Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 45 SB 1230/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 112/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2016 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2013 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 15. September 2016 verpflichtet, bei dem Kläger mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2014 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen. Der Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens zu 2/3 zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellen Grades der Behinderung (GdB).
Der Kläger, bei dem 1993 ein GdB von 30 festgestellt wurde, stellte am 28. Juni 2012 einen Verschlimmerungsantrag, mit dem er auch die Zuerkennung des Merkzeichens G begehrte. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. November 2012 ab. Hinsichtlich der Höhe des GdB erhob der Kläger Widerspruch, worauf der Beklagte das Gutachten des Facharztes für Chirurgie M vom 14. April 2013 einholte, der den GdB auf 30 einschätzte. Hierzu ermittelte der Gutachter folgende Einzel-Behinderungen:
1. Kniebandinstabilität beidseits und degenerative Veränderungen an beiden Kniegelenken (Einzel-GdB von 30), 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Einzel-GdB von 20), 3. Funktionsbehinderung des Schultergelenk links, Mittelnervendruckschädigung-Karpaltunnelsyndrom links (Einzel-GdB von 10), 4. seelische Störungen, Migräne (Einzel-GdB von 10).
Auf der Grundlage dieses Gutachtens wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2013 den Widerspruch zurück.
Mit der Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger einen höheren GdB begehrt. Das Sozialgericht hat Befundberichte, u.a. des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D, bei Gericht eingegangen am 29. Dezember 2014, eingeholt.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt, bei dem Kläger einen GdB von 40 festzusetzen. Er ging hierbei von einem Einzel-GdB von 20 für die psychische Erkrankung aus. Mit Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 2. März 2016 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten entsprechend seinem Anerkenntnis und wies die Klage im Übrigen zurück.
Der Beklagte hat mit Ausführungsbescheid vom 15. September 2016 bei dem Kläger mit Wirkung ab dem 28. Juni 2012 einen GdB von 40 festgestellt.
Mit der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts begehrt der Kläger einen GdB von 50.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T vom 5. Juli 2017. Ihrem Vorschlag entsprechend ist der Kläger auf orthopädischem Fachgebiet begutachtet worden. Im Gutachten vom 31. Oktober 2017 hat der Facharzt für Orthopädie Dr. W folgende orthopädische Leiden ermittelt:
1. degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule mit Wurzelirritation C7 links, belastungsinduzierte Dorsolumbalgien mit geringen Belastungsstörungen (Einzel-GdB von 20), 2. degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenks, muskulär kompensierte vordere Instabilität des rechten Kniegelenks, leichtgradige Belastungsstörungen des linken Kniegelenks (Einzel-GdB 20), 3. endgradige Hebestörung der linken Schulter (Einzel-GdB 10).
In ihrer abschließenden Stellungnahme vom 11. Januar 2018 hat die Sachverständige T mit Wirkung ab 2014 den Gesamt-GdB mit 50 bewertet. Hierbei hat sie auf psychiatrischem Fachgebiet zugrunde gelegt:
somatoforme Störung, Persönlichkeitsstörung (Einzel-GdB von 40).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger sein Begehren auf den Zeitraum ab Oktober 2014 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2016 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2013 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 15. September 2016 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2014 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an seiner Entscheidung fest.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist, soweit er an ihr festhält, begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2014.
Nach § 152 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (Vers-MedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VMG) heranzuziehen.
Das psychische Leiden des Klägers bedingt einen Einzel-GdB von 40. Nach Untersuchung des Klägers hat die Sachverständige T festgestellt, dass bei dem Kläger stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegen. Der Senat folgt dem überzeugenden Vorschlag der Sachverständigen, für die psychische Erkrankung des Klägers einen Einzel-GdB von 40 anzusetzen, da diese Bewertung den Vorgaben in B 3.7 VMG entspricht. Psychische Störungen dieses Grades liegen nach der Überzeugung des Senats bereits seit dem 7. Oktober 2014 vor. Wie sich aus dem Befundbericht des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D , auf den die Sachverständige ausdrücklich Bezug nimmt, ergibt, hat der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt an einer depressiven Symptomatik mit Schlafstörungen gelitten.
Aus den medizinischen Feststellungen des Sachverständigen Dr. W ergibt sich, dass die Funktionsstörungen der Wirbelsäulen mit einem Einzel-GdB von 20 (B 18.9 VMG), der unteren Extremitäten mit einem Einzel-GdB 20 (B 18.14 VMG) und der linken Schulter mit einem Einzel-GdB 10 (B 18.13 VMG) zu bewerten sind.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 152 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach A 3c VMG ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben beträgt bei dem Kläger seit dem 7. Oktober 2014 der Gesamt-GdB 50.
Der höchste Einzel-GdB von 40 für das psychische Leiden ist im Hinblick auf die jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten um einen Zehnergrad auf 50 zu erhöhen. Denn zwischen den seelischen und organischen Erkrankungen bestehen, wie die Sachverständige T festgestellt hat, negative Wechselwirkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellen Grades der Behinderung (GdB).
Der Kläger, bei dem 1993 ein GdB von 30 festgestellt wurde, stellte am 28. Juni 2012 einen Verschlimmerungsantrag, mit dem er auch die Zuerkennung des Merkzeichens G begehrte. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. November 2012 ab. Hinsichtlich der Höhe des GdB erhob der Kläger Widerspruch, worauf der Beklagte das Gutachten des Facharztes für Chirurgie M vom 14. April 2013 einholte, der den GdB auf 30 einschätzte. Hierzu ermittelte der Gutachter folgende Einzel-Behinderungen:
1. Kniebandinstabilität beidseits und degenerative Veränderungen an beiden Kniegelenken (Einzel-GdB von 30), 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Einzel-GdB von 20), 3. Funktionsbehinderung des Schultergelenk links, Mittelnervendruckschädigung-Karpaltunnelsyndrom links (Einzel-GdB von 10), 4. seelische Störungen, Migräne (Einzel-GdB von 10).
Auf der Grundlage dieses Gutachtens wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2013 den Widerspruch zurück.
Mit der Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger einen höheren GdB begehrt. Das Sozialgericht hat Befundberichte, u.a. des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D, bei Gericht eingegangen am 29. Dezember 2014, eingeholt.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt, bei dem Kläger einen GdB von 40 festzusetzen. Er ging hierbei von einem Einzel-GdB von 20 für die psychische Erkrankung aus. Mit Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 2. März 2016 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten entsprechend seinem Anerkenntnis und wies die Klage im Übrigen zurück.
Der Beklagte hat mit Ausführungsbescheid vom 15. September 2016 bei dem Kläger mit Wirkung ab dem 28. Juni 2012 einen GdB von 40 festgestellt.
Mit der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts begehrt der Kläger einen GdB von 50.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T vom 5. Juli 2017. Ihrem Vorschlag entsprechend ist der Kläger auf orthopädischem Fachgebiet begutachtet worden. Im Gutachten vom 31. Oktober 2017 hat der Facharzt für Orthopädie Dr. W folgende orthopädische Leiden ermittelt:
1. degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule mit Wurzelirritation C7 links, belastungsinduzierte Dorsolumbalgien mit geringen Belastungsstörungen (Einzel-GdB von 20), 2. degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenks, muskulär kompensierte vordere Instabilität des rechten Kniegelenks, leichtgradige Belastungsstörungen des linken Kniegelenks (Einzel-GdB 20), 3. endgradige Hebestörung der linken Schulter (Einzel-GdB 10).
In ihrer abschließenden Stellungnahme vom 11. Januar 2018 hat die Sachverständige T mit Wirkung ab 2014 den Gesamt-GdB mit 50 bewertet. Hierbei hat sie auf psychiatrischem Fachgebiet zugrunde gelegt:
somatoforme Störung, Persönlichkeitsstörung (Einzel-GdB von 40).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger sein Begehren auf den Zeitraum ab Oktober 2014 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2016 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2013 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 15. September 2016 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2014 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an seiner Entscheidung fest.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist, soweit er an ihr festhält, begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2014.
Nach § 152 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (Vers-MedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VMG) heranzuziehen.
Das psychische Leiden des Klägers bedingt einen Einzel-GdB von 40. Nach Untersuchung des Klägers hat die Sachverständige T festgestellt, dass bei dem Kläger stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegen. Der Senat folgt dem überzeugenden Vorschlag der Sachverständigen, für die psychische Erkrankung des Klägers einen Einzel-GdB von 40 anzusetzen, da diese Bewertung den Vorgaben in B 3.7 VMG entspricht. Psychische Störungen dieses Grades liegen nach der Überzeugung des Senats bereits seit dem 7. Oktober 2014 vor. Wie sich aus dem Befundbericht des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D , auf den die Sachverständige ausdrücklich Bezug nimmt, ergibt, hat der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt an einer depressiven Symptomatik mit Schlafstörungen gelitten.
Aus den medizinischen Feststellungen des Sachverständigen Dr. W ergibt sich, dass die Funktionsstörungen der Wirbelsäulen mit einem Einzel-GdB von 20 (B 18.9 VMG), der unteren Extremitäten mit einem Einzel-GdB 20 (B 18.14 VMG) und der linken Schulter mit einem Einzel-GdB 10 (B 18.13 VMG) zu bewerten sind.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 152 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach A 3c VMG ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben beträgt bei dem Kläger seit dem 7. Oktober 2014 der Gesamt-GdB 50.
Der höchste Einzel-GdB von 40 für das psychische Leiden ist im Hinblick auf die jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten um einen Zehnergrad auf 50 zu erhöhen. Denn zwischen den seelischen und organischen Erkrankungen bestehen, wie die Sachverständige T festgestellt hat, negative Wechselwirkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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