L 1 KR 351/04

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 2 RA 780/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 351/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 20/05 R
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) der Versicherungspflicht unterliegt.

Der 1968 geborene Kläger teilte am 26. April 2000 der Beklagten mit, er sei als freier Handelsvertreter für die X. Aktiengesellschaft (X.) tätig und vermittle für ca. 17 unterschiedliche Auftraggeber, die gleichzeitig Kooperationspartner der X. seien. Er selbst halte sich nicht für versicherungspflichtig, beantrage jedoch hilfsweise die Befreiung von der Versicherungspflicht als Existenzgründer (§ 6 Abs. 1 a SGB VI).

Mit Bescheid vom 14. Februar 2001 befreite die Beklagte den Kläger für die Zeit vom 26. April 2000 bis 1. Oktober 2002 von der Versicherungspflicht, da es sich bei der Aufnahme seiner jetzigen Tätigkeit um die erste Existenzgründung handele. Da der Kläger bereits seit 1. Oktober 1999 tätig sei, der Antrag jedoch erst am 26. April 2000 gestellt worden sei, beginne die Befreiung erst mit diesem Tag. Für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 25. April 2000 bestehe Versicherungspflicht. Nach dem Ende der Befreiung trete die Versicherungspflicht als Selbständiger wieder ein, sofern zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen vorlägen. Hiergegen erhob der Kläger am 16. März 2001 Widerspruch. Mit weiterem Bescheid vom 14. August 2001 berechnete die Beklagte die Beträge für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 25. April 2000 in Höhe von 2.947,17 DM. Dieser Bescheid wurde Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, dass der Kläger keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige. Auch übe er eine Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für die X. aus. Die Produkt- bzw. Kooperationspartner der X. stellten keine eigenständigen Auftraggeber dar.

Hiergegen hat der Kläger am 6. Dezember 2001 bei dem Sozialgericht Fulda Klage erhoben. Er ist insbesondere der Auffassung, dass die vier nebenberuflichen Vermögensberater-Assistenten, die ihm zugeordnet seien, wie Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Satz 1 Ziffer 9 a SGB VI einzustufen seien. Im Übrigen sei er auch für insgesamt 16 Kooperationspartner der X. tätig. Diese seien als eigenständige Auftraggeber anzusehen. Mit Urteil vom 14. Mai 2004 hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Bereits der Wortlaut des Gesetzes, der die Begriffe "Arbeitnehmer", "Beschäftigung" und "Versicherungspflicht" verwende, schließe es aus, selbständig tätige Vermögensberater-Assistenten versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern gleichzustellen. Auch die Kooperationspartner der X., deren Produkte der Kläger im Rahmen des Vermögensberater-Vertrages vertreibe, könnten nicht als seine "Auftraggeber" im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Insbesondere erwerbe der Kläger als Handelsvertreter gegenüber den Kooperationspartnern der X. keine Ansprüche auf eine Gegenleistung für seine berufliche Tätigkeit. Die verdiente Provision zahle vielmehr ausschließlich die X. Einwände gegen die Beitragsberechnung habe der Kläger nicht erhoben. Letztlich bestünden gegen die Vorschrift von § 2 Satz 1 Ziffer 9 SGB VI auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Gegen dieses den Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 26. August 2004 zugestellte Urteil hat er am 27. September 2004 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ist er insbesondere der Auffassung, dass die ihm zuarbeitenden Untervertreter als Arbeitnehmer anzusehen seien, die einzelnen Produktpartner seine Auftraggeber seien und die Vorschrift von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sowohl gegen Verfassungs- als auch Europarecht verstoße.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Mai 2004 sowie die Bescheide vom 14. Februar 2001 und 14. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2001 insoweit aufzuheben, als die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 25. April 2000 die Versicherungspflicht festgestellt habe und für diesen Zeitraum Beiträge fordere.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss angehört.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

II.

Der Senat konnte ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu vorher ordnungsgemäß angehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet (§§ 143, 151 SGG).

Das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Mai 2004 sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Der Kläger unterliegt nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI der Rentenversicherungspflicht.

Danach sind versicherungspflichtig selbständige tätige Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 630,00 DM im Monat übersteigt und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Das Sozialgericht hat im Einzelnen zutreffend die Voraussetzungen dieser Vorschrift bejaht und festgestellt, dass der Kläger als Vermögensberater keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige. Zutreffend hat die Beklagte bereits darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Beschäftigung freier Mitarbeiter ohne Einfluss auf die Versicherungspflicht ist. In gleicher Weise gilt dies für Mitarbeiter, die dem Kläger als nebenberufliche Vermögensberater-Assistenten zugeordnet sind. Zutreffend weist das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil darauf hin, dass die Funktion als "Untervertreter" bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Arbeitnehmereigenschaft nicht begründe. Des Weiteren liegen auch die weiteren Voraussetzungen einer Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI vor, da der Kläger entgegen seiner Auffassung nicht für mehrere, sondern nur für einen Auftraggeber tätig ist. Auch dies ist in dem angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf den Vermögensberater-Vertrag vom 25. April 2000/30. April 2000 im Einzelnen dargelegt. In gleicher Weise gilt das für die von dem Kläger vorgetragenen Argumente aus verfassungsrechtlicher bzw. europarechtlicher Sicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts und sieht insoweit von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Mit der vorliegenden Problematik hat sich bereits ausführlich das Landessozialgericht Baden-Württemberg beschäftigt (Urteile vom 15. März 2005 – L 9 R 3743/03 und vom 13. Mai 2005 – L 4 KR 1491/03) Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ausdrücklich an (vgl. auch Urteil des Hessischen Landessozialgerichtsgerichts vom 22. Juli 2003 – L 2 RA 1213/02). Im Übrigen hat der Senat die Frage, ob das Tätigwerden für Kooperationspartner eines Unternehmens ein Tätigsein für einen oder mehrere Auftraggeber darstellt, bereits entschieden (Urteil des erkennenden Senats vom 9. Juni 2005 – L 1 KR 550/03).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision zugelassen, nachdem gegen die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg bereits Revisionen bei dem Bundessozialgericht anhängig sind (B 12 RA 1/05 R und B 12 RA 2/05 R).
Rechtskraft
Aus
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