Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 J 136/83
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. November 1982 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf Gewährung der Versichertenrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Der im Jahre 1931 geborene Kläger hat von Juli 1945 bis Juli 1948 eine Lehre als Friseur absolviert, ohne anschließend die Gesellenprüfung abzulegen. In der Folgezeit war er bis 1949 als Friseur und von 1950 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 14. Oktober 1980 bei verschiedenen Arbeitgebern als Bauarbeiter beschäftigt, zuletzt seit Juni 1973 als Rohrleger bei der Tief- und Rohrleitungsbau GmbH H. F. in.
Am 5. März 1981 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Befundberichts des behandelnden Arztes Dr. K. die Gewährung der Versichertenrente. Die Beklagte ließ ihn daraufhin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. E. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 25. Juni 1981 neben einem extremen Übergewicht und einem Bluthochdruck in erster Linie eine beginnende degenerative Abnützung der Wirbelsäule mit leichter Bewegungseinschränkung (Hyperostose, Mb. Forrestier) feststellte. Außerdem diagnostizierte er eine partiell posttraumatische Schultersteife links mit mäßiger Atrophie der linken Schultermuskulatur, eine Neigung zu Exanthemen sowie leichte Knick-Senkfüße. Zum Leistungsvermögen führte er aus, der Kläger könne noch vollschichtig leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, sofern Zwangshaltungen, häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen, Über-Kopf-Tätigkeiten sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. in gefährdeter Position vermieden würden. Die Beklagte stellte den Kläger außerdem noch der Medizinaloberrätin Dr. R. von der Sozialärztlichen Dienststelle vor, die sich in ihrem Gutachten vom 3. August 1981 sowohl hinsichtlich der Diagnosen als auch bezüglich der Leistungsbeurteilung dem orthopädischen Gutachten vom 25. Juni 1981 anschloß.
Durch Bescheid vom 5. Oktober 1981 lehnte die Beklagte den Rentenantrag daraufhin ab mit der Begründung, nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen liege weder Erwerbs- noch Berufsunfähigkeit vor.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Kassel hat der Kläger geltend gemacht, als Folge seiner vielfältigen Gesundheitsstörungen keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu können. Zum Nachweis dafür hat er sich auf Bescheinigungen seines Hausarztes Dr. K. vom 23. Oktober 1981 und 19. Oktober 1982 berufen.
Das Sozialgericht hat gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf dem orthopädisch-chirurgischen Fachgebiet. In seinem Gutachten vom 12. Oktober 1982 ist der Sachverständige Prof. Dr. N. zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, sofern schweres Heben oder Tragen, längere körperliche Zwangshaltung, Über-Kopf-Arbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Einwirkung von Kälte, Nässe, Zugluft und reizenden Stoffen vermieden würden und kein voller Einsatz des linken Armes erforderlich sei.
Durch Urteil vom 23. November 1982 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Er könne nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten mit gewissen Einschränkungen verrichten, die ihn jedoch nicht erheblich in seiner Einsatzfähigkeit beeinträchtigten. Da der Kläger als ungelernter Arbeiter keinen Berufsschutz genieße, sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, der ihm nicht praktisch verschlossen sei. Das Risiko der Vermittelbarkeit falle in den Bereich der Arbeitslosenversicherung.
Gegen dieses dem Kläger am 18. Januar 1983 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 2. Februar 1983, der am 4. Februar 1983 beim Sozialgericht Kassel eingegangen ist, Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, sein Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich verschlechtert. Jedenfalls gebe es aber keine geeigneten Arbeitsplätze, die seinem im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. beschriebenen Leistungsvermögen entsprechen würden. Zum Nachweis für seinen Gesundheitszustand hat er eine ärztliche Bescheinigung von Dr. K. vom 14. April 1985 vorgelegt, wegen deren Inhalt auf Bl. 174 der Akten Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. November 1982 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 5. Oktober 1981 zu verurteilen, ihm ab 1. April 1981 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise,
Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf eine schriftliche Stellungnahme ihres medizinischen Beraters Dr. B. vom 20. Juni 1983, wegen deren Inhalt auf Blatt 98/99 der Akten verwiesen wird. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 1985 hat sie außerdem Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts geltend gemacht.
Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft vom 14. Februar 1984 sowie Befundberichte der Dres. K. und Ku. vom 8. Mai und 24. September 1983 eingeholt. Er hat ferner Beweis erhoben über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf dem internistischen Fachgebiet. Die Sachverständigen Prof. Dr. von W. und Prof. Dr. M. sind in ihrem Gutachten vom 4. Oktober 1984 unter Mitberücksichtigung eines fachchirurgischen Zusatzgutachtens vom 30. Juli 1984 zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne ohne Gefahr einer Gesundheitsschädigung vollschichtig leichte Arbeiten im Sitzen und gelegentlich im Stehen verrichten, sofern es sich nicht um Tätigkeiten mit angehobenen Armen oberhalb des Kopfes handele.
Wegen der Einzelheiten der Auskunft, der Berichte und der Gutachten wird auf Blatt 94, 113, 131, 144 bis 148 und 150 bis 164 der Akten verwiesen.
Durch Beschluss vom 14. Mai 1985 hat der Senat festgestellt, daß die nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 1985 zur Sitzung am 15. Mai 1985 heranzuziehenden ehrenamtlichen Richter G. und K. an der Mitwirkung bei der Endentscheidung nicht gehindert sind. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 193–205 der Akten verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen, insbesondere den der Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger konnte mit seiner Berufung keinen Erfolg haben. Diese Entscheidung konnte der Senat unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter G. und K. treffen, insoweit wird auf den Beschluss vom 14. Mai 1985 verwiesen, mit dem die ordnungsgemäße Besetzung der Richterbank festgestellt worden ist.
Die Berufung ist zwar zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG). Sie ist jedoch sachlich unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts ist zu Recht ergangen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Versichertenrente nicht zu.
Nach § 1246 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist berufsunfähig nur derjenige Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder infolge von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte herabgesunken ist auf weniger als die Hälfte der Erwerbsfähigkeit eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten. Dabei umfaßt der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift oder die noch weitergehenden Voraussetzungen für die Annahme von Erwerbsunfähigkeit (§ 1247 Abs. 2 RVO) sind nicht zugunsten des Klägers erfüllt.
Der Kläger kann noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, sofern schweres Heben oder Tragen, längere körperliche Zwangshaltung, Über-Kopf-Arbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Einwirkung von Kälte, Nasse, Zugluft und reizenden Stoffen vermieden werden und kein voller Einsatz des linken Armes erforderlich ist. Damit ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers noch nicht unter die vom Gesetz gezogene Grenze herabgesunken. Sein Leistungsvermögen reicht vielmehr aus, um noch wenigstens die Hälfte des mittleren Tariflohnes eines vergleichbaren, gesunden Versicherten zu verdienen. Zwar wird der Kläger diese sog. gesetzliche Lohnhälfte nicht mehr durch einen Einsatz in seinem zuletzt bis Oktober 1980 ausgeübten Beruf als Rohrleger erzielen können. Denn den Anforderungen dieser Berufstätigkeit dürfte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr uneingeschränkt gewachsen sein. Dieser Umstand allein führt jedoch noch nicht zur Annahme von Berufsunfähigkeit im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO. Der Kläger muß sich zur Realisierung seines Leistungsvermögens auf das allgemeine Arbeitsfeld der Bundesrepublik verweisen lassen, auf dem es eine Vielzahl von Tätigkeiten gibt, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihm damit objektiv zumutbar sind. Das ist offensichtlich. Denn bei dem Kläger liegen keine besonderen Umstände vor, die die Ausübung solcher Tätigkeiten erschweren. Insbesondere ist er weder gesundheitlich stärker oder in spezifischer Weise eingeschränkt, noch kann er nur unter besonders ungünstigen Arbeitsbedingungen tätig sein, noch fällt er wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis der sonstigen in der Arbeiterrentenversicherung tätigen Personen heraus (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts –BSG– vom 19. April 1978 – 4 RJ 55/77 und 18. Februar 1981 – 1 RJ 124/79). Einer konkreten Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten bedurfte es unter diesen Umständen nicht (vgl. Urteil des BSG vom 30. November 1982 – 4 RJ 1/82 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 104).
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes sind dem Kläger aber nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv zumutbar, da ihre Ausübung mit keinem wesentlichen sozialen Abstieg verbunden ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, kann ein Facharbeiter zwar nur auf Lehr- und Anlernberufe sowie auf solche gehobenen ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden, die wegen ihrer betrieblichen Bedeutung angelernten Tätigkeiten gleichstehen, während die Angehörigen derjenigen Gruppe, deren Leitberuf der sonstige Ausbildungsberuf ist, zumutbar auch auf Tätigkeiten der Gruppe der ungelernten Arbeiter und damit auf das allgemeine Arbeitsfeld zu verweisen sind, sofern es sich nicht um Tätigkeiten von ganz geringem qualitativen Wert handelt (vgl. Urteile des BSG vom 30. März 1977 – 5 RJ 98/76 und 22. September 1977 – 5 RJ 96/76 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 16 und 23 sowie Urteil vom 3. November 1982 – 1 RJ 12/81 m.w.N.). Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung im vorliegenden Fall jedoch im Einklang. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der Kläger nicht der Berufsgruppe zugerechnet werden, die durch den Leitberuf des Facharbeiters charakterisiert wird. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob auf eine Tätigkeit subjektiv zumutbar verwiesen werden kann, ist grundsätzlich der bisherige Beruf eines Versicherten. Als bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte Versicherungspflichtige Beschäftigung anzusehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen eine frühere Versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit hat aufgeben müssen; eine solche "Lösung vom bisherigen Beruf” ist rentenrechtlich unschädlich mit der Folge, daß der vor seiner gesundheitsbedingten Aufgabe ausgeübte Beruf maßgebend bleibt (vgl. Urteile des BSG vom 28. Juni 1979 – 1 RA 63/78 und 29. November 1979 – 4 RJ 111/78 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 53). Handelt es sich bei der nach diesen Kriterien ausschlaggebenden Beschäftigung um einen Facharbeiterberuf und fehlt es dem Versicherten an der dafür vorgesehenen Ausbildung und abschließenden Prüfung, so ist diese Tätigkeit gleichwohl "bisheriger Beruf”, wenn der Versicherte die Facharbeitertätigkeit zuletzt und nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt hat (vgl. Urteil des BSG vom 24. April 1980 – 1 RJ 62/79 m.w.N.). Dies ist anzunehmen, wenn er wie ein Facharbeiter entlohnt worden und im Besitz aller in der entsprechenden Ausbildung zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten ist (vgl. Urteile des BSG vom 31. Mai 1978 – 5 RJ 42/77 und 28. Juni 1979 – 4 RJ 1/79).
Da es an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß sich der Kläger in früheren Jahren aus gesundheitlichen Gründen von einer höher qualifizierten Tätigkeit abgewandt hat, kommt im vorliegenden Fall als bisheriger Beruf im Sinne des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO nur derjenige des Rohrlegers in Betracht, den er von 1973 bis Oktober 1980 bei der Tief- und Rohrleitungsbau GmbH H. F. in ausgeübt hat. Mit dieser Tätigkeit kann der Kläger aber allenfalls der Gruppe derjenigen Berufe zugeordnet werden, die durch den Leitberuf des sonstigen Ausbildungsberufs gekennzeichnet sind. Denn Tätigkeiten eines Rohrlegers zählen weder zu den anerkannten Ausbildungsberufen mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren noch gibt es Hinweise dafür, daß sie aus qualitativen Gründen diesen anerkannten Ausbildungsberufen gleichzustellen wären. Daß der Kläger in vollem Umfang über die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Baufacharbeiters mit einer Ausbildungsdauer von 33 Monaten verfügt, kann ebenfalls nicht unterstellt werden. Abgesehen davon, daß der Kläger dies selbst nicht behauptet hat, hat der Arbeitgeber in seiner Auskunft vom 14. Februar 1984 ausdrücklich erklärt, daß die beruflichen Leistungen des Klägers lediglich denen eines angelernten Arbeiters entsprochen hätten. Unter diesen Umständen ist es für die rechtliche Beurteilung unerheblich, daß der Kläger tariflich in die Gruppe der Facharbeiter eingestuft war. Denn entscheidend für die Bewertung des bisherigen Berufs ist allein der qualitative Wert der Arbeit. Der tariflichen Einstufung kommt in diesem Zusammenhang lediglich die Bedeutung eines Indizes zu (vgl. Urteile des BSG vom 7. Oktober 1982 – 4 RJ 99/81 und 24. November 1982 – 5a RKn 16/81).
Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt auch nicht praktisch verschlossen. Denn bei Versicherten, die noch vollschichtig tätig sein können, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß es für jede Tätigkeit in hinreichender Zahl Arbeitsplätze gibt (vgl. Urteil des BSG vom 27. Februar 1980 – 1 RJ 32/79 m.w.N.). Die im Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 1976 (vgl. SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 13) entwickelten Grundsätze, die für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines nur noch zu Teilzeitarbeit fähigen Versicherten auf die erfolgreiche Vermittlung in Arbeit innerhalb einer bestimmten Frist abstellen, sind auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. Urteil des BSG vom 19. April 1978 – 4 RJ 55/77). Ausnahmen von dem Prinzip des grundsätzlich offenen Arbeitsmarktes bei vollschichtig arbeitsfähigen Versicherten kommen nur dann in Betracht, wenn der Versicherte nach seinem Gesundheitszustand zwar an sich noch Vollzeittätigkeiten verrichten kann, aber nicht in der Lage ist, diese unter den in Betrieben in der Regel üblichen Bedingungen zu leisten oder wenn ein Versicherter zwar Vollzeittätigkeiten unter solchen Bedingungen noch verrichten kann, er aber aus gesundheitlichen Gründen außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. Urteil des BSG vom 27. Mai 1977 – 5 RJ 28/76). Für dahingehende, gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers fehlt es aber im vorliegenden Fall an konkreten Anhaltspunkten.
Daß der Kläger noch vollschichtig Arbeiten unter den beschriebenen Bedingungen verrichten kann, steht zur Überzeugung des Senats fest. Er folgt insoweit den ausführlich und einleuchtend begründeten Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. N., Prof. Dr. von W. und Prof. Dr. M. vom 12. Oktober 1982 und 4. Oktober 1984, gegen die von Seiten des Klägers keine medizinisch begründeten Einwände erhoben worden sind. Die Sachverständigengutachten finden darüber hinaus eine Bestätigung, durch die im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten der Dres. Eberhardt und Ritter vom 25. Juni und 3. August 1981, die sowohl hinsichtlich der Diagnosen als auch bezüglich des Leistungsvermögens des Klägers in den wesentlichen Punkten zu dem gleichen Ergebnis gekommen sind. Die Befundberichte der Dres. K. und Ku. vom 8. Mai und 24. September 1983 stehen den Sachverständigengutachten nicht entgegen. Sie enthalten keine abweichende Stellungnahme zum Leistungsvermögen sowie keine neuen medizinischen Tatsachen, die Anlaß zu einer anderen Beurteilung geben könnten. Dies gilt auch für die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung des Dr. K. vom 14. April 1985. Alle dort genannten Diagnosen werden in den Gutachten der Sachverständigen abgehandelt und integrierend gewürdigt. Anhaltspunkte dafür, daß in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers zwischenzeitlich eine Veränderung mit nachteiligen Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen eingetreten ist, sind nicht ersichtlich, so daß weitere Ermittlungen in medizinischer Richtung entbehrlich waren.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Frage, ob die Berufung der an der vorliegenden Entscheidung mitwirkenden ehrenamtlichen Richter im Einklang mit den Vorschriften der §§ 13, 14 SGG steht, nach Auffassung des Senats von grundsätzlicher Bedeutung ist.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf Gewährung der Versichertenrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Der im Jahre 1931 geborene Kläger hat von Juli 1945 bis Juli 1948 eine Lehre als Friseur absolviert, ohne anschließend die Gesellenprüfung abzulegen. In der Folgezeit war er bis 1949 als Friseur und von 1950 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 14. Oktober 1980 bei verschiedenen Arbeitgebern als Bauarbeiter beschäftigt, zuletzt seit Juni 1973 als Rohrleger bei der Tief- und Rohrleitungsbau GmbH H. F. in.
Am 5. März 1981 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Befundberichts des behandelnden Arztes Dr. K. die Gewährung der Versichertenrente. Die Beklagte ließ ihn daraufhin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. E. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 25. Juni 1981 neben einem extremen Übergewicht und einem Bluthochdruck in erster Linie eine beginnende degenerative Abnützung der Wirbelsäule mit leichter Bewegungseinschränkung (Hyperostose, Mb. Forrestier) feststellte. Außerdem diagnostizierte er eine partiell posttraumatische Schultersteife links mit mäßiger Atrophie der linken Schultermuskulatur, eine Neigung zu Exanthemen sowie leichte Knick-Senkfüße. Zum Leistungsvermögen führte er aus, der Kläger könne noch vollschichtig leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, sofern Zwangshaltungen, häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen, Über-Kopf-Tätigkeiten sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. in gefährdeter Position vermieden würden. Die Beklagte stellte den Kläger außerdem noch der Medizinaloberrätin Dr. R. von der Sozialärztlichen Dienststelle vor, die sich in ihrem Gutachten vom 3. August 1981 sowohl hinsichtlich der Diagnosen als auch bezüglich der Leistungsbeurteilung dem orthopädischen Gutachten vom 25. Juni 1981 anschloß.
Durch Bescheid vom 5. Oktober 1981 lehnte die Beklagte den Rentenantrag daraufhin ab mit der Begründung, nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen liege weder Erwerbs- noch Berufsunfähigkeit vor.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Kassel hat der Kläger geltend gemacht, als Folge seiner vielfältigen Gesundheitsstörungen keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu können. Zum Nachweis dafür hat er sich auf Bescheinigungen seines Hausarztes Dr. K. vom 23. Oktober 1981 und 19. Oktober 1982 berufen.
Das Sozialgericht hat gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf dem orthopädisch-chirurgischen Fachgebiet. In seinem Gutachten vom 12. Oktober 1982 ist der Sachverständige Prof. Dr. N. zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, sofern schweres Heben oder Tragen, längere körperliche Zwangshaltung, Über-Kopf-Arbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Einwirkung von Kälte, Nässe, Zugluft und reizenden Stoffen vermieden würden und kein voller Einsatz des linken Armes erforderlich sei.
Durch Urteil vom 23. November 1982 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Er könne nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten mit gewissen Einschränkungen verrichten, die ihn jedoch nicht erheblich in seiner Einsatzfähigkeit beeinträchtigten. Da der Kläger als ungelernter Arbeiter keinen Berufsschutz genieße, sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, der ihm nicht praktisch verschlossen sei. Das Risiko der Vermittelbarkeit falle in den Bereich der Arbeitslosenversicherung.
Gegen dieses dem Kläger am 18. Januar 1983 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 2. Februar 1983, der am 4. Februar 1983 beim Sozialgericht Kassel eingegangen ist, Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, sein Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich verschlechtert. Jedenfalls gebe es aber keine geeigneten Arbeitsplätze, die seinem im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. beschriebenen Leistungsvermögen entsprechen würden. Zum Nachweis für seinen Gesundheitszustand hat er eine ärztliche Bescheinigung von Dr. K. vom 14. April 1985 vorgelegt, wegen deren Inhalt auf Bl. 174 der Akten Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. November 1982 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 5. Oktober 1981 zu verurteilen, ihm ab 1. April 1981 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise,
Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf eine schriftliche Stellungnahme ihres medizinischen Beraters Dr. B. vom 20. Juni 1983, wegen deren Inhalt auf Blatt 98/99 der Akten verwiesen wird. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 1985 hat sie außerdem Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts geltend gemacht.
Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft vom 14. Februar 1984 sowie Befundberichte der Dres. K. und Ku. vom 8. Mai und 24. September 1983 eingeholt. Er hat ferner Beweis erhoben über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf dem internistischen Fachgebiet. Die Sachverständigen Prof. Dr. von W. und Prof. Dr. M. sind in ihrem Gutachten vom 4. Oktober 1984 unter Mitberücksichtigung eines fachchirurgischen Zusatzgutachtens vom 30. Juli 1984 zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne ohne Gefahr einer Gesundheitsschädigung vollschichtig leichte Arbeiten im Sitzen und gelegentlich im Stehen verrichten, sofern es sich nicht um Tätigkeiten mit angehobenen Armen oberhalb des Kopfes handele.
Wegen der Einzelheiten der Auskunft, der Berichte und der Gutachten wird auf Blatt 94, 113, 131, 144 bis 148 und 150 bis 164 der Akten verwiesen.
Durch Beschluss vom 14. Mai 1985 hat der Senat festgestellt, daß die nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 1985 zur Sitzung am 15. Mai 1985 heranzuziehenden ehrenamtlichen Richter G. und K. an der Mitwirkung bei der Endentscheidung nicht gehindert sind. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 193–205 der Akten verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen, insbesondere den der Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger konnte mit seiner Berufung keinen Erfolg haben. Diese Entscheidung konnte der Senat unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter G. und K. treffen, insoweit wird auf den Beschluss vom 14. Mai 1985 verwiesen, mit dem die ordnungsgemäße Besetzung der Richterbank festgestellt worden ist.
Die Berufung ist zwar zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG). Sie ist jedoch sachlich unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts ist zu Recht ergangen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Versichertenrente nicht zu.
Nach § 1246 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist berufsunfähig nur derjenige Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder infolge von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte herabgesunken ist auf weniger als die Hälfte der Erwerbsfähigkeit eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten. Dabei umfaßt der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift oder die noch weitergehenden Voraussetzungen für die Annahme von Erwerbsunfähigkeit (§ 1247 Abs. 2 RVO) sind nicht zugunsten des Klägers erfüllt.
Der Kläger kann noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, sofern schweres Heben oder Tragen, längere körperliche Zwangshaltung, Über-Kopf-Arbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Einwirkung von Kälte, Nasse, Zugluft und reizenden Stoffen vermieden werden und kein voller Einsatz des linken Armes erforderlich ist. Damit ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers noch nicht unter die vom Gesetz gezogene Grenze herabgesunken. Sein Leistungsvermögen reicht vielmehr aus, um noch wenigstens die Hälfte des mittleren Tariflohnes eines vergleichbaren, gesunden Versicherten zu verdienen. Zwar wird der Kläger diese sog. gesetzliche Lohnhälfte nicht mehr durch einen Einsatz in seinem zuletzt bis Oktober 1980 ausgeübten Beruf als Rohrleger erzielen können. Denn den Anforderungen dieser Berufstätigkeit dürfte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr uneingeschränkt gewachsen sein. Dieser Umstand allein führt jedoch noch nicht zur Annahme von Berufsunfähigkeit im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO. Der Kläger muß sich zur Realisierung seines Leistungsvermögens auf das allgemeine Arbeitsfeld der Bundesrepublik verweisen lassen, auf dem es eine Vielzahl von Tätigkeiten gibt, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihm damit objektiv zumutbar sind. Das ist offensichtlich. Denn bei dem Kläger liegen keine besonderen Umstände vor, die die Ausübung solcher Tätigkeiten erschweren. Insbesondere ist er weder gesundheitlich stärker oder in spezifischer Weise eingeschränkt, noch kann er nur unter besonders ungünstigen Arbeitsbedingungen tätig sein, noch fällt er wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis der sonstigen in der Arbeiterrentenversicherung tätigen Personen heraus (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts –BSG– vom 19. April 1978 – 4 RJ 55/77 und 18. Februar 1981 – 1 RJ 124/79). Einer konkreten Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten bedurfte es unter diesen Umständen nicht (vgl. Urteil des BSG vom 30. November 1982 – 4 RJ 1/82 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 104).
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes sind dem Kläger aber nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv zumutbar, da ihre Ausübung mit keinem wesentlichen sozialen Abstieg verbunden ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, kann ein Facharbeiter zwar nur auf Lehr- und Anlernberufe sowie auf solche gehobenen ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden, die wegen ihrer betrieblichen Bedeutung angelernten Tätigkeiten gleichstehen, während die Angehörigen derjenigen Gruppe, deren Leitberuf der sonstige Ausbildungsberuf ist, zumutbar auch auf Tätigkeiten der Gruppe der ungelernten Arbeiter und damit auf das allgemeine Arbeitsfeld zu verweisen sind, sofern es sich nicht um Tätigkeiten von ganz geringem qualitativen Wert handelt (vgl. Urteile des BSG vom 30. März 1977 – 5 RJ 98/76 und 22. September 1977 – 5 RJ 96/76 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 16 und 23 sowie Urteil vom 3. November 1982 – 1 RJ 12/81 m.w.N.). Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung im vorliegenden Fall jedoch im Einklang. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der Kläger nicht der Berufsgruppe zugerechnet werden, die durch den Leitberuf des Facharbeiters charakterisiert wird. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob auf eine Tätigkeit subjektiv zumutbar verwiesen werden kann, ist grundsätzlich der bisherige Beruf eines Versicherten. Als bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte Versicherungspflichtige Beschäftigung anzusehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen eine frühere Versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit hat aufgeben müssen; eine solche "Lösung vom bisherigen Beruf” ist rentenrechtlich unschädlich mit der Folge, daß der vor seiner gesundheitsbedingten Aufgabe ausgeübte Beruf maßgebend bleibt (vgl. Urteile des BSG vom 28. Juni 1979 – 1 RA 63/78 und 29. November 1979 – 4 RJ 111/78 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 53). Handelt es sich bei der nach diesen Kriterien ausschlaggebenden Beschäftigung um einen Facharbeiterberuf und fehlt es dem Versicherten an der dafür vorgesehenen Ausbildung und abschließenden Prüfung, so ist diese Tätigkeit gleichwohl "bisheriger Beruf”, wenn der Versicherte die Facharbeitertätigkeit zuletzt und nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt hat (vgl. Urteil des BSG vom 24. April 1980 – 1 RJ 62/79 m.w.N.). Dies ist anzunehmen, wenn er wie ein Facharbeiter entlohnt worden und im Besitz aller in der entsprechenden Ausbildung zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten ist (vgl. Urteile des BSG vom 31. Mai 1978 – 5 RJ 42/77 und 28. Juni 1979 – 4 RJ 1/79).
Da es an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß sich der Kläger in früheren Jahren aus gesundheitlichen Gründen von einer höher qualifizierten Tätigkeit abgewandt hat, kommt im vorliegenden Fall als bisheriger Beruf im Sinne des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO nur derjenige des Rohrlegers in Betracht, den er von 1973 bis Oktober 1980 bei der Tief- und Rohrleitungsbau GmbH H. F. in ausgeübt hat. Mit dieser Tätigkeit kann der Kläger aber allenfalls der Gruppe derjenigen Berufe zugeordnet werden, die durch den Leitberuf des sonstigen Ausbildungsberufs gekennzeichnet sind. Denn Tätigkeiten eines Rohrlegers zählen weder zu den anerkannten Ausbildungsberufen mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren noch gibt es Hinweise dafür, daß sie aus qualitativen Gründen diesen anerkannten Ausbildungsberufen gleichzustellen wären. Daß der Kläger in vollem Umfang über die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Baufacharbeiters mit einer Ausbildungsdauer von 33 Monaten verfügt, kann ebenfalls nicht unterstellt werden. Abgesehen davon, daß der Kläger dies selbst nicht behauptet hat, hat der Arbeitgeber in seiner Auskunft vom 14. Februar 1984 ausdrücklich erklärt, daß die beruflichen Leistungen des Klägers lediglich denen eines angelernten Arbeiters entsprochen hätten. Unter diesen Umständen ist es für die rechtliche Beurteilung unerheblich, daß der Kläger tariflich in die Gruppe der Facharbeiter eingestuft war. Denn entscheidend für die Bewertung des bisherigen Berufs ist allein der qualitative Wert der Arbeit. Der tariflichen Einstufung kommt in diesem Zusammenhang lediglich die Bedeutung eines Indizes zu (vgl. Urteile des BSG vom 7. Oktober 1982 – 4 RJ 99/81 und 24. November 1982 – 5a RKn 16/81).
Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt auch nicht praktisch verschlossen. Denn bei Versicherten, die noch vollschichtig tätig sein können, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß es für jede Tätigkeit in hinreichender Zahl Arbeitsplätze gibt (vgl. Urteil des BSG vom 27. Februar 1980 – 1 RJ 32/79 m.w.N.). Die im Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 1976 (vgl. SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 13) entwickelten Grundsätze, die für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines nur noch zu Teilzeitarbeit fähigen Versicherten auf die erfolgreiche Vermittlung in Arbeit innerhalb einer bestimmten Frist abstellen, sind auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. Urteil des BSG vom 19. April 1978 – 4 RJ 55/77). Ausnahmen von dem Prinzip des grundsätzlich offenen Arbeitsmarktes bei vollschichtig arbeitsfähigen Versicherten kommen nur dann in Betracht, wenn der Versicherte nach seinem Gesundheitszustand zwar an sich noch Vollzeittätigkeiten verrichten kann, aber nicht in der Lage ist, diese unter den in Betrieben in der Regel üblichen Bedingungen zu leisten oder wenn ein Versicherter zwar Vollzeittätigkeiten unter solchen Bedingungen noch verrichten kann, er aber aus gesundheitlichen Gründen außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. Urteil des BSG vom 27. Mai 1977 – 5 RJ 28/76). Für dahingehende, gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers fehlt es aber im vorliegenden Fall an konkreten Anhaltspunkten.
Daß der Kläger noch vollschichtig Arbeiten unter den beschriebenen Bedingungen verrichten kann, steht zur Überzeugung des Senats fest. Er folgt insoweit den ausführlich und einleuchtend begründeten Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. N., Prof. Dr. von W. und Prof. Dr. M. vom 12. Oktober 1982 und 4. Oktober 1984, gegen die von Seiten des Klägers keine medizinisch begründeten Einwände erhoben worden sind. Die Sachverständigengutachten finden darüber hinaus eine Bestätigung, durch die im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten der Dres. Eberhardt und Ritter vom 25. Juni und 3. August 1981, die sowohl hinsichtlich der Diagnosen als auch bezüglich des Leistungsvermögens des Klägers in den wesentlichen Punkten zu dem gleichen Ergebnis gekommen sind. Die Befundberichte der Dres. K. und Ku. vom 8. Mai und 24. September 1983 stehen den Sachverständigengutachten nicht entgegen. Sie enthalten keine abweichende Stellungnahme zum Leistungsvermögen sowie keine neuen medizinischen Tatsachen, die Anlaß zu einer anderen Beurteilung geben könnten. Dies gilt auch für die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung des Dr. K. vom 14. April 1985. Alle dort genannten Diagnosen werden in den Gutachten der Sachverständigen abgehandelt und integrierend gewürdigt. Anhaltspunkte dafür, daß in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers zwischenzeitlich eine Veränderung mit nachteiligen Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen eingetreten ist, sind nicht ersichtlich, so daß weitere Ermittlungen in medizinischer Richtung entbehrlich waren.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Frage, ob die Berufung der an der vorliegenden Entscheidung mitwirkenden ehrenamtlichen Richter im Einklang mit den Vorschriften der §§ 13, 14 SGG steht, nach Auffassung des Senats von grundsätzlicher Bedeutung ist.
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