslosmeldung auch die Anwartschaftszeit noch erfüllt gewesen. Es drängte sich daher auch aus objektiver Sicht keine offensichtlich auf der Hand liegende andere Gestaltungsmöglichkeit auf, über die die Beklagte den Kläger hätte beraten müssen. Der spätere Eintritt von Arbeitsunfähigkeit ab 27. Dezember 2013 war zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Beratung am 29. Januar 2013 indes nicht absehbar und kann rückwirkend keinen Beratungsfehler begründen. Der Kläger ist zudem bereits aufgrund seiner früheren beruflichen Tätigkeit über die Tragweite rechtserheblicher Erklärungen durchaus im Bilde; dass er, wie er im Verhandlungstermin vor dem Senat schilderte, letztlich zu der Erklärung vom 29. Januar 2013 gedrängt worden sei, ohne deren Bedeutung zu erfassen, hält das Gericht nicht für glaubhaft.

Im Übrigen waren die Wirkungen der Arbeitslosmeldung vom 7. Januar 2013 am 29. Januar 2014 bereits erloschen. Denn gem. § 141 Abs. 2 SGB III erlischt die Wirkung der Meldung ua bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit, die hier vorlag, weil der Kläger jedenfalls ab 29. Januar 2013 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten bis zu seiner erneuten Arbeitslosmeldung am 29. Januar 2014 nicht mehr zur Verfügung stand. Auch hierzu hat der Kläger im Erörterungstermin vor dem SG erklärt, er habe sich nach zwanzigjähriger Tätigkeit bei seinem ehemaligen Arbeitgeber beruflich neu orientieren und sich um seine Familie und seinen Vater kümmern wollen. Dem ist zu entnehmen, dass er keine Arbeit suchte und auch die Hilfe der Beklagten zur Vermittlung nicht in Anspruch nehmen wollte (vgl § 138 Abs. 5 SGB III).

Es lag zudem vor dem 29. Januar 2014 kein wirksamer Antrag des Klägers auf Bewilligung von Alg vor. Gemäß § 323 Abs. 1 Satz 2 SGB III gilt Alg als mit der persönlichen Arbeitslosmeldung iSd § 141 SGB III als beantragt, es sei denn, der Arbeitslose gibt eine andere Erklärung ab. Die persönliche Arbeitslosmeldung gilt dann nicht als Antrag auf Alg, wenn der Arbeitslose erklärt, diese solle nicht als Antrag gelten. Am 29. Januar 2013 hat Kläger anlässlich der persönlichen Vorsprach die ausgefüllten Antragsformulare nicht abgegeben und diese erst – mit neuem Datum – am 29. Januar 2014 bei der Beklagten eingereicht. Unabhängig von dem Vorbringen des Klägers, die Mitarbeiter der Beklagten hätten am 29. Januar 2013 die Entgegennahme der Formulare "verweigert", wäre es dem Kläger dennoch möglich gewesen, diese Formulare notfalls bei der Beklagten per Post einzureichen. Das Verhalten des Klägers dürfte jedoch dahingehend zu werten sein, dass er gerade keinen Antrag auf Alg stellen wollte und dies erst am 29. Januar 2014 tat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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