Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 124 AS 22548/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 2726/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. September 2016 aufgehoben und der Beklagte unter Än-derung der Bescheide vom 25. und 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 verurteilt, dem Kläger für Juni 2013 Leistungen in Höhe von 206,45 EUR und für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. August 2013 weitere Leistungen in Höhe von monat-lich 829,67 EUR nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Ar-beitsuchende – zu bewilligen. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Be-rufungsverfahrens in vollem Umfang und zwei Drittel der Kosten des Klageverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1977 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung, für die er für die Zeit ab 1. No-vember 2012 eine monatliche Miete von insgesamt 427,87 EUR (Grundmiete: 281,34 EUR, Betriebskostenvorauszahlung: 96,31 EUR, Heizkostenvorauszahlung: 50,22 EUR) zu zahlen hatte.
Ab 1. Januar 2012 war der Kläger bei der P Group als Produktmanager beschäftigt. Nach dem die vereinbarten monatlichen Gehaltszahlungen in Höhe von (iHv) 5.500 EUR brutto ausgeblieben waren, stellte er im Mai 2012 bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) einen Insolvenzgeldantrag und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 31. Mai 2012.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2012 bewilligte die Agentur für Arbeit Berlin Mitte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) für 360 Tage ab 1. Juni 2012 und setzte für Zeit vom 15. Juni 2012 bis 14. Juni 2013 einen täglichen Leistungsbetrag von 45,83 EUR fest. Für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 14. Juni 2012 wurde der Leistungsbetrag auf 0,- EUR festgesetzt. Auf seinen Antrag vom 24. Mai 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger in Kenntnis des Bescheides vom 26. Juni 2012 und unter Anrechnung des bewillig-ten Alg mit Bescheid vom 6. August 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis 30. Juni 2012. Ebenfalls mit Bescheid vom 6. August 2012 wurde der Antrag auf SGB II- Leistungen für die Zeit ab 1. Juli 2012 unter Hinweis auf das anzurechnende Einkommen (Alg iHv monatlich 1374,90 EUR) abgelehnt.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2013 bewilligte die BA dem Kläger Insolvenzgeld (Insg) iHv 10.825,39 EUR. Nach Abzug eines Vorschusses iHv 4.000,- EUR und eines vom Be-klagten geltend gemachten Erstattungsbetrages iHv 836,38 EUR wurde dem Kläger am 15. Mai 2013 ein Betrag iHv 5.989,01 EUR überwiesen.
Am 28. Mai 2013 sprach der Kläger persönlich bei dem Beklagten vor. Hierüber wur-de von der Mitarbeiterin C des Beklagten u.a. Folgendes vermerkt:
"Alg II Antragstellung als RKW.Letzter Alg II Bezug: 05/2012 BG-Nr. wird wieder aktiviert. Alg I wird voraussichtlich bis 14.06.13 gezahlt. Weitere Einkünfte werden verneint."
Am 10. Juni 2013 reichte der Kläger die ausgefüllten und von ihm unterschriebenen Vordrucke für einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (Alg II) ein, darunter auch die von ihm unter dem 6. Juni 2013 unterschriebene "Wahrheitsgemäße Erklärung", welche folgendermaßen lautete: "Vor meiner Antragstellung habe ich meinen Lebensunter-halt wie folgt bestritten: Alg I bis 14.06.2013". Mit Bescheid vom 25. Juni 2013 lehnte der Beklagte für die Monate Mai und Juni 2013 den Alg II-Antrag ab, da der Kläger im Hinblick auf das zu berücksichtigende Einkommen aus Alg und Insg nicht hilfebe-dürftig sei. Mit Bescheid vom 26. Juni 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Monate Juli bis Oktober 2013 Alg II iHv monatlich Leistungen iHv 18,40 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, das am 15. Mai 2013 zugeflossene Insg werde als einmalige Einnahme angerechnet und auf sechs Monate mit einem Anrechnungsbe-trag iHv 829,67 EUR verteilt. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, zur Deckung seiner Lebensunterhaltskosten habe er am 2. März 2013 bei seinen Eltern ein Darle-hen aufgenommen und den Anspruch auf das Insg an die Darlehensgeber abgetre-ten. Das Insg sei deshalb nicht bedarfsmindernd anzurechnen. Es könne im Übrigen nicht sein, dass die verzögerte Bearbeitung seines Insg-Antrags dazu führe, dass er nicht seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nachkommen könne. Der Beklagte wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 25. und 26. Juni 2013 mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2013 zurück und führte u.a. aus: Der monatliche Bedarf des Klägers betrage 848,07 EUR (Regelbedarf 382,- EUR plus Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 38,20 EUR plus Unterkunfts- und Hei-zungskosten 427,87 EUR). Für den Monat Juni 2013 sei ein den Bedarf übersteigendes Einkommen aus Alg iHv 623,24 EUR und Insg iHv 829,69 EUR zu berücksichtigen, sodass keine Hilfebedürftigkeit bestehe. Für die Monate Juli bis Oktober 2013 ergebe sich unter Berücksichtigung eines monatlich anrechenbaren Einkommens aus Insg iHv 829,69 EUR ein Anspruch auf Leistungen iHv 18,38 EUR monatlich. Nachdem der Kläger zum 1. September 2013 eine Beschäftigung als Verkäufer aufgenommen und sich aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte, hob der Beklagte die Alg II-Bewilligung mit Bescheiden vom 10. und 23. Oktober 2013 ab 1. September 2013 auf.
Mit der bereits am 17. September 2013 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Leistungen iHv 206,45 EUR für Juni 2013 und für die Monate Juli bis Oktober 2013 wei-tere Leistungen iHv monatlich 829,67 EUR begehrt. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die zuletzt auf (höhere) Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 begrenzte Klage mit Urteil vom 23. September 2016 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Zur Begründung ist ausgeführt: Im Juni 2013 sei der Kläger nicht nach §§ 7 Abs. 1, 19 ff. SGB II leistungsberechtigt gewesen. Neben dem im Juni 2013 zugeflossenen Alg sei auch das Insg als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzurechnen gewesen. Danach sei Einkommen alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte. Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II sei hingegen das, was jemand vor Antragstellung bereits gehabt habe. Dementsprechend sei das am 15. Mai 2013 ausgezahlte Insg Einkommen und nicht (geschütztes) Vermögen. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II wirke ein Alg II-Antrag auf den Ersten des Monats zurück, sodass das im Mai 2013 angefallene Insg aufgrund der Antragstellung am 28. Mai 2013 als Einkommen anzusehen sei. Im Zeitpunkt der Auszahlung des Insg bestehende Verbindlichkeiten seien nicht von dieser einmaligen Einnahme abzusetzen. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht im Hinblick auf § 53 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I), denn eine Übertragung bzw. Verpfändung des Anspruchs auf Insg sei nicht erfolgt. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehe auch kein Raum für eine entsprechende Anwendung des § 53 SGB I, da keine Regelungslücke ersichtlich sei. Für Juni 2013 ergebe sich danach, dass der Bedarf von 848,07 EUR durch das Einkommen aus Alg (641,62 EUR) und Insg (829,67 EUR) gedeckt gewesen sei. Für Juli und August 2013 ergebe sich kein höherer als der mit dem streitigen Bescheid gewährte Leistungsanspruch iHv monatlich 18,40 EUR (Bedarf 848,07 EUR minus anzurechnendes Insg 829,67).
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Ohne sein Verschulden sei das Insg über ein Jahr verspätet ausgezahlt worden. Da es für den Zeitraum Anfang 2012 gedacht gewesen sei, könne es nicht im Mai 2013 als Einkommen bei der Alg II-Berechnung berücksichtigt werden. Es komme hinzu, dass er aufgrund des mit den Eltern geschlossenen Darlehensvertrags nicht habe über das Insg verfügen können. Bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 habe er zum Ausdruck gebracht, dass sein Lebensunterhalt erst ab 15. Juni 2013 ungesichert sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. September 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 25. Juni 2013 und vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 zu verurteilen, dem Kläger für Juni 2013 Leistungen und für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. August 2013 höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bewilli-gen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Aus dem Antrag oder dem Vortrag des Klägers bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 sei nicht ersichtlich, dass er vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt Leistungen begehrt habe. Vielmehr sei dem Kläger aus dem vorangegangenen Leistungsbezug bekannt gewesen, dass der Antrag auf den Ersten des Monats zurückwirke. Der Kläger habe am 28. Mai 2013 erklärt, dass keine weiteren Einkünfte vorhanden seien. Es habe daher keinen Anlass gegeben, eine weitergehende Beratung vorzunehmen. Da der Kläger trotz des Hinweises im Antragsvordruck zur Rückwirkung eines Antrags keine Anhaltspunkte dafür erkennen lassen habe, dass er erst zu Beginn des Folgemonats Leistungen beantragen wolle, sei sein Antrag auch nicht auslegungsfähig. Soweit der Kläger nunmehr vortrage, er habe SGB II-Leistungen erst ab 15. Juni 2013 begehrt, handele es sich um eine unzulässige nachträgliche Antragsbeschränkung.
Der Berichterstatter hat am 17. November 2017 einen Erörterungstermin durchge-führt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten (3 Bde.) sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Betei-ligten durch den gemäß § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berufenen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist begründet.
Das SG hat die zuletzt auf die Gewährung von (höherem) Alg für die Monate Juni bis August 2013 beschränkte Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Bescheide vom 25. und 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Bewilligung von Alg für die streitbefangene Zeit ohne Anrechnung des am 15. Mai 2013 zugeflossenen Insg. Leistungen nach den §§ 20, 22 SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2011. Insbesondere war er hilfebedürftig. Mit dem SG ist davon auszugehen, dass der monatliche Bedarf des Klägers im streitbefangenen Zeitraum 848,07 EUR betrug und für den Monat Juni 2013 das in diesem Monat zugeflossene Alg iHv 641,62 EUR als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen ist. Indes haben der Beklagte und das SG das im Mai 2013 dem Kläger zugeflossene Insg zu Unrecht als Einkommen berücksichtigt und nach Abzug der Freibeträge verteilt auf den Bewilligungszeitraum angerechnet. Allerdings scheitert die Anrechnung des Insg aus den vom SG angeführten Gründen weder daran, dass im Zeitpunkt des Zuflusses des Insg Verbindlichkeiten des Klägers bestanden noch daran, dass das Insg "verspätet" gezahlt worden war. Das SG hat auch zutreffend eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 53 Abs. 2 SGB I auf den vorliegenden Sachverhalt verneint. Im Ansatz zutreffend hat das SG schließlich auch für die Abgrenzung zwischen Einkommen iSd § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und Vermögen iSd § 12 Abs. 1 SGB II auf den Zeitpunkt der Alg II-Antragstellung abgestellt. Das SG hat freilich verkannt, dass das vom Beklagten angerechnete Insg dem Kläger erst nach Antragstellung zugeflossen ist. Denn der Kläger hat bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 Alg II erst mit Wirkung zum 1. Juni 2013 beantragt. Der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose ist grundsätzlich an keine Form gebunden und kann mithin auch mündlich gestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 14 AS 56/08 R = SozR 4-4200 § 37 Nr. 1 Rn. 14). Es gilt insofern der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens. Der Antrag ist eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - soweit sich nicht aus sozialrechtlichen Bestimmungen Anderweitiges ergibt - die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Anwendung finden (§§ 130 ff BGB). Maßgebend für die Auslegung eines Antrags ist daher - unter Berücksichtigung aller Umstände - der er-kennbare wirkliche Wille des Antragstellers (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R -, juris Rn. 19 mwN) ) Die Auslegung selbst hat nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 - B 14 AS 3/09 R = SozR 4-4200 § 28 Nr. 3 Rn. 14). Danach ist, sofern eine ausdrückliche Be-schränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistun-gen begehrt, unabhängig davon welchen Antragsvordruck er hierfür benutzt oder welchen Ausdruck er gewählt hat. Eine am wirklichen Willen des Klägers orientierte Auslegung ergibt, dass dieser bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 keineswegs "sofort" Leistungen beanspruchen wollte, denn er hatte mit seinem Hinweis darauf, dass ihm bis 14. Juni 2013 Alg gezahlt werde, hinreichend deutlich gemacht, dass er (frühestens) im Folgemonat hilfebedürftig sein werde. Schon auf der Grundlage die-ser Erklärung zu dem den monatlichen Bedarf des Klägers weit übersteigenden ALG iHv monatlich 1.374,90 EUR konnte jedenfalls für den Monat Mai 2013 kein Bezug von Alg II in Betracht kommen. Im Hinblick auf das offensichtlich bedarfsübersteigende Einkommen aus Alg lässt sich die Verneinung der Frage nach weiteren Einkünften durch den Kläger auch nicht als Indiz dafür werten, dass der Kläger den Eindruck vermittelt habe, bereits im Mai 2013 auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen zu sein. Aus dem vorangegangenen Alg II-Bezug des Klägers war dem Beklagten die Höhe und die Dauer des dem Kläger bewilligten Alg bekannt, so dass bereits am 28. Mai 2012 auch für der Beklagte ohne Weiteres erkennen konnte, dass der Kläger keine ergänzenden Leistungen nach dem SGB II ("Aufstocker") begehren wollte. Nach dieser Vorgeschichte und unter Berücksichtigung des in dem Vermerk vom 28. Mai 2013 festgehaltenen Inhalts der Vorsprache des Klägers hätte dem Beklagten bereits an diesem Tag klar sein müssen, dass für den Kläger Leistungen nach dem SGB II ernsthaft erst im Monat des Auslaufens des Alg-Bezugs in Betracht kamen. Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis im Übrigen auch durch die vom Kläger abgeforderte "Wahrheitsgemäße Erklärung", in der dieser unter dem 6. Juni 2013 darauf hinwies, dass er vor seiner Antragstellung seinen Lebensunterhalt durch "Alg I bis 14. Juni 2013" bestritten habe. Ferner verneinte der Kläger in der Anlage EK zum Alg II-Antrag die Frage nach dem Bezug von Alg und reichte zudem mit den Antragsvordrucken (erneut) den Bewilligungsbescheid der BA vom 26. Juni 2012 beim Beklagten ein. Auch dieses Verhalten belegt, dass der Kläger sich nicht schon für Mai 2013 als hilfebedürftig geriert hat. Nach alledem erschließt sich dem Senat nicht, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte der Beklagte bei Erlass der angegriffenen Bescheide von einem bereits am 28. Mai 2013 gestellten Alg II-Antrag azusging. Bei sorgfältiger Erforschung des wirklichen Willens des Klägers und unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes wäre er vielmehr gehalten gewesen, als tatsächliches Datum der Antragstellung (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 36/13 R = SozR 4-4200 § 37 Nr. 7 Rn. 28) entweder den 15. Juni 2013 als den ersten Tag ohne Alg-Bezug oder - wenn mit dem Beklagten davon ausgegangen wird, dass dem Kläger aufgrund des vorangegangenen Alg II-Bezug die Rückwirkungsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SBG II bekannt war und der Kläger mithin den Monatsanfang für maßgeblich hielt – den 1. Juni 2013 als Tag der Antragstellung seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Im Hinblick darauf, dass vorliegend nach der gebotenen Auslegung des Leistungsbegehrens des Klägers am 28. Mai 2013 ein Alg II-Antrag erst im Juni 2013 gestellt worden war, kommt es für den Senat weder auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage nach der (Un-)Zulässigkeit einer nachträglichen Beschränkung bzw. Rücknahme eines Alg-Antrags an (vgl. dazu ausführlich BayLSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 7 AS 642/12 -, juris Rn. 2ff.; ferner nachgehend BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R -, juris Rn. 21 ff. zur Unzulässigkeit einer nachträglichen Beschränkung des einmal gestellten Antrags, wenn dadurch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen innerhalb des Antragsmonats zugunsten des Antragstellers verändert werden sollen) noch bedarf es einer Entscheidung dazu, ob und in welchem Umfang dem Beklagten eine Beratungspflicht zur Verschiebung des Antragszeitpunktes im Sinne einer "Leistungsoptimierung" oblegen hatte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2016 - L 25 AS 1135/16 B PKH -, juris; Valgolio, in Hauck/Noftz, SGB, 02/17, § 37 SGB II, Rn. 50).
Nach alledem ist das dem Kläger am 15. Juni 2013 gutgeschriebene Insg als Vermö-gen iSd § 12 Abs. 1 SGB II zu bewerten, weil es dem Kläger vor der Alg II- Antrag-stellung zugeflossen ist. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SGB II standen dem (damals) 35 Jahre alten Kläger am 1. Juni 2013 Freibeträge iHv insgesamt 5.250,- EUR zu. Die Guthaben des Klägers auf seinen Bankkonten beliefen nach sich den mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 eingereichten Kontoauszügen am 31. Mai 2013 auf insgesamt 3.573,80 EUR und überschritten damit nicht die dem Kläger zustehenden Freibeträge. Im Einzelnen: Das Girokonto (Nr. ) bei der C Bank , auf dem dem Kläger am 15. Mai 2013 das Insg iHv 5.989,01 EUR gutgeschrieben worden war, wies am 31. Mai 2013 noch ein Guthaben iHv 3.496,11 EUR auf. Auf dem Tagesgeldkonto bei der CBank befanden sich an diesem Tag 66,19 EUR. Das Ckonto mit der Nr. wies am 31. Mai 2013 ein Guthaben iHv 11,50 EUR auf. Weiteres Vermögen war nicht vorhanden bzw. – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nach § 12 Abs. 2 Satz Nr. 2 SGB II (Riester-Rente bei der A -AG) nicht zu berücksichtigen oder wegen Unwirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II) nicht verwertbar (D-Lebensversicherung). Als Einkommen des Klägers war nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich für Juni 2013 das Alg iHv 641,62 EUR abzüglich der Versicherungspauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Verordnung iHv 30,- EUR abzu-setzen. Unter Berücksichtigung des monatlichen Bedarfs des Klägers iHv 848,07 EUR ergibt sich für Juni 2013 danach zwar ein Leistungsanspruch des Klägers iHv 236,45 EUR. Der Senat konnte den Beklagten gleichwohl für diesen Monat nur zur Bewilligung von Leistungen iHv 206,45 EUR verurteilen, da der Kläger mit der Klage vom 17. Sep-tember 2013 nur diesen (geringeren) Betrag geltend gemacht hatte. Für die Monate Juli und August 2013 ergibt sich mangels einzusetzenden Vermögens und anre-chenbaren Einkommens - wie tenoriert – ein Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II iHv monatlich 829,67 EUR (Bedarf: 848,07 EUR minus 18,40 EUR bereits bewil-ligter Leistungen).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Eine volle Überbürdung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf den Beklagten ist unangemessen, da der Klä-ger ungeachtet seiner bereits zum 1. September 2013 erfolgten Aufnahme einer Be-schäftigung mit der Klage vom 17. September 2013 zunächst auch noch höhere Leistungen für die Monate September und Oktober 2013 begehrt hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG lie-gen nicht vor.
Tatbestand:
Der 1977 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung, für die er für die Zeit ab 1. No-vember 2012 eine monatliche Miete von insgesamt 427,87 EUR (Grundmiete: 281,34 EUR, Betriebskostenvorauszahlung: 96,31 EUR, Heizkostenvorauszahlung: 50,22 EUR) zu zahlen hatte.
Ab 1. Januar 2012 war der Kläger bei der P Group als Produktmanager beschäftigt. Nach dem die vereinbarten monatlichen Gehaltszahlungen in Höhe von (iHv) 5.500 EUR brutto ausgeblieben waren, stellte er im Mai 2012 bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) einen Insolvenzgeldantrag und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 31. Mai 2012.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2012 bewilligte die Agentur für Arbeit Berlin Mitte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) für 360 Tage ab 1. Juni 2012 und setzte für Zeit vom 15. Juni 2012 bis 14. Juni 2013 einen täglichen Leistungsbetrag von 45,83 EUR fest. Für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 14. Juni 2012 wurde der Leistungsbetrag auf 0,- EUR festgesetzt. Auf seinen Antrag vom 24. Mai 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger in Kenntnis des Bescheides vom 26. Juni 2012 und unter Anrechnung des bewillig-ten Alg mit Bescheid vom 6. August 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis 30. Juni 2012. Ebenfalls mit Bescheid vom 6. August 2012 wurde der Antrag auf SGB II- Leistungen für die Zeit ab 1. Juli 2012 unter Hinweis auf das anzurechnende Einkommen (Alg iHv monatlich 1374,90 EUR) abgelehnt.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2013 bewilligte die BA dem Kläger Insolvenzgeld (Insg) iHv 10.825,39 EUR. Nach Abzug eines Vorschusses iHv 4.000,- EUR und eines vom Be-klagten geltend gemachten Erstattungsbetrages iHv 836,38 EUR wurde dem Kläger am 15. Mai 2013 ein Betrag iHv 5.989,01 EUR überwiesen.
Am 28. Mai 2013 sprach der Kläger persönlich bei dem Beklagten vor. Hierüber wur-de von der Mitarbeiterin C des Beklagten u.a. Folgendes vermerkt:
"Alg II Antragstellung als RKW.Letzter Alg II Bezug: 05/2012 BG-Nr. wird wieder aktiviert. Alg I wird voraussichtlich bis 14.06.13 gezahlt. Weitere Einkünfte werden verneint."
Am 10. Juni 2013 reichte der Kläger die ausgefüllten und von ihm unterschriebenen Vordrucke für einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (Alg II) ein, darunter auch die von ihm unter dem 6. Juni 2013 unterschriebene "Wahrheitsgemäße Erklärung", welche folgendermaßen lautete: "Vor meiner Antragstellung habe ich meinen Lebensunter-halt wie folgt bestritten: Alg I bis 14.06.2013". Mit Bescheid vom 25. Juni 2013 lehnte der Beklagte für die Monate Mai und Juni 2013 den Alg II-Antrag ab, da der Kläger im Hinblick auf das zu berücksichtigende Einkommen aus Alg und Insg nicht hilfebe-dürftig sei. Mit Bescheid vom 26. Juni 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Monate Juli bis Oktober 2013 Alg II iHv monatlich Leistungen iHv 18,40 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, das am 15. Mai 2013 zugeflossene Insg werde als einmalige Einnahme angerechnet und auf sechs Monate mit einem Anrechnungsbe-trag iHv 829,67 EUR verteilt. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, zur Deckung seiner Lebensunterhaltskosten habe er am 2. März 2013 bei seinen Eltern ein Darle-hen aufgenommen und den Anspruch auf das Insg an die Darlehensgeber abgetre-ten. Das Insg sei deshalb nicht bedarfsmindernd anzurechnen. Es könne im Übrigen nicht sein, dass die verzögerte Bearbeitung seines Insg-Antrags dazu führe, dass er nicht seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nachkommen könne. Der Beklagte wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 25. und 26. Juni 2013 mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2013 zurück und führte u.a. aus: Der monatliche Bedarf des Klägers betrage 848,07 EUR (Regelbedarf 382,- EUR plus Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 38,20 EUR plus Unterkunfts- und Hei-zungskosten 427,87 EUR). Für den Monat Juni 2013 sei ein den Bedarf übersteigendes Einkommen aus Alg iHv 623,24 EUR und Insg iHv 829,69 EUR zu berücksichtigen, sodass keine Hilfebedürftigkeit bestehe. Für die Monate Juli bis Oktober 2013 ergebe sich unter Berücksichtigung eines monatlich anrechenbaren Einkommens aus Insg iHv 829,69 EUR ein Anspruch auf Leistungen iHv 18,38 EUR monatlich. Nachdem der Kläger zum 1. September 2013 eine Beschäftigung als Verkäufer aufgenommen und sich aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte, hob der Beklagte die Alg II-Bewilligung mit Bescheiden vom 10. und 23. Oktober 2013 ab 1. September 2013 auf.
Mit der bereits am 17. September 2013 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Leistungen iHv 206,45 EUR für Juni 2013 und für die Monate Juli bis Oktober 2013 wei-tere Leistungen iHv monatlich 829,67 EUR begehrt. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die zuletzt auf (höhere) Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 begrenzte Klage mit Urteil vom 23. September 2016 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Zur Begründung ist ausgeführt: Im Juni 2013 sei der Kläger nicht nach §§ 7 Abs. 1, 19 ff. SGB II leistungsberechtigt gewesen. Neben dem im Juni 2013 zugeflossenen Alg sei auch das Insg als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzurechnen gewesen. Danach sei Einkommen alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte. Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II sei hingegen das, was jemand vor Antragstellung bereits gehabt habe. Dementsprechend sei das am 15. Mai 2013 ausgezahlte Insg Einkommen und nicht (geschütztes) Vermögen. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II wirke ein Alg II-Antrag auf den Ersten des Monats zurück, sodass das im Mai 2013 angefallene Insg aufgrund der Antragstellung am 28. Mai 2013 als Einkommen anzusehen sei. Im Zeitpunkt der Auszahlung des Insg bestehende Verbindlichkeiten seien nicht von dieser einmaligen Einnahme abzusetzen. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht im Hinblick auf § 53 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I), denn eine Übertragung bzw. Verpfändung des Anspruchs auf Insg sei nicht erfolgt. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehe auch kein Raum für eine entsprechende Anwendung des § 53 SGB I, da keine Regelungslücke ersichtlich sei. Für Juni 2013 ergebe sich danach, dass der Bedarf von 848,07 EUR durch das Einkommen aus Alg (641,62 EUR) und Insg (829,67 EUR) gedeckt gewesen sei. Für Juli und August 2013 ergebe sich kein höherer als der mit dem streitigen Bescheid gewährte Leistungsanspruch iHv monatlich 18,40 EUR (Bedarf 848,07 EUR minus anzurechnendes Insg 829,67).
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Ohne sein Verschulden sei das Insg über ein Jahr verspätet ausgezahlt worden. Da es für den Zeitraum Anfang 2012 gedacht gewesen sei, könne es nicht im Mai 2013 als Einkommen bei der Alg II-Berechnung berücksichtigt werden. Es komme hinzu, dass er aufgrund des mit den Eltern geschlossenen Darlehensvertrags nicht habe über das Insg verfügen können. Bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 habe er zum Ausdruck gebracht, dass sein Lebensunterhalt erst ab 15. Juni 2013 ungesichert sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. September 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 25. Juni 2013 und vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 zu verurteilen, dem Kläger für Juni 2013 Leistungen und für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. August 2013 höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bewilli-gen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Aus dem Antrag oder dem Vortrag des Klägers bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 sei nicht ersichtlich, dass er vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt Leistungen begehrt habe. Vielmehr sei dem Kläger aus dem vorangegangenen Leistungsbezug bekannt gewesen, dass der Antrag auf den Ersten des Monats zurückwirke. Der Kläger habe am 28. Mai 2013 erklärt, dass keine weiteren Einkünfte vorhanden seien. Es habe daher keinen Anlass gegeben, eine weitergehende Beratung vorzunehmen. Da der Kläger trotz des Hinweises im Antragsvordruck zur Rückwirkung eines Antrags keine Anhaltspunkte dafür erkennen lassen habe, dass er erst zu Beginn des Folgemonats Leistungen beantragen wolle, sei sein Antrag auch nicht auslegungsfähig. Soweit der Kläger nunmehr vortrage, er habe SGB II-Leistungen erst ab 15. Juni 2013 begehrt, handele es sich um eine unzulässige nachträgliche Antragsbeschränkung.
Der Berichterstatter hat am 17. November 2017 einen Erörterungstermin durchge-führt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten (3 Bde.) sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Betei-ligten durch den gemäß § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berufenen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist begründet.
Das SG hat die zuletzt auf die Gewährung von (höherem) Alg für die Monate Juni bis August 2013 beschränkte Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Bescheide vom 25. und 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2013 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Bewilligung von Alg für die streitbefangene Zeit ohne Anrechnung des am 15. Mai 2013 zugeflossenen Insg. Leistungen nach den §§ 20, 22 SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2011. Insbesondere war er hilfebedürftig. Mit dem SG ist davon auszugehen, dass der monatliche Bedarf des Klägers im streitbefangenen Zeitraum 848,07 EUR betrug und für den Monat Juni 2013 das in diesem Monat zugeflossene Alg iHv 641,62 EUR als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen ist. Indes haben der Beklagte und das SG das im Mai 2013 dem Kläger zugeflossene Insg zu Unrecht als Einkommen berücksichtigt und nach Abzug der Freibeträge verteilt auf den Bewilligungszeitraum angerechnet. Allerdings scheitert die Anrechnung des Insg aus den vom SG angeführten Gründen weder daran, dass im Zeitpunkt des Zuflusses des Insg Verbindlichkeiten des Klägers bestanden noch daran, dass das Insg "verspätet" gezahlt worden war. Das SG hat auch zutreffend eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 53 Abs. 2 SGB I auf den vorliegenden Sachverhalt verneint. Im Ansatz zutreffend hat das SG schließlich auch für die Abgrenzung zwischen Einkommen iSd § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und Vermögen iSd § 12 Abs. 1 SGB II auf den Zeitpunkt der Alg II-Antragstellung abgestellt. Das SG hat freilich verkannt, dass das vom Beklagten angerechnete Insg dem Kläger erst nach Antragstellung zugeflossen ist. Denn der Kläger hat bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 Alg II erst mit Wirkung zum 1. Juni 2013 beantragt. Der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose ist grundsätzlich an keine Form gebunden und kann mithin auch mündlich gestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 14 AS 56/08 R = SozR 4-4200 § 37 Nr. 1 Rn. 14). Es gilt insofern der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens. Der Antrag ist eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - soweit sich nicht aus sozialrechtlichen Bestimmungen Anderweitiges ergibt - die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Anwendung finden (§§ 130 ff BGB). Maßgebend für die Auslegung eines Antrags ist daher - unter Berücksichtigung aller Umstände - der er-kennbare wirkliche Wille des Antragstellers (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R -, juris Rn. 19 mwN) ) Die Auslegung selbst hat nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 - B 14 AS 3/09 R = SozR 4-4200 § 28 Nr. 3 Rn. 14). Danach ist, sofern eine ausdrückliche Be-schränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistun-gen begehrt, unabhängig davon welchen Antragsvordruck er hierfür benutzt oder welchen Ausdruck er gewählt hat. Eine am wirklichen Willen des Klägers orientierte Auslegung ergibt, dass dieser bei seiner Vorsprache am 28. Mai 2013 keineswegs "sofort" Leistungen beanspruchen wollte, denn er hatte mit seinem Hinweis darauf, dass ihm bis 14. Juni 2013 Alg gezahlt werde, hinreichend deutlich gemacht, dass er (frühestens) im Folgemonat hilfebedürftig sein werde. Schon auf der Grundlage die-ser Erklärung zu dem den monatlichen Bedarf des Klägers weit übersteigenden ALG iHv monatlich 1.374,90 EUR konnte jedenfalls für den Monat Mai 2013 kein Bezug von Alg II in Betracht kommen. Im Hinblick auf das offensichtlich bedarfsübersteigende Einkommen aus Alg lässt sich die Verneinung der Frage nach weiteren Einkünften durch den Kläger auch nicht als Indiz dafür werten, dass der Kläger den Eindruck vermittelt habe, bereits im Mai 2013 auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen zu sein. Aus dem vorangegangenen Alg II-Bezug des Klägers war dem Beklagten die Höhe und die Dauer des dem Kläger bewilligten Alg bekannt, so dass bereits am 28. Mai 2012 auch für der Beklagte ohne Weiteres erkennen konnte, dass der Kläger keine ergänzenden Leistungen nach dem SGB II ("Aufstocker") begehren wollte. Nach dieser Vorgeschichte und unter Berücksichtigung des in dem Vermerk vom 28. Mai 2013 festgehaltenen Inhalts der Vorsprache des Klägers hätte dem Beklagten bereits an diesem Tag klar sein müssen, dass für den Kläger Leistungen nach dem SGB II ernsthaft erst im Monat des Auslaufens des Alg-Bezugs in Betracht kamen. Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis im Übrigen auch durch die vom Kläger abgeforderte "Wahrheitsgemäße Erklärung", in der dieser unter dem 6. Juni 2013 darauf hinwies, dass er vor seiner Antragstellung seinen Lebensunterhalt durch "Alg I bis 14. Juni 2013" bestritten habe. Ferner verneinte der Kläger in der Anlage EK zum Alg II-Antrag die Frage nach dem Bezug von Alg und reichte zudem mit den Antragsvordrucken (erneut) den Bewilligungsbescheid der BA vom 26. Juni 2012 beim Beklagten ein. Auch dieses Verhalten belegt, dass der Kläger sich nicht schon für Mai 2013 als hilfebedürftig geriert hat. Nach alledem erschließt sich dem Senat nicht, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte der Beklagte bei Erlass der angegriffenen Bescheide von einem bereits am 28. Mai 2013 gestellten Alg II-Antrag azusging. Bei sorgfältiger Erforschung des wirklichen Willens des Klägers und unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes wäre er vielmehr gehalten gewesen, als tatsächliches Datum der Antragstellung (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 36/13 R = SozR 4-4200 § 37 Nr. 7 Rn. 28) entweder den 15. Juni 2013 als den ersten Tag ohne Alg-Bezug oder - wenn mit dem Beklagten davon ausgegangen wird, dass dem Kläger aufgrund des vorangegangenen Alg II-Bezug die Rückwirkungsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SBG II bekannt war und der Kläger mithin den Monatsanfang für maßgeblich hielt – den 1. Juni 2013 als Tag der Antragstellung seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Im Hinblick darauf, dass vorliegend nach der gebotenen Auslegung des Leistungsbegehrens des Klägers am 28. Mai 2013 ein Alg II-Antrag erst im Juni 2013 gestellt worden war, kommt es für den Senat weder auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage nach der (Un-)Zulässigkeit einer nachträglichen Beschränkung bzw. Rücknahme eines Alg-Antrags an (vgl. dazu ausführlich BayLSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 7 AS 642/12 -, juris Rn. 2ff.; ferner nachgehend BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R -, juris Rn. 21 ff. zur Unzulässigkeit einer nachträglichen Beschränkung des einmal gestellten Antrags, wenn dadurch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen innerhalb des Antragsmonats zugunsten des Antragstellers verändert werden sollen) noch bedarf es einer Entscheidung dazu, ob und in welchem Umfang dem Beklagten eine Beratungspflicht zur Verschiebung des Antragszeitpunktes im Sinne einer "Leistungsoptimierung" oblegen hatte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2016 - L 25 AS 1135/16 B PKH -, juris; Valgolio, in Hauck/Noftz, SGB, 02/17, § 37 SGB II, Rn. 50).
Nach alledem ist das dem Kläger am 15. Juni 2013 gutgeschriebene Insg als Vermö-gen iSd § 12 Abs. 1 SGB II zu bewerten, weil es dem Kläger vor der Alg II- Antrag-stellung zugeflossen ist. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SGB II standen dem (damals) 35 Jahre alten Kläger am 1. Juni 2013 Freibeträge iHv insgesamt 5.250,- EUR zu. Die Guthaben des Klägers auf seinen Bankkonten beliefen nach sich den mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 eingereichten Kontoauszügen am 31. Mai 2013 auf insgesamt 3.573,80 EUR und überschritten damit nicht die dem Kläger zustehenden Freibeträge. Im Einzelnen: Das Girokonto (Nr. ) bei der C Bank , auf dem dem Kläger am 15. Mai 2013 das Insg iHv 5.989,01 EUR gutgeschrieben worden war, wies am 31. Mai 2013 noch ein Guthaben iHv 3.496,11 EUR auf. Auf dem Tagesgeldkonto bei der CBank befanden sich an diesem Tag 66,19 EUR. Das Ckonto mit der Nr. wies am 31. Mai 2013 ein Guthaben iHv 11,50 EUR auf. Weiteres Vermögen war nicht vorhanden bzw. – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nach § 12 Abs. 2 Satz Nr. 2 SGB II (Riester-Rente bei der A -AG) nicht zu berücksichtigen oder wegen Unwirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II) nicht verwertbar (D-Lebensversicherung). Als Einkommen des Klägers war nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich für Juni 2013 das Alg iHv 641,62 EUR abzüglich der Versicherungspauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Verordnung iHv 30,- EUR abzu-setzen. Unter Berücksichtigung des monatlichen Bedarfs des Klägers iHv 848,07 EUR ergibt sich für Juni 2013 danach zwar ein Leistungsanspruch des Klägers iHv 236,45 EUR. Der Senat konnte den Beklagten gleichwohl für diesen Monat nur zur Bewilligung von Leistungen iHv 206,45 EUR verurteilen, da der Kläger mit der Klage vom 17. Sep-tember 2013 nur diesen (geringeren) Betrag geltend gemacht hatte. Für die Monate Juli und August 2013 ergibt sich mangels einzusetzenden Vermögens und anre-chenbaren Einkommens - wie tenoriert – ein Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II iHv monatlich 829,67 EUR (Bedarf: 848,07 EUR minus 18,40 EUR bereits bewil-ligter Leistungen).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Eine volle Überbürdung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf den Beklagten ist unangemessen, da der Klä-ger ungeachtet seiner bereits zum 1. September 2013 erfolgten Aufnahme einer Be-schäftigung mit der Klage vom 17. September 2013 zunächst auch noch höhere Leistungen für die Monate September und Oktober 2013 begehrt hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG lie-gen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved