L 1 B 87/05 KR

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 13 RJ 914/03
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 87/05 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 11. Februar 2005 abgeändert. Die Beklagte und die Beigeladene haben der Klägerin jeweils 7/16 der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen zu erstatten.
Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Ausgangsverfahren war streitig, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Rentenversicherung wegen Pflegeleistungen vorliegen.

Dies hatte die Beklagte aufgrund einer entsprechenden Auskunft der Beigeladenen vom 10. September 2002 abgelehnt. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gießen wurde am 2. Oktober 2003 ein neues Pflegegutachten erstellt, in dem die Pflegestufe zwei festgestellt wurde. Daraufhin teilte die Beigeladene der Klägerin mit Schreiben vom 29. Januar 2004 mit, dass ihre Rentenversicherungspflicht am 1. September 2002 beginne.

Hinsichtlich der Kosten vertrat die Beklagte die Auffassung, dass diese von der Beigeladenen zu tragen seien, da sie an die Feststellungen der Beigeladenen gebunden sei. Die Beigeladene lehnte eine Kostenübernahme ab, da für die Feststellung der Rentenversicherungspflicht die Beklagte zuständig sei.

Mit Beschluss vom 11. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, 7/8 der Kosten zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beigeladene sei von einer Kostentragungspflicht freizustellen. Sie sei lediglich gegenüber der Beklagten tätig geworden und habe die Klägerin nicht beschieden. Nachdem die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nicht ab Antragstellung im Mai 2002, sondern erst ab September 2002 vorgelegen hätten, seien der Beklagten nur 7/8 der Kosten aufzuerlegen gewesen.

Gegen diesen der Beklagten am 9. März 2005 zugestellten Beschluss hat sie am 11. März 2005 bei dem Sozialgericht Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Nach § 193 Abs. 1 S. 3 SGG entscheidet das Gericht über die Kostenerstattungspflicht der Beteiligten durch Beschluss, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet worden ist. Ob und in welchem Umfang Kosten zu erstatten sind, ist nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens diese Ermessensentscheidung nach § 193 SGG nicht nur im Hinblick auf das Vorliegen eines Ermessensfehlers des Sozialgerichts nachzuprüfen ist; vielmehr ist die Entscheidung des im Rechtszug untergeordneten Gerichts von dem Senat uneingeschränkt zu überprüfen (Hessisches Landessozialgericht - HLSG -, Beschluss vom 28. Dezember 2005 - L 1 B 9/04 KR). Als Kriterien sind der Sach- und Streitstand bis zum erledigenden Ereignis und der mutmaßliche Verfahrensausgang zu berücksichtigen. Daneben sind für die sachgerechte Verteilung der Kosten auch die sich aus der Prozessgeschichte ergebenden Umstände beachtlich. Insbesondere gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren das "Veranlassungsprinzip", das bei der Kostenentscheidung auch das Verschulden einbezieht, das ein Beteiligter an der Entstehung eines von vornherein vermeidbaren Prozesses trägt (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 193 Rdnrn. 12 b und 12 c).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist es sachgerecht, dass die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin zwischen der Beklagten und der Beigeladenen geteilt werden.

Bei der Prüfung zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen findet zwischen der Beigeladenen und der Beklagten ein arbeitsteiliges Vorgehen statt. Dies ergibt sich insbesondere aus der zwischen den Spitzenverbänden vereinbarten Verfahrensbeschreibung vom 11. Februar 2004. Danach ist zunächst zu klären (bevor die Pflegekasse dem Rentenversicherungsträger den Fall zur Bescheiderteilung zuleitet), ob die Voraussetzungen einer Versicherungspflicht der Pflegeperson und infolgedessen eine Zahlungspflicht der Pflegekasse vorliegt. Soweit es dabei um Vorfragen der Versicherungspflicht geht, die im Verantwortungsbereich der Pflegekasse liegen, obliegt ihr allein die Feststellung der maßgebenden Tatbestandsvoraussetzungen. Hierzu gehören (Ziffer 2 der Verfahrensbeschreibung):

- Stufe der Pflegebedürftigkeit als Grundlage der Beitragsbemessung - zeitlicher Umfang der von der Pflegeperson ausgeübten Pflegetätigkeit. Soweit die Pflegekasse ihre Leistungspflicht nicht für gegeben hält, hat sie dies der Pflegeperson mitzuteilen (Ziffer 3 der Verfahrensbeschreibung). Weiter teilt die Pflegekasse dem zuständigen Rentenversicherungsträger die Gründe der Ablehnung mit. Beruht der streitige Sachverhalt auf der Nichtaufnahme der Beitragszahlung, da der erforderliche Mindestpflegeumfang nicht erreicht wird, hat die Pflegekasse diese Vorfrage der Versicherungspflicht abschließend zu klären. Das heißt, dass sie anhand der Angaben beziehungsweise vorliegender Nachweise zu prüfen hat, ob es bei der ursprünglichen Entscheidung ganz oder teilweise verbleibt. Der zuständige Rentenversicherungsträger hat über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Pflegeperson durch Bescheid zu entscheiden. Hierbei sind die Feststellungen der Pflegekasse zur Pflegebedürftigkeit, zur Pflegestufe und zum Umfang der von der Pflegeperson ausgeübten Pflegetätigkeit von dem Rentenversicherungsträger der Entscheidung zugrundezulegen (Ziffer 4 der Verfahrensbeschreibung).

Dieses Verfahren zeigt, dass sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene an der Feststellung der Rentenversicherungspflicht von Pflegepersonen beteiligt sind. Das alleinige Abheben auf die Zuständigkeit der Beklagten, wie die Beigeladene unter Hinweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. November 2004 (S 2 RJ 144/03) vorträgt, greift zu kurz und berücksichtigt nicht, dass die Beigeladene durch ihr Tätigwerden vor der Entscheidung der Beklagten einen entscheidenden Einfluss hatte.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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