L 1 Ar 978/76

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 978/76
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. September 1976 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Leistungen der Beklagten nach § 119 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz –AFG–.

Der im Jahre 1945 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Bäckers, den er auch ausübte. Am 10. April 1974 beantragte er die Gewährung von Arbeitslosengeld –Alg–, für dessen Bezug er einen Anspruch für den Zeitraum von 156 Tagen erworben hatte. Alg bezog er bis zum 22. April 1974 und erneut vom 6. Mai 1974 bis 4. Juni 1974. Anschließend stellte die Beklagte die Leistungen nach § 152 AFG alter Fassung –a.F.– ein, weil der Kläger einer Einladung zu einer Vorsprache beim Arbeitsamt nicht gefolgt war. In der Zeit vom 8. Juli bis 11. Juli 1974 stand der Kläger in einem Arbeitsverhältnis bei den H.-Werken in D.; das Beschäftigungsverhältnis endete durch fristlose Entlassung wegen unentschuldigten Fehlens. Nach Verbüßung einer Haftstrafe meldete sich der Kläger am 20. August 1974 arbeitslos und beantragte die Weiterbewilligung von Alg; diesem Antrage entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 1974.

Mit Bescheid vom 28. August 1974 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 4 Wochen fest, und zwar für die Zeit vom 12. Juli 1974 bis 8. August 1974. Ferner traf er die Feststellung, daß die Sperrzeit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits kalendermäßig abgelaufen gewesen sei. Die Begründung führte sie an, der Kläger habe am 11. Juli 1974 seine Arbeit bei der Firma H. infolge seines vertragswidrigen Verhaltens verloren und dadurch den Eintritt der Arbeitslosigkeit grobfahrlässig herbeigeführt. Dieser Bescheid ist bindend geworden.

Vom 20. August 1974 ab bezog der Kläger Alg – mit Unterbrechungen wegen Erkrankungen und dadurch bedingter Arbeitsunfähigkeit – bis zum 20. Januar 1975. Im Anschluß hieran erhielt er Anschlußarbeitslosenhilfe für den 21. Januar 1975 und nach Ende einer erneuten Zeit der Arbeitsunfähigkeit und auf erneute Arbeitslosmeldung und Antragstellung hin vom 11. Februar 1975 bis 31. Mai 1975 wiederum Arbeitslosenhilfe –Alhi–.

Vom 1. Juni 1975 an war der Kläger bei der Bäckerei L. in W. als Bäckergeselle beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis kündigte der Arbeitgeber, der Zeuge L. am 23. September 1975 zum 7. Oktober 1975, nachdem er zunächst die fristlose Kündigung ausgesprochen, diese jedoch nicht aufrechterhalten hatte. Zur Begründung gab er gegenüber der Beklagten an, der Kläger habe ihn beleidigt, die Arbeitsmoral seiner Angestellten "vergiftet” und wiederholt gegenüber Mitarbeitern und ihm erklärt, daß er mindestens ein halbes Jahr arbeiten müsse, um alsdann wieder in den Genuß der Alg zu kommen.

Im Gegensatz hierzu behauptete der Kläger in einer der Beklagten gegenüber abgegebenen Erklärung, sich sowohl dem Zeugen L. als auch den anderen Mitarbeitern gegenüber stets korrekt verhalten zu haben. Der Zeuge L. habe ihm bei der Kündigung erklärt, ihn nicht mehr bezahlen zu können, da die Auftragslage z.Z. sehr dürftig gewesen sei. Er vermute jedoch, wegen des Streites mit einer Aushilfskraft entlassen worden zu sein.

Am 20. Oktober 1975 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Leistungen durch die Beklagte.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. November 1975 mit der Begründung ab, Alg könne nicht gewährt werden, da der Kläger am 7. Oktober 1975 seine Arbeit bei der Firma L. in W. durch vertragswidriges Verhalten verloren und dadurch den Eintritt der Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt habe. Damit liege der Tatbestand für eine Sperrzeit von 4 Wochen erneut vor, so daß der Anspruch auf Alg nach § 119 Abs. 3 AFG vom 10. Oktober 1975 an erloschen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 30. Dezember 1975 Widerspruch. Darin führte er die Kündigung seitens des Arbeitgebers auf Differenzen, die er mit diesem gehabt habe, zurück, wie auch auf das schlechte Zusammenarbeiten mit einer Aushilfskraft. Soweit er einen Tag, und zwar am 15. September 1975, unentschuldigt gefehlt habe, sei dies nicht Anlaß zur Kündigung gewesen, da er sich anschließend mit seinem Arbeitgeber ausgesprochen habe. Den Zeugen L. habe er niemals beleidigt. Vielmehr habe dieser durch den zu frühen Arbeitsbeginn gegen die Arbeitszeitordnung verstoßen.

Während des Vorverfahrens führte die Beklagte Ermittlungen durch und richtete eine Antrage an den Zeugen L. wegen der Kündigungsgründe. In seinem Schreiben vom 2. März 1976 teilte dieser mit, er habe den Kläger wegen seiner Unpünktlichkeit, seiner mehrfachen Beleidigungen und seiner vorlauten Art entlassen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 1976 zurück mit der Begründung, der Kläger habe durch sein Verhalten Anlaß zu der Kündigung und damit erneuten Anlaß für den Eintritt einer 4-wöchigen Sperrzeit mit der Folge des Erlöschens des ihm zustehenden Anspruchs auf Alg gegeben.

Einen Antrag des Klägers auf Alg vom 12. Januar 1976 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf das Erlöschen des Leistungsanspruchs mit Bescheid vom 15. April 1976 ab, desgleichen die Anträge des Klägers vom 23. September 1976 und 20. Oktober 1976 mit Bescheid vom 28. Oktober 1976. Zur Begründung führte sie darin zusätzlich an, daß die zwischenzeitliche Beschäftigung des Klägers bei der Firma R. (vom 22. April bis 30. April 1976) und bei der Firma H. GmbH (vom 8. Juni bis 18. August 1976) nicht geeignet seien, die Voraussetzungen für eine neue Anwartschaftszeit zu erfüllen.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 25. März 1976, zugestellt am 30. März 1976, erhob der Kläger am 30. April 1976 Klage. Er trug vor, die in den Bescheiden angegebenen Kündigungsgründe entsprächen nicht den Tatsachen. Die Beklagte sei zu Unrecht den Angaben des Zeugen L. gefolgt.

Das Sozialgericht erhob Beweis durch Vernehmung des Bäckermeisters K. L. als Zeugen im Wege der Rechtshilfe.

Mit Urteil vom 28. September 1976 gab das Sozialgericht der Klage statt und hob den Bescheid der Beklagten vom 28. November 1975 sowie den Widerspruchsbescheid vom 25. März 1976 auf und verurteilte die Beklagte, an den Kläger im gesetzlichen Umfang Alg ab 20. Oktober 1975 zu zahlen. Zur Begründung führte das Gericht an, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestehe kein Zweifel daran, daß sich der Kläger vertragswidrig verhalten habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Die Beleidigungen des Klägers, vornehmlich auch gegenüber einem Gast des Arbeitgebers, in dessen Haus, und die Beleidigung des Arbeitgebers im Beisein seines Gastes stellten urhebliche Pflichtverletzungen des Klägers als Arbeitnehmer dar; sie seien erwiesen. Der Kläger habe sich mehrfach unkorrekt verhalten und zudem, auch im Verhältnis zu seinen Kollegen, immer wieder Anlaß zu Reibereien gegeben. Der Bescheid könne jedoch keinen Bestand haben, weil eine Sperrzeit nur dann eintreten könne, wenn der Arbeitslose durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß zu der Kündigung gegeben und dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Der Zeuge L. habe jedoch keinen der Vorfälle, die jeder für sich eine gravierende Verfehlung des Klägers als Arbeitnehmer darstellten, zum Anlaß einer Kündigung gegenüber dem Kläger genommen, so daß bei diesem das Gefühl habe aufkommen können, er könne sich gegenüber seinem Arbeitgeber alles erlauben. Deshalb habe er auch an dem Tag der Kündigung, als er die zu Besuch weilende Freundin der Ehefrau des Zeugen L. in herabsetzender Weise angesprochen habe, nicht mit einer Kündigung zu rechnen brauchen. Die Unentschlossenheit und Duldsamkeit seines Arbeitgebers schließe die Annahme grober Fahrlässigkeit für das die Kündigung auslösende Ereignis in Bezug auf die daraufhin eingetretene Arbeitslosigkeit aus. Der Kläger habe durch sein Verhalten nicht zu einer ihm zu vertretenden qualifizierten Form der Erhöhung des Risikos für die Versichertengemeinschaft, arbeitslos zu werden, beigetragen.

Gegen dieses der Beklagten am 20. Oktober 1976 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 12. November 1976 – eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 18. November 1976 – eingelegte Berufung der Beklagten.

Sie trägt vor, das Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft, weil der Kläger ab 20. Oktober 1975 wegen Erschöpfung des Anspruchs auf Alg gemäß § 106 Abs. 1 Nr. 3 AFG allenfalls nur noch Anspruch auf Anschlußarbeitslosenhilfe, die ihm bereits ab 21. Januar 1975 gewährt worden sei, gehabt habe. Eine erneute Anwartschaft auf Alg gemäß § 104 Abs. 1 AFG habe der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung bei der Firma L. nicht erworben. Das vertragswidrige Verhalten des Klägers stehe zudem, auch nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils fest. Im Gegensatz zu der in diesem Urteil vertretenen Auffassung habe jedoch der Kläger durch sein vertragswidriges Verhalten den Eintritt der Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Anläßlich der Aussprache des Klägers mit dem Zeugen L. nach seinem unentschuldigten Fehlen sei er von seinem Arbeitgeber mündlich verwarnt worden. Der Kläger habe auch erkennen können, daß die Fortsetzung seines Verhaltens gegenüber seinem Arbeitgeber zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen müsse.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. September 1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Beschwerde der Beklagten vom 15. April 1976 und 28. Oktober 1976 aufzuheben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Arbeitsamt D., Stamm-Nr. , die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- sowie fristgerecht eingelegt und auch statthaft (vgl. §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Berufungsausschließungsgründe greifen nicht ein.

Sachlich ist die Berufung auch begründet, weil der Leistungsanspruch des Klägers erloschen ist und der Kläger deshalb weder Anspruch auf Alg noch auf Alhi hat; die Bescheide der Beklagten vom 28. November 1975 und 25. März 1976 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die Bescheide vom 15. April 1976 und 28. Oktober 1976, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits geworden sind. Das Urteil des Sozialgerichts ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das Urteil hält in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten einer rechtlichen Nachprüfung bereits insoweit nicht stand, als das Gericht die Beklagte zur Gewährung von Alg verurteilt hat. Denn der Anspruch des Klägers auf Alg war nach § 106 Abs. 1 AFG bereits erschöpft. Der Kläger hatte deshalb auch schon ab 21. Januar 1975 mit Unterbrechungen Alhi im Anschluß an Alg bezogen. Die erneute Tätigkeit des Klägers bei der Firma L. war im Hinblick auf ihre kurze Dauer nicht geeignet, einen neuen Anspruch auf Alg zu begründen (§ 106 Abs. 1 Nr. 1 AFG), wobei bezüglich der Rahmenfrist § 104 Abs. 3 AFG anzuwenden war. Der Kläger hätte für einen Anspruch auf Alg eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigungszeit von mindestens 26 Wochen oder 6 Monaten nachweisen müssen.

Darüberhinaus steht dem Kläger auch keine Alhi zu, da der Anspruch hierauf nach § 119 Abs. 3 AFG erloschen ist. Der Antrag des Klägers umfaßt bereits seinem Wortlaut und Inhalt nach auch die Gewährung von Alhi; zumindest wäre ein derartiger Antrag aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung herzuleiten (vgl. Schönefelder-Kranz-Wanka, Kommentar zum AFG, § 134 Anm. 16). Dieser Antrag wird auch von dem Bescheid der Beklagten vom 28. November 1975 erfaßt, in dem letztlich auch von der – fehlerhaften – Vorstellung ausgegangen wird, der Kläger habe noch Anspruch auf Gewährung von Alg. Durch einen Bescheid nach § 119 Abs. 3 AFG soll der Leistungsanspruch dem Grunde nach erlöschen; er umfaßt auch den Anspruch auf Alhi, selbst wenn er sich inhaltlich auf den Anspruch auf Alg beschränkt; dies folgt u.a. auch aus den Regelungen des § 134 Abs. 1 Nr. 4 a) und b) AFG, die das Erlöschen des Anspruchs nach § 119 Abs. 3 AFG ausdrücklich in die Anspruchsvoraussetzungen einbeziehen. Dem Erlöschen des Anspruchs steht deshalb auch nicht entgegen, daß die insoweit erste maßgebliche Sperrzeit in einen Zeitraum fällt, in dem der Kläger Alg hätte beziehen können, die weitere Sperrzeit dagegen in einen Zeitraum des Bezuges von Alhi.

Die Voraussetzungen für das Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Gewährung von Alhi nach § 19 Abs. 3 AFG sind erfüllt. Der Kläger hat durch sein vertragswidriges Verhalten Anlaß zur Kündigung gegeben und zugleich zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Hat der Arbeitslose für ein derartiges Verhalten keinen wichtigen Grund, so tritt nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG eine Sperrzeit von 4 Wochen ein. Zur Überzeugung des Senats steht fest, daß sich der Kläger im Rahmen einer zumutbaren Beschäftigung vertragswidrig verhalten hat. Dies stimmt mit den Feststellungen des Urteils des Sozialgerichts überein. Der Zeuge L. hat in Übereinstimmung mit seinen früheren Angaben gegenüber der Beklagten glaubhaft bekundet, daß ihn der Kläger mehrfach beleidigt hat, er mehrfach unpünktlich gewesen ist und zudem den Arbeitsfrieden durch ein schlechtes Verhältnis zu den Kollegen in nicht unerheblicher Weise gestört hat.

Während der etwa vierteljährigen Beschäftigungsdauer gab der Kläger immer wieder Anlaß zu Reibereien mit den Mitarbeitern, weil er sich diesen gegenüber recht frech verhielt. Diese hatten auch gegenüber dem Zeugen L. erklärt, sie würden gehen, wenn es so weitergehe. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen L. hatte der Kläger einen Mitarbeiter sogar zu einer Schlägerei herausgefordert.

Ferner hat der Kläger in einem Falle einen vollen Tag unentschuldigt gefehlt. Auch der Vorfall, der unmittelbar zur Kündigung des Klägers geführt hat, nämlich die Beleidigung des Gastes des Arbeitgebers in dessen Haus und die Beleidigung des Arbeitgebers in Gegenwart seines Gastes werden durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen L. bestätigt und stellen ebenfalls eine erhebliche Pflichtverletzung des Klägers dar. Soweit das vertragswidrige Verhalten des Klägers nicht unmittelbar mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang steht, und soweit sich der Kläger beispielsweise auch außerhalb seiner Arbeitszeit in beleidigender Form gegenüber seinem Arbeitgeber geäußert hat, stellt das Verhalten des Klägers eine schwere Verletzung der allgemeinen Treupflicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dar, die in besonderem Maße dann besteht, wenn der Arbeitnehmer, wie dies hier der Fall ist, im Hause des Arbeitgebers wohnt (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 53 II sowie § 121 Gewerbeordnung). Zudem hätte das Verhalten des Klägers am 23. September 1975 für sich allein unter Berücksichtigung der Gesamtumstände einen berechtigten Anlaß zur außerordentlichen Kündigung gegeben, da grobe Beleidigungen geeignet sind, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (vgl. Schaub a.a.O. § 125 VII Nr. 8).

Der Kläger hat seine Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger wiederholt seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis derartig verletzt hat, daß er mit der Kündigung rechnen konnte ohne Aussicht auf eine neue Tätigkeit zu haben. So hat der Kläger nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen L. auch anläßlich seines unentschuldigten Fehlens mit der Möglichkeit gerechnet, deswegen entlassen zu werden. Auch das weitere vertragswidrige Verhalten des Klägers ist dahin zu werten, daß dieser erkennbar das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses aufs Spiel gesetzt hat. Ob die Ereignisse am 23. September 1975 für sich allein Anlaß zur Kündigung geben konnten, kann letztlich dahinstehen, da zumindest das gesamte Verhalten des Klägers – bezogen auf die Arbeitslosigkeit – zu würdigen ist (vgl. Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, § 119 Anm. 5). Dieses Verhalten des Klägers kann jedoch nur als grobfahrlässig angesehen werden. Grobfahrlässig ist die Arbeitslosigkeit dann herbeigeführt, wenn diese Folgen bei dem Verhalten des Arbeitslosen nahelag und dieser sie dennoch leichtfertig außer acht ließ (vgl. Hennig/Kühl/Heuer a.a.O.). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 31.8.76 – Az.: 7 RAr 112/74, veröffentlicht in Sozialrecht 4100 Nr. 3 zu § 152 AFG) setzt grobe Fahrlässigkeit eine Sorgfaltspflichtverletzung hohen Ausmaßes voraus, bei der einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muß. Der Kläger mußte sich aufgrund seines gesamten Verhaltens darüber im klaren sein, daß der Zeuge L. sein vertragswidriges Verhalten auf die Dauer nicht hinnehmen, sondern das Arbeitsverhältnis kündigen werde; dies hat er letztlich auch erkannt, wie beispielsweise der Inhalt seines Telefongesprächs anläßlich seines Fehltages zeigt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann die Geduld des Arbeitgebers, die dieser dem Verhalten des Klägers gegenüber an den Tag gelegt hat, dem Kläger nicht zum Vorteil gereichen. Letztlich würde diese Auffassung dazu führen, daß eine nach mehrfachen Vertragsverstößen ausgesprochene Kündigung den Eintritt einer Sperrzeit ausschließen würde. Der Kläger handelte auch grobfahrlässig in Bezug auf die Erhöhung des Risikos des Eintritts der Arbeitslosigkeit. Schließlich wäre auch ohne das Verhalten des Klägers die Arbeitslosigkeit nicht eingetreten; vielmehr spricht die Geduld des Arbeitgebers dafür, daß er den Kläger an sich weiterbeschäftigen wollte und daß die Auftragslage dessen Beschäftigung erforderte. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers ist nicht erkennbar, wie auch kein Anlaß besteht, eine besondere Härte durch den Eintritt der Sperrzeit anzunehmen.

Bei dem Kläger sind weiterhin auch die Voraussetzungen des § 119 Abs. 3 AFG erfüllt, da er nach Entstehung des Anspruchs bereits einmal Anlaß zu dem Eintritt einer Sperrzeit von 4 Wochen gegeben und hierfür einen schriftlichen Bescheid erhalten hatte. Der Anspruch auf Anschlußarbeitslosenhilfe erlischt auch dann, wenn die erste Sperrzeit während des Arbeitslosengeldbezuges eingetreten ist (vgl. Hennig/Kühl/Heuer a.a.O. § 134 Anm. 6 c)). Damit ist der Anspruch des Klägers auf Alhi erloschen.

Auch die späteren Bescheide der Beklagten, die Gegenstand des Rechtsstreits geworden sind, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antrag auf Alg vom 12. Januar 1976 mußte abgelehnt werden, weil der Bescheid vom 28. November 1975 fehlerfrei ist. Auch der auf die Anträge vom 23. September 1976 und 20. Oktober 1976 erteilte Bescheid vom 28. Oktober 1976 hält einer rechtlichen Nachprüfung stand. Ist der letzte Anspruch auf Gewährung von Alg oder Alhi infolge wiederholten Eintritts einer Sperrzeit gemäß § 119 Abs. 3 AFG erloschen, so bedarf es zur Erfüllung der sog. kleinen Anwartschaft für den Anspruch auf Alhi stets einer entlohnten Beschäftigung von mindestens 26 Wochen innerhalb der einjährigen Rahmenfrist (vgl. Schönefelder/Kranz/Wanka a.a.O. § 134 Rdz. 26). Dies muß auch dann gelten, wenn der letzte Anspruch bereits vor Beginn der Rahmenfrist erloschen ist (vgl. § 104 Abs. 3 AFG). Für den Anspruch auf Alhi reicht es nicht aus, daß der Kläger z.Z. seiner Antragstellung im September bzw. Oktober 1976 eine über 10-wöchige Beschäftigung nachweisen konnte; Voraussetzung wäre vielmehr gewesen, daß eine entlohnte Beschäftigungszeit von mindestens 26 Wochen innerhalb der Jahresfrist nachgewiesen worden wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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