Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 19 Ar 23/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 Ar 1074/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. August 1994 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Sperrzeit im Streit.
Die im Jahre 1969 geborene Klägerin beantragte am 24. Juni 1992 bei der Beklagten Arbeitslosengeld. Sie war laut Arbeitsbescheinigung der Stadt vom 1. August 1989 bis zum 31. Juli 1990 als Berufspraktikantin und anschließend vom 1. August 1990 bis zum 30. Juni 1992 als Erzieherin tätig, und zwar nach ihren eigenen Angaben zu einem Netto-Entgelt von ca. 1.500,– DM. Laut Arbeitsbescheinigung kündigte die Klägerin am 26. Mai 1992 zum 30. Juni 1992 ihre Beschäftigung bei der Stadt wobei laut Arbeitsvertrag 6 Wochen zum Quartalsende als Kündigungsfrist vereinbart war. Die Stadt später auf Anfragen des erstinstanzlichen Gerichts die Arbeitsbescheinigung insoweit korrigiert, als bereits am 13. Mai 1992 die Kündigung zum 30. Juni 1992 von der Klägerin ausgesprochen worden war.
Die Klägerin gab am 1. Juli 1992 gegenüber der Beklagten die Erklärung ab, daß sie die Kündigung veranlaßt habe, da ihr Verlobter – mit dem die Klägerin mittlerweile verheiratet ist –, mit dem sie zum damaligen Zeitpunkt vier Jahre in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt habe, aus beruflichen Gründen nach ziehen mußte. Eine Versetzung nach sei von dem Arbeitgeber ihres Verlobten, der Post, nicht bewilligt worden.
Mit Bescheid vom 13. August 1992 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 23. September 1992. Seit dem 15. August 1992 arbeitete die Klägerin als Erzieherin bei der Stadt.
Mit Bescheid vom 18. August 1992 sah die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Juli 1992 bis zum 22. September 1992 (12 Wochen) als gegeben an. Die Klägerin habe zum 30. Juni 1992 ihr Arbeitsverhältnis gekündigt, ohne hierfür einen wichtigen Grund für sich in Anspruch nehmen zu können. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß durch die Versetzung des Verlobten nach zur Bundespost sich für die Klägerin ganz selbstverständlich die Frage gestellt habe, wie das auch bei einer verheirateten Ehefrau der Fall sei, ob sie ihrem Lebenspartner nach folge. Dies sei schon deshalb notwendig gewesen, da die Miete in in Höhe von zuletzt 680,– DM monatlich von ihr nicht alleine zu tragen gewesen sei bei einem Nettogehalt von 1.500,– DM. Sie habe sich daher bemüht, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Stadt Urlaubsgeldzahlungen bei dieser kurzfristigen Kündigung spare, das Vertragsverhältnis bei der Stadt zu lösen. Zur weiteren Begründung ihres Widerspruchs legte die Klägerin ein Schreiben der Stadt vom 28. Juni 1992 vor, wonach sich die Klägerin am 20. Juli 1992 als Erzieherin bei der Stadt beworben hat und dies von der Stadt bestätigt wird.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1992 wurde der Widerspruch der Klägerin von der Beklagten zurückgewiesen. Durch die Kündigung habe die Klägerin die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Sie habe insoweit voraussehen müssen, daß sie infolge ihres Verhaltens arbeitslos werden würde, da sie zum Zeitpunkt ihrer Kündigung noch keine konkreten Aussichten auf ein Anschlußarbeitsverhältnis bei der Stadt gehabt habe. Die Stadt habe erst mit Schreiben vom 30. Juli 1992 eine Einstellungszusage zum Einstellungstag 15. August 1992 geben können. Die Klägerin könne für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund anführen. Der Zuzug zu einem Partner, um mit ihm eine nichteheliche Lebensgemeinschaft fortzusetzen, sei allein kein wichtiger Grund im Sinne des § 119 AFG. Die gemeinschaftliche Lebensführung in freier Partnerschaft stehe nicht unter dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 des Grundgesetzes. Die von der Klägerin beabsichtigte Fortsetzung der Lebensgemeinschaft entspreche persönlichen Bedürfnissen bzw. Wünschen. Es sei vielmehr der Klägerin zuzumuten gewesen, das Arbeitsverhältnis unter rechtzeitiger Einschaltung der zuständigen Arbeitsvermittlung der Arbeitsämter in und solange fortzusetzen, bis zumindest konkrete Aussichten auf ein Anschlußarbeitsverhältnis bestanden hätte.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 1993 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. In der Klagebegründung hat sie im wesentlichen darauf verwiesen, daß ihrer Auffassung nach nur allenfalls leichte Fahrlässigkeit bei der Lösung ihres Arbeitsverhältnisses ihr vorzuwerfen sei. Zudem hat die Klägerin darauf verwiesen, daß sie bereits im Mai 1992 beim Stadtschulamt in wegen einer Einstellung telefonisch nachgefragt habe, bevor sie sich dann am 20. Juni 1992 schriftlich beworben habe. Nach dem 10. Juli 1992 habe zunächst keine Bescheidung über die Einstellung von ihr getroffen werden können, weil die Leiterin der Kindertagesstätte in Urlaub gewesen sei. Zudem hat die Klägerin im Termin am 2. August 1994 erklärt, daß ihr damaliger Verlobter und jetziger Ehemann in Student gewesen sei und von einer Unterstützung der Post von ca. 450,– DM gelebt habe. Die Stelle in sei nach Beendigung seines Studiums seine erste Stelle gewesen.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Zeugin E. K. als zuständige Verwaltungsbeamtin bei der Stadt für die Einstellung von Erzieherinnen im Termin am 2. August 1994 vernommen. Die Zeugin hat darauf hingewiesen, daß sie üblicherweise die Telefonate führe, wenn Antragen um Stellen für Erzieherinnen erfolgten. Sie könne sich zwar nicht mehr daran erinnern, mit der Klägerin telefoniert zu haben, da eine Vielzahl von Anrufen erfolge. Die Gespräche mit den Anruferinnen würden jedoch in der Regel so ablaufen, daß sie auf die Frage, ob Stellen frei seien, stets antworte, daß dringend Erzieherinnen von der Stadt gesucht werden würden, und zwar oftmals verwende sie hierbei das Wort "händeringend”. Bei der Frage, wie lange es bis zur Einstellung dauern würde, antwortete sie, daß dies in der Regel 4 bis 6 Wochen dauere, in den Ferien bis zu 8 Wochen mit Durchführung aller Formalien. Zudem hat die Zeugin darauf hingewiesen, daß die Kindertagesstätte vom 22. Juni bis 10. Juli 1992 geschlossen gewesen sei und daher die Gespräche zwischen der Klägerin und der zuständigen Stelle nur in der Zeit zwischen dem 10. und 21. Juli 1992 stattfinden konnten. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 2. August 1994 die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis zum 14. August 1992 zu gewähren. Das Sozialgericht ist zu der Auffassung gelangt, daß eine Sperrzeit nicht eingetreten sei. Die Klägerin habe nicht grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Dies habe sich aus der Aussage der Zeugin K. und aus den schriftlichen Unterlagen ergeben. Die Klägerin habe bereits im Mai 1992 vom Stadtschulamt telefonisch mitgeteilt bekommen, daß händeringend und sehr dringend Erzieherinnen gesucht würden. Die Klägerin habe daher davon ausgehen können, daß aufgrund ihrer Bewerbung vom 20. Juni 1992 kurzfristig mit einem Anschlußarbeitsverhältnis zu rechnen sei. Die Gründe, warum es dann erst zu einem Arbeitsverhältnis zum 15. August 1992 gekommen sei, würden im wesentlichen auf Umstände zurückzuführen sein, die nicht in der Sphäre der Klägerin zu suchen seien. Zudem sei die Klägerin auf die fristgemäße Kündigung bei der Stadt angewiesen gewesen und hätte nicht darauf hoffen können, einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt als dem 1. Juli 1992 mit der Stadt zu bekommen. Im übrigen habe die Klägerin auch einen wichtigen Grund. Die Kammer hat den wichtigen Grund zur Aufgabe der Beschäftigung bereits darin gesehen, daß die Klägerin mit dieser Beschäftigung den Lebensunterhalt für sich bei doppelter Haushaltsführung und bei doppelten Umzugskosten nicht finanzieren konnte. Der jetzige Ehemann der Klägerin habe mit einer Unterstützung von 450,– DM nicht wesentlich zum Unterhalt beitragen können. Es dürfte schwierig gewesen sein, so das Sozialgericht Frankfurt am Main weiter, mit einem Gehalt von 1.500,– DM zuzüglich 450,– DM, also monatlich 1.950,– DM, die Mietkosten von ca. 700,– DM und den gesamten Lebensunterhalt und einen Umzug überhaupt zu finanzieren. Die Versichertengemeinschaft könne niemanden zwingen, eine Beschäftigung aufrechtzuerhalten, die dazu führe, daß es für die Klägerin und ihren Partner nicht zum Lebensunterhalt reiche. Darüber hinaus sei der Umzug zur Beibehaltung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt. Auch dies stelle einen wichtigen Grund zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses dar. Da die Klägerin und ihr Partner zwischenzeitlich geheiratet und ein gemeinsames Kind hätten, sei die Lebensgemeinschaft bereits zum Zeitpunkt des Umzugs auf Dauer angelegt und hinsichtlich der inneren Beziehung der von Ehepartnern gleichwertig. In diesem Zusammenhang sei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das den Zuzug zum Verlobten oder Partner nicht als wichtigen Grund für die Aufgabe einer Beschäftigung anerkenne, nicht korrekt. In diesem Zusammenhang setzt sich das Sozialgericht Frankfurt mit einem Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 12. August 1993, das die gleiche Auffassung vertritt wie das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt, auseinander.
Gegen das am 18. Oktober 1994 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 15. November 1994 beim Hessischen Landessozialgericht.
Die Berufung wird im wesentlichen damit begründet, daß zunächst von einer grob fahrlässigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin auszugehen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führe der Arbeitslose mit der freiwilligen Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit in der Regel, wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz habe. Darüber hinaus könne die Klägerin keinen wichtigen Grund für sich in Anspruch nehmen. Belange, die allein persönlichen Bedürfnissen und Wünschen entspringen würden, seien im allgemeinen nicht von solchem Gewicht, daß die Interessen der Versichertengemeinschaft dahinter zurückstehen müssen. Ein wichtiger Grund sei nur dann zu bejahen, wenn eine eheliche Lebensgemeinschaft hergestellt werde und dadurch der Zuzug zum Ehegatten die Folge sei. Allerdings gelte dies auch nur dann, wenn der Arbeitslose von der gemeinsamen ehelichen Wohnung aus seiner bisherigen Tätigkeit zumutbar nicht mehr nachgehen könne. Dies gelte auch dann, wenn die Ehe noch nicht geschlossen sei, der Arbeitnehmer bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses aber davon ausgehen dürfe, daß die Schließung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen werde. Die Eheschließung bei der Klägerin sei jedoch erst 1993/94 erfolgt und damit mehr als ein Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei einem derart großen zeitlichen Abstand zwischen Kündigung und Eheschließung könne keinesfalls davon ausgegangen werden, daß die Schließung der Ehe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen werde. Der Klägerin sei es ohne weiteres möglich gewesen, ihr Arbeitsverhältnis bis kurz vor der Eheschließung bei der Stadt fortzusetzen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes stehe nur die Ehe unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Grundgesetz, nicht aber das nichteheliche Verhältnis.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. August 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß das erstinstanzliche Urteil rechtsfehlerfrei ergangen sei. Insbesondere teilt die Klägerin die Auffassung des SG hinsichtlich der Fahrlässigkeit. Ein weiterer wichtiger Grund zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses sei der Umstand, daß sie mit ihrem jetzigen Ehemann vor und nach dem Umzug in einem eheähnlichen Verhältnis gelebt habe.
Die Lebensgemeinschaft sei von vornherein auf Dauer angelegt gewesen. Das Bundesverfassungsgericht habe bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit als entscheidend angesehen, ob durch § 137 Abs. 2 a AFG die Partner eheähnlicher Gemeinschaften unangemessen hart betroffen würden, ob also die belastenden Auswirkungen der Norm und die Versagung von Rechten, die an den Bestand der Ehe geknüpft sei, in ihrem Zusammenwirken die Aufrechterhaltung einer ehelichen Gemeinschaft im Übermaß erschweren oder unmöglich machen würden. Das erstinstanzliche Gericht habe zu Recht die Gleichstellung von Ehe und ehelicher Gemeinschaft im AFG nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts betont, Wäre man nach den Vorstellungen der Beklagten verfahren, so hätte dies die Partner nicht nur menschlich, sondern auch finanziell in unangemessener Weise belastet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft; sie ist jedoch unbegründet.
Das erstinstanzliche Urteil hat rechtsfehlerfrei die angefochtenen Bescheide aufgehoben, jedoch mit unterschiedlicher Begründung zur Entscheidung dieses Senats. In jedem Fall ist der Arbeitslosengeldanspruch nicht nach § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG wegen des Eintritts einer Sperrzeit zum Ruhen gekommen.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 119 a Nr. 1 AFG tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn die Arbeitslose das Arbeitsverhältnis gelöst oder durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Klägerin hat durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt und sich zumindest grob fahrlässig arbeitslos gemacht, weil sie im Zeitpunkt der Kündigung keine gesicherte Aussicht auf einen Anschlußarbeitsplatz im Raum Frankfurt hatte. Der Senat teilt hierin nicht die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, daß in dem Verhalten der Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit zu sehen sei, da sie sich zuvor telefonisch erkundigt hatte, ob eine Aussicht auf einen Arbeitsplatz als Erzieherin bei der Stadt bestünde und dies ihr telefonisch bestätigt worden sei. Nach Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses hatte die Klägerin jedoch noch keine konkrete Aussicht, was sich auch darin zeigte, daß sie erst im August zu einem Arbeitsplatz bei der Stadt gelangte, aber bereits Ende Juni aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Stadt ausschied. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten festgesetzte Sperrzeit lagen also insofern vor, konnten jedoch letztendlich dennoch nicht bejaht werden, weil die Klägerin für ihr Verhalten einen wichtigen Grund anführen kann.
Die Klägerin konnte ihre Beschäftigung mit wichtigem Grund aufgeben, wenn ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung ihrer Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte. Hierbei muß der wichtige Grund auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken (BSG u.a. Urteil vom 29. November 1989 7 RAr 86/88).
Hierbei ist zunächst festzustellen, daß der Senat die erstinstanzliche Auffassung nicht teilt, daß aufgrund der doppelten Haushaltsführung der Klägerin eine Aufrechterhaltung ihres Arbeitsplatzes in nicht mehr zugemutet werden konnte und insofern die Berechtigung gegeben war, schon aus diesem Grund ihr Arbeitsverhältnis in zu lösen. Der Senat sieht vielmehr in der Angabe des zweiten wichtigen Grundes des erstinstanzlichen Gerichts die entscheidende Frage zur Lösung des vorliegenden Rechtsstreits. Die Klägerin hat ihre Beschäftigung in Flensburg aufgegeben, weil sie vor der Eheschließung zu ihrem jetzigen Ehemann ziehen wollte.
Die Beziehung der Klägerin zu ihrem jetzigen Ehemann kann als eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne der Definition des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 – 1 BVL 8/87 – gesehen werden. Die Lebensgemeinschaft war bereits zum Zeitpunkt des Zuzuges nach auf Dauer angelegt, was sich darin zeigt, daß schließlich diese Lebensgemeinschaft zur Ehe führte. Hieraus kann geschlossen werden, daß die innere Bindung schon vor der Eheschließung ein gegenseitiges Einstehen der Klägerin und ihres Freundes füreinander begründete. Das Zusammenleben diente also nicht lediglich dazu, um eine Teilung an den Lebenshaltungskosten zu erreichen, wie das z.B. bei einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft der Fall ist.
Das Bundessozialgericht teilt das sich daraus ergebende Ergebnis, daß der Zuzug zum Partner oder Verlobten einen wichtigen Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 AFG darstelle, nicht. Diesen wichtigen Grund läßt das BSG nur bei verheirateten oder bei solchen Personen gelten, bei denen dem Zuzug die unmittelbare Eheschließung folgt (BSG Urteil vom 12. November 1981 sowie vom 25. Oktober 1988 und vom 29. November 1988 zuletzt 11/7 RAr 91/87). Der Senat schließt sich dieser Auffassung des Bundessozialgerichts nicht an, sondern sieht vielmehr in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 – 1 BVL 8/87 – eine grundlegende Tendenzwende in dieser Frage.
Worauf schon das SG Fulda in seinem Urteil vom 12. August 1993 – S-1c/Ar-100/93, in Info also 1994 S. 22 f zu Recht hingewiesen hat, wird durch Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes zunächst nur die Ehe, nicht auch die eheähnliche Gemeinschaft geschützt. Die Freiheit, in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben, ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber (a.a.O.) Bestandteil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz und damit genießt auch die eheähnliche Gemeinschaft grundgesetzlichen Schutz. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 Satz 1 AFG liegt im übrigen nicht nur vor, wenn der Arbeitsplatzverlust durch den Gebrauch eines Grundrechts verursacht ist. Abgesehen davon, daß jede rechtmäßige Verhaltensweise als Verwirklichung eines Grundrechts, hier vor allem Art. 11, 12 und 2 Grundgesetz, definiert werden kann, entspricht die Gleichstellung von einem wichtigen Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 AFG mit grundrechtlich geschützten Tatbeständen weder der Praxis der Arbeitsämter noch der Rechtsprechung, auch nicht des Bundessozialgerichts (SG Fulda a.a.O.). Worauf das bereits zitierte Urteil des SG Fulda zu Recht hingewiesen hat, unterscheiden sich ehe- und eheähnliche Gemeinschaften lediglich durch die rechtliche Verbindlichkeit und damit vom Gesetz verknüpften Vergünstigungen und Belastungen, ggf. hinsichtlich der rechtlichen Beziehungen zu den Kindern. Erfüllen aber die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft die grundsätzlichen Merkmale der ehelichen Gemeinschaft, besteht kein Grund, die Gemeinschaft oder ihre Bedeutung für die beteiligten Partner weniger zu achten als die eheähnliche Gemeinschaft selbst.
Darüber hinaus muß beachtet werden, daß auch die rechtliche Verbindlichkeit der Ehe wesentlichen Veränderungen im Laufe der Zeit unterlegen ist. Entscheidend bei beiden Institutionen, also bei der Ehe und bei der eheähnlichen Lebensgemeinschaft, ist jedoch in der Regel der Wille und die Zielsetzung der Partner, eine Gemeinschaft zu führen und aufrecht zu erhalten. Hierbei spielt die rechtliche Verbindlichkeit der Eheschließung – gerade unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden Ehescheidungen – eine nur untergeordnete Rolle, wobei hier sicherlich zu beachten ist, daß bei der rechtlichen Verbindlichkeit der Ehe u.a. sich die Konsequenz der gegenseitigen Unterhaltspflicht im Rahmen des § 1360 BGB ergibt. Ohne diese Bestimmung könnte der einkommenslose Ehegatte unabhängig vom Einkommen des Partners Anspruch auf Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben. Im AFG in § 137 Abs. 2 a in Verbindung mit § 138 AFG wird die Unterhaltsleistung der Partner einer ehelichen Gemeinschaft wie die von Eheleuten bewertet. Da dies auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 durch die Anrechnung des durch Freibeträge geminderten Partnereinkommens geschieht, knüpft § 137 Abs. 2 a AFG nicht allein an die Tatsache der Unterhaltsleistungen an sich an, sondern enthält auch insofern ein normatives Element, das unbedingt im Arbeitsförderungsgesetz Berücksichtigung finden muß. Enthält sich der Staat aber über §§ 137 Abs. 2 a, 138 AFG und u.a. auch im § 122 BSHG für die Sozialhilfe, auf Kosten der eheähnlichen Gemeinschaft seiner Verpflichtung, dem bedürftigen Partner den Lebensunterhalt zu sichern, so darf auf der anderen Seite diese Verlagerung der Verpflichtung im Rahmen des § 119 AFG nicht völlig ignoriert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. November 1992 hinsichtlich der in den §§ 137 Abs. 2 a und 138 AFG aufgeworfenen Fragen nur Ungleichbehandlungen von geringem Gewicht erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht hat es als entscheidend angesehen, ob § 137 Abs. 2 a AFG die Partner eheähnlicher Gemeinschaften unangemessen hart trifft, ob also die belastenden Auswirkungen des Gesetzes und die Versagung von Rechten, die allein an den Bestand der rechtlichen Verbindlichkeit einer Ehe geknüpft sind, in ihrem Zusammenwirken die Begründung oder Aufrechterhaltung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft im Übermaß erschweren oder unmöglich machen. Diese Gleichbehandlung eheähnlicher Gemeinschaften mit ehelichen Gemeinschaften muß aber auch bei der Frage des Problems "wichtiger Grund” im Rahmen des § 119 AFG Gültigkeit besitzen. Würde bei der Frage des Zuzugs von Partnern eheähnlicher Gemeinschaften im Gegensatz zum Zuzug von Ehepartnern oder Verlobten eine unterschiedliche Betrachtungsweise und Bewertung bei der Zusammenführung dieser Verhältnisse im Rahmen des § 119 AFG erfolgen, so wäre gerade die Ungleichbehandlung, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. November 1992 – zwar nur im Rahmen der §§ 137 f AFG jedoch auch generell für die Abgrenzung eheähnlicher Gemeinschaften von der Ehe – vermeiden wollte, eingetreten. Von daher sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil und mit dem bereits mehrfach zitierten Urteil des SG Fulda vom 12. August 1993 (a.a.O.) bei dem Zuzug von Partnern eheähnlicher Gemeinschaften, die nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 auf Dauer angelegt sind, einen wichtigen Grund im Rahmen des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG, so daß insofern zu Recht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben wurden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG diesem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimißt.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Sperrzeit im Streit.
Die im Jahre 1969 geborene Klägerin beantragte am 24. Juni 1992 bei der Beklagten Arbeitslosengeld. Sie war laut Arbeitsbescheinigung der Stadt vom 1. August 1989 bis zum 31. Juli 1990 als Berufspraktikantin und anschließend vom 1. August 1990 bis zum 30. Juni 1992 als Erzieherin tätig, und zwar nach ihren eigenen Angaben zu einem Netto-Entgelt von ca. 1.500,– DM. Laut Arbeitsbescheinigung kündigte die Klägerin am 26. Mai 1992 zum 30. Juni 1992 ihre Beschäftigung bei der Stadt wobei laut Arbeitsvertrag 6 Wochen zum Quartalsende als Kündigungsfrist vereinbart war. Die Stadt später auf Anfragen des erstinstanzlichen Gerichts die Arbeitsbescheinigung insoweit korrigiert, als bereits am 13. Mai 1992 die Kündigung zum 30. Juni 1992 von der Klägerin ausgesprochen worden war.
Die Klägerin gab am 1. Juli 1992 gegenüber der Beklagten die Erklärung ab, daß sie die Kündigung veranlaßt habe, da ihr Verlobter – mit dem die Klägerin mittlerweile verheiratet ist –, mit dem sie zum damaligen Zeitpunkt vier Jahre in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt habe, aus beruflichen Gründen nach ziehen mußte. Eine Versetzung nach sei von dem Arbeitgeber ihres Verlobten, der Post, nicht bewilligt worden.
Mit Bescheid vom 13. August 1992 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 23. September 1992. Seit dem 15. August 1992 arbeitete die Klägerin als Erzieherin bei der Stadt.
Mit Bescheid vom 18. August 1992 sah die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Juli 1992 bis zum 22. September 1992 (12 Wochen) als gegeben an. Die Klägerin habe zum 30. Juni 1992 ihr Arbeitsverhältnis gekündigt, ohne hierfür einen wichtigen Grund für sich in Anspruch nehmen zu können. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß durch die Versetzung des Verlobten nach zur Bundespost sich für die Klägerin ganz selbstverständlich die Frage gestellt habe, wie das auch bei einer verheirateten Ehefrau der Fall sei, ob sie ihrem Lebenspartner nach folge. Dies sei schon deshalb notwendig gewesen, da die Miete in in Höhe von zuletzt 680,– DM monatlich von ihr nicht alleine zu tragen gewesen sei bei einem Nettogehalt von 1.500,– DM. Sie habe sich daher bemüht, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Stadt Urlaubsgeldzahlungen bei dieser kurzfristigen Kündigung spare, das Vertragsverhältnis bei der Stadt zu lösen. Zur weiteren Begründung ihres Widerspruchs legte die Klägerin ein Schreiben der Stadt vom 28. Juni 1992 vor, wonach sich die Klägerin am 20. Juli 1992 als Erzieherin bei der Stadt beworben hat und dies von der Stadt bestätigt wird.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1992 wurde der Widerspruch der Klägerin von der Beklagten zurückgewiesen. Durch die Kündigung habe die Klägerin die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Sie habe insoweit voraussehen müssen, daß sie infolge ihres Verhaltens arbeitslos werden würde, da sie zum Zeitpunkt ihrer Kündigung noch keine konkreten Aussichten auf ein Anschlußarbeitsverhältnis bei der Stadt gehabt habe. Die Stadt habe erst mit Schreiben vom 30. Juli 1992 eine Einstellungszusage zum Einstellungstag 15. August 1992 geben können. Die Klägerin könne für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund anführen. Der Zuzug zu einem Partner, um mit ihm eine nichteheliche Lebensgemeinschaft fortzusetzen, sei allein kein wichtiger Grund im Sinne des § 119 AFG. Die gemeinschaftliche Lebensführung in freier Partnerschaft stehe nicht unter dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 des Grundgesetzes. Die von der Klägerin beabsichtigte Fortsetzung der Lebensgemeinschaft entspreche persönlichen Bedürfnissen bzw. Wünschen. Es sei vielmehr der Klägerin zuzumuten gewesen, das Arbeitsverhältnis unter rechtzeitiger Einschaltung der zuständigen Arbeitsvermittlung der Arbeitsämter in und solange fortzusetzen, bis zumindest konkrete Aussichten auf ein Anschlußarbeitsverhältnis bestanden hätte.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 1993 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. In der Klagebegründung hat sie im wesentlichen darauf verwiesen, daß ihrer Auffassung nach nur allenfalls leichte Fahrlässigkeit bei der Lösung ihres Arbeitsverhältnisses ihr vorzuwerfen sei. Zudem hat die Klägerin darauf verwiesen, daß sie bereits im Mai 1992 beim Stadtschulamt in wegen einer Einstellung telefonisch nachgefragt habe, bevor sie sich dann am 20. Juni 1992 schriftlich beworben habe. Nach dem 10. Juli 1992 habe zunächst keine Bescheidung über die Einstellung von ihr getroffen werden können, weil die Leiterin der Kindertagesstätte in Urlaub gewesen sei. Zudem hat die Klägerin im Termin am 2. August 1994 erklärt, daß ihr damaliger Verlobter und jetziger Ehemann in Student gewesen sei und von einer Unterstützung der Post von ca. 450,– DM gelebt habe. Die Stelle in sei nach Beendigung seines Studiums seine erste Stelle gewesen.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Zeugin E. K. als zuständige Verwaltungsbeamtin bei der Stadt für die Einstellung von Erzieherinnen im Termin am 2. August 1994 vernommen. Die Zeugin hat darauf hingewiesen, daß sie üblicherweise die Telefonate führe, wenn Antragen um Stellen für Erzieherinnen erfolgten. Sie könne sich zwar nicht mehr daran erinnern, mit der Klägerin telefoniert zu haben, da eine Vielzahl von Anrufen erfolge. Die Gespräche mit den Anruferinnen würden jedoch in der Regel so ablaufen, daß sie auf die Frage, ob Stellen frei seien, stets antworte, daß dringend Erzieherinnen von der Stadt gesucht werden würden, und zwar oftmals verwende sie hierbei das Wort "händeringend”. Bei der Frage, wie lange es bis zur Einstellung dauern würde, antwortete sie, daß dies in der Regel 4 bis 6 Wochen dauere, in den Ferien bis zu 8 Wochen mit Durchführung aller Formalien. Zudem hat die Zeugin darauf hingewiesen, daß die Kindertagesstätte vom 22. Juni bis 10. Juli 1992 geschlossen gewesen sei und daher die Gespräche zwischen der Klägerin und der zuständigen Stelle nur in der Zeit zwischen dem 10. und 21. Juli 1992 stattfinden konnten. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 2. August 1994 die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis zum 14. August 1992 zu gewähren. Das Sozialgericht ist zu der Auffassung gelangt, daß eine Sperrzeit nicht eingetreten sei. Die Klägerin habe nicht grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Dies habe sich aus der Aussage der Zeugin K. und aus den schriftlichen Unterlagen ergeben. Die Klägerin habe bereits im Mai 1992 vom Stadtschulamt telefonisch mitgeteilt bekommen, daß händeringend und sehr dringend Erzieherinnen gesucht würden. Die Klägerin habe daher davon ausgehen können, daß aufgrund ihrer Bewerbung vom 20. Juni 1992 kurzfristig mit einem Anschlußarbeitsverhältnis zu rechnen sei. Die Gründe, warum es dann erst zu einem Arbeitsverhältnis zum 15. August 1992 gekommen sei, würden im wesentlichen auf Umstände zurückzuführen sein, die nicht in der Sphäre der Klägerin zu suchen seien. Zudem sei die Klägerin auf die fristgemäße Kündigung bei der Stadt angewiesen gewesen und hätte nicht darauf hoffen können, einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt als dem 1. Juli 1992 mit der Stadt zu bekommen. Im übrigen habe die Klägerin auch einen wichtigen Grund. Die Kammer hat den wichtigen Grund zur Aufgabe der Beschäftigung bereits darin gesehen, daß die Klägerin mit dieser Beschäftigung den Lebensunterhalt für sich bei doppelter Haushaltsführung und bei doppelten Umzugskosten nicht finanzieren konnte. Der jetzige Ehemann der Klägerin habe mit einer Unterstützung von 450,– DM nicht wesentlich zum Unterhalt beitragen können. Es dürfte schwierig gewesen sein, so das Sozialgericht Frankfurt am Main weiter, mit einem Gehalt von 1.500,– DM zuzüglich 450,– DM, also monatlich 1.950,– DM, die Mietkosten von ca. 700,– DM und den gesamten Lebensunterhalt und einen Umzug überhaupt zu finanzieren. Die Versichertengemeinschaft könne niemanden zwingen, eine Beschäftigung aufrechtzuerhalten, die dazu führe, daß es für die Klägerin und ihren Partner nicht zum Lebensunterhalt reiche. Darüber hinaus sei der Umzug zur Beibehaltung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt. Auch dies stelle einen wichtigen Grund zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses dar. Da die Klägerin und ihr Partner zwischenzeitlich geheiratet und ein gemeinsames Kind hätten, sei die Lebensgemeinschaft bereits zum Zeitpunkt des Umzugs auf Dauer angelegt und hinsichtlich der inneren Beziehung der von Ehepartnern gleichwertig. In diesem Zusammenhang sei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das den Zuzug zum Verlobten oder Partner nicht als wichtigen Grund für die Aufgabe einer Beschäftigung anerkenne, nicht korrekt. In diesem Zusammenhang setzt sich das Sozialgericht Frankfurt mit einem Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 12. August 1993, das die gleiche Auffassung vertritt wie das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt, auseinander.
Gegen das am 18. Oktober 1994 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 15. November 1994 beim Hessischen Landessozialgericht.
Die Berufung wird im wesentlichen damit begründet, daß zunächst von einer grob fahrlässigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin auszugehen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führe der Arbeitslose mit der freiwilligen Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit in der Regel, wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz habe. Darüber hinaus könne die Klägerin keinen wichtigen Grund für sich in Anspruch nehmen. Belange, die allein persönlichen Bedürfnissen und Wünschen entspringen würden, seien im allgemeinen nicht von solchem Gewicht, daß die Interessen der Versichertengemeinschaft dahinter zurückstehen müssen. Ein wichtiger Grund sei nur dann zu bejahen, wenn eine eheliche Lebensgemeinschaft hergestellt werde und dadurch der Zuzug zum Ehegatten die Folge sei. Allerdings gelte dies auch nur dann, wenn der Arbeitslose von der gemeinsamen ehelichen Wohnung aus seiner bisherigen Tätigkeit zumutbar nicht mehr nachgehen könne. Dies gelte auch dann, wenn die Ehe noch nicht geschlossen sei, der Arbeitnehmer bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses aber davon ausgehen dürfe, daß die Schließung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen werde. Die Eheschließung bei der Klägerin sei jedoch erst 1993/94 erfolgt und damit mehr als ein Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei einem derart großen zeitlichen Abstand zwischen Kündigung und Eheschließung könne keinesfalls davon ausgegangen werden, daß die Schließung der Ehe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen werde. Der Klägerin sei es ohne weiteres möglich gewesen, ihr Arbeitsverhältnis bis kurz vor der Eheschließung bei der Stadt fortzusetzen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes stehe nur die Ehe unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Grundgesetz, nicht aber das nichteheliche Verhältnis.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. August 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß das erstinstanzliche Urteil rechtsfehlerfrei ergangen sei. Insbesondere teilt die Klägerin die Auffassung des SG hinsichtlich der Fahrlässigkeit. Ein weiterer wichtiger Grund zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses sei der Umstand, daß sie mit ihrem jetzigen Ehemann vor und nach dem Umzug in einem eheähnlichen Verhältnis gelebt habe.
Die Lebensgemeinschaft sei von vornherein auf Dauer angelegt gewesen. Das Bundesverfassungsgericht habe bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit als entscheidend angesehen, ob durch § 137 Abs. 2 a AFG die Partner eheähnlicher Gemeinschaften unangemessen hart betroffen würden, ob also die belastenden Auswirkungen der Norm und die Versagung von Rechten, die an den Bestand der Ehe geknüpft sei, in ihrem Zusammenwirken die Aufrechterhaltung einer ehelichen Gemeinschaft im Übermaß erschweren oder unmöglich machen würden. Das erstinstanzliche Gericht habe zu Recht die Gleichstellung von Ehe und ehelicher Gemeinschaft im AFG nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts betont, Wäre man nach den Vorstellungen der Beklagten verfahren, so hätte dies die Partner nicht nur menschlich, sondern auch finanziell in unangemessener Weise belastet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft; sie ist jedoch unbegründet.
Das erstinstanzliche Urteil hat rechtsfehlerfrei die angefochtenen Bescheide aufgehoben, jedoch mit unterschiedlicher Begründung zur Entscheidung dieses Senats. In jedem Fall ist der Arbeitslosengeldanspruch nicht nach § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG wegen des Eintritts einer Sperrzeit zum Ruhen gekommen.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 119 a Nr. 1 AFG tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn die Arbeitslose das Arbeitsverhältnis gelöst oder durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Klägerin hat durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt und sich zumindest grob fahrlässig arbeitslos gemacht, weil sie im Zeitpunkt der Kündigung keine gesicherte Aussicht auf einen Anschlußarbeitsplatz im Raum Frankfurt hatte. Der Senat teilt hierin nicht die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, daß in dem Verhalten der Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit zu sehen sei, da sie sich zuvor telefonisch erkundigt hatte, ob eine Aussicht auf einen Arbeitsplatz als Erzieherin bei der Stadt bestünde und dies ihr telefonisch bestätigt worden sei. Nach Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses hatte die Klägerin jedoch noch keine konkrete Aussicht, was sich auch darin zeigte, daß sie erst im August zu einem Arbeitsplatz bei der Stadt gelangte, aber bereits Ende Juni aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Stadt ausschied. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten festgesetzte Sperrzeit lagen also insofern vor, konnten jedoch letztendlich dennoch nicht bejaht werden, weil die Klägerin für ihr Verhalten einen wichtigen Grund anführen kann.
Die Klägerin konnte ihre Beschäftigung mit wichtigem Grund aufgeben, wenn ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung ihrer Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte. Hierbei muß der wichtige Grund auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken (BSG u.a. Urteil vom 29. November 1989 7 RAr 86/88).
Hierbei ist zunächst festzustellen, daß der Senat die erstinstanzliche Auffassung nicht teilt, daß aufgrund der doppelten Haushaltsführung der Klägerin eine Aufrechterhaltung ihres Arbeitsplatzes in nicht mehr zugemutet werden konnte und insofern die Berechtigung gegeben war, schon aus diesem Grund ihr Arbeitsverhältnis in zu lösen. Der Senat sieht vielmehr in der Angabe des zweiten wichtigen Grundes des erstinstanzlichen Gerichts die entscheidende Frage zur Lösung des vorliegenden Rechtsstreits. Die Klägerin hat ihre Beschäftigung in Flensburg aufgegeben, weil sie vor der Eheschließung zu ihrem jetzigen Ehemann ziehen wollte.
Die Beziehung der Klägerin zu ihrem jetzigen Ehemann kann als eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne der Definition des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 – 1 BVL 8/87 – gesehen werden. Die Lebensgemeinschaft war bereits zum Zeitpunkt des Zuzuges nach auf Dauer angelegt, was sich darin zeigt, daß schließlich diese Lebensgemeinschaft zur Ehe führte. Hieraus kann geschlossen werden, daß die innere Bindung schon vor der Eheschließung ein gegenseitiges Einstehen der Klägerin und ihres Freundes füreinander begründete. Das Zusammenleben diente also nicht lediglich dazu, um eine Teilung an den Lebenshaltungskosten zu erreichen, wie das z.B. bei einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft der Fall ist.
Das Bundessozialgericht teilt das sich daraus ergebende Ergebnis, daß der Zuzug zum Partner oder Verlobten einen wichtigen Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 AFG darstelle, nicht. Diesen wichtigen Grund läßt das BSG nur bei verheirateten oder bei solchen Personen gelten, bei denen dem Zuzug die unmittelbare Eheschließung folgt (BSG Urteil vom 12. November 1981 sowie vom 25. Oktober 1988 und vom 29. November 1988 zuletzt 11/7 RAr 91/87). Der Senat schließt sich dieser Auffassung des Bundessozialgerichts nicht an, sondern sieht vielmehr in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 – 1 BVL 8/87 – eine grundlegende Tendenzwende in dieser Frage.
Worauf schon das SG Fulda in seinem Urteil vom 12. August 1993 – S-1c/Ar-100/93, in Info also 1994 S. 22 f zu Recht hingewiesen hat, wird durch Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes zunächst nur die Ehe, nicht auch die eheähnliche Gemeinschaft geschützt. Die Freiheit, in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben, ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber (a.a.O.) Bestandteil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz und damit genießt auch die eheähnliche Gemeinschaft grundgesetzlichen Schutz. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 Satz 1 AFG liegt im übrigen nicht nur vor, wenn der Arbeitsplatzverlust durch den Gebrauch eines Grundrechts verursacht ist. Abgesehen davon, daß jede rechtmäßige Verhaltensweise als Verwirklichung eines Grundrechts, hier vor allem Art. 11, 12 und 2 Grundgesetz, definiert werden kann, entspricht die Gleichstellung von einem wichtigen Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 AFG mit grundrechtlich geschützten Tatbeständen weder der Praxis der Arbeitsämter noch der Rechtsprechung, auch nicht des Bundessozialgerichts (SG Fulda a.a.O.). Worauf das bereits zitierte Urteil des SG Fulda zu Recht hingewiesen hat, unterscheiden sich ehe- und eheähnliche Gemeinschaften lediglich durch die rechtliche Verbindlichkeit und damit vom Gesetz verknüpften Vergünstigungen und Belastungen, ggf. hinsichtlich der rechtlichen Beziehungen zu den Kindern. Erfüllen aber die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft die grundsätzlichen Merkmale der ehelichen Gemeinschaft, besteht kein Grund, die Gemeinschaft oder ihre Bedeutung für die beteiligten Partner weniger zu achten als die eheähnliche Gemeinschaft selbst.
Darüber hinaus muß beachtet werden, daß auch die rechtliche Verbindlichkeit der Ehe wesentlichen Veränderungen im Laufe der Zeit unterlegen ist. Entscheidend bei beiden Institutionen, also bei der Ehe und bei der eheähnlichen Lebensgemeinschaft, ist jedoch in der Regel der Wille und die Zielsetzung der Partner, eine Gemeinschaft zu führen und aufrecht zu erhalten. Hierbei spielt die rechtliche Verbindlichkeit der Eheschließung – gerade unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden Ehescheidungen – eine nur untergeordnete Rolle, wobei hier sicherlich zu beachten ist, daß bei der rechtlichen Verbindlichkeit der Ehe u.a. sich die Konsequenz der gegenseitigen Unterhaltspflicht im Rahmen des § 1360 BGB ergibt. Ohne diese Bestimmung könnte der einkommenslose Ehegatte unabhängig vom Einkommen des Partners Anspruch auf Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben. Im AFG in § 137 Abs. 2 a in Verbindung mit § 138 AFG wird die Unterhaltsleistung der Partner einer ehelichen Gemeinschaft wie die von Eheleuten bewertet. Da dies auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 durch die Anrechnung des durch Freibeträge geminderten Partnereinkommens geschieht, knüpft § 137 Abs. 2 a AFG nicht allein an die Tatsache der Unterhaltsleistungen an sich an, sondern enthält auch insofern ein normatives Element, das unbedingt im Arbeitsförderungsgesetz Berücksichtigung finden muß. Enthält sich der Staat aber über §§ 137 Abs. 2 a, 138 AFG und u.a. auch im § 122 BSHG für die Sozialhilfe, auf Kosten der eheähnlichen Gemeinschaft seiner Verpflichtung, dem bedürftigen Partner den Lebensunterhalt zu sichern, so darf auf der anderen Seite diese Verlagerung der Verpflichtung im Rahmen des § 119 AFG nicht völlig ignoriert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. November 1992 hinsichtlich der in den §§ 137 Abs. 2 a und 138 AFG aufgeworfenen Fragen nur Ungleichbehandlungen von geringem Gewicht erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht hat es als entscheidend angesehen, ob § 137 Abs. 2 a AFG die Partner eheähnlicher Gemeinschaften unangemessen hart trifft, ob also die belastenden Auswirkungen des Gesetzes und die Versagung von Rechten, die allein an den Bestand der rechtlichen Verbindlichkeit einer Ehe geknüpft sind, in ihrem Zusammenwirken die Begründung oder Aufrechterhaltung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft im Übermaß erschweren oder unmöglich machen. Diese Gleichbehandlung eheähnlicher Gemeinschaften mit ehelichen Gemeinschaften muß aber auch bei der Frage des Problems "wichtiger Grund” im Rahmen des § 119 AFG Gültigkeit besitzen. Würde bei der Frage des Zuzugs von Partnern eheähnlicher Gemeinschaften im Gegensatz zum Zuzug von Ehepartnern oder Verlobten eine unterschiedliche Betrachtungsweise und Bewertung bei der Zusammenführung dieser Verhältnisse im Rahmen des § 119 AFG erfolgen, so wäre gerade die Ungleichbehandlung, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. November 1992 – zwar nur im Rahmen der §§ 137 f AFG jedoch auch generell für die Abgrenzung eheähnlicher Gemeinschaften von der Ehe – vermeiden wollte, eingetreten. Von daher sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil und mit dem bereits mehrfach zitierten Urteil des SG Fulda vom 12. August 1993 (a.a.O.) bei dem Zuzug von Partnern eheähnlicher Gemeinschaften, die nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992 auf Dauer angelegt sind, einen wichtigen Grund im Rahmen des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG, so daß insofern zu Recht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben wurden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG diesem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimißt.
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