Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 2 LW 652/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 LW 4/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Erziehungsgeld ist nicht als Erwerbersatzeinkommen iS des § 3 ALG anzusehen.
2. Es handelt sich bei dem Erziehungsgeld um eine primär am Gedanken des Familienlastenausgleichs orientierte "zusätzliche" Sozialleistung, die nach dem Willen des Gesetzgebers mit den sog. klassischen, regelmäßig an eine konkrete Erwerbseinbuße anknüpfenden Lohnersatzleistungen nicht vergleichbar ist.
2. Es handelt sich bei dem Erziehungsgeld um eine primär am Gedanken des Familienlastenausgleichs orientierte "zusätzliche" Sozialleistung, die nach dem Willen des Gesetzgebers mit den sog. klassischen, regelmäßig an eine konkrete Erwerbseinbuße anknüpfenden Lohnersatzleistungen nicht vergleichbar ist.
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Februar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist (noch), ob die Klägerin auch in der Zeit vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2004 gemäß § 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte (AdL) zu befreien ist. Umstritten ist dabei insbesondere, ob das von der Klägerin im streitigen Zeitraum empfangene Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 ALG angesehen werden kann.
Die 1980 geborene Klägerin ist die Ehefrau des durch Beschluss des Sozialgerichts vom 1. Februar 2006 zum Verfahren beigeladenen Landwirts A., der ein über der örtlichen Mindestgröße liegendes landwirtschaftliches Unternehmen bewirtschaftet und gemäß Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2005 nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG wegen der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes von der Versicherungspflicht in der AdL befreit ist.
Nachdem der Beigeladene seine landwirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hatte, teilte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 4. November 2003 mit, dass sie als dessen Ehefrau ab 1. Januar 2003 der Versicherungspflicht zur AdL unterliege. Auf entsprechenden Antrag wurde die Klägerin seitens der Beklagten sodann durch (ersten) Bescheid vom 29. Januar 2004 zunächst nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG wegen des Erzielens von Arbeitseinkommen für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. April 2003 von der Versicherungspflicht befreit. Durch weiteren (zweiten) Bescheid vom 29. Januar 2004 befreite die Beklagte die Klägerin nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG wegen der Erziehung der Pflegekinder M. und A. für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis zum 30. September 2003 von der Versicherungspflicht. Die Befreiungsbescheide wurden in der Sache bindend.
Schließlich teilte die Beklagte durch den hier maßgeblichen (dritten) Bescheid vom 29. Januar 2004 mit, dass hinsichtlich der Zeit ab 1. Oktober 2003 (wieder) Versicherungspflicht in der AdL bestehe, weil kein Befreiungstatbestand mehr gegeben sei. Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde seitens der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob daraufhin am 15. Juli 2004 Klage bei dem Sozialgericht Marburg und machte geltend, dass sie auch über den in der gesetzlichen Rentenversicherung als Kindererziehungszeit berücksichtigungsfähigen Zeitraum hinaus mit der Erziehung der Pflegekinder M. und A. befasst sei. Sie legte Bescheide des Hessischen Amts für Versorgung und Soziales GC. - Erziehungsgeldkasse - vom 8. Mai 2003 sowie vom 9. Juni 2004 über die Bewilligung von Erziehungsgeld für den streitigen Zeitraum vor und vertrat die Auffassung, dass wegen des Bezugs von Erziehungsgeld eine Befreiung von der Versicherungspflicht zur AdL zu erfolgen habe.
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass eine Befreiung wegen des Bezugs von Erziehungsgeld nicht in Betracht kommen könne, weil das Erziehungsgeld nicht zu dem nach Maßgabe des § 3 Abs. 4 ALG beitragsbefreienden Ersatzeinkommen gehöre.
Im Verlaufe des Klageverfahrens hat die Beklagte sich durch angenommenes Teilanerkenntnis vom 1. Februar 2006 bereit erklärt, die Klägerin für die Zeit ab 1. November 2004 gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG wegen der Pflegebedürftigkeit der Kinder M. und A. nach Maßgabe der Pflegestufe I von der Versicherungspflicht zur AdL zu befreien.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 1. Februar 2006 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Klägerin auch für die Zeit vom 1. September 2003 bis zum 31. Oktober 2004 von der Versicherungspflicht in der AdL zu befreien.
Über die dem Grunde nach bestehende Versicherungspflicht der Klägerin in der AdL bestehe kein Streit. Die Klägerin habe aber entgegen der Auffassung der Beklagten einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht, weil Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 ALG anzusehen sei. Bei Erwerbsersatzeinkommen handele es sich um Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um "Erwerbsersatzeinkommen" (gemeint ist: Erwerbseinkommen) zu ersetzen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sehe, sei der Charakter einer Sozialleistung als Lohnersatzleistung nicht anhand des konkreten Einzelfalles, sondern generell anhand der gesetzlichen Zweckbestimmung einer solchen Leistung zu bestimmen. Das Erziehungsgeld sei zwar nicht unmittelbar den typischen Lohnersatzleistungen, wie etwa dem Krankengeld, dem Verletztengeld oder dem Arbeitslosengeld gleichzustellen. Andererseits könne ihm aber nicht jeglicher Lohnersatzcharakter abgesprochen werden.
Das Erziehungsgeld sei als neuartige Sozialleistung mit dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub vom 6. Dezember 1985 (BGBI. I S. 2154) eingeführt worden. Das Erziehungsgeld sei nicht danach ausgestaltet worden, tatsächliche Einkommenseinbußen konkret auszugleichen oder den tatsächlichen Betreuungsaufwand zu entschädigen; es wolle vielmehr die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht voll erwerbstätige sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein fördern, indem für Mütter und Väter eine größere Wahlfreiheit zwischen der Tätigkeit für die Familie und einer Erwerbstätigkeit geschaffen werde. Dementsprechend habe der Gesetzgeber in die Begünstigungen durch das Bundeserziehungsgeldgesetz nicht nur selbständig Tätige und im Betrieb ihres Ehemannes helfende Frauen einbezogen, sondern auch Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig waren. Daraus ergebe sich jedoch kein ausschlaggebendes Argument gegen die Behandlung des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleistung. Denn das Erziehungsgeld verfolge zumindest auch den Zweck, den in aller Regel stattfindenden wirtschaftlichen Nachteil einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit während und wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes auszugleichen. Dem entspreche es, dass das Erziehungsgeld nur zustehe, wenn der Antragsteller in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübe (vgl. BSG vom 29. April 1992 - 7 RAr 12/91 = SozR 3-4100 § 113 Nr. 1) Wenn auch diese Entscheidung des Bundessozialgerichts zu arbeitsförderungsrechtlichen Bestimmungen ergangen sei, so messe die Kammer diesen Ausführungen dennoch eine Bedeutung auch für § 3 ALG zu. Die Charakterisierung als Lohnersatzleistung könne nicht jeweils gebietsspezifisch unterschiedlich angenommen werden. Somit sei davon auszugehen, dass Erziehungsgeld grundsätzlich als Lohnersatzleistung zu verstehen sei.
Auch die Systematik und die von der Beklagten angeführte Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 4 ALG sprächen nicht dafür, dass der Befreiungstatbestand wegen der Erziehung eines Kindes nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG eine abschließende Befreiungsmöglichkeit wegen der Erziehung von Kindern regele. Insofern handele es sich nicht um eine gegenüber Nr. 1 speziellere Vorschrift. Bei den in Abs. 4 Satz 4 genannten Leistungen wie Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen, die ausdrücklich außer Betracht zu bleiben haben, sei das Erziehungsgeld gerade nicht aufgeführt, obwohl dem Gesetzgeber im Jahre 1994 bei Verabschiedung des ALG die Auffassung des BSG zum Erziehungsgeld bekannt gewesen sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. Februar 2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 7. März 2006 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass das Erziehungsgeld nicht zu dem in § 3 Abs. 4 ALG genannten Erwerbsersatzeinkommen gehöre, dessen Bezug zu einer Befreiung von der Versicherungspflicht führe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der Beigeladene hat keinen eigenen Sachantrag gestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und auch sachlich begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Februar 2006 ist aufzuheben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 ist zu Recht ergangen. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, auch in der vorliegend allein noch streitigen Zeit vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2004 von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte (AdL) befreit zu werden, weil insoweit die gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, steht aufgrund des in der Sache bindend gewordenen Bescheides der Beklagten vom 24. September 2003 fest, dass die Klägerin mit Wirkung ab 1. Januar 2003 als Ehefrau eines Landwirts grundsätzlich der Versicherungspflicht in der AdL unterliegt, weil gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 ALG auch der Ehegatte eines Landwirts als "Landwirt" im Sinne des Gesetzes gilt. Nach § 3 Abs.1 ALG werden Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie
1. regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen (Abs. 4) beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft ein Siebtel der Bezugsgröße überschreitet,
2. wegen Erziehung eines Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie nach § 56 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind,
3. wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie von der Versicherungspflicht befreit sind oder,
4. wegen der Ableistung von Wehr- oder Zivildienst in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind.
Die Befreiung wirkt gemäß § 3 Abs. 2 ALG vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an.
Erwerbsersatzeinkommen sind der Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 1 ALG zufolge Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. Hierzu zählen gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 ALG insbesondere
1. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung, einer berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen und vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis oder aus der Versorgung der Abgeordneten,
2. Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und vergleichbare Leistungen von einem Sozialleistungsträger.
Im vorliegenden Fall kommt allenfalls eine Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in Betracht, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob das von ihr im streitigen Zeitraum bezogene Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 ALG anzusehen ist. Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 ALG ist eng an die Bestimmung des § 18a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) angelehnt, enthält jedoch – anders als diese in § 18a Abs. 3 SGB IV – keine abschließende Aufzählung der anrechenbaren Erwerbsersatzeinkommensarten, wie durch die Formulierung "insbesondere" in § 3 Abs. 4 Satz 2 ALG zum Ausdruck kommt. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es in Anbetracht dessen nicht entscheidend darauf an, dass das Erziehungsgeld nicht zu den in § 3 Abs. 4 ALG ausdrücklich genannten Leistungen handelt.
Ob es sich bei dem Erziehungsgeld um eine "vergleichbare Leistung" von einem Sozialleistungsträger im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG handelt, kann nicht unmittelbar dem Gesetzestext entnommen werden, sondern muss im Wege der Auslegung erschlossen werden. Wie das Bundessozialgericht bereits in seinen – die Frage der Anrechnung von Arbeitslosenhilfe betreffenden – Entscheidungen vom 2. Dezember 1999 (B 10 LW 6/99 R = SozR 3-5868 § 3 Nr. 2 sowie B 10 LW 9/99 R) herausgearbeitet hat, geben die Gesetzgebungsmaterialien zu § 3 Abs. 4 ALG (im ursprünglichen Gesetzentwurf noch § 2 Abs. 2, vgl. Bundestags-Drucksache 12/5700, S. 9, 71; Bundestags-Drucksache 12/7599, S. 8) keinen näheren Aufschluss über die ratio legis.
Die Regelung des § 3 Abs. 4 ALG entspricht allerdings fast wörtlich der früheren – mit dem Dritten Agrarsozialen Ergänzungsgesetz (3. ASEG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2475) eingeführten – Bestimmung des § 3c Abs. 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL), zu der es in der Begründung zum Gesetzentwurf (Bundestags-Drucksache 10/3483 S. 17) ausdrücklich hieß, dass "vergleichbare Sozialleistungen beispielsweise das Mutterschaftsurlaubsgeld, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld (sind), nicht aber Leistungen mit fürsorgerechtlichem Charakter wie Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe". Stellt man insoweit darauf ab, dass die hier angesprochenen "Leistungen mit fürsorgerechtlichem Charakter" entsprechend dem Grundsatz der Individualisierung in aller Regel nachrangig bzw. unter Bedürftigkeitsgesichtspunkten gewährt werden, so gehört das vorliegend in Rede stehende Erziehungsgeld, auf welches unabhängig von der individuellen Bedarfslage ein Anspruch aufgrund von schematisierenden und typisierenden Erwägungen besteht, jedenfalls nicht ohne weiteres zu den nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ausgeschlossenen Leistungen.
Nach Sinn und Zweck hat die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ALG enthaltene Regelung erkennbar zum Ziel, eine Befreiung von der Versicherungspflicht denjenigen zu ermöglichen, die wegen anderweitigen Einkommens ohnehin schon entweder in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind bzw. denen eine eigene Altersvorsorge zugemutet werden kann (Nummer 1) oder die aus anderen Gründen bereits in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind (Nummern 2 bis 4). Die Befreiung von der Versicherungspflicht erscheint in einem solchen Fall nicht zuletzt deshalb vertretbar, weil das ALG für die Alterssicherung der Landwirte (ohnehin) nur eine Teilabsicherung gewährleistet. Der einheitliche Pflichtbeitrag zur AdL dient dem Erwerb einer Teilversorgung von weniger als der Hälfte einer durchschnittlichen Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG vom 30. Juni 1999 - B 10 LW 17/98 R - und BSG vom 8. Oktober 1998 - B 10 LW 2/98 R).
Unter dem Aspekt der anderweitigen rentenrechtlichen Sicherung kann eine Befreiung der Klägerin im vorliegenden Fall allerdings nicht in Betracht kommen. Die Klägerin befand sich im streitigen Zeitraum in Erziehungsurlaub und hat eben gerade keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, aufgrund derer Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind. Zwar begründet auch die Erziehung eines Kindes unter den Voraussetzungen des § 56 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) eine rentenrechtliche Absicherung in Gestalt der Kindererziehungszeiten. Dass das Zurücklegen einer solchen Kindererziehungszeit als rentenrechtliche Zeit einen Befreiungstatbestand in der AdL begründet, ergibt sich bereits aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG, auf deren Grundlage die Klägerin vorliegend bis zum 30. September 2003 von der Versicherungspflicht in der AdL befreit worden ist. Hinsichtlich der hier allein streitigen weitergehenden Zeit der Erziehung, welche nicht mehr als Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt worden ist, fehlt es indes ganz offenkundig an einer anderweitigen rentenrechtlichen Absicherung der Klägerin. Die Klägerin kann sich angesichts dessen nicht darauf berufen, dass es sich bei dem Bezug von Erziehungsgeld im streitigen Zeitraum um einen nach Sinn und Zweck mit den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ALG enthaltenen Befreiungstatbeständen vergleichbaren Fall gehandelt habe.
Entscheidend gegen die Annahme, dass es sich bei dem Erziehungsgeld um eine "vergleichbare Leistung" im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG handeln könnte, spricht zur Überzeugung des Senats aber vor allem auch der besondere Charakter dieser Sozialleistung. Das Erziehungsgeld wurde als neuartige Sozialleistung mit dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub vom 6. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2154) eingeführt und ist nicht danach ausgestaltet worden, tatsächliche Einkommenseinbußen konkret auszugleichen oder den tatsächlichen Betreuungsaufwand zu entschädigen. Vielmehr will es nach der amtlichen Begründung ermöglichen oder erleichtern, dass sich ein Elternteil in der für die ganze spätere Entwicklung entscheidenden ersten Lebensphase eines Kindes dessen Betreuung und Erziehung widmet, indem für Mütter und Väter mehr Wahlfreiheit zwischen der Tätigkeit für die Familie und einer Erwerbstätigkeit geschaffen wird (vgl. Bundestags-Drucksache 10/3792 S. 13; BSGE 64, 296, 300 f = SozR 7833 § 3 Nr. 1; BSGE 67, 238, 240 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 1). Damit soll das Erziehungsgeld die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht voll erwerbstätige sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein fördern (vgl. BVerfG SozR 7833 § 3 Nr. 2), indem die wirtschaftlichen Nachteile der Einschränkung der Erwerbsmöglichkeit wegen der Betreuung eines Kindes in der ersten Lebensphase teilweise ausgeglichen, nicht aber Unterhaltsaufwendungen ersetzt werden oder – abstrakt – die Zuwendung zum Kind "belohnt" wird (vgl. BSGE 67, 238, 240).
Eine eindeutige Bestimmung der Rechtsnatur des Erziehungsgeldes erweist sich insbesondere deshalb als schwierig, weil es einerseits ganz offenkundig nicht den typischen Lohnersatzleistungen wie dem Krankengeld, dem Verletztengeld oder dem Arbeitslosengeld zugeordnet werden kann, andererseits aber in bestimmten Fallkonstellationen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest in einem weiteren Sinne an die Stelle von ausgefallenem Erwerbseinkommen tritt. Das Erziehungsgeld steht allen Berechtigten zu, welche die Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) erfüllen. Damit sind – neben pflichtversicherten Arbeitnehmern – selbstständig Tätige oder im Betrieb ihres Ehemannes helfende Frauen ebenso einbezogen wie Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes überhaupt nicht erwerbstätig waren (BSG SozR 3-4100 § 113 Nr. 1). Zum anderen besteht ein Anspruch auf Erziehungsgeld allerdings nur dann, wenn der Antragsteller in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG), so dass der Erwerb einer Anspruchsberechtigung für vor dem Bezug von Erziehungsgeld erwerbstätige Anspruchsinhaber einen weitgehenden Verzicht auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen voraussetzt. Für diesen Personenkreis hat das Erziehungsgeld demnach einen gewissen "Lohnersatzcharakter". Bei anderen Berechtigten hingegen, die zuvor nicht erwerbstätig waren und denen während des Bezuges von Erziehungsgeld demzufolge auch keine Erwerbseinkünfte verloren gehen können, scheidet eine "Lohnersatzfunktion" des Erziehungsgeldes aus; ihnen wird das Erziehungsgeld gewissermaßen "zusätzlich" gewährt.
Der Rechtscharakter des Erziehungsgeldes als Sozialleistung kann freilich nicht anhand der wirtschaftlichen Folgen des Bezugs dieser Leistung "von Fall zu Fall" unterschiedlich, und zwar jeweils danach bestimmt werden, ob es beim jeweiligen Anspruchsinhaber in dem oben beschriebenen Sinne "Lohnersatzcharakter" hat oder mangels ausfallender Erwerbseinkünfte "zusätzlich" gewährt wird. Eine solche Differenzierung wäre sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. BSG vom 24. November 1992 - 12 RK 24/91 = SozR 3-2200 § 383 Nr. 1). Vielmehr ist ausgehend von dem nach dem Willen des Gesetzgebers vorgesehenen Leistungsgrund maßgeblich darauf abzustellen, dass das Erziehungsgeld eine grundlegend andere – primär am Gedanken des Familienlastenausgleichs (vgl. BSG vom 29. April 1997 - 5 RJ 84/95 = SozR 3-2200 § 1267 Nr. 5 = BSGE 80, 205) orientierte – Zielrichtung verfolgt als die regelmäßig an einer konkreten Erwerbseinbuße anknüpfenden Lohnersatzleistungen. Es knüpft hinsichtlich der Leistungshöhe – anders als die typischen Lohnersatzleistungen – nicht an die Höhe eines während der Erziehungszeit möglicherweise ausfallenden Erwerbseinkommen an und soll gemäß § 8 BErzGG überdies auch bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt bleiben. Seiner rechtlichen Ausgestaltung nach erweist sich das Erziehungsgeld damit als eine "zusätzliche" Sozialleistung (vgl. Kasseler Kommentar-Seewald, § 18a SGB IV, Rdnr. 18), die nach dem Willen des Gesetzgebers mit den sog. klassischen Lohnersatzleistungen nicht vergleichbar ist (vgl. BSG vom 29. April 1997 - 5 RJ 84/95 = SozR 3-2200 § 1267 Nr. 5 = BSGE 80, 205 sowie BSG vom 26. Januar 2000 – B 13 RJ 53/99 R), sondern eine derart stark ausgeprägte Sonderstellung einnimmt, dass es nicht als gerechtfertigt angesehen werden kann, in den Fällen des Bezuges von Erziehungsgeld – auch dann, wenn keine Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung (mehr) zurückgelegt wird – eine Beitragsfreiheit in der AdL vorzusehen.
BSG vom 29. April 1992 - 7 RAr 12/91 = SozR 3-4100 § 113 Nr. 1) dem Erziehungsgeld zumindest in den Fällen einer vorherigen Erwerbstätigkeit des nachfolgend Erziehungsgeld beanspruchenden Elternteils einen gewissen "Lohnersatzcharakter" zugesprochen und diese Leistung im Wege der Analogie den früher in § 113 Abs. 2 Satz 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. nunmehr in § 133 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) genannten Lohnersatz- bzw. Entgeltersatzleistungen gleichgestellt hat. Denn leitendes Motiv für diese Entscheidung war allein, dass ein Arbeitnehmer hinsichtlich der Höhe seines Arbeitslosengeldes nicht dadurch einen Nachteil erleiden soll, dass er während des Bezugs einer lohnsteuerfreien Lohnersatzleistung die Steuerklasse im Hinblick auf den Verdienst seines Ehegatten ändert und den tatsächlichen Einkommensverhältnissen anpasst. Nur unter diesem Aspekt hat es das Bundessozialgericht (a.a.O.) aus der Sicht der Schutzrichtung des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG bzw. des § 133 Abs. 3 Satz 2 SGB III als unerheblich angesehen, ob der Steuerklassenwechsel vorgenommen wird, weil bei einem Ehegatten ein Ausfall von Arbeitslohn vorliegt, der nach dem Wortlaut der Vorschrift einen Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung begründet, oder ob er vorgenommen wird, weil ein Ausfall von Arbeitslohn darauf beruht, dass ein Ehegatte den Erziehungsurlaub und das Erziehungsgeld in Anspruch nimmt. Eine Entscheidung über die Rechtsqualität des Erziehungsgeldes kann darin zur Überzeugung des Senats nicht gesehen werden.
Nach alledem ist das Erziehungsgeld keine dem Erwerbsersatzeinkommen "vergleichbare Leistung" im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG. Der Berufung der Beklagten konnte der Erfolg angesichts dessen nicht versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ergibt sich im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist (noch), ob die Klägerin auch in der Zeit vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2004 gemäß § 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte (AdL) zu befreien ist. Umstritten ist dabei insbesondere, ob das von der Klägerin im streitigen Zeitraum empfangene Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 ALG angesehen werden kann.
Die 1980 geborene Klägerin ist die Ehefrau des durch Beschluss des Sozialgerichts vom 1. Februar 2006 zum Verfahren beigeladenen Landwirts A., der ein über der örtlichen Mindestgröße liegendes landwirtschaftliches Unternehmen bewirtschaftet und gemäß Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2005 nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG wegen der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes von der Versicherungspflicht in der AdL befreit ist.
Nachdem der Beigeladene seine landwirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hatte, teilte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 4. November 2003 mit, dass sie als dessen Ehefrau ab 1. Januar 2003 der Versicherungspflicht zur AdL unterliege. Auf entsprechenden Antrag wurde die Klägerin seitens der Beklagten sodann durch (ersten) Bescheid vom 29. Januar 2004 zunächst nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG wegen des Erzielens von Arbeitseinkommen für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. April 2003 von der Versicherungspflicht befreit. Durch weiteren (zweiten) Bescheid vom 29. Januar 2004 befreite die Beklagte die Klägerin nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG wegen der Erziehung der Pflegekinder M. und A. für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis zum 30. September 2003 von der Versicherungspflicht. Die Befreiungsbescheide wurden in der Sache bindend.
Schließlich teilte die Beklagte durch den hier maßgeblichen (dritten) Bescheid vom 29. Januar 2004 mit, dass hinsichtlich der Zeit ab 1. Oktober 2003 (wieder) Versicherungspflicht in der AdL bestehe, weil kein Befreiungstatbestand mehr gegeben sei. Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde seitens der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob daraufhin am 15. Juli 2004 Klage bei dem Sozialgericht Marburg und machte geltend, dass sie auch über den in der gesetzlichen Rentenversicherung als Kindererziehungszeit berücksichtigungsfähigen Zeitraum hinaus mit der Erziehung der Pflegekinder M. und A. befasst sei. Sie legte Bescheide des Hessischen Amts für Versorgung und Soziales GC. - Erziehungsgeldkasse - vom 8. Mai 2003 sowie vom 9. Juni 2004 über die Bewilligung von Erziehungsgeld für den streitigen Zeitraum vor und vertrat die Auffassung, dass wegen des Bezugs von Erziehungsgeld eine Befreiung von der Versicherungspflicht zur AdL zu erfolgen habe.
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass eine Befreiung wegen des Bezugs von Erziehungsgeld nicht in Betracht kommen könne, weil das Erziehungsgeld nicht zu dem nach Maßgabe des § 3 Abs. 4 ALG beitragsbefreienden Ersatzeinkommen gehöre.
Im Verlaufe des Klageverfahrens hat die Beklagte sich durch angenommenes Teilanerkenntnis vom 1. Februar 2006 bereit erklärt, die Klägerin für die Zeit ab 1. November 2004 gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG wegen der Pflegebedürftigkeit der Kinder M. und A. nach Maßgabe der Pflegestufe I von der Versicherungspflicht zur AdL zu befreien.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 1. Februar 2006 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Klägerin auch für die Zeit vom 1. September 2003 bis zum 31. Oktober 2004 von der Versicherungspflicht in der AdL zu befreien.
Über die dem Grunde nach bestehende Versicherungspflicht der Klägerin in der AdL bestehe kein Streit. Die Klägerin habe aber entgegen der Auffassung der Beklagten einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht, weil Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 ALG anzusehen sei. Bei Erwerbsersatzeinkommen handele es sich um Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um "Erwerbsersatzeinkommen" (gemeint ist: Erwerbseinkommen) zu ersetzen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sehe, sei der Charakter einer Sozialleistung als Lohnersatzleistung nicht anhand des konkreten Einzelfalles, sondern generell anhand der gesetzlichen Zweckbestimmung einer solchen Leistung zu bestimmen. Das Erziehungsgeld sei zwar nicht unmittelbar den typischen Lohnersatzleistungen, wie etwa dem Krankengeld, dem Verletztengeld oder dem Arbeitslosengeld gleichzustellen. Andererseits könne ihm aber nicht jeglicher Lohnersatzcharakter abgesprochen werden.
Das Erziehungsgeld sei als neuartige Sozialleistung mit dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub vom 6. Dezember 1985 (BGBI. I S. 2154) eingeführt worden. Das Erziehungsgeld sei nicht danach ausgestaltet worden, tatsächliche Einkommenseinbußen konkret auszugleichen oder den tatsächlichen Betreuungsaufwand zu entschädigen; es wolle vielmehr die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht voll erwerbstätige sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein fördern, indem für Mütter und Väter eine größere Wahlfreiheit zwischen der Tätigkeit für die Familie und einer Erwerbstätigkeit geschaffen werde. Dementsprechend habe der Gesetzgeber in die Begünstigungen durch das Bundeserziehungsgeldgesetz nicht nur selbständig Tätige und im Betrieb ihres Ehemannes helfende Frauen einbezogen, sondern auch Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig waren. Daraus ergebe sich jedoch kein ausschlaggebendes Argument gegen die Behandlung des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleistung. Denn das Erziehungsgeld verfolge zumindest auch den Zweck, den in aller Regel stattfindenden wirtschaftlichen Nachteil einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit während und wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes auszugleichen. Dem entspreche es, dass das Erziehungsgeld nur zustehe, wenn der Antragsteller in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübe (vgl. BSG vom 29. April 1992 - 7 RAr 12/91 = SozR 3-4100 § 113 Nr. 1) Wenn auch diese Entscheidung des Bundessozialgerichts zu arbeitsförderungsrechtlichen Bestimmungen ergangen sei, so messe die Kammer diesen Ausführungen dennoch eine Bedeutung auch für § 3 ALG zu. Die Charakterisierung als Lohnersatzleistung könne nicht jeweils gebietsspezifisch unterschiedlich angenommen werden. Somit sei davon auszugehen, dass Erziehungsgeld grundsätzlich als Lohnersatzleistung zu verstehen sei.
Auch die Systematik und die von der Beklagten angeführte Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 4 ALG sprächen nicht dafür, dass der Befreiungstatbestand wegen der Erziehung eines Kindes nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG eine abschließende Befreiungsmöglichkeit wegen der Erziehung von Kindern regele. Insofern handele es sich nicht um eine gegenüber Nr. 1 speziellere Vorschrift. Bei den in Abs. 4 Satz 4 genannten Leistungen wie Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen, die ausdrücklich außer Betracht zu bleiben haben, sei das Erziehungsgeld gerade nicht aufgeführt, obwohl dem Gesetzgeber im Jahre 1994 bei Verabschiedung des ALG die Auffassung des BSG zum Erziehungsgeld bekannt gewesen sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. Februar 2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 7. März 2006 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass das Erziehungsgeld nicht zu dem in § 3 Abs. 4 ALG genannten Erwerbsersatzeinkommen gehöre, dessen Bezug zu einer Befreiung von der Versicherungspflicht führe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der Beigeladene hat keinen eigenen Sachantrag gestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und auch sachlich begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Februar 2006 ist aufzuheben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 ist zu Recht ergangen. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, auch in der vorliegend allein noch streitigen Zeit vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2004 von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte (AdL) befreit zu werden, weil insoweit die gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, steht aufgrund des in der Sache bindend gewordenen Bescheides der Beklagten vom 24. September 2003 fest, dass die Klägerin mit Wirkung ab 1. Januar 2003 als Ehefrau eines Landwirts grundsätzlich der Versicherungspflicht in der AdL unterliegt, weil gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 ALG auch der Ehegatte eines Landwirts als "Landwirt" im Sinne des Gesetzes gilt. Nach § 3 Abs.1 ALG werden Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie
1. regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen (Abs. 4) beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft ein Siebtel der Bezugsgröße überschreitet,
2. wegen Erziehung eines Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie nach § 56 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind,
3. wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie von der Versicherungspflicht befreit sind oder,
4. wegen der Ableistung von Wehr- oder Zivildienst in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind.
Die Befreiung wirkt gemäß § 3 Abs. 2 ALG vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an.
Erwerbsersatzeinkommen sind der Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 1 ALG zufolge Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. Hierzu zählen gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 ALG insbesondere
1. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung, einer berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen und vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis oder aus der Versorgung der Abgeordneten,
2. Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und vergleichbare Leistungen von einem Sozialleistungsträger.
Im vorliegenden Fall kommt allenfalls eine Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in Betracht, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob das von ihr im streitigen Zeitraum bezogene Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 ALG anzusehen ist. Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 ALG ist eng an die Bestimmung des § 18a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) angelehnt, enthält jedoch – anders als diese in § 18a Abs. 3 SGB IV – keine abschließende Aufzählung der anrechenbaren Erwerbsersatzeinkommensarten, wie durch die Formulierung "insbesondere" in § 3 Abs. 4 Satz 2 ALG zum Ausdruck kommt. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es in Anbetracht dessen nicht entscheidend darauf an, dass das Erziehungsgeld nicht zu den in § 3 Abs. 4 ALG ausdrücklich genannten Leistungen handelt.
Ob es sich bei dem Erziehungsgeld um eine "vergleichbare Leistung" von einem Sozialleistungsträger im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG handelt, kann nicht unmittelbar dem Gesetzestext entnommen werden, sondern muss im Wege der Auslegung erschlossen werden. Wie das Bundessozialgericht bereits in seinen – die Frage der Anrechnung von Arbeitslosenhilfe betreffenden – Entscheidungen vom 2. Dezember 1999 (B 10 LW 6/99 R = SozR 3-5868 § 3 Nr. 2 sowie B 10 LW 9/99 R) herausgearbeitet hat, geben die Gesetzgebungsmaterialien zu § 3 Abs. 4 ALG (im ursprünglichen Gesetzentwurf noch § 2 Abs. 2, vgl. Bundestags-Drucksache 12/5700, S. 9, 71; Bundestags-Drucksache 12/7599, S. 8) keinen näheren Aufschluss über die ratio legis.
Die Regelung des § 3 Abs. 4 ALG entspricht allerdings fast wörtlich der früheren – mit dem Dritten Agrarsozialen Ergänzungsgesetz (3. ASEG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2475) eingeführten – Bestimmung des § 3c Abs. 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL), zu der es in der Begründung zum Gesetzentwurf (Bundestags-Drucksache 10/3483 S. 17) ausdrücklich hieß, dass "vergleichbare Sozialleistungen beispielsweise das Mutterschaftsurlaubsgeld, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld (sind), nicht aber Leistungen mit fürsorgerechtlichem Charakter wie Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe". Stellt man insoweit darauf ab, dass die hier angesprochenen "Leistungen mit fürsorgerechtlichem Charakter" entsprechend dem Grundsatz der Individualisierung in aller Regel nachrangig bzw. unter Bedürftigkeitsgesichtspunkten gewährt werden, so gehört das vorliegend in Rede stehende Erziehungsgeld, auf welches unabhängig von der individuellen Bedarfslage ein Anspruch aufgrund von schematisierenden und typisierenden Erwägungen besteht, jedenfalls nicht ohne weiteres zu den nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ausgeschlossenen Leistungen.
Nach Sinn und Zweck hat die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ALG enthaltene Regelung erkennbar zum Ziel, eine Befreiung von der Versicherungspflicht denjenigen zu ermöglichen, die wegen anderweitigen Einkommens ohnehin schon entweder in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind bzw. denen eine eigene Altersvorsorge zugemutet werden kann (Nummer 1) oder die aus anderen Gründen bereits in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind (Nummern 2 bis 4). Die Befreiung von der Versicherungspflicht erscheint in einem solchen Fall nicht zuletzt deshalb vertretbar, weil das ALG für die Alterssicherung der Landwirte (ohnehin) nur eine Teilabsicherung gewährleistet. Der einheitliche Pflichtbeitrag zur AdL dient dem Erwerb einer Teilversorgung von weniger als der Hälfte einer durchschnittlichen Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG vom 30. Juni 1999 - B 10 LW 17/98 R - und BSG vom 8. Oktober 1998 - B 10 LW 2/98 R).
Unter dem Aspekt der anderweitigen rentenrechtlichen Sicherung kann eine Befreiung der Klägerin im vorliegenden Fall allerdings nicht in Betracht kommen. Die Klägerin befand sich im streitigen Zeitraum in Erziehungsurlaub und hat eben gerade keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, aufgrund derer Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind. Zwar begründet auch die Erziehung eines Kindes unter den Voraussetzungen des § 56 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) eine rentenrechtliche Absicherung in Gestalt der Kindererziehungszeiten. Dass das Zurücklegen einer solchen Kindererziehungszeit als rentenrechtliche Zeit einen Befreiungstatbestand in der AdL begründet, ergibt sich bereits aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG, auf deren Grundlage die Klägerin vorliegend bis zum 30. September 2003 von der Versicherungspflicht in der AdL befreit worden ist. Hinsichtlich der hier allein streitigen weitergehenden Zeit der Erziehung, welche nicht mehr als Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt worden ist, fehlt es indes ganz offenkundig an einer anderweitigen rentenrechtlichen Absicherung der Klägerin. Die Klägerin kann sich angesichts dessen nicht darauf berufen, dass es sich bei dem Bezug von Erziehungsgeld im streitigen Zeitraum um einen nach Sinn und Zweck mit den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ALG enthaltenen Befreiungstatbeständen vergleichbaren Fall gehandelt habe.
Entscheidend gegen die Annahme, dass es sich bei dem Erziehungsgeld um eine "vergleichbare Leistung" im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG handeln könnte, spricht zur Überzeugung des Senats aber vor allem auch der besondere Charakter dieser Sozialleistung. Das Erziehungsgeld wurde als neuartige Sozialleistung mit dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub vom 6. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2154) eingeführt und ist nicht danach ausgestaltet worden, tatsächliche Einkommenseinbußen konkret auszugleichen oder den tatsächlichen Betreuungsaufwand zu entschädigen. Vielmehr will es nach der amtlichen Begründung ermöglichen oder erleichtern, dass sich ein Elternteil in der für die ganze spätere Entwicklung entscheidenden ersten Lebensphase eines Kindes dessen Betreuung und Erziehung widmet, indem für Mütter und Väter mehr Wahlfreiheit zwischen der Tätigkeit für die Familie und einer Erwerbstätigkeit geschaffen wird (vgl. Bundestags-Drucksache 10/3792 S. 13; BSGE 64, 296, 300 f = SozR 7833 § 3 Nr. 1; BSGE 67, 238, 240 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 1). Damit soll das Erziehungsgeld die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht voll erwerbstätige sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein fördern (vgl. BVerfG SozR 7833 § 3 Nr. 2), indem die wirtschaftlichen Nachteile der Einschränkung der Erwerbsmöglichkeit wegen der Betreuung eines Kindes in der ersten Lebensphase teilweise ausgeglichen, nicht aber Unterhaltsaufwendungen ersetzt werden oder – abstrakt – die Zuwendung zum Kind "belohnt" wird (vgl. BSGE 67, 238, 240).
Eine eindeutige Bestimmung der Rechtsnatur des Erziehungsgeldes erweist sich insbesondere deshalb als schwierig, weil es einerseits ganz offenkundig nicht den typischen Lohnersatzleistungen wie dem Krankengeld, dem Verletztengeld oder dem Arbeitslosengeld zugeordnet werden kann, andererseits aber in bestimmten Fallkonstellationen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest in einem weiteren Sinne an die Stelle von ausgefallenem Erwerbseinkommen tritt. Das Erziehungsgeld steht allen Berechtigten zu, welche die Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) erfüllen. Damit sind – neben pflichtversicherten Arbeitnehmern – selbstständig Tätige oder im Betrieb ihres Ehemannes helfende Frauen ebenso einbezogen wie Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes überhaupt nicht erwerbstätig waren (BSG SozR 3-4100 § 113 Nr. 1). Zum anderen besteht ein Anspruch auf Erziehungsgeld allerdings nur dann, wenn der Antragsteller in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG), so dass der Erwerb einer Anspruchsberechtigung für vor dem Bezug von Erziehungsgeld erwerbstätige Anspruchsinhaber einen weitgehenden Verzicht auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen voraussetzt. Für diesen Personenkreis hat das Erziehungsgeld demnach einen gewissen "Lohnersatzcharakter". Bei anderen Berechtigten hingegen, die zuvor nicht erwerbstätig waren und denen während des Bezuges von Erziehungsgeld demzufolge auch keine Erwerbseinkünfte verloren gehen können, scheidet eine "Lohnersatzfunktion" des Erziehungsgeldes aus; ihnen wird das Erziehungsgeld gewissermaßen "zusätzlich" gewährt.
Der Rechtscharakter des Erziehungsgeldes als Sozialleistung kann freilich nicht anhand der wirtschaftlichen Folgen des Bezugs dieser Leistung "von Fall zu Fall" unterschiedlich, und zwar jeweils danach bestimmt werden, ob es beim jeweiligen Anspruchsinhaber in dem oben beschriebenen Sinne "Lohnersatzcharakter" hat oder mangels ausfallender Erwerbseinkünfte "zusätzlich" gewährt wird. Eine solche Differenzierung wäre sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. BSG vom 24. November 1992 - 12 RK 24/91 = SozR 3-2200 § 383 Nr. 1). Vielmehr ist ausgehend von dem nach dem Willen des Gesetzgebers vorgesehenen Leistungsgrund maßgeblich darauf abzustellen, dass das Erziehungsgeld eine grundlegend andere – primär am Gedanken des Familienlastenausgleichs (vgl. BSG vom 29. April 1997 - 5 RJ 84/95 = SozR 3-2200 § 1267 Nr. 5 = BSGE 80, 205) orientierte – Zielrichtung verfolgt als die regelmäßig an einer konkreten Erwerbseinbuße anknüpfenden Lohnersatzleistungen. Es knüpft hinsichtlich der Leistungshöhe – anders als die typischen Lohnersatzleistungen – nicht an die Höhe eines während der Erziehungszeit möglicherweise ausfallenden Erwerbseinkommen an und soll gemäß § 8 BErzGG überdies auch bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt bleiben. Seiner rechtlichen Ausgestaltung nach erweist sich das Erziehungsgeld damit als eine "zusätzliche" Sozialleistung (vgl. Kasseler Kommentar-Seewald, § 18a SGB IV, Rdnr. 18), die nach dem Willen des Gesetzgebers mit den sog. klassischen Lohnersatzleistungen nicht vergleichbar ist (vgl. BSG vom 29. April 1997 - 5 RJ 84/95 = SozR 3-2200 § 1267 Nr. 5 = BSGE 80, 205 sowie BSG vom 26. Januar 2000 – B 13 RJ 53/99 R), sondern eine derart stark ausgeprägte Sonderstellung einnimmt, dass es nicht als gerechtfertigt angesehen werden kann, in den Fällen des Bezuges von Erziehungsgeld – auch dann, wenn keine Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung (mehr) zurückgelegt wird – eine Beitragsfreiheit in der AdL vorzusehen.
BSG vom 29. April 1992 - 7 RAr 12/91 = SozR 3-4100 § 113 Nr. 1) dem Erziehungsgeld zumindest in den Fällen einer vorherigen Erwerbstätigkeit des nachfolgend Erziehungsgeld beanspruchenden Elternteils einen gewissen "Lohnersatzcharakter" zugesprochen und diese Leistung im Wege der Analogie den früher in § 113 Abs. 2 Satz 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. nunmehr in § 133 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) genannten Lohnersatz- bzw. Entgeltersatzleistungen gleichgestellt hat. Denn leitendes Motiv für diese Entscheidung war allein, dass ein Arbeitnehmer hinsichtlich der Höhe seines Arbeitslosengeldes nicht dadurch einen Nachteil erleiden soll, dass er während des Bezugs einer lohnsteuerfreien Lohnersatzleistung die Steuerklasse im Hinblick auf den Verdienst seines Ehegatten ändert und den tatsächlichen Einkommensverhältnissen anpasst. Nur unter diesem Aspekt hat es das Bundessozialgericht (a.a.O.) aus der Sicht der Schutzrichtung des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG bzw. des § 133 Abs. 3 Satz 2 SGB III als unerheblich angesehen, ob der Steuerklassenwechsel vorgenommen wird, weil bei einem Ehegatten ein Ausfall von Arbeitslohn vorliegt, der nach dem Wortlaut der Vorschrift einen Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung begründet, oder ob er vorgenommen wird, weil ein Ausfall von Arbeitslohn darauf beruht, dass ein Ehegatte den Erziehungsurlaub und das Erziehungsgeld in Anspruch nimmt. Eine Entscheidung über die Rechtsqualität des Erziehungsgeldes kann darin zur Überzeugung des Senats nicht gesehen werden.
Nach alledem ist das Erziehungsgeld keine dem Erwerbsersatzeinkommen "vergleichbare Leistung" im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG. Der Berufung der Beklagten konnte der Erfolg angesichts dessen nicht versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ergibt sich im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved