L 3 R 321/17 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 R 1983/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 321/17 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Januar 2017 aufgehoben und der Klägerin für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C F, G Str., B, bewilligt. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt mit der am 28. Juli 2016 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Untätigkeitsklage gemäß § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung ihres Widerspruches vom 10. April 2016 gegen den Rentenbescheid vom 10. März 2016.

Die Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 10. Januar 2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnend am 01. Juli 2007 gewährt und die Rentenhöhe unter Ermittlung von 36,4490 persönlichen Entgeltpunkten (EP), davon allein für Beitragszeiten 32,2362 EP, bestimmt. Mit Rentenbescheid vom 28. April 2009 hatte die Beklagte auf Antrag der Klägerin nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen des Nachweises weiterer Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 02. Februar 1991 bis zum 16. September 1994 die Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab Rentenbeginn neu festgestellt und die Rentenhöhe unter Ermittlung von nunmehr 36,8143 EP, davon allein für Beitragszeiten 32,2361 EP, bestimmt. Ab dem 01. Juli 2014 hatte sie zudem bei der Rentenberechnung einen EP-Zuschlag von 1,000 gemäß § 307 d Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zugrunde gelegt, d.h. 37,8143 EP insgesamt.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2016 hat die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Rücknahme des Rentenbescheides vom 10. Januar 2008 nach § 45 SGB X für die Zeit ab Rentenbeginn und Rückforderung der Überzahlung nach § 50 SGB X angehört, weil sie im Versicherungsverlauf festgestellt habe, dass das Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. April 1979 "doppelt" als Zweitbetrag und für die Zeit vom 28. Januar bis zum 17. Februar 2002 fehlerhaft ein zusätzliches Arbeitslosengeld gespeichert und der Berechnung der Rente zugrunde gelegt worden sei.

Mit Bescheid vom 10. März 2016 hat dann die Beklagte die Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab Rentenbeginn neu festgestellt und die Rentenhöhe unter Ermittlung von nunmehr 36,6105 EP bzw. ab dem 01. Juli 2014 von 37,6105 EP, davon allein für Beitragszeiten 32,2361 EP, bestimmt. Zudem hat sie den Rentenbescheid vom "10. Januar 2008" hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 01. Juli 2007 nach § 45 SGB X zurückgenommen und die Erstattung der entstandene Überzahlung in Höhe von 265,28 EUR nach § 50 SGB X gefordert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie ohne Mühe die fehlerhafte Berücksichtigung des Arbeitsentgelts für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. April 1979 und des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 28. Januar bis zum 17. Februar 2002 habe erkennen können.

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 10. April 2016 Widerspruch erhoben. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigen vom 21. April 2016 hat die Klägerin vor weiterer Begründung des Widerspruches die Beklagte um Aufklärung gebeten, aufgrund welcher Informationen diese die ursprüngliche Einstellung der streitigen versicherten Entgelte bzw. nunmehr deren Fehlerhaftigkeit angenommen habe. Hierzu hat sich die Beklagte nicht geäußert.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2016 hat die Beklagte die Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab Rentenbeginn "neu festgestellt" und die Rentenhöhe unter Ermittlung von 36,6105 EP bzw. ab dem 01. Juli 2014 von 37,6105 EP, davon allein für Beitragszeiten 32,2361 EP, bestimmt sowie einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von insgesamt 7,98 EUR für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2016 festgestellt. Sie hat am Ende des Bescheides ausgeführt, im Widerspruchsverfahren sei sie zur Überzeugung gelangt, dass der Klägerin grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden könne, so dass eine Rücknahme des Bescheides vom "10. Januar 2008" nicht mehr möglich sei. Die in diesem Bescheid festgestellten rentenrechtlichen Zeiten seien daher der Berechnung der Rente weiterhin zugrunde zu legen. Jedoch schreibe § 48 Abs. 3 SGB X in diesen Fällen zwingend vor, dass die Rente auszusparen sei. Dies bedeute, dass bei künftigen Neuberechnungen und Rentenanpassungen die sich aus der beiliegenden Berechnung ergebenden Merkmale zugrunde gelegt würden. Dem Widerspruch sei damit im vollen Umfang abgeholfen (Seite 8 des Bescheides). Die durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten würden im vollen Umfang erstattet; die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei erforderlich gewesen (Seite 6 des Bescheides).

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 27. Juli 2016 ebenfalls Widerspruch erhoben, diesen jedoch nicht begründet.

Zudem hat die Klägerin am 28. Juli 2016 beim SG Untätigkeitsklage erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagte habe auf ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. März 2016 wie auch auf ihre Anfrage vom 21. Juli 2016 (gemeint wohl: 21. April 2016) nicht reagiert. Eine Abhilfe des Widerspruchs sei im Bescheid vom 16. Juni 2016 nicht erkennbar. Auch sei die Verfügung betreffend die Erstattungsforderung von 265,28 EUR nicht zurückgenommen und eine Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Widerspruchsverfahrens nicht getroffen worden. Die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Nachweisen hierzu hat die Klägerin mit Eingang am 20. September 2016 beim SG vorgelegt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mit dem Bescheid vom 16. Juni 2016 dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 10. März 2016 im vollen Umfang abgeholfen zu haben, so dass eine Untätigkeit ihrerseits nicht vorliege.

Nach Erteilung von Hinweisen zur Erfolgsaussicht der Klage mit richterlichen Schreiben vom 17. Oktober 2016 und 23. November 2016 hat das SG durch Beschluss vom 27. Januar 2017 den Antrag auf Gewährung von PKH für das Klageverfahren abgelehnt. Die Untätigkeitsklage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Eine Untätigkeit der Beklagten liege nicht vor, da sie mit dem vor Klageerhebung erlassenen Bescheid vom 16. Juni 2016 dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. März 2016 abgeholfen habe.

Gegen den ihr am 13. März 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die Klägerin mit der am 13. April 2017 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegten Beschwerde. Allein aus der Formulierung im Rentenbescheid, dass dem Widerspruch nach der Selbsteinschätzung der Beklagten abgeholfen worden sei, lasse nicht den Schluss zu, dass tatsächlich dem Widerspruch im vollen Umfang abgeholfen worden sei. Auf Nachfrage der Vorsitzenden hat die Beklagte einen – in den Rentenakten nicht enthaltenen - Ausdruck des Rentenbescheides vom 28. April 2009 vorgelegt. Sie führt aus, es sei aus dem Bescheid vom 16. Juni 2016 erkennbar, dass die Rentenbeträge wieder entsprechend dem Bescheid vom 28. April 2009 gezahlt würden. Zudem hat sie eine Kopie des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2017, mit dem sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. Juni 2016 zurückgewiesen hat, zur Gerichtsakte gereicht.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet. Denn das SG Berlin hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. Januar 2017 ihren Antrag auf PKH unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu Unrecht abgelehnt.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen nach den hierfür einschlägigen §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) vor. Nach § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Bewilligung von PKH entsprechend für das sozialgerichtliche Verfahren.

Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen PKH-Entscheidung lagen sowohl die persönlichen als auch die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH vor. Der Rechtsverfolgung der Klägerin, die die Kosten der Prozessführung weder aus ihren laufenden Einkünften noch ihrem Vermögen aufbringen kann, fehlte es nicht an der hinreichenden Erfolgsaussicht. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebietet in Verbindung mit dem unter anderem in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung ins Nebenverfahren der PKH eben dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. November 2007 – 1 BvR 68/07, 1BvR 70/07, 1 BvR 71/07 -, rech. bei juris Rn. 8 ff.). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im PKH-Verfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von PKH auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (BVerfG a.a.O. und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 - 1 BvR 1523/92 -, NJW 1994, 241, 242). Demnach ist ausgehend vom für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht gegebenenfalls von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG - Kommentar, 12. Auflage 2017, § 73a Rn. 7a).

Der für die Beurteilung der Voraussetzungen der PKH maßgebliche Zeitpunkt ist grundsätzlich der der Entscheidungsreife des Bewilligungsgesuchs, d.h. der Zeitpunkt, in dem alle für die Entscheidung über den Antrag erforderlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Tatsachen gemäß §§ 117, 118 ZPO aus dem Vortrag des Antragstellers/Klägers und den Akten zu entnehmen sind (Leitherer, a.a.O., § 73a Rn. 7d). Andernfalls würde der Zweck der PKH verfehlt, auch dem Bedürftigen Rechtsschutz zu ermöglichen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG gebieten Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (Beschluss vom 26. Juni 2003 - 1 BvR 1152/02 SozR 4 - 1500 § 73a Nr.1).

Abzustellen hatte das SG somit auf die Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Prüfungszeitpunkt, der hier im Oktober 2016 lag, denn seit dem 20. September 2016 lag das vollständig ausgefüllte und mit den geforderten Anlagen versehene Formular der Klägerin nach § 117 ZPO (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) beim SG vor und die Beklagte hatte mit Schriftsatz vom 12. August 2016 zur Untätigkeitsklage (und dem damit verbundenen PKH-Antrag) Stellung genommen und deren Abweisung beantragt.

Nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG ist eine Untätigkeitsklage erst nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes zulässig, wenn über diesen ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt (§ 88 Abs. 2 SGG).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage ist daher, dass vom Kläger zuvor Widerspruch eingelegt, dieser nicht beschieden und die Sperrfrist des § 88 Abs. 2 SGG gewahrt worden ist.

Vorliegend hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. April 2016, bei der Beklagten eingegangen am 11. April 2016, Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. März 2016 eingelegt. Hierbei hatte sie, dokumentiert durch ihre Anfrage vom 21. April 2016, schon die von der Beklagten dem Bescheid vom 10. März 2016 zugrunde gelegten Annahmen, dass das Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. April 1979 "doppelt" als Zweitbetrag und für die Zeit vom 28. Januar bis zum 17. Februar 2002 fehlerhaft ein zusätzliches Arbeitslosengeld gespeichert worden sei, in Frage gestellt und um Aufklärung bzw. Nachweise ("Informationen") gebeten. Bei Erhebung der Untätigkeitsklage am 28. Juli 2016 war auch die 3-monatige Sperrfrist nach § 88 Abs. 2 SGG abgelaufen, ohne dass die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 10. März 2016 sachlich beschieden hatte. Denn entgegen der von der Beklagten und dem SG vertretenen Ansicht, ist dem Widerspruch der Klägerin zum Bescheid vom 10. März 2016 nur zu einem (wenn auch großen) Teil durch den Bescheid vom 16. Juni 2016 abgeholfen worden.

Abgeholfen i.S.v. § 85 Abs. 1 SGG ist dem Widerspruch nur, wenn dem Begehren des Widerspruchsführers in vollem Umfang stattgegeben wird; dann ist der Betroffene klaglos gestellt, weil nicht mehr beschwert (Schmidt in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt; a.a.O., § 85 SGG Rn. 2b). Soweit dem Widerspruch nicht abgeholfen wird, ist ein Widerspruchsbescheid durch die zuständige Stelle zu erlassen (§ 85 Abs. 2 SGG).

Hier ist eine umfassende Klaglosstellung der Klägerin nicht erkennbar. Die sich aus dem Bescheid vom 10. März 2016 ergebende Beschwer der Klägerin resultierte zum einen in der teilweisen Rücknahme der Rentenhöchstwertfestsetzung (Summe der Entgeltpunkte), die der Ermittlung des monatlichen Zahlbetrages ihrer Erwerbsminderungsrente bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides zugrunde lag, für die Vergangenheit und für die Zukunft nach § 45 SGB X einschließlich der Feststellung, dass die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung wegen unzutreffender Speicherung von weiteren Arbeitsentgelten rechtswidrig sei (vgl. zum Inhalt eines Rücknahmebescheides nach § 45 SGB X: Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 04. Februar 1998 - B 9 V 24/96 R -, in juris Rn. 24). Die Klägerin war insbesondere durch die hierin von der Beklagten getroffene Regelung, den neuen - niedrigeren - Rentenhöchstwert (für die Zeit ab dem 01. Juli 2014) von 37,6105 EP allen zukünftigen Rentenzahlbetragsbestimmungen – einschließlich der Rentenanpassungen (§§ 64, 65 SGB VI) – zugrunde zu legen, beschwert. Zum anderen resultierte ihre Beschwer auch aus der Geltendmachung eines Erstattungsanspruches nach § 50 SGB X betreffend die ermittelte Überzahlung in Höhe von 265,28 EUR. Die im Bescheid vom 16. Juni 2016 getroffenen Regelungen haben jedoch nur einen (wenn auch großen) Teil der Beschwer der Klägerin aus dem Bescheid vom 10. März 2016 beseitigt. Zum einen hatte die Beklagte in der Anlage am Schluss des Bescheides vom 16. Juni 2016 zum Ausdruck gebracht, dass sie der Rentenberechnung die vor Erlass des angefochtenen Neufeststellungs-, Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 10. März 2016 maßgeblichen rentenrechtlichen Zeiten der Rentenberechnung, folglich die im Bescheid vom 28. April 2009 daraus ermittelten 36,8143 EP bzw. ab dem 01. Juli 2014 37,8143 EP, weiter zugrunde legen werde. Aus dem Hinweis, dass grobe Fahrlässigkeit der Klägerin nicht unterstellt werden könne und dass eine Rücknahme des Bescheids vom "10. Januar 2008" nicht mehr möglich sei, ist zu folgern, dass sie auch ihre Rücknahmeverfügung nach § 45 SGB X im Bescheid vom 10. März 2016 aufgehoben hatte. Durch die Ermittlung eines Nachzahlungsbetrages für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2016 hatte sie erkennbar von der noch im Bescheid vom 10. März 2016 ermittelten Überzahlung von 265,28 EUR und Geltendmachung deren Erstattung nach § 50 SGB X Abstand genommen. Jedoch hatte die Beklagte an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung wegen unzutreffender Speicherung von weiteren Arbeitsentgelten wie auch an der zukünftigen Zugrundelegung der als rechtmäßig beurteilten Rentenhöchstwertfestsetzung aus dem Bescheid vom 10. März 2016 (37,6105 EP statt 37,8143 EP) bei den Rentenanpassungen bis zur vollständigen Abschmelzung der rechtswidrigen Begünstigung festgehalten und sich nunmehr zur Begründung hierfür auf § 48 Abs. 3 SGB X statt auf § 45 SGB X gestützt. Gerade gegen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Rentenhöchstwertfestsetzung richtete sich der Widerspruch der Klägerin, wie aus ihrem nachfragenden Schreiben vom 21. April 2016 deutlich wird. Da der Bescheid vom 16. Juni 2016 als Teilabhilfe und Austausch der rechtlichen Begründung (nunmehr: Feststellung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X; vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2004 – B 9 VS 1/04 R -, in juirs Rn. 15) den Bescheid vom 10. März 2016 abändert, ist er nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden.

Im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages der Klägerin wie auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG hierüber im Januar 2017 war die Untätigkeitsklage auch begründet. Zwar kann für die Dauer der Prüfung einer Teilabhilfe des Widerspruchs ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Widerspruchs gesehen werden, jedoch fehlte es hieran im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages. Zu diesem Zeitpunkt waren weitere zwei Monate verstrichen, obwohl die Klägerin mit ihrem am 27. Juli 2016 eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. Juni 2016 wie auch mit der Erhebung der Untätigkeitsklage am 28. Juli 2016 gegenüber der Beklagten unmissverständlich ihr Begehren auf abschließende Bescheidung ihres Widerspruches zum Ausdruck gebracht hatte. Eine abschließende Bescheidung des Widerspruchs ist erst mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2017 erfolgt, in dem der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16. Juni 2016 (richtig: gegen den Bescheid vom 10. März 2016 in der Fassung des Bescheides vom 16. Juni 2016) zurückgewiesen wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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