Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Kg 1286/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 26. November 1969 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1925 geborene Kläger, von Beruf kaufmännischer Angestellter, ist seit dem 13. März 1964 mit E. geb. B., der leiblichen Mutter der beiden vorehelich 1956 und 1959 geborenen Kinder M. und M. B., verheiratet. Nachdem 1965 das Kind D. S. geboren wurde, beantragte der Kläger am 26. November 1965 Kindergeld, indem er in dem Antragsformular unter Ziffer 1 a seine Personalien und das Konto bei der Stadtsparkasse der Stadt M. angab. Die Kinder M. und M. bezeichnete der Kläger unter Ziffer 3 a (Kindschaftsverhältnis) als Stiefkinder, machte jedoch bei der Frage "4. Von den unter Nr. 3 a bis b aufgeführten Kindern leben dauernd außerhalb meines Haushaltes” Striche. Den Antrag unterschrieb der Kläger als Antragsteller, während sich die Ehefrau (leibliche Mutter der Kinder) unterschriftlich damit einverstanden erklärte, daß ihrem Ehemann (Kläger) das Kindergeld für die unter Nr. 3 aufgeführten Kinder gewährt werde. In der dem Antrag beigefügten "Haushaltsbescheinigung” vom 25. November 1965 bescheinigte der Standesbeamte von M. die im Teil "A (abgegebene) Erklärung” des Klägers, daß die drei Kinder M. und M. B. sowie D. S. zu seinem Haushalt gehörten. Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung von drei Kindern ab November 1965 Zweit- und Drittkindergeld im Betrag von 75,– DM monatlich. Erst in dem Ende April 1967 ausgefüllten Fragebogen gab der Kläger unter Ziffer 4 an, daß das Kind M. in einer Pflegestelle bei dem Bruder seiner Ehefrau in N./Am R. ständig lebe, da die Mutter (spätere Ehefrau) zur Zeit der Geburt noch berufstätig gewesen sei. In der gleichzeitig vorgelegten Haushaltsbescheinigung bestätigte das Ordnungsamt der Stadt M., daß M. B. nicht in M. gemeldet sei. Die Beklagte stellte daraufhin weitere Ermittlungen an – u.a. durch Beiziehung einer Lebensbescheinigung des Kindes M. – und fertigte eine Niederschrift über die Anhörung des Klägers, in der dieser erklärte, aus Unkenntnis habe er seinerzeit trotz Aushändigung des Merkblattes nicht angegeben, daß das Stiefkind M. ständig außerhalb des Haushaltes lebe. Mit seiner Ehefrau sei er der Auffassung gewesen, daß der Aufenthalt des Kindes ohne Bedeutung gewesen sei. Habe er doch monatlich 100,– DM für den Unterhalt des Kindes aufgewendet, das lediglich wegen des Schulbesuches in N. gelebt habe.
Durch Bescheid vom 13. Juni 1967 entzog die Beklagte dem Kläger das Kindergeld mit der Begründung, das Stiefkind M. könne gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) nicht berücksichtigt werden, weil im Antrag nicht angegeben sei, daß das Stiefkind ständig außerhalb des Haushaltes gelebt habe. Den für die Zeit von November 1965 bis Juni 1967 gezahlten Betrag von DM 1.500,– forderte die Beklagte zurück, weil der Kläger die Gewährung durch falsche Angaben herbeigeführt habe.
Mit seinem Widerspruch vom 15. Juni 1967 beantragte der Kläger deshalb die Gewährung von Kindergeld an seine Ehefrau und machte geltend, bei richtiger Bearbeitung seines Antrages im Jahre 1965 sowie bei rechtzeitiger Aufklärung durch die Beklagte hätte seine Ehefrau schon damals Antrag auf Kindergeld gestellt. Er habe M. als zu seinem Haushalt gehörend angegeben, weil er und seine Ehefrau allein für sie aufgekommen seien.
Dem Widerspruch half die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1967 nicht ab. Sie führte aus, da nur zwei Kinder im Sinne des Bundeskindergeldgesetzes berücksichtigt werden könnten, das Einkommen beider Ehegatten im Jahre 1964 aber die Einkommensgrenze von 7.800,– DM überschritten habe, habe für das zweite Kind (ab November 1965) kein Kindergeld gewährt werden können. Da der Kläger wider besseres Wissen das Kind M. B. als in seinem Haushalt lebend angegeben und dies in gleicher Weise gegenüber dem Standesbeamten der Stadt M. getan habe, hätten die Voraussetzungen für die Zahlung von Kindergeld nicht vorgelegen, so daß dies in voller Höhe zurückgefordert werden müsse.
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, seine Ehefrau habe den Kindergeldantrag vom 22. November 1965 mitunterschrieben und zum Teil mitausgefüllt, so daß der Antrag als der seiner Ehefrau umzudeuten sei. Wenn diese nämlich an seiner Stelle den Antrag gestellt hätte, wäre derselbe Betrag gezahlt worden, so daß die Kindergeldkasse nicht geschädigt worden sei.
Nachdem der Kläger einen Betrag von 1.000,– DM unter Vorbehalt zurückgezahlt und das Schöffengericht M. durch Beschluss vom 5. September 1968 – – die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hatte (weil dem Kläger nicht nachgewiesen werden könne, daß er sich der Rechtswidrigkeit des von ihm erstrebten Vermögensvorteils bewusst gewesen sei), wies das Sozialgericht (SG) Marburg/L. die Klage durch Urteil vom 26. November 1969 ab. Zur Begründung führte es aus, nach seinem Beruf als kaufmännischer Angestellter – mit abgelegter Kaufmannsgehilfenprüfung – müsse der Kläger in der Lage gewesen sein, die Frage Nr. 4 "Welche der aufgeführten Kinder dauernd außerhalb seines Haushalts lebten” zu verstehen. Selbst während der Schulferien sei M. im allgemeinen nicht in der Wohnung des Klägers gewesen, so daß kein Zweifel darüber habe bestehen können, daß M. nicht im Haushalt des Klägers gelebt habe, dies umso mehr, als M. lediglich einmal anlässlich einer Reise mit einer Verwandten seiner Ehefrau für ca. eine Woche in M. gewesen sei. In ähnlicher Weise habe der Kläger gegenüber dem Standesbeamten der Stadt M. M. als in seinem Haushalt lebend angegeben, obwohl den "Hinweisen” der Haushaltsbescheinigung deutlich zu entnehmen gewesen sei, daß etwaige, außerhalb des Haushalts wohnende Kinder nicht in die Bescheinigung aufzunehmen gewesen seien. Angesichts dieses klaren Wortlauts und dem Bildungsstand des Klägers bestehe kein Anhalt für dessen angeblichen Irrtum. – Auch die Vorwürfe des Klägers gegen die Beklagte könnten dessen Begehren nicht stützen. Daß die Beklagte den Kläger nicht schon im Dezember 1965 auf die Möglichkeit einer Beantragung des Kindergeldes durch seine Ehefrau aufmerksam gemacht habe, sei gerade darauf zurückzuführen, daß der Kläger falsche Angaben über den Aufenthalt von M. gemacht habe. Es könne nicht unterstellt werden, daß regelmäßig eine Ehefrau mit zwei vorehelichen Kindern eines davon auswärts unterbringe und nicht in den durch ihre Ehe neugegründeten Haushalt aufnehme. – Daß es sich bei dem Antrag vom 26. November 1965 nicht um einen solchen der Ehefrau gehandelt habe, ergebe sich daraus, daß die Ehefrau auf Seite 4 des Antragsvordruckes nicht als Antragstellerin unterschrieben und der Kläger die Kinder M. und M. als Stiefkinder bezeichnet habe. – Die Rückzahlungspflicht des Klägers entfalle auch deshalb nicht, weil bei frühzeitiger und ordnungsgemäßer Antragstellung der Ehefrau bereits ab September 1965 das Kindergeld zugestanden hätte, da die Ehefrau keinen Antrag gestellt habe, und nach der Vorschrift des § 9 Abs. 2 BKGG Kindergeld nicht früher als 6 Monate vor der Antragstellung gezahlt werden könne. Nach alledem entfalle auch der Hilfsantrag des Klägers auf Rückzahlung des von ihm unter Vorbehalt gezahlten Betrages von 1.000,– DM. Das SG ließ die Berufung zu, da bei richtigen Angaben des Klägers dessen Ehefrau schon früher Kindergeld hätte beantragen können und für die Beklagte damit wahrscheinlich dieselben Angaben, nur für einen anderen Empfänger, entstanden wären.
Gegen das ihm am 8. Dezember 1969 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Dezember 1969 Berufung eingelegt. Er begründet diese damit, daß er sich hinsichtlich des Antragsvordruckes in einem Irrtum befunden habe, da ihm nicht erklärt sei, was unter "außerhalb des Haushalts lebend” zu verstehen sei. Angesichts eines bestimmten, für das Stiefkind M. aufzuwendenden Betrages, habe er – trotz der räumlichen Entfernung – sich vorstellen müssen, daß dieses Kind in seinem Haushalt gelebt habe. Infolge dieser falschen Vorstellungen habe ihn die Beklagte schon im Jahre 1965, nicht aber erst im Jahre 1967, aufklären müssen. Auch dem Standesbeamten gegenüber habe er keine falschen Angaben gemacht, weil nach dem Text der Bescheinigung die zu dem Haushalt gehörenden Kinder einzutragen gewesen seien, die in dem Antrag auf Kindergeld aufgeführt worden seien. Auch habe die Ehefrau einen Teil des Antragsformulars ausgefüllt und unterschrieben und damit zu erkennen gegeben, schon 1965 als Antragstellerin gehandelt zu haben. Damit habe ihr das Kindergeld zugestanden, da sie auch das Sorgerecht besessen habe. Bei diesem Sachverhalt sei es eindeutig, daß seine Ehefrau den Antrag allein gestellt hätte, wenn die Rechtslage dem Ehepaar schon zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen wäre. Durch ihre Unterschrift unter den Kindergeldantrag des Jahres 1965 habe die Ehefrau keinesfalls auf den ihr zustehenden Kindergeldanspruch verzichten wollen, wofür auch der Umstand spreche, daß das Kindergeld auf ihr Konto überwiesen sei. Wenn er die Kinder M. und M. als Stiefkinder bezeichnet habe, so sei das deshalb geschehen, weil er die tatsächlichen Beziehungen der Kinder zu sich habe darlegen wollen. – Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 2 BKGG handele es sich – wie sich aus dessen Stellung im Abschnitt "Verfahren” ergebe – um eine Verfahrensvorschrift, nicht aber um eine materiellrechtliche Bestimmung. Somit sei der Antrag nicht Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs; vielmehr entstehe dieser auch ohne Antragstellung, nur könne er nicht verwirklicht werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 26. November 1969 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1967 aufzuheben und den Betrag von 1.000,– DM zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. für zutreffend. Sie weist ergänzend auf Ziffer 4 der Anleitung zur Ausfüllung des Antrages und den dort enthaltenen Hinweis "Unterbringung in Pflegestellen” hin. Wenn der Kläger die ihm gegebenen Hinweise nicht beachtet und die Spalten zu Ziffer 4 gestrichen habe, so habe er grobfahrlässig gehandelt. – Auch eine Umdeutung des im Jahre 1965 gestellten Antrags sei nicht zulässig, da sich aus diesem eindeutig ergebe, daß der Kläger zum Berechtigten im Sinne des § 3 Abs. 3 S. 1 BKGG bestimmt worden sei.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Leistungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach Lage der Akten entscheiden, da der Kläger, der in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war, in dem Termin nicht erschienen und auch nicht vertreten war, und die Beklagte es beantragt hatte.
Die kraft Zulassung statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt; sie ist jedoch nicht begründet.
Nach § 25 des Bundeskindergesetzes (BKGG) ist das Kindergeld von Amts wegen zu entziehen, soweit die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben. Dabei ist nach § 13 Nr. 1 BKGG das Kindergeld zurückzufordern, das für einen Monat geleistet werden ist, in dem die Anspruchsvoraussetzungen keinen Tag vorgelegen haben, wenn der Empfänger die Gewährung dadurch herbeigeführt hat, daß er vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat. Der Kläger hat entgegen der ihm erteilten Belehrung das Kind M. B. als in seinem Haushalt lebend angegeben und dies in gleicher Weise gegenüber des Standesbeamten in M. getan. Danach hat er aber grobfahrlässig gehandelt, so daß seiner Auffassung nicht gefolgt werden kann, er habe sich bei der Ausfüllung des Antrages in einem Irrtum befunden. War dem Kläger doch neben dem Antragsvordruck auch eine Anleitung zur Ausfüllung des Antrages ausgehändigt worden, deren Empfang er mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Darin befindet sich unter Ziffer 4 folgender Hinweis: "Wenn Kinder dauernd außerhalb ihres Haushaltes leben, so geben sie bitte den Grund hierfür an (z.B. Lehre, Studium, Unterbringung in Pflegestelle). Befindet sich ein Kind im Ausland, so geben sie bitte in der Spalte "Wohnort” neben der genauen Anschrift des Kindes auch die Bezeichnung des Staates an.” Diese Anleitung war mit dem Antragsvordruck KG 1/6,65 verbunden, da mit Hilfe dieser Anleitung dem Kläger die Beantwortung der einzelnen Fragen erleichtert werden sollte Dieser hat auch mit seiner Unterschrift auf dem Antrag bestätigt, daß er den Antrag nach der beigefügten "Anleitung” ausgefüllt und alle Angaben nach besten Wissen und Gewissen wahrheitsgetreu und vollständig gemacht hat. Bei Beantwortung der Frage 4 im Antragsformular hätte er unter Heranziehung der Anleitung und der Bemerkung zu 4 – besonders im Hinblick auf den Klammerhinweis – erkennen müssen, daß sein Stiefkind M. hier aufzuführen war, da es außerhalb des Haushalts lebte. Der Hinweis auf die "Unterbringung in Pflegestellen” ließ eine andere Deutung nicht zu, zumal das Stiefkind M. seit der Geburt in dem Haushalt seines Schwagers lebte und nach den eigenen Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Marburg/L. am 26. November 1969 sich lediglich anlässlich einer Reise für ca. eine Woche – in Begleitung einer Verwandten der Ehefrau aus N. – in M. aufgehalten hat. Hieraus ergibt sich, daß der Kläger zumindest grobfahrlässig gehandelt hat, als er durch Streichung der Spalten zu 4 zu erkennen gab, daß außerhalb seines Haushaltes keine Kinder lebten.
Wenn er tatsächlich in Zweifel gewesen sein sollte, so hätte er sich zumindest an die Beklagte durch eine Rückfrage wenden müssen. Wenn er dies nicht getan hat, so hat er dies zu vertreten. War doch auch aus dem Text der Haushaltsbescheinigung vom 25. November 1965 besonders aus den auf der Rückseite abgedruckten Hinweisen zu entnehmen, daß etwaige außerhalb des Haushaltes wohnende Kinder nicht in der Bescheinigung aufzunehmen waren.
Der im Jahre 1965 gestellte Antrag kann auch nicht in einen solchen der Ehefrau umgedeutet werden. Ergibt sich doch aus dem Antragsformular vom 26. November 1965, daß diese den Kläger zum Berechtigten gem. § 3 Abs. 3 S. 1 BKGG bestimmt hat, indem sie sich mit der Zahlung des Kindergeldes an den Kläger einverstanden erklärt hat. Diese Vorschrift bedeutet notwendigerweise den Verzicht des anderen Elternteiles auf seinen Anspruch und wirkt so lange, als sie nicht widerrufen oder etwa durch eine Bestimmung des Vormundschaftsgerichtes nach § 3 Abs. 3 S. 2 BKGG ersetzt wird. Ein Widerruf der Bestimmung des Berechtigten ist jedoch innerhalb des streitigen Zeitraumes nicht erfolgt. Auch die Behauptung des Klägers, beide Ehegatten hätte den Antrag gemeinsam stellen wollen, wird durch den eigenen Sachvortrag in der Klageschrift vom 29. Juli 1967 widerlegt. Hat der Kläger hier doch selbst angegeben, daß seine Ehefrau sind er der Auffassung gewesen seien, der Verdienende und Ernährer habe den Antrag zu stellen; infolgedessen habe auch er die Zahlung beantragt. Unter diesen Umständen ist es aber der Beklagten nicht möglich gewesen, auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken zumal ihr die tatsächlichen Verhältnisse nicht bekannt gewesen sind. Angesichts der erteilten Belehrungen musste sich die Beklagte darauf verlassen können, daß die Angaben im Antrag ordnungsgemäß gemacht worden sind. Die aus diesen unrichtigen Angaben sich ergebenden Konsequenzen hat der Kläger selbst zu vertreten.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß die Kindergeldbeträge entsprechend der Angabe des Klägers auf das von der Ehefrau unterhaltene Konto bei der Stadtsparkasse in M. überwiesen worden sind, hat doch die Ehefrau dem Kläger eine Vollmacht erteilt, kraft deren er über ihr Konto verfügen konnte. Infolgedessen ist der Kläger auch als Empfänger des Kindergeldes im Sinne des § 13 Nr. 1 BKGG anzusehen. Es ist anerkannten Rechtes daß auch im Öffentlichen Recht die Bestimmung des § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechende Anwendung findet. Nach dem zu dieser Vorschrift ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH – Urt. v. 15.5.1952 – IV ZR 157/51 – NJW 1952, 929) tritt die Erfüllung regelmässig dann ein, wenn der Schuldner den geschuldeten Geldbetrag auf ein vom Gläubiger bezeichnetes Bankkonto überweist, sobald die kontoführende Stelle ihm den Betrag auf seinem Konto gutschreibt. Dies muss auch im vorliegenden Fall entsprechend gelten. Es kann nicht angehen, daß ein Kindergeldberechtigter das Kindergeld auf das Konto seiner Ehefrau überweisen lässt, um im Fall einer eingetretenen Überzahlung einzuwenden, nicht er, sondern seine Ehefrau sei in Wahrheit der Empfänger des Kindergeldes im Sinne des § 13 BKGG gewesen. Der Kläger hat auch in dem Antragsformular nicht darauf hingewiesen, daß es sich nicht um ein auf seinen Namen lautendes Konto, sondern um das seiner Ehefrau gehandelt hat.
Schließlich kann auch nicht der Auffassung des Klägers gefolgt werden, der Antrag sei nicht Voraussetzung für das Entstehen des Anspruches auf Kindergeld; er entstehe vielmehr auch ohne Antragstellung, könne jedoch nicht verwirklicht werden (vgl. Käss, Bundeskindergeldgesetz § 17 Anm. 1). § 17 BKGG (Antragstellung) hat durch § 9 Abs. 2 BKGG einen materiell-rechtlichen Charakter insoweit erhalten, als danach das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats gewährt wird, in dem der Antrag auf Kindergeld bei der nach § 24 BKGG zuständigen Stelle eingegangen ist (vgl. hierzu u.a. das Urteil des Bayer. LSG vom 5. Juli 1967 – L-4/Ar – 19/66 Kg – DBl. C Nr. 1290 zu § 9 BKGG). Danach ist die 6-Monatsfrist des § 9 Abs. 2 BKGG nicht als Verfahrensfrist, sondern als materiell-rechtliche Ausschlussfrist anzusehen. – Ob die Beklagte auf die Rückforderung des gezahlten Kindergeldes hätte verzichten sollen, da bei richtigen Angaben des Klägers der Ehefrau möglicherweise die gleichen Kindergeldbeträge gezahlt worden wären, brauchte nicht entschieden zu werden, da es insoweit an einer verwaltungsmässigen Entscheidung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der hier zu entscheidenden Rechtsfrage ist die Revision zugelassen worden.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1925 geborene Kläger, von Beruf kaufmännischer Angestellter, ist seit dem 13. März 1964 mit E. geb. B., der leiblichen Mutter der beiden vorehelich 1956 und 1959 geborenen Kinder M. und M. B., verheiratet. Nachdem 1965 das Kind D. S. geboren wurde, beantragte der Kläger am 26. November 1965 Kindergeld, indem er in dem Antragsformular unter Ziffer 1 a seine Personalien und das Konto bei der Stadtsparkasse der Stadt M. angab. Die Kinder M. und M. bezeichnete der Kläger unter Ziffer 3 a (Kindschaftsverhältnis) als Stiefkinder, machte jedoch bei der Frage "4. Von den unter Nr. 3 a bis b aufgeführten Kindern leben dauernd außerhalb meines Haushaltes” Striche. Den Antrag unterschrieb der Kläger als Antragsteller, während sich die Ehefrau (leibliche Mutter der Kinder) unterschriftlich damit einverstanden erklärte, daß ihrem Ehemann (Kläger) das Kindergeld für die unter Nr. 3 aufgeführten Kinder gewährt werde. In der dem Antrag beigefügten "Haushaltsbescheinigung” vom 25. November 1965 bescheinigte der Standesbeamte von M. die im Teil "A (abgegebene) Erklärung” des Klägers, daß die drei Kinder M. und M. B. sowie D. S. zu seinem Haushalt gehörten. Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung von drei Kindern ab November 1965 Zweit- und Drittkindergeld im Betrag von 75,– DM monatlich. Erst in dem Ende April 1967 ausgefüllten Fragebogen gab der Kläger unter Ziffer 4 an, daß das Kind M. in einer Pflegestelle bei dem Bruder seiner Ehefrau in N./Am R. ständig lebe, da die Mutter (spätere Ehefrau) zur Zeit der Geburt noch berufstätig gewesen sei. In der gleichzeitig vorgelegten Haushaltsbescheinigung bestätigte das Ordnungsamt der Stadt M., daß M. B. nicht in M. gemeldet sei. Die Beklagte stellte daraufhin weitere Ermittlungen an – u.a. durch Beiziehung einer Lebensbescheinigung des Kindes M. – und fertigte eine Niederschrift über die Anhörung des Klägers, in der dieser erklärte, aus Unkenntnis habe er seinerzeit trotz Aushändigung des Merkblattes nicht angegeben, daß das Stiefkind M. ständig außerhalb des Haushaltes lebe. Mit seiner Ehefrau sei er der Auffassung gewesen, daß der Aufenthalt des Kindes ohne Bedeutung gewesen sei. Habe er doch monatlich 100,– DM für den Unterhalt des Kindes aufgewendet, das lediglich wegen des Schulbesuches in N. gelebt habe.
Durch Bescheid vom 13. Juni 1967 entzog die Beklagte dem Kläger das Kindergeld mit der Begründung, das Stiefkind M. könne gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) nicht berücksichtigt werden, weil im Antrag nicht angegeben sei, daß das Stiefkind ständig außerhalb des Haushaltes gelebt habe. Den für die Zeit von November 1965 bis Juni 1967 gezahlten Betrag von DM 1.500,– forderte die Beklagte zurück, weil der Kläger die Gewährung durch falsche Angaben herbeigeführt habe.
Mit seinem Widerspruch vom 15. Juni 1967 beantragte der Kläger deshalb die Gewährung von Kindergeld an seine Ehefrau und machte geltend, bei richtiger Bearbeitung seines Antrages im Jahre 1965 sowie bei rechtzeitiger Aufklärung durch die Beklagte hätte seine Ehefrau schon damals Antrag auf Kindergeld gestellt. Er habe M. als zu seinem Haushalt gehörend angegeben, weil er und seine Ehefrau allein für sie aufgekommen seien.
Dem Widerspruch half die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1967 nicht ab. Sie führte aus, da nur zwei Kinder im Sinne des Bundeskindergeldgesetzes berücksichtigt werden könnten, das Einkommen beider Ehegatten im Jahre 1964 aber die Einkommensgrenze von 7.800,– DM überschritten habe, habe für das zweite Kind (ab November 1965) kein Kindergeld gewährt werden können. Da der Kläger wider besseres Wissen das Kind M. B. als in seinem Haushalt lebend angegeben und dies in gleicher Weise gegenüber dem Standesbeamten der Stadt M. getan habe, hätten die Voraussetzungen für die Zahlung von Kindergeld nicht vorgelegen, so daß dies in voller Höhe zurückgefordert werden müsse.
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, seine Ehefrau habe den Kindergeldantrag vom 22. November 1965 mitunterschrieben und zum Teil mitausgefüllt, so daß der Antrag als der seiner Ehefrau umzudeuten sei. Wenn diese nämlich an seiner Stelle den Antrag gestellt hätte, wäre derselbe Betrag gezahlt worden, so daß die Kindergeldkasse nicht geschädigt worden sei.
Nachdem der Kläger einen Betrag von 1.000,– DM unter Vorbehalt zurückgezahlt und das Schöffengericht M. durch Beschluss vom 5. September 1968 – – die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hatte (weil dem Kläger nicht nachgewiesen werden könne, daß er sich der Rechtswidrigkeit des von ihm erstrebten Vermögensvorteils bewusst gewesen sei), wies das Sozialgericht (SG) Marburg/L. die Klage durch Urteil vom 26. November 1969 ab. Zur Begründung führte es aus, nach seinem Beruf als kaufmännischer Angestellter – mit abgelegter Kaufmannsgehilfenprüfung – müsse der Kläger in der Lage gewesen sein, die Frage Nr. 4 "Welche der aufgeführten Kinder dauernd außerhalb seines Haushalts lebten” zu verstehen. Selbst während der Schulferien sei M. im allgemeinen nicht in der Wohnung des Klägers gewesen, so daß kein Zweifel darüber habe bestehen können, daß M. nicht im Haushalt des Klägers gelebt habe, dies umso mehr, als M. lediglich einmal anlässlich einer Reise mit einer Verwandten seiner Ehefrau für ca. eine Woche in M. gewesen sei. In ähnlicher Weise habe der Kläger gegenüber dem Standesbeamten der Stadt M. M. als in seinem Haushalt lebend angegeben, obwohl den "Hinweisen” der Haushaltsbescheinigung deutlich zu entnehmen gewesen sei, daß etwaige, außerhalb des Haushalts wohnende Kinder nicht in die Bescheinigung aufzunehmen gewesen seien. Angesichts dieses klaren Wortlauts und dem Bildungsstand des Klägers bestehe kein Anhalt für dessen angeblichen Irrtum. – Auch die Vorwürfe des Klägers gegen die Beklagte könnten dessen Begehren nicht stützen. Daß die Beklagte den Kläger nicht schon im Dezember 1965 auf die Möglichkeit einer Beantragung des Kindergeldes durch seine Ehefrau aufmerksam gemacht habe, sei gerade darauf zurückzuführen, daß der Kläger falsche Angaben über den Aufenthalt von M. gemacht habe. Es könne nicht unterstellt werden, daß regelmäßig eine Ehefrau mit zwei vorehelichen Kindern eines davon auswärts unterbringe und nicht in den durch ihre Ehe neugegründeten Haushalt aufnehme. – Daß es sich bei dem Antrag vom 26. November 1965 nicht um einen solchen der Ehefrau gehandelt habe, ergebe sich daraus, daß die Ehefrau auf Seite 4 des Antragsvordruckes nicht als Antragstellerin unterschrieben und der Kläger die Kinder M. und M. als Stiefkinder bezeichnet habe. – Die Rückzahlungspflicht des Klägers entfalle auch deshalb nicht, weil bei frühzeitiger und ordnungsgemäßer Antragstellung der Ehefrau bereits ab September 1965 das Kindergeld zugestanden hätte, da die Ehefrau keinen Antrag gestellt habe, und nach der Vorschrift des § 9 Abs. 2 BKGG Kindergeld nicht früher als 6 Monate vor der Antragstellung gezahlt werden könne. Nach alledem entfalle auch der Hilfsantrag des Klägers auf Rückzahlung des von ihm unter Vorbehalt gezahlten Betrages von 1.000,– DM. Das SG ließ die Berufung zu, da bei richtigen Angaben des Klägers dessen Ehefrau schon früher Kindergeld hätte beantragen können und für die Beklagte damit wahrscheinlich dieselben Angaben, nur für einen anderen Empfänger, entstanden wären.
Gegen das ihm am 8. Dezember 1969 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Dezember 1969 Berufung eingelegt. Er begründet diese damit, daß er sich hinsichtlich des Antragsvordruckes in einem Irrtum befunden habe, da ihm nicht erklärt sei, was unter "außerhalb des Haushalts lebend” zu verstehen sei. Angesichts eines bestimmten, für das Stiefkind M. aufzuwendenden Betrages, habe er – trotz der räumlichen Entfernung – sich vorstellen müssen, daß dieses Kind in seinem Haushalt gelebt habe. Infolge dieser falschen Vorstellungen habe ihn die Beklagte schon im Jahre 1965, nicht aber erst im Jahre 1967, aufklären müssen. Auch dem Standesbeamten gegenüber habe er keine falschen Angaben gemacht, weil nach dem Text der Bescheinigung die zu dem Haushalt gehörenden Kinder einzutragen gewesen seien, die in dem Antrag auf Kindergeld aufgeführt worden seien. Auch habe die Ehefrau einen Teil des Antragsformulars ausgefüllt und unterschrieben und damit zu erkennen gegeben, schon 1965 als Antragstellerin gehandelt zu haben. Damit habe ihr das Kindergeld zugestanden, da sie auch das Sorgerecht besessen habe. Bei diesem Sachverhalt sei es eindeutig, daß seine Ehefrau den Antrag allein gestellt hätte, wenn die Rechtslage dem Ehepaar schon zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen wäre. Durch ihre Unterschrift unter den Kindergeldantrag des Jahres 1965 habe die Ehefrau keinesfalls auf den ihr zustehenden Kindergeldanspruch verzichten wollen, wofür auch der Umstand spreche, daß das Kindergeld auf ihr Konto überwiesen sei. Wenn er die Kinder M. und M. als Stiefkinder bezeichnet habe, so sei das deshalb geschehen, weil er die tatsächlichen Beziehungen der Kinder zu sich habe darlegen wollen. – Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 2 BKGG handele es sich – wie sich aus dessen Stellung im Abschnitt "Verfahren” ergebe – um eine Verfahrensvorschrift, nicht aber um eine materiellrechtliche Bestimmung. Somit sei der Antrag nicht Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs; vielmehr entstehe dieser auch ohne Antragstellung, nur könne er nicht verwirklicht werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 26. November 1969 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1967 aufzuheben und den Betrag von 1.000,– DM zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. für zutreffend. Sie weist ergänzend auf Ziffer 4 der Anleitung zur Ausfüllung des Antrages und den dort enthaltenen Hinweis "Unterbringung in Pflegestellen” hin. Wenn der Kläger die ihm gegebenen Hinweise nicht beachtet und die Spalten zu Ziffer 4 gestrichen habe, so habe er grobfahrlässig gehandelt. – Auch eine Umdeutung des im Jahre 1965 gestellten Antrags sei nicht zulässig, da sich aus diesem eindeutig ergebe, daß der Kläger zum Berechtigten im Sinne des § 3 Abs. 3 S. 1 BKGG bestimmt worden sei.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Leistungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach Lage der Akten entscheiden, da der Kläger, der in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war, in dem Termin nicht erschienen und auch nicht vertreten war, und die Beklagte es beantragt hatte.
Die kraft Zulassung statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt; sie ist jedoch nicht begründet.
Nach § 25 des Bundeskindergesetzes (BKGG) ist das Kindergeld von Amts wegen zu entziehen, soweit die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben. Dabei ist nach § 13 Nr. 1 BKGG das Kindergeld zurückzufordern, das für einen Monat geleistet werden ist, in dem die Anspruchsvoraussetzungen keinen Tag vorgelegen haben, wenn der Empfänger die Gewährung dadurch herbeigeführt hat, daß er vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat. Der Kläger hat entgegen der ihm erteilten Belehrung das Kind M. B. als in seinem Haushalt lebend angegeben und dies in gleicher Weise gegenüber des Standesbeamten in M. getan. Danach hat er aber grobfahrlässig gehandelt, so daß seiner Auffassung nicht gefolgt werden kann, er habe sich bei der Ausfüllung des Antrages in einem Irrtum befunden. War dem Kläger doch neben dem Antragsvordruck auch eine Anleitung zur Ausfüllung des Antrages ausgehändigt worden, deren Empfang er mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Darin befindet sich unter Ziffer 4 folgender Hinweis: "Wenn Kinder dauernd außerhalb ihres Haushaltes leben, so geben sie bitte den Grund hierfür an (z.B. Lehre, Studium, Unterbringung in Pflegestelle). Befindet sich ein Kind im Ausland, so geben sie bitte in der Spalte "Wohnort” neben der genauen Anschrift des Kindes auch die Bezeichnung des Staates an.” Diese Anleitung war mit dem Antragsvordruck KG 1/6,65 verbunden, da mit Hilfe dieser Anleitung dem Kläger die Beantwortung der einzelnen Fragen erleichtert werden sollte Dieser hat auch mit seiner Unterschrift auf dem Antrag bestätigt, daß er den Antrag nach der beigefügten "Anleitung” ausgefüllt und alle Angaben nach besten Wissen und Gewissen wahrheitsgetreu und vollständig gemacht hat. Bei Beantwortung der Frage 4 im Antragsformular hätte er unter Heranziehung der Anleitung und der Bemerkung zu 4 – besonders im Hinblick auf den Klammerhinweis – erkennen müssen, daß sein Stiefkind M. hier aufzuführen war, da es außerhalb des Haushalts lebte. Der Hinweis auf die "Unterbringung in Pflegestellen” ließ eine andere Deutung nicht zu, zumal das Stiefkind M. seit der Geburt in dem Haushalt seines Schwagers lebte und nach den eigenen Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Marburg/L. am 26. November 1969 sich lediglich anlässlich einer Reise für ca. eine Woche – in Begleitung einer Verwandten der Ehefrau aus N. – in M. aufgehalten hat. Hieraus ergibt sich, daß der Kläger zumindest grobfahrlässig gehandelt hat, als er durch Streichung der Spalten zu 4 zu erkennen gab, daß außerhalb seines Haushaltes keine Kinder lebten.
Wenn er tatsächlich in Zweifel gewesen sein sollte, so hätte er sich zumindest an die Beklagte durch eine Rückfrage wenden müssen. Wenn er dies nicht getan hat, so hat er dies zu vertreten. War doch auch aus dem Text der Haushaltsbescheinigung vom 25. November 1965 besonders aus den auf der Rückseite abgedruckten Hinweisen zu entnehmen, daß etwaige außerhalb des Haushaltes wohnende Kinder nicht in der Bescheinigung aufzunehmen waren.
Der im Jahre 1965 gestellte Antrag kann auch nicht in einen solchen der Ehefrau umgedeutet werden. Ergibt sich doch aus dem Antragsformular vom 26. November 1965, daß diese den Kläger zum Berechtigten gem. § 3 Abs. 3 S. 1 BKGG bestimmt hat, indem sie sich mit der Zahlung des Kindergeldes an den Kläger einverstanden erklärt hat. Diese Vorschrift bedeutet notwendigerweise den Verzicht des anderen Elternteiles auf seinen Anspruch und wirkt so lange, als sie nicht widerrufen oder etwa durch eine Bestimmung des Vormundschaftsgerichtes nach § 3 Abs. 3 S. 2 BKGG ersetzt wird. Ein Widerruf der Bestimmung des Berechtigten ist jedoch innerhalb des streitigen Zeitraumes nicht erfolgt. Auch die Behauptung des Klägers, beide Ehegatten hätte den Antrag gemeinsam stellen wollen, wird durch den eigenen Sachvortrag in der Klageschrift vom 29. Juli 1967 widerlegt. Hat der Kläger hier doch selbst angegeben, daß seine Ehefrau sind er der Auffassung gewesen seien, der Verdienende und Ernährer habe den Antrag zu stellen; infolgedessen habe auch er die Zahlung beantragt. Unter diesen Umständen ist es aber der Beklagten nicht möglich gewesen, auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken zumal ihr die tatsächlichen Verhältnisse nicht bekannt gewesen sind. Angesichts der erteilten Belehrungen musste sich die Beklagte darauf verlassen können, daß die Angaben im Antrag ordnungsgemäß gemacht worden sind. Die aus diesen unrichtigen Angaben sich ergebenden Konsequenzen hat der Kläger selbst zu vertreten.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß die Kindergeldbeträge entsprechend der Angabe des Klägers auf das von der Ehefrau unterhaltene Konto bei der Stadtsparkasse in M. überwiesen worden sind, hat doch die Ehefrau dem Kläger eine Vollmacht erteilt, kraft deren er über ihr Konto verfügen konnte. Infolgedessen ist der Kläger auch als Empfänger des Kindergeldes im Sinne des § 13 Nr. 1 BKGG anzusehen. Es ist anerkannten Rechtes daß auch im Öffentlichen Recht die Bestimmung des § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechende Anwendung findet. Nach dem zu dieser Vorschrift ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH – Urt. v. 15.5.1952 – IV ZR 157/51 – NJW 1952, 929) tritt die Erfüllung regelmässig dann ein, wenn der Schuldner den geschuldeten Geldbetrag auf ein vom Gläubiger bezeichnetes Bankkonto überweist, sobald die kontoführende Stelle ihm den Betrag auf seinem Konto gutschreibt. Dies muss auch im vorliegenden Fall entsprechend gelten. Es kann nicht angehen, daß ein Kindergeldberechtigter das Kindergeld auf das Konto seiner Ehefrau überweisen lässt, um im Fall einer eingetretenen Überzahlung einzuwenden, nicht er, sondern seine Ehefrau sei in Wahrheit der Empfänger des Kindergeldes im Sinne des § 13 BKGG gewesen. Der Kläger hat auch in dem Antragsformular nicht darauf hingewiesen, daß es sich nicht um ein auf seinen Namen lautendes Konto, sondern um das seiner Ehefrau gehandelt hat.
Schließlich kann auch nicht der Auffassung des Klägers gefolgt werden, der Antrag sei nicht Voraussetzung für das Entstehen des Anspruches auf Kindergeld; er entstehe vielmehr auch ohne Antragstellung, könne jedoch nicht verwirklicht werden (vgl. Käss, Bundeskindergeldgesetz § 17 Anm. 1). § 17 BKGG (Antragstellung) hat durch § 9 Abs. 2 BKGG einen materiell-rechtlichen Charakter insoweit erhalten, als danach das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats gewährt wird, in dem der Antrag auf Kindergeld bei der nach § 24 BKGG zuständigen Stelle eingegangen ist (vgl. hierzu u.a. das Urteil des Bayer. LSG vom 5. Juli 1967 – L-4/Ar – 19/66 Kg – DBl. C Nr. 1290 zu § 9 BKGG). Danach ist die 6-Monatsfrist des § 9 Abs. 2 BKGG nicht als Verfahrensfrist, sondern als materiell-rechtliche Ausschlussfrist anzusehen. – Ob die Beklagte auf die Rückforderung des gezahlten Kindergeldes hätte verzichten sollen, da bei richtigen Angaben des Klägers der Ehefrau möglicherweise die gleichen Kindergeldbeträge gezahlt worden wären, brauchte nicht entschieden zu werden, da es insoweit an einer verwaltungsmässigen Entscheidung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der hier zu entscheidenden Rechtsfrage ist die Revision zugelassen worden.
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