L 1 Ar 1106/70

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 1106/70
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 1970 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit vom 17. November 1969 bis zum 14. Januar 1970 sowie für die Zeit vom 20. Februar 1970 bis zum 30. April 1970 der Beklagten gegenüber ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustand.

Die Klägerin, die in der Zeit vom 16. November 1966 bis zum 30. November 1967 nicht im Erwerbsleben stand, war vom 1. Dezember 1967 bis zum 30. Juni 1969 bei der Beigeladenen zu 2) als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Über die Einstellungsverhandlungen liegt ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben der Beigeladenen zu 2) vor, in dem es heißt:

"Bezugnehmend auf die Unterredung vom 2.11.1967 bestätigen wir Ihnen ordnungshalber, dass wir Sie ab 1. Dezember 1967 – bei einer, im Interesse beider Teile liegenden Probezeit von 4 Wochen – in unserem Verlag als kaufmännische Angestellte einstellen.

Ihr Gehalt beträgt 450,– brutto. Arbeitszeit 8,00 bis 13,00 Uhr.”

Während des Beschäftigungsverhältnisses führte die Beigeladene zu 2) Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung an die Beigeladene zu 1) ab, während zur Arbeitslosenversicherung Beiträge für die Klägerin nicht entrichtet wurden.

Am 17. November 1969 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In einer der Beklagten vorgelegten Arbeitsbescheinigung vermerkte die Beigeladene zu 2., für die Klägerin habe die regelmäßige Arbeitszeit wöchentlich 23 3/4 Stunden betragen. Durch Bescheid vom 8. Januar 1970 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, die Klägerin habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da sie innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist nicht mindestens 26 Wochen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe. Das bei ihr nachgewiesene Arbeitsverhältnis sei hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit geringfügig gewesen und habe somit nicht der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen.

Die Klägerin legte gegen den Bescheid der Beklagten Widerspruch ein und trug vor, aus dem Anstellungsschreiben der Beigeladenen zu 2. gehe eindeutig hervor, dass ihre wöchentliche Arbeitszeit 25 Stunden betragen habe. Die Beklagte fragte bei der Beigeladenen zu 2. an, wieviel Stunden die Klägerin tatsächlich regelmäßig wöchentlich beschäftigt gewesen sei. Die Beigeladene zu 2. teilte der Beklagten mit, die regelmässig bezahlte Arbeitszeit der Klägerin habe 23 3/4 Stunden pro Woche betragen. Die Klägerin sei von 8 Uhr bis 13 Uhr anwesend gewesen. Von der Arbeitszeit müsse eine unbezahlte Frühstückspause von einer Viertelstunde abgezogen werden. Durch Bescheid vom 12. März 1970 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück; denn in der Rahmenfrist vom 17. November 1966 bis 16. November 1969 habe die Klägerin lediglich die geringfügige Beschäftigung bei der Beklagten, die nach § 66 AVAG arbeitslosenversicherungsfrei gewesen sei, ausgeübt. Diese Beschäftigung könne zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht herangezogen werden.

Die Klägerin stellte bei der Beklagten am 20. Februar 1970 erneut Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld, nachdem sie vom 15. Januar 1970 bis zum 19. Februar 1970 zu einer von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte durchgeführten Kur gewesen war. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 20. März 1970 den Antrag der Klägerin gleichfalls mit der )Begründung ab, sie habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Den von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 10. April 1970 als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer klage trägt die Klägerin vor, sie habe bei der Beigeladenen zu 2. in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden, denn das an sie gerichtete Schreiben ihrer damaligen Arbeitgeberin habe eine regelmässige Arbeitszeit von 25. Stunden wöchentlich betroffen und von einer unbezahlten Frühstückspause sei ihr nicht bekannt gewesen.

Das Sozialgericht Wiesbaden wies durch Urteil vom 21. Oktober 1970 die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führt es aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu; denn die Klägerin habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. In der dreijährigen Rahmenfrist habe die Klägerin lediglich in der Zeit vom 1. Dezember 1967 bis zum 30. Juni 1969 eine Halbtagsbeschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. ausgeübt.

Da die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin dort lediglich 23 3/4 Stunden betragen habe, habe es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 66 Abs. 2 Nr. 1 AVAVG, die in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei gewesen sei, gehandelt. Für die Frühstückspause habe die Klägerin mit der Beigeladenen zu 2. kein Entgelt vereinbart, so dass diese Zeit nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden sei und bei der Feststellung der Arbeitszeit unberücksichtigt bleiben müsse.

Gegen das am 4. November 1970 zur Post gegebene Urteil hat die Klägerin am 2. Dezember 1970 schriftlich beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Zur Begründung trägt sie vor, die Berufung sei zulässig; denn der Versicherungsfall sei am 17. November 1969 eingetreten. Am 20. Februar 1970 habe sie sich nicht erneut arbeitslos gemeldet; es sei vielmehr wegen ihrer Kur in der Zeit vom 15. Januar bis 19. Februar 1970, während der sie von der BfA Leistungen erhalten habe, lediglich ein Ruhen des Leistungsanspruches gegen die Beklagte eingetreten. Das Sozialgericht hätte sich zu der Frage, ob die tägliche Frühstückspause Teil des Arbeitsvertrages gewesen sei, nicht ausschließlich auf die Auskünfte der Beigeladenen zu 1. und 2. stützen dürfen. Im übrigen wiederholt sie ihr früheres Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 1970 und die Bescheide der Beklagten vom 8. Januar 1970, 12. März 1970, 20. März 1970 und 7. April 1970 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 17. November 1969 bis 14. Januar 1970 und vom 20. Februar 1970 bis 30. April 1970 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, als unbegründet zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei unzulässig, da die Klägerin mit ihrer Klage zwei verschiedene Ansprüche verfolge. Die Klägerin habe sich erstmalig am 17. November 1969 und dann erneut am 20. Februar 1970 arbeitslos gemeldet, so dass zwei verschiedene Versicherungsfälle vorlägen. Die Berufung könne aber auch in der Sache keinen Erfolg haben; denn die Klägerin sei in ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. nach § 66 AVAVG versicherungsfrei gewesen. Zeiten einer Ruhepause, für die kein Entgelt vereinbart sei, seien nicht Zeiten des Arbeitsvertrages und müssten deswegen bei der Feststellung der Arbeitszeit im Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 1 AVAVG unberücksichtigt bleiben. Die Klägerin habe eine tatsächlich bezahlte Arbeitszeit von 23 3/4 Stunden während ihrer gesamten Beschäftigung unbeanstandet hingenommen. Sie könne sich daher nicht darauf berufen, es habe eine wöchentliche 25-stündige Arbeitszeit mit der Folge der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bestanden. Die Angaben der Beigeladenen zu 2. hinsichtlich einer unbezahlten täglichen Arbeitspause von einer Viertelstunde müssten auch deshalb glaubhaft erscheinen, weil in dem Betrieb der Beigeladenen zu 2. acht Stunden echt gearbeitet wurde, die Ganztagsbeschäftigten aber acht Stunden und 45 Minuten anwesend waren. Von der über acht Stunden hinausgehenden Anwesenheitszeit seien 30 Minuten auf die Mittagspause und 15 Minuten auf die Frühstückspause entfallen. Die Mitteilung der Beigeladenen zu 2. vom 6. November 1967 meine daher die Anwesenheitszeit, wenn sie der Klägerin bestätige, ihre Arbeitszeit sei von 8 Uhr bis 13 Uhr. Darüberhinaus hätte die Vereinbarung einer durchgehenden Arbeitszeit von 5 Stunden ohne Pause gegen § 18 der Arbeitszeitordnung, wonach weiblichen Arbeitnehmern bei einer Arbeitszeit von mehr als 4 1/2 bis 6 Stunden eine Pause von mindestens 20 Minuten einzuräumen sei, verstoßen.

Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben keine Anträge gestellt.

Zu der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2. getroffenen Vereinbarung über die Arbeitszeit und darüber, ob und in welcher Weise die Klägerin darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass für sie Arbeitslosenversicherungsbeiträge nicht abgeführt wurden, ist Beweis erhoben worden durch uneidliche Vernehmung der Angestellten der Beigeladenen zu 2. K. T., W. D. und K. B.

Der Zeuge T. hat ausgesagt, wenn in dem von ihm verfassten Bestätigungsschreiben vom 6. November 1967 von einer Arbeitszeit von 8 Uhr bis 13 Uhr die Rede sei, so sei darin eine tägliche unbezahlte Frühstückspause von einer Viertelstunde enthalten gewesen. Die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin habe wöchentlich 23 3/4 Stunden betragen. Es sei allgemein üblich, dass die Arbeitszeit voll genannt werde und dass die Pausen nicht bezahlt würden. Ihm sei nicht bekannt, ob die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die tägliche Frühstückspause unbezahlt war und daher für sie keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden.

Aus der Aussage des Zeugen D. ergibt sich, dass in der Regel eine tägliche Frühstückspause von 15 Minuten in dem Betrieb der Beigeladenen zu 2. eingehalten worden ist. Es sei allgemein bekannt gewesen, dass in dem Betrieb die 40-Stunden-Woche galt und zu der tatsächlichen Arbeitszeit für die Vollbeschäftigten eine Frühstückspause sowie eine Mittagspause von insgesamt einer Dreiviertelstunde hinzukamen, die unbezahlt waren. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Frühstückspause nicht in die Arbeitszeit eingerechnet worden sei.

Der Zeuge hat ausgesagt, er halte es für unwahrscheinlich, dass er die Klägerin besonders darauf hingewiesen habe, dass die tägliche Frühstückspause nicht in die eigentliche Arbeitszeit eingerechnet werde. Dass die Frühstückspause unbezahlt war, sei allgemein so gehandhabt worden.

Zu den Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Anlage zu den Sitzungsniederschriften vom 21. November 1972 (Bl. 56 der Gerichtsakten) und vom 28. Februar 1973 (Bl. 81 f der Gerichtsakten) verwiesen. Im übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakten der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist ungeachtet des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist die Berufung nicht zulässig bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen für einem Zeitraum bis zu 13 Wochen. Gegenstand der Berufung ist die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17. November 1969 bis zum 14. Januar 1970 und vom 20. Februar 1970 bis zum 30. Juli 1970. Es handelt sich dabei um zwei voneinander zeitlich getrennte Zeiträume, so dass entgegen der Ansicht des Sozialgerichts § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht anwendbar ist; denn diese Vorschrift setzt voraus, dass ein zusammenhängender Zeitraum streitbefangen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Dezember 1964, Az.: 7 RAr 54/63). Der Senat konnte offen lassen, ob ausnahmsweise dann von einem einheitlichen zusammenhängenden Zeitraum gesprochen werden kann, wenn zwischen zwei Zeiten, für die ein Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht wird, ein von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligtes Heilverfahren liegt, für das er Übergangsgeld mit der Folge gewährt, dass nach § 118 Nr. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Nach § 242 Abs. 34 AFG war bis zum Ablauf eines Jahres über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) anzuwenden. In der Ruhensvorschrift § 77 AVAVG ist der Anspruch auf Übergangsgeld nicht aufgeführt, woraus sich ergibt, dass bei der Gewährung von Übergangsgeld nach früherem Recht kein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches eintrat (Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Ktr. zum AVAVG, § 77 Anm. 6). Vielmehr bestand während des Heilverfahrens schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil der Betreute nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand (§§ 74 Abs. 1, 76 Abs. 1 AVAVG). Da somit zwischen beiden Zeiträumen, für die ein Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht wird, auch dem Grunde nach ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht bestand, fehlt es an dem für die Zulässigkeit der Berufung insoweit erforderlichen zeitlichen Zusammenhang.

Die Klägerin rügt aber zu Recht als wesentlichen Mangel des Verfahrens, dass das Sozialgericht sich bei seiner Entscheidung lediglich auf die schriftlichen Auskünfte der Beigeladenen zu 1. und 2. über die vereinbarte Arbeitszeit, die die Beklagte im Vorverfahren eingeholt hatte, gestützt hat, ohne die ihm nach § 103 SGG obliegende Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, erfüllt zu haben. Daher ist die Berufung ungeachtet des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig. Das Sozialgericht hätte, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, sich veranlasst sehen müssen, durch eine Vernehmung der für das Personalwesen zuständigen Angestellten der Beigeladenen zu 2. festzustellen, ob und welche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2. hinsichtlich der Arbeitszeit getroffen worden seien und ob eine betriebliche Übung bestanden hatte, wonach die tägliche Frühstückspause unbezahlt war und nicht zu der Arbeitszeit rechnete.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der Klägerin stand ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu, da sie sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung am 17. November 1969 als auch am 20. Februar 1970 die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hatte. Nach § 100 Abs. 1 AFG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hat. Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der dreijährigen Rahmenfrist, die dem ersten Tage der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorausgeht, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind, 26 Wochen oder 6 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat (§ 104 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 u. 3 AFG).

Die Klägerin stand bei ihrer ersten Arbeitslosmeldung in der Rahmenfrist vom 17. November 1966 bis zum 16. November 1969 nicht in einer beitragspflichtigen Beschäftigung. Während dieses Zeitraums war sie lediglich vom 1. Dezember 1967 bis 30. Juni 1969 bei der Beigeladenen zu 2. versicherungsfrei beschäftigt, da es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 66 AVAVG gehandelt hat. Nach § 66 Abs. 2 Nr. 1 AVAVG gilt als geringfügig im Sinne des Abs. 1 eine Beschäftigung, wenn sie auf nicht mehr als wöchentlich 24 Stunden nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist. Die Arbeitszeit der Klägerin war arbeitsvertraglich auf 23 3/4 Stunden wöchentlich beschränkt, da von der wöchentlichen Anwesenheitszeit von 25 Stunden täglich eine unbezahlte Frühstückspause von 15 Minuten in Abzug zu bringen war.

Über die von der Klägerin mit der Beigeladenen zu 2. mündlich geführten Einstellungsverhandlung liegt ein Bestätigungsschreiben der Beigeladenen zu 2. vom 6. November 1967 vor, in dem es heißt, die Arbeitszeit gehe von 8 Uhr bis 13 Uhr. Aus diesem Schreiben kann die Klägerin jedoch nicht entnehmen, es habe sich bei der täglichen Frühstückspause um bezahlte Arbeitszeit gehandelt. Über die Dauer der Frühstückspause sowie über ihre Bezahlung ist bei den Einstellungsverhandlungen nicht gesprochen worden; denn anderenfalls wäre dies auch in dem Bestätigungsschreiben vermerkt worden. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass das Bestätigungsschreiben etwa unrichtige oder unvollständige Angaben enthielt. Wenn es in diesem Schreiben heißt, die Arbeitszeit sei von 8 Uhr bis 13 Uhr, so ist nach den bei Einstellungen durch private Arbeitgeber allgemein üblichen Gepflogenheiten damit die Anwesenheitszeit des Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz und im Betrieb gemeint. Dagegen hätte nur dann Veranlassung bestanden, die Frage einer Frühstückspause in das Bestätigungsschreiben aufzunehmen, wenn insoweit die Klägerin und die Beigeladene zu 2. Absprachen getroffen hätten, die von der betrieblichen Übung der Beigeladenen zu 2. abgewichen wären (so auch Bobrowski-Gaul, Das Arbeitsrecht im Betrieb, 6. Auflage 1970, Seiten 138 und 142).

Die Klägerin hat bei ihrer persönlichen Anhörung bestätigt, dass ihr die Tatsache der Frühstückspause bekannt war und dass diese dann normal eine Viertelstunde dauerte. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen T., B. und D., die glaubhaft sind, bestand bei der Beigeladenen zu 2. eine betriebliche Übung dahingehend, dass vormittags eine unbezahlte Frühstückspause von 15 Minuten und mittags eine gleichfalls unbezahlte Essenspause von 30 Minuten stattfand. Diese betriebliche Übung war Bestandteil der Einzelarbeitsverträge der bei der Beigeladenen zu 2. Beschäftigten geworden und fand damit auf den Arbeitsvertrag der Klägerin Anwendung, ohne dass es eines besonderen Hinweises an die Klägerin bedurft hätte, dass die Frühstückspause unbezahlt war und daher nicht zur Arbeitszeit rechnete. Die Klägerin hat die tägliche Frühstückspause im Regelfall auch eingehalten. Ihre Behauptung, sie habe nicht davon gewusst, dass die Frühstückspause unbezahlt gewesen sei, ändert nicht daran, dass diese betriebliche Übung auch Gegenstand ihres Arbeitsvertrages geworden ist. Dass Ruhepausen mangels einer besonderen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zur Arbeitszeit rechnen, ist darüberhinaus allgemein bekannt (Bobrowski-Gaul a.a.O. Seite 138 mit weiteren Nachweisen). Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 Nr. 1 AVAVG gegeben sind, war die Klägerin in der Arbeitslosenversicherung nach § 66 Nr. 1 AVAVG versicherungsfrei. Diese Rechtsfolge trat kraft Gesetzes ein, ohne dass es darauf ankam, ob die Klägerin wusste, dass für sie keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden sind.

Die Frage, ob die Beigeladene zu 2. aufgrund von § 18 der Arbeitszeitordnung verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin eine Frühstückspause von mindestens 20 Minuten zu gewähren, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, da sie ausschließlich die Rechtsbeziehungen der Klägerin zu der Beigeladenen zu 2. auf dem arbeitsrechtlichen Gebiet betrifft.

Während der Rahmenfrist vom 20. Februar 1967 bis zum 19. Februar 1970, die dem am 20. Februar 1970 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld vorausging, stand die Klägerin ebenfalls nicht in einer beitragspflichtigen Beschäftigung, da sie bei der Beigeladenen zu 2. lediglich versicherungsfrei beschäftigt gewesen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved