L 10/1 Ar 462/80

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 15 Ar 303/79
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10/1 Ar 462/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Weisung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, daß Ehegatten ausländischer Arbeitnehmer für eine erstmalige Beschäftigung generell eine Arbeitserlaubnis erst erteilt werden kann, wenn sie sich 4 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten haben (sog. „Wartezeitregelung”) ist nicht durch § 19 AFG in der zur Zeit noch geltenden Fassung vom 25. Juni 1969 gedeckt und daher unwirksam (im Anschluß an BSG 1978-10-10 7/12 RAr 39/77).
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Februar 1980 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb.

Der 1938 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger, verheiratet und Maurer von Beruf. Seine Ehefrau hält sich schon längere Zeit im Bundesgebiet auf und ist seit dem 6. April 1973 im Alten- und Pflegeheim der H. und E. B.-Stiftung in F. beschäftigt. Der Kläger, der sich zuvor schon besuchsweise bei seiner Ehefrau in F. aufhielt, reiste am 15. November 1978 erneut in das Bundesgebiet ein und erhielt von der Ausländerbehörde der Stadt F. zunächst eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Zusatz: "Berechtigt nicht zur Arbeitsaufnahme oder Gewerbeausübung”. Dieser Vermerk wurde am 19. Dezember 1979 von der Ausländerbehörde gestrichen und durch den Zusatz ersetzt: "Selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeiten nicht gestattet”.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers, ihm eine Arbeitserlaubnis bei der Firma S.-Bau GmbH in F. zu erteilen, mit Bescheid vom 23. März 1979 mit der Begründung ab, der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit habe im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, die ihm nachgeordneten Dienststellen angewiesen, die Erteilung der Arbeitserlaubnis an ausländische Arbeitnehmer restriktiv zu handhaben. Insbesondere solle bei der gegenwärtigen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der angestrebten Konsolidierung der Ausländerbeschäftigung die Arbeitserlaubnis für eine erstmalige Arbeitsaufnahme – auch unter Würdigung der Verhältnisse des einzelnen Falles – grundsätzlich nicht erteilt werden. Außerdem sei der Kläger nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die zur Arbeitsaufnahme berechtige.

Der Widerspruch des Klägers, in dem er darauf verwies, er habe bei der Firma S.-Bau GmbH in F. eine sichere Arbeitsstelle als Maurer (Facharbeiter) und befinde sich seit dem 28. Januar 1974 bei seiner Ehefrau, E. welche hier seit 8 Jahren beschäftigt sei, blieb ohne Erfolg. Im Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1979 stützt sich die Beklagte darauf, daß die Aufenthaltserlaubnis des Klägers nicht zur Arbeitsaufnahme berechtige, die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine Erstbeschäftigung, die Beschäftigungsmöglichkeiten bevorrechtigter Arbeitnehmer beeinträchtige und die Versagung der Arbeitserlaubnis für den Kläger keine besondere Härte im Sinne des § 2 Abs. 6 der Arbeitserlaubnis-Verordnung (AEVO) bedeute.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat der gegen diese Entscheidung erhobenen Klage mit Urteil vom 1. Februar 1980 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Arbeitserlaubnis als Maurer bei der Firma S.-Bau GmbH in F. ab 1. März 1979 gemäß § 1 Nr. 1 AEVO zu erteilen. Das Sozialgericht ging dabei davon aus, daß aufenthaltsrechtliche Gesichtspunkte der Erteilung der Arbeitserlaubnis, nicht entgegenständen und die Versagung der Arbeitserlaubnis für den Kläger eine besondere Härte bedeuten würde.

Gegen dieses der Beklagten am 21. März 1980 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 21. April 1980 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Die Beklagte macht geltend der Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main könne weder im Ergebnis noch hinsichtlich der Begründung gefolgt werden. Der Kläger erfülle nämlich nicht die Voraussetzungen der sogenannten Wartezeitregelung, wonach Ehegatten ausländischer Arbeitnehmer für eine erstmalige Beschäftigung auch in Bereichen, in welchen ein besonderer Bedarf bestehe, der aus dem Inland nicht gedeckt werden könne, unter strikter Beachtung des Vorrangs deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis nur dann erteilt werden könne, wenn sie sich vier Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hätten. Diese auf einer Weisung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung gemäß § 19 Abs. 4 AFG beruhende Regelung diene der Durchsetzung der in den §§ 1 und 2 AFG vorgegebenen arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung. Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erforderten nämlich nach übereinstimmender Auffassung aller beteiligten Stellen eine Konsolidierung der Ausländerbeschäftigung, um die existenziellen Lebensinteressen der deutschen Arbeitnehmer, insbesondere der ab 1977 in das Erwerbsleben eintretenden geburtenstarken Jahrgänge zu sichern. Aufgrund der noch herrschenden angespannten Beschäftigungslage, die auch für einen voraussehbaren Zeitraum bestehen bleibe, sei die Erteilung von Arbeitserlaubnissen an ausländische Arbeitnehmer für eine erstmalige Arbeitsaufnahme grundsätzliche nur unter Beachtung der "Wartezeitregelung” vertretbar. Dies gelte in besonderem Maße im Hinblick auf Ausländer, die zu einem Zeitpunkt eingereist seien, zu dem allgemein bekannt gewesen sei, daß eine erstmalige Arbeitsaufnahme nicht mehr gestattet werde. Die dargelegten Bedingungen des Gesamtarbeitsmarktes fielen dabei so schwerwiegend ins Gewicht, daß demgegenüber die Verhältnisse des einzelnen Falles grundsätzlich zurückzutreten hätten. Diese könnten nur insoweit berücksichtigt werden, als die Ablehnung der Arbeitserlaubnis für den Antragsteller eine besondere Härte bedeute. Dies sei jedoch bei dem Kläger nicht der Fall. Sein Antrag sei als erstmaliger Antrag auf Arbeitserlaubnis zu werten. Im Zeitpunkt der Antragstellung hätten 102 deutsche und bevorrechtigt zu vermittelnde ausländische arbeitslose Bauarbeiter einem Angebot von 3 offenen Stellen gegenübergestanden. Dieses ungünstige Verhältnis von Arbeitsuchenden zu offenen Stellen habe sich auch in der Folgezeit nur langsam verändert.

Auch die Entscheidung der Ordnung samt es der Stadt F. vom 19. Dezember 1979, den eine Arbeitsaufnahme ausschliessenden Vermerk zu streichen, könne nicht dazu führen, dem Kläger eine Arbeitserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Februar 1980 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf die von ihm für zutreffend erachteten Gründe des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird in übrigen auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten und der Ausländerakte des Klägers Bezug genommen, die beigezogen waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie ist frist- und formgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

In der Sache ist die Berufung unbegründet. Die Beklagte durfte dem Kläger die von ihm beantragte Arbeitserlaubnis nicht verweigern. Nach G 19 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bedürfen Arbeitnehmer, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes (GG) sind, zur Ausübung einer Beschäftigung einer Arbeitserlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Der Kläger bedarf als Jugoslawe einer solchen Arbeitserlaubnis, denn zwischenstaatliche Vereinbarungen, die etwas anderes beinhalten könnten, bestehen nicht. Ein Niederlassungsvertrag, in den die Fragen der Arbeitserlaubnis geregelt zu werden pflegen, ist mit Jugoslawien bisher nicht abgeschlossen worden. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien über Arbeitslosenversicherung vom 12. Oktober 1968 (Bundesgesetzblatt II 1969, 1473) bezieht sich nur auf Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung und die Arbeitslosenhilfe und bestimmt insoweit eine Gleichstellung bei der Anwendung des jeweils geltenden inländischen Rechts. Die Regelung des § 19 AFG gehört jedoch nicht zu den Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung und die Arbeitslosenhilfe im Sinne des genannten Abkommens (vgl. BSG Urteil vom 27. Januar 1977, Az.: 12 RAr – 83/76 in SozR 4100 § 19 Nr. 2).

Die Arbeitserlaubnis wird gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 AFG nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Zur Durchführung dieser Vorschrift ist in § 1 der Verordnung über die Arbeitserlaubnis für nichtdeutsche Arbeitnehmer vom 26. September 1980 (Arbeitserlaubnisverordnung – AEVO –) geregelt, daß die Erlaubnis nach § 19 Abs. 1 AFG nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt werden kann

1) für eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb oder

2) ohne Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit und ohne Beschränkung auf einen bestimmten Betrieb.

§ 2 AEVO regelt im einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und ohne die Beschränkung nach § 1 Nr. 1 AEVO zu erteilen ist. Diese in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AEVO beschriebenen Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nicht vor. Er hat insbesondere in den letzten 5 Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der von ihm begehrten Arbeitserlaubnis nicht ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der Arbeitserlaubnisverordnung ausgeübt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AEVO).

Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 19 AFG i.Verb.m. § 1 Nr. 1 AEVO, wobei dahingestellt bleiben kann, ob im Rahmen dieser Vorschrift die Härteregelung des § 2 Abs. 7 AEVO zu seinen Gunsten eingreift. Denn auf die Erteilung dieser Arbeitserlaubnis besteht im Falle des Klägers unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ein Rechtsanspruch. Im Rahmen des § 1 AEVO ist der Beklagten dabei lediglich ein Ermessen hinsichtlich der Auswahl bestimmter Betriebe, Berufsgruppen, Wirtschaftszweige oder Bezirke eingeräumt (vgl. BSG Urteil vom 10. Oktober 1978 – 7/12 RAr 39/77 = SozR 4100 § 19 Nr. 8; sowie § 19 Nrn. 2, 3, 5 und Nr. 10 zu § 103). Dabei richtet sich die Arbeitserlaubnis gemäß § 1 Nr. 1 AEVO trotz des gegenüber der Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 2 AFG einschränkenden Wortlautes nicht allein nur nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes; zu berücksichtigen sind daneben auch die Verhältnisse des Einzelfalles und auch die persönlichen Umstände des Antragstellers sowie die Besonderheiten des Vermittlungsfalles. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 1 AFG, der neben der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles zwingend vorschreibt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ist deshalb nicht befugt, durch die in § 19 Abs. 3 Satz 1 AFG vorgesehene Rechtsverordnung einschränkende Vorschriften zu erlassen (vgl. BSG in SozR 4100 § 19 Nrn. 2, 3, 5, 9 und BSG Urteil vom 17. Juli 1980 – 7 RAr 20/79).

Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Gesamtumstände seines Falles ist die Erteilung der begehrten Arbeitserlaubnis an den Kläger gerechtfertigt. Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes stehen dem nicht entgegen. Abzustellen ist dabei räumlich auf die Verhältnisse im Bezirk des Arbeitsamtes F., in dem der Kläger mit seiner Ehefrau wohnt und in dem er tätig zu werden wünscht sowie fachlich auf die konkret erstrebte Tätigkeit als Maurer (vgl. BSG in SozR 4100 Nrn. 2, 3 zu § 19 und Nr. 14 zu § 103). Nach Auskunft der Beklagten, die gemäß § 6 AFG Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu erforschen hat, standen im Antragszeitpunkt – dem Monat März 1979 – für Maurer 97 offene Stellen für 13 Arbeitsuchende zur Verfügung. Bei Bauwerkern war zwar das Verhältnis mit 17 offenen Stellen gegenüber 59 Arbeitsuchenden ungünstiger. Es verbesserte sich jedoch im Verlaufe des Jahres bereits im Juni 1979 soweit, daß 34 offene Stellen für 21 Arbeitsuchende vorhanden waren, Entscheidend kommt es nach Auffassung des Senats auf die Beschäftigungslage in der vom Kläger konkret erstrebten Tätigkeit als Maurer an, die nach einer im Rechtsstreit M. B. gegen die Bundesanstalt für Arbeit – Az.: L – 10/Ar – 693/80 Hessisches Landessozialgericht – im Bereich des Arbeitsamtes Frankfurt am Main für September 1980 16 Arbeitsuchende bei 80 offenen Stellen auswies. Nach einer Aufschlüsselung der Beklagten in diesem Rechtstreit vom 11. Februar 1981 handelte es sich bei diesen Arbeitsuchenden um 10 deutsche Arbeitnehmer und um 6 nichtbevorrechtigte Ausländer. Im Beruf des Maurers standen im Dezember 1980 45 offene Stellen 19 Arbeitsuchenden, im Januar 1981 50 offene Stellen 31 Arbeitssuchenden und im Februar 1981 38 offene Stellen 34 Arbeitsuchenden gegenüber. Dies zeigt, daß auch während des Winters die Arbeitsmarktlage in diesem Berufszweig insgesamt so war, daß durch die Erteilung der beantragten Arbeitserlaubnis der Zweck des § 19 AFG, nämlich den Vorrang deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer bei der Arbeitsvermittlung zu sichern, nicht gefährdet werden konnte. Denn dies wäre nur dann der Fall, wenn für den Arbeitsplatz, den der Kläger anstrebt, unschwer deutsche oder ihnen gleichgestellte ausländische Arbeitsuchende hätten vermittelt werden können. Dies kann nach der Rechtsprechung (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 3) angenommen werden, wenn in der entsprechenden Berufsgruppe und auf dem örtlichen Arbeitsmarkt, für den der Antragsteller die Arbeitserlaubnis begehrt, ein deutlicher, das mehrfache betragende Überhang an Arbeitsuchenden gegenüber offenen Stellen besteht. Da dies nicht der Fall ist, steht die Arbeitsmarktlage der Erteilung der beantragten Arbeitserlaubnis nicht entgegen.

Der Anspruch des Klägers auf Erteilung der Arbeitserlaubnis scheitert auch nicht an der Regelung der Beklagten im Runderlaß 107/79 vom 28. März 1979 – I a 6-5751/6318/6401.4/4226 –. Dieser Erlaß beruht auf einer Weisung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 21. März 1979 und löst die bisherige "Stichtagsregelung” mit Wirkung vom 1. April 1979 durch eine sogenannte "Wartezeitregelung” ab. Dieser Erlaß, dessen Voraussetzungen der Kläger nicht erfüllt, besitzt aber keine Rechtsnormqualität; er stellt lediglich eine Verwaltungsregelung dar, die Rechtsansprüche auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 19 AFG im Einzelfall nicht beseitigen kann (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 8). Der Beklagten ist es nach dem Gesetz verwehrt, das Arbeitserlaubnisverfahren auf der Basis einer vorweggenommenen generellen und pauschalen Arbeitsmarktbeurteilung sowie unter Anwendung von im Gesetz weder ausdrücklich vorgesehenen, noch sich aus dem Sinn und Zweck rechtfertigenden Beurteilungskriterien – Stichtag/Erstbeschäftigung/Wartezeit – zu handhaben und die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für bestimmte Personengruppen davon ausgehend, nahezu völlig oder jedenfalls für einen gewissen längeren Zeitraum auszuschließen. Auch die Tatsache, daß der Erlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit auf Weisungen des Bundesministers für Arbeit beruht, führt zu keiner anderen Beurteilung. § 19 Abs. 4 AFG räumt dem Bundesminister für Arbeit eine Weisungsbefugnis nur im Rahmen des Gesetzes ein, das aber in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erfordert. Eine Anknüpfung an generelle Fristen, die die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles unberücksichtigt läßt, ist nicht durch § 19 AFG gedeckt und daher unwirksam (vgl. Urteil vom 15. September 1980 – L – 10/1/Ar – 1307/79 – Hessisches Landessozialgericht – HLSG, Beschluss vom 19. Dezember 1980 – L – 1/Ar – 1191/80 – NJW 1981, S. 543 mit weiteren Nachweisen). Auch im Wege der Rechtsverordnung kann die vom Gesetz verlangte Einzelfallprüfung nach Maßgabe der in § 19 Abs. 1 Satz 2 AFG zwingend festgelegten Kriterien nicht unterbunden werden. Durch Rechtsverordnung gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 AFG können lediglich Erleichterungen für bestimmte Berufs- und Personengruppen vorgesehen werden, wie es z.B. durch die §§ 9 und 2 AEVO geschehen ist (vgl. hierzu BSG in SozR 4100 Nr. 2 zu § 19). Die Weisungsbefugnis des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung berechtigt aber weder zur Abweichung von Normregelung des Gesetzes, noch von der Arbeitserlaubnisverordnung (vgl. Urteil des BSG vom 10. Oktober 1978 – 7/12 RAr 39/77 – in SozR 4100 § 19 Nr. 8). Wegen dieser Rechtslage hat die Bundesregierung den Entwurf eines Wartezeitgesetzes beschlossen, das eine entsprechende Änderung des § 19 AFG zum Inhalt hat (BRDrucks. 133/81 vom 27. März 1981; vgl. insbesondere auch die Begründung zu Abs. 1 des gem. Entwurf geänderten § 19 AFG, BRDrucks. a.a.O., S. 4). Der Entwurf zielt u.a. darauf ab, daß Asylbewerber, Ehegatten und Kinder ausländischer Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis für eine estmalige Beschäftigung nur erhalten können sollen, wenn sie sich eine bestimmte, durch Rechtsverordnung festanlegende Zeit in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich B. (West) aufgehalten haben.

Schließlich steht der Erteilung der Arbeitserlaubnis auch nicht mehr die Auflage der Ausländerbehörde entgegen, daß die Aufenthaltserlaubnis nicht zur Arbeitsaufnahme berechtige. Diesen Vermerk hat nämlich der Oberbürgermeister der Stadt F. als Ausländerbehörde am 19. Dezember 1979 aufgehoben und dem Kläger nunmehr lediglich selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeiten untersagt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der ursprüngliche Vermerk durch seine Tatbestandwirkung auf die Bundesanstalt für Arbeit binden konnte (bei Nebenbestimmungen unter aufenthaltsrechtlichen bzw. ausländerpolizeilichen Gesichtspunkten vgl. Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 11. Dezember 1980 – L 1/Ar – 832/78 – NJW 1981, S. 541). Mit der Streichung dieses Vermerks können jedenfalls die aus § 5 AEVO hergeleiteten Bedenken der Beklagten nicht mehr aufrechterhalten werden. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats stehen deshalb der Erteilung der Arbeitserlaubnis an den Kläger keine aufenthaltsrechtlichen Hindernisse mehr entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird zugelassen, da der Senat der hier zu entscheidenden Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved