Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 105/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 132/05 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 6. Juli 2005 aufgehoben.
II. Der Antragstellerin wird für das vor dem Sozialgericht Darmstadt unter dem Az: S 1 AS 105/05 ER geführte Verfahren Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, bewilligt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 6. Juli 2005 konnte keinen Bestand haben. Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, zu bewilligen.
Nach § 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (= persönliche Voraussetzung) auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (= sachliche Voraussetzung). Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Keller/Leitherer in: Meyer-Ladewig, Kommentar SGG, 8. Auflage, § 73 a Rdziff. 7 m. w. N.). Der Erfolg braucht nicht mit Sicherheit festzustehen. Bei der Beurteilung, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, muss der verfassungsrechtliche Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz GG ) berücksichtigt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder -verteidigung selbst in das PKH-Verfahren vorzuverlagern; Erfolgsaussichten dürfen deshalb nicht überzogen werden (Keller/Leitherer a. a. O.). Die hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Keller/Leitherer a. a. O., Rdziff. 7 a).
Vorliegend streiten die Beteiligten über die Bewilligung von Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechtes.
Die Antragstellerin steht im Leistungsbezug der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Ihr Antrag vom 30. Dezember 2004 mit dem Ziel, die Übernahme der Fahrtkosten zwecks Abholung und Rückbringung ihres Sohnes bei und zu ihrem Ex-Ehemann in G. zu erreichen, wurde mit Bescheid vom 4. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2005, abgelehnt. Der Antragsgegner stützte sich im Wesentlichen darauf, dass die Regelung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), die eine Übernahme der Fahrtkosten - auch für die Antragstellerin - in der Vergangenheit ermöglichte, durch die Neuregelung des SGB II zum 1. Januar 2005 entfallen sei. § 20 SGB II sehe nur Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Leistungen, um Beziehungen zur Umwelt und einer Teilnahme am kulturellen Leben zu ermöglichen, vor. Durch die Erhöhung des Regelsatzes zum 1. Januar 2005 nach dem SGB II seien die Leistungen pauschaliert worden und einmalige Beihilfen wie es § 21 BSHG vorgesehen habe, nicht mehr möglich. Da das Umgangsrecht nicht zu den Leistungen zähle, die vom Regelbedarf erfasst seien (§ 23 SGB II), sei eine einmalige Zahlung zur Wahrnehmung des Umgangsrechtes nach dem SGB II ausgeschlossen. Jedoch könne im Einzelfalle ein Bedarf, der von der Regelleistung nicht gedeckt sei, nach § 23 SGB II darlehensweise gewährt werden. Dies lehne die Antragstellerin aber ab, da sie bei Rückzahlung eine Unterschreitung des Existenzminimums befürchte. Die Gewährung der Beihilfe für die Antragstellerin auf Darlehensbasis und die damit einhergehende Aufrechnung nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Höhe von bis zu 10 v. H. der Regelleistungen der Bedarfsgemeinschaft, entspreche aber dem geltenden Recht. Von einer Unterschreitung des Existenzminimums könne daher auch aufgrund des zusätzlichen zur Regelleistung zur Verfügung stehenden Mehrbedarfs für Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II in Höhe von monatlich 124,00 Euro nicht ausgegangen werden. Die Übernahme der Beihilfe nach § 73 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII) würde durch § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht ermöglicht, da der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II den Leistungsbezug nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausschließe.
Das Sozialgericht Darmstadt hat den mit Schreiben vom 6. Juni 2005, eingegangen am 7. Juni 2005, gestellten Eilantrag durch Beschluss vom 6. Juli 2005 nebst der beantragten Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die ablehnende Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf die Wiederholung der ablehnenden Gründe aus dem Widerspruchsbescheid des Antragsgegners. Des Weiteren war das SG der Auffassung, dass die Antragstellerin nicht präzisiert habe, wie oft sie von ihrem Umgangsrecht Gebrauch machen wolle. Damit habe die Antragstellerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren den Umfang der konkreten Aufwendungen, die bei der Wahrnehmung des Umgangrechtes entstünden, nicht nachvollziehbar dargetan. Dies sei aber erforderlich, um im Einzelfall eine Prüfung vornehmen zu können, ob ein in seiner Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichender, unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gegeben sei.
Der erkennende Senat teilt den Rechtsstandpunkt des SG nicht und hält eine hinreichende Erfolgsaussicht zum Zeitpunkt der Antragstellung am 7. Juni 2005 aufgrund der Sachverhaltsschilderung der Antragstellerin zumindest für vertretbar. Dabei lässt sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten: § 20 SGB II könnte als Rechtsgrundlage für die Übernahme der im Rahmen des Umgangsrechtes anfallenden Kosten geeignet sein. Zwar umfasst die Übernahme nach § 20 Abs. 1 SGB II die Sicherung des Lebensunterhalts und insbesondere für die dort aufgeführten Fälle. Die Aufzählung in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist aber nicht erschöpfend, wie das Wort "insbesondere" zeigt. Mit der Regelleistung soll der im Normalhaushalt auftretende typische Bedarf abgedeckt werden. Getrennt lebende Familien - wie hier die Antragstellerin und ihr geschiedener Ehemann mit dem gemeinsamen Sohn M. - sind aber nicht der typische Normalhaushalt. Durch das Umgangsrecht - laut der geschlossenen familienrechtlichen Vereinbarung vom 15. August 2000 vor dem Amtsgericht Mannheim - besteht für die Antragstellerin ein untypischer Bedarf, der im Sozialhilferecht als besondere Leistung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG abgedeckt war (vgl. in einem ähnlichen Fall SG Schleswig, Beschluss vom 9. März 2005, Az.: S AS 52/05 ER). Entsprechend hat die Antragstellerin im letzten Jahr als Sozialhilfeempfängerin auch die Kosten für die Realisierung des Umgangsrechtes erstattet bekommen. Das SG Schleswig führt in einer ähnlichen Fallkonstellation überzeugend aus: "Mit der Schaffung des SGB II ist für die erwerbsfähigen Bedürftigen eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen worden. Der Rückgriff auf die Leistungen der Sozialhilfe ist grundsätzlich durch § 5 SGB II ausgeschlossen. Nach Auffassung der Kammer bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig eine Schlechterstellung der Arbeitslosengeld II-Empfänger gegenüber den Sozialhilfeempfängern. Dies wäre schon wegen der höheren Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II, die etwa 16 % über dem Regelsatz der Sozialhilfe liegen soll, nicht gerechtfertigt. Wenn Hilfeempfänger nach § 73 SGB XII in sonstigen Lebenslagen, Leistungen erhalten können, muss dies durch eine grundgesetzkonforme Auslegung der §§ 20 ff. SGB II ebenfalls ALG II-Empfänger gewährleistet sein. Anderenfalls wäre das durch Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte Sozialstaatsprinzip verletzt". Im Hauptsacheverfahren müsste danach geprüft werden, ob auf der Rechtsgrundlage des § 20 SGB II (oder nach Auffassung des SG des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) eine entsprechende Erstattung der Kosten für das Umgangsrecht unter Berücksichtigung des Normzwecks erfolgen könnte und wenn dies der Fall ist, ob diese Leistung durch den üblichen Regelsatz unter Berücksichtigung des Existenzminimums gedeckt ist oder ob vielmehr eine zusätzliche Leistung - so die Auffassung der Antragstellerin - gewährt werden müsste. Denkbar ist auch die Rechtsansicht, dass bei der Annahme einer sonstigen Lebenslage der Vorrang des SGB II vor dem SGB XII nicht gelte, und insoweit ergänzende Leistungen nach § 73 XII in Betracht kämen (so SG Hannover, Beschluss vom 7. Februar 2005, Az.: S 52 SO 37/05 ER). Die abschließende Prüfung bleibt insoweit aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Soweit das SG der Auffassung ist, die Antragstellerin habe ihr Umgangsrecht nicht präzisiert, folgt der erkennende Senat dem SG auch in diesem Punkt nicht. Der Senat ist der Auffassung, dass der Vortrag der Antragstellerin dahingehend zu verstehen ist, dass sie ihr Umgangsrecht nur dann wahrnehmen kann, wenn sie dem Kindsvater, das heißt ihrem geschiedenen Ehemann, zumindest hälftig die Fahrtkosten entweder per PKW oder per Bahn erstatten kann. Nach ihrem Vortrag kam es durch die schleppende Erstattung des Antragsgegners in diesem Punkt immer wieder zu Differenzen mit ihrem Ex-Ehemann, der nicht bereit war, hier ständig in Vorkasse zu treten und deshalb das Umgangsrecht von der Klärung dieser finanziellen Frage abhängig gemacht hat.
Deshalb war die Gewährung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, nach § 121 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 73 a SGG auszusprechen.
Der Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§§ 177, 153, 73 a SGG, § 127 Abs. 2 ZPO).
II. Der Antragstellerin wird für das vor dem Sozialgericht Darmstadt unter dem Az: S 1 AS 105/05 ER geführte Verfahren Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, bewilligt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 6. Juli 2005 konnte keinen Bestand haben. Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, zu bewilligen.
Nach § 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (= persönliche Voraussetzung) auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (= sachliche Voraussetzung). Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Keller/Leitherer in: Meyer-Ladewig, Kommentar SGG, 8. Auflage, § 73 a Rdziff. 7 m. w. N.). Der Erfolg braucht nicht mit Sicherheit festzustehen. Bei der Beurteilung, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, muss der verfassungsrechtliche Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz GG ) berücksichtigt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder -verteidigung selbst in das PKH-Verfahren vorzuverlagern; Erfolgsaussichten dürfen deshalb nicht überzogen werden (Keller/Leitherer a. a. O.). Die hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Keller/Leitherer a. a. O., Rdziff. 7 a).
Vorliegend streiten die Beteiligten über die Bewilligung von Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechtes.
Die Antragstellerin steht im Leistungsbezug der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Ihr Antrag vom 30. Dezember 2004 mit dem Ziel, die Übernahme der Fahrtkosten zwecks Abholung und Rückbringung ihres Sohnes bei und zu ihrem Ex-Ehemann in G. zu erreichen, wurde mit Bescheid vom 4. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2005, abgelehnt. Der Antragsgegner stützte sich im Wesentlichen darauf, dass die Regelung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), die eine Übernahme der Fahrtkosten - auch für die Antragstellerin - in der Vergangenheit ermöglichte, durch die Neuregelung des SGB II zum 1. Januar 2005 entfallen sei. § 20 SGB II sehe nur Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Leistungen, um Beziehungen zur Umwelt und einer Teilnahme am kulturellen Leben zu ermöglichen, vor. Durch die Erhöhung des Regelsatzes zum 1. Januar 2005 nach dem SGB II seien die Leistungen pauschaliert worden und einmalige Beihilfen wie es § 21 BSHG vorgesehen habe, nicht mehr möglich. Da das Umgangsrecht nicht zu den Leistungen zähle, die vom Regelbedarf erfasst seien (§ 23 SGB II), sei eine einmalige Zahlung zur Wahrnehmung des Umgangsrechtes nach dem SGB II ausgeschlossen. Jedoch könne im Einzelfalle ein Bedarf, der von der Regelleistung nicht gedeckt sei, nach § 23 SGB II darlehensweise gewährt werden. Dies lehne die Antragstellerin aber ab, da sie bei Rückzahlung eine Unterschreitung des Existenzminimums befürchte. Die Gewährung der Beihilfe für die Antragstellerin auf Darlehensbasis und die damit einhergehende Aufrechnung nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Höhe von bis zu 10 v. H. der Regelleistungen der Bedarfsgemeinschaft, entspreche aber dem geltenden Recht. Von einer Unterschreitung des Existenzminimums könne daher auch aufgrund des zusätzlichen zur Regelleistung zur Verfügung stehenden Mehrbedarfs für Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II in Höhe von monatlich 124,00 Euro nicht ausgegangen werden. Die Übernahme der Beihilfe nach § 73 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII) würde durch § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht ermöglicht, da der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II den Leistungsbezug nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausschließe.
Das Sozialgericht Darmstadt hat den mit Schreiben vom 6. Juni 2005, eingegangen am 7. Juni 2005, gestellten Eilantrag durch Beschluss vom 6. Juli 2005 nebst der beantragten Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die ablehnende Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf die Wiederholung der ablehnenden Gründe aus dem Widerspruchsbescheid des Antragsgegners. Des Weiteren war das SG der Auffassung, dass die Antragstellerin nicht präzisiert habe, wie oft sie von ihrem Umgangsrecht Gebrauch machen wolle. Damit habe die Antragstellerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren den Umfang der konkreten Aufwendungen, die bei der Wahrnehmung des Umgangrechtes entstünden, nicht nachvollziehbar dargetan. Dies sei aber erforderlich, um im Einzelfall eine Prüfung vornehmen zu können, ob ein in seiner Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichender, unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gegeben sei.
Der erkennende Senat teilt den Rechtsstandpunkt des SG nicht und hält eine hinreichende Erfolgsaussicht zum Zeitpunkt der Antragstellung am 7. Juni 2005 aufgrund der Sachverhaltsschilderung der Antragstellerin zumindest für vertretbar. Dabei lässt sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten: § 20 SGB II könnte als Rechtsgrundlage für die Übernahme der im Rahmen des Umgangsrechtes anfallenden Kosten geeignet sein. Zwar umfasst die Übernahme nach § 20 Abs. 1 SGB II die Sicherung des Lebensunterhalts und insbesondere für die dort aufgeführten Fälle. Die Aufzählung in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist aber nicht erschöpfend, wie das Wort "insbesondere" zeigt. Mit der Regelleistung soll der im Normalhaushalt auftretende typische Bedarf abgedeckt werden. Getrennt lebende Familien - wie hier die Antragstellerin und ihr geschiedener Ehemann mit dem gemeinsamen Sohn M. - sind aber nicht der typische Normalhaushalt. Durch das Umgangsrecht - laut der geschlossenen familienrechtlichen Vereinbarung vom 15. August 2000 vor dem Amtsgericht Mannheim - besteht für die Antragstellerin ein untypischer Bedarf, der im Sozialhilferecht als besondere Leistung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG abgedeckt war (vgl. in einem ähnlichen Fall SG Schleswig, Beschluss vom 9. März 2005, Az.: S AS 52/05 ER). Entsprechend hat die Antragstellerin im letzten Jahr als Sozialhilfeempfängerin auch die Kosten für die Realisierung des Umgangsrechtes erstattet bekommen. Das SG Schleswig führt in einer ähnlichen Fallkonstellation überzeugend aus: "Mit der Schaffung des SGB II ist für die erwerbsfähigen Bedürftigen eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen worden. Der Rückgriff auf die Leistungen der Sozialhilfe ist grundsätzlich durch § 5 SGB II ausgeschlossen. Nach Auffassung der Kammer bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig eine Schlechterstellung der Arbeitslosengeld II-Empfänger gegenüber den Sozialhilfeempfängern. Dies wäre schon wegen der höheren Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II, die etwa 16 % über dem Regelsatz der Sozialhilfe liegen soll, nicht gerechtfertigt. Wenn Hilfeempfänger nach § 73 SGB XII in sonstigen Lebenslagen, Leistungen erhalten können, muss dies durch eine grundgesetzkonforme Auslegung der §§ 20 ff. SGB II ebenfalls ALG II-Empfänger gewährleistet sein. Anderenfalls wäre das durch Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte Sozialstaatsprinzip verletzt". Im Hauptsacheverfahren müsste danach geprüft werden, ob auf der Rechtsgrundlage des § 20 SGB II (oder nach Auffassung des SG des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) eine entsprechende Erstattung der Kosten für das Umgangsrecht unter Berücksichtigung des Normzwecks erfolgen könnte und wenn dies der Fall ist, ob diese Leistung durch den üblichen Regelsatz unter Berücksichtigung des Existenzminimums gedeckt ist oder ob vielmehr eine zusätzliche Leistung - so die Auffassung der Antragstellerin - gewährt werden müsste. Denkbar ist auch die Rechtsansicht, dass bei der Annahme einer sonstigen Lebenslage der Vorrang des SGB II vor dem SGB XII nicht gelte, und insoweit ergänzende Leistungen nach § 73 XII in Betracht kämen (so SG Hannover, Beschluss vom 7. Februar 2005, Az.: S 52 SO 37/05 ER). Die abschließende Prüfung bleibt insoweit aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Soweit das SG der Auffassung ist, die Antragstellerin habe ihr Umgangsrecht nicht präzisiert, folgt der erkennende Senat dem SG auch in diesem Punkt nicht. Der Senat ist der Auffassung, dass der Vortrag der Antragstellerin dahingehend zu verstehen ist, dass sie ihr Umgangsrecht nur dann wahrnehmen kann, wenn sie dem Kindsvater, das heißt ihrem geschiedenen Ehemann, zumindest hälftig die Fahrtkosten entweder per PKW oder per Bahn erstatten kann. Nach ihrem Vortrag kam es durch die schleppende Erstattung des Antragsgegners in diesem Punkt immer wieder zu Differenzen mit ihrem Ex-Ehemann, der nicht bereit war, hier ständig in Vorkasse zu treten und deshalb das Umgangsrecht von der Klärung dieser finanziellen Frage abhängig gemacht hat.
Deshalb war die Gewährung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, nach § 121 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 73 a SGG auszusprechen.
Der Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§§ 177, 153, 73 a SGG, § 127 Abs. 2 ZPO).
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