L 10/1 Ar 202/80

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 7 Ar 770/77
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10/1 Ar 202/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Berücksichtigung von im Sozialplan abgesicherten tarifvertraglichen Sonderzahlungen als Arbeitsentgelt bei der Bemessung des Uhg zum Begriff der einmaligen Zuwendung keine Quotelung von Sonderzahlungen und Urlaubsgeld.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 1979 sowie der Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 1979 und der Bescheid vom 7. August 1978 sowie die beiden Bescheide vom 9. Januar 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 1979 werden abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 4. August 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 1977 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, das Unterhaltsgeld ab 1. September 1976 sowie das Arbeitslosengeld ab 1. Juni 1978 bis 30. November 1978 unter Berücksichtigung der Sonderzahlung von 695,20 DM zu zahlen.

III. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte bei der Zahlung von Unterhaltsgeld (Uhg) und Arbeitslosengeld (Alg) eine Sonderzahlung und ein Urlaubsgeld des Klägers zu berücksichtigen hat.

Der im Jahre 1935 geborene Kläger war vom 30. März 1970 bis 30. September 1974 als kaufmännischer Angestellter bei der Firma F. & Co GmbH in F. beschäftigt. Vom 1. Oktober 1974 bis 30. Juni 1976 stand er als kaufmännischer Angestellter in einem Arbeitsverhältnis bei der Firma M. Rohrbau AG F ... Das Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung der Arbeitgeberin am 17. Februar 1976 zum 30. Juni 1976 wegen Betriebsstillegung beendet. Die Zeit vom 17. Februar 1976 bis 2. März 1976 wurde dem Kläger als Urlaub angerechnet. Ab 3. März bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses war der Kläger von der Arbeit freigestellt. Gemäß der am 28. Juni 1976 von der Arbeitgeberin ausgestellten Arbeitsbescheinigung wurde dem Kläger für Juni 1976 ein festes Monatsentgelt von 1.764,– DM gezahlt sowie eine Abfindung aufgrund des Sozialplanes in Höhe von 5.196,20 DM. Laut Auskunft der Arbeitgeberin vom 5. Juli 1977 setzte sich die Abfindung wie folgt zusammen: 2,5 Gehälter = 4.345,– DM, entgangene Vermögensbildung = 156,– DM, entgangene Sonderzahlung = 695,20 DM. Im Monat Februar 1976 wurde dem Kläger zu seinem monatlichen Festgehalt ein Urlaubsgeld in Höhe von 125,13 DM und im Monat März in Höhe von 542,26 DM für 13 Tage Urlaub gezahlt.

Vom 1. September 1976 bis 18. Januar 1978 nahm der Kläger an einem Lehrgang zum Bürokaufmann der Handelsschule S. F. teil. Auf seinen Antrag vom 15. Juli 1976 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 9. September 1976 Uhg gemäß § 44 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von 1.764,– DM. Mit einem am 4. Mai 1977 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben bat der Kläger darum, die Beklagte möge eine Bescheinigung bei seinem Arbeitgeber über die tariflich vereinbarte Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld anfordern. Am 4. August 1977 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß die von ihr angestellten Ermittlungen ergeben hätten, daß es sich bei der an den Kläger geleisteten Sonderzahlung um eine Abfindung aus dem Sozialplan handele. Diese Abfindung habe keinen Einfluß auf die Höhe des zu zahlenden Unterhaltsgeldes. Es bleibe somit bei der Entscheidung vom 8. September 1976. Den Widerspruch des Klägers vom 31. August 1977 wies die Beklagte, nachdem sie weitere Anfragen beim Arbeitgeber vorgenommen hatte, am 28. November 1977 als unzulässig zurück. Sie führte aus, ein Widerspruch gegen die "Mitteilung” des Arbeitsamtes vom 4. August 1977 sei nicht möglich, da es sich dabei nicht um einen Verwaltungsakt handele. Dem Kläger sei lediglich bekanntgegeben worden, daß die ursprüngliche Bewilligung der Entscheidung bindend geworden sei. Auch sei ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. Juli 1977 verspätet und somit ebenfalls unzulässig, ebenso wie der Widerspruch gegen frühere Bescheide vom 8. September 1976, 15. September 1976 und 16. März 1977.

Nach Beendigung der geförderten Maßnahme am 18. Januar 1978 war der Kläger vom 19. Januar 1978 bis 31. Mai 1978 arbeitsunfähig erkrankt. Auf seinen Antrag vom 1. Juni 1978 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. August 1978 Arbeitslosengeld ab 1. Juni 1978. Zwei weitere Bescheide über die Zahlung von Arbeitslosengeld ergingen am 9. Januar 1979. Den Widerspruch, mit dem der Kläger weiterhin die Berücksichtigung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld geltend machte, wies die Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 1979 zurück. Sie führte aus, die Höhe des Alg sei zutreffend nach einem Arbeitsentgelt von wöchentlich 450,– DM bzw. ab 1. Juli 1978 495,– DM berechnet. Über die Berücksichtigung des Urlaubsgeldes und der Sonderzahlung habe sie in diesem Widerspruchsverfahren bezüglich des Alg nicht zu entscheiden.

Der Kläger erhob gegen den Widerspruchsbescheid vom 28. November 1977 am 21. Dezember 1977 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) sowie gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1979 am 12. Februar 1979 (SG Frankfurt am Main, Az.: S-7/Ar-46/79). Am 29. Mai 1979 nahm er die zweite Klage S-7/Ar-46/79 zurück, da sie im Hinblick auf § 96 SGG unzulässig war. Der Kläger vertrat in dem anhängig gebliebenen Verfahren die Auffassung, die Beklagte habe zu Unrecht die Berücksichtigung der jahrelang gezahlten tariflichen Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) und des tariflichen Urlaubsgeldes verneint. Beide Leistungen seien bei der Bemessung des Uhg ganz oder gerechterweise wenigstens anteilig zugrunde zulegen, da er dafür Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe. Mit Urteil vom 30. Oktober 1979 wies das SG die Klage ab; in den Entscheidungsgründen führte es aus, daß der im Monat Juni 1976 ausgezahlte Betrag in Höhe von 695,20 DM dem zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt nicht hinzuzurechnen sei, da es sich hierbei um eine einmalige Zuwendung im Sinne von § 112 AFG gehandelt habe. Auch das Urlaubsgeld in Höhe von 667,39 DM sei der Bemessung des Uhg und des Alg nicht zugrunde zulegen, da dies nicht im Juni 1976 ausgezahlt worden sei.

Gegen das dem Kläger am 11. Januar 1980 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 7. Februar 1980 Berufung beim SG eingelegt, die am 18. Februar 1980 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen ist.

Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, daß weder das Weihnachtsgeld noch das Urlaubsgeld einmalige Leistungen im Sinne von § 112 AFG seien. Sie seien Bestandteil des Jahresgehaltes und müßten bei der Bemessung des Uhg und daher auch bei der Bemessung des Alg mitberücksichtigt werden. Er habe sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Steuern für diese Zahlung erbracht. Das Urlaubsgeld sei aus lohnbuchhaltungstechnischen Gründen zufällig zu ein- oder zweimaligen Auszahlungsterminen erfolgt.

Wegen Arbeitsmangel sei er am 18. Februar 1976 von der Arbeit freigestellt worden, wobei die ersten Tage der Freistellung bis zum 2. März 1976 rein formal als Jahresurlaub gewährt worden seien.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 1979 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. August 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 1977 aufzuheben, den Bescheid vom 2. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 1979 sowie den Bescheid vom 7. August 1978 und die beiden Bescheide vom 9. Januar 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 1979 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Unterhaltsgeld für die Zeit ab 1. September 1976 und das Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juni 1978 bis 30. November 1978 unter Berücksichtigung der Sonderzahlung von 695,20 DM und des Urlaubsgeldes von 667,39 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, daß weder die Sonderzahlung noch das Weihnachtsgeld dem laufenden Arbeitsentgelt des Klägers zuzurechnen seien, vielmehr handele es sich hierbei um einmalige Zuwendungen im Sinne von § 112 Abs. 2 S. 3 AFG. Die Sonderzahlung sei nicht aufgrund eines tarifvertraglichen Anspruchs begründet, sondern ausschließlich aufgrund des Sozialplanes fällig geworden. Hierdurch werde deutlich, daß diese Leistungen ihrem Wesen nach gerade nicht zu den laufenden, in jedem Lohnabrechnungszeitraum zu erwartenden Bezügen gehörten, denn andernfalls hätte es nicht einer besonderen Absicherung über den Sozialplan bedurft. Das Urlaubsgeld könne schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es nicht im Bemessungszeitraum gezahlt worden sei. Das Uhg und das Alg seien nach dem im Juni 1976 erzielten Arbeitsentgelt berechnet worden, da es sich hierbei um den letzten, zum Zeitpunkt des Beginns der Fortbildungsmaßnahme am 1. September 1976 abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum gehandelt habe. Das zusätzliche Urlaubsgeld sei aber bereits in den Monaten Februar und März 1976 zur Auszahlung gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und kraft Zulassung im Urteil des SG statthaft (§§ 151, 150 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Höhe des Uhg und des im Anschluß daran gezahlten Alg. Der Bescheid über die Bewilligung von Uhg vom 9. September 1976 war zwar bindend (§ 77 SGG) geworden; die Beklagte war dadurch jedoch nicht gehindert, eine neue sachliche Entscheidung zu treffen. Nach Eingang des Schreibens des Klägers vom 4. Mai 1977 hat die Beklagte die Höhe des bewilligten Uhg erneut überprüft. Sie hat im Bescheid vom 4. August 1977 eine Erhöhung der Leistung zwar abgelehnt, dies jedoch aufgrund neuer Ermittlungen beim Arbeitgeber und bisher nicht erörterter tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte. Auf die Bindungswirkung des Bescheides über die Bewilligung von Uhg hat sie sich dagegen nicht bezogen und sich somit auch nicht darauf berufen wollen. Die Entscheidung im Bescheid vom 4. August 1977 enthält eine Regelung, so daß sie als sog. Zweitbescheid vom Senat wie ein Erstbescheid in vollem Umfang nachzuprüfen ist (vgl. BSG, SozR § 77 Nr. 211). Nach § 44 Abs. 2 i.V.m. § 112 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungsgesetzes und des Bundesversorgungsgesetzes vom 18. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3113) richtet sich das Uhg nach dem Arbeitsentgelt, das der Bildungswillige zuletzt im Bemessungszeitraum durchschnittlich erzielt hat. Daß unter Anwendung dieser Bestimmung für die Uhg-Bemessung heranzuziehende Arbeitsentgelt bleibt für einen im Anschluß daran geltend gemachten Alg-Anspruch unter Beachtung der Dynamisierungsvorschrift des § 112 a AFG als Grundlage maßgebend, sofern – wie hier – der Bemessungszeitraum für den Anspruch auf Alg (§ 112 Abs. 3 S. 1 AFG) durch die der Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichgestellten Zeiten des Uhg-Bezugs (§ 107 S. 1 Nr. 5 AFG) ausgefüllt wird (vgl. § 112 Abs. 5 Nr. 4 b APG). Da der Kläger die Höhe des Uhg und des Alg unter dem Gesichtspunkt der Dynamisierung nicht beanstandet, und auch der Senat insoweit keinen Fehler feststellen konnte, beschränkt sich die Überprüfung beider Leistungen darauf, ob die Beklagte bei der Bemessung des Uhg die Vorschrift des § 112 AFG richtig angewandt hat. Das ist teilweise nicht der Fall.

Die Berufung ist insoweit begründet, als die betriebliche Sonderzahlung in Höhe von 695,20 DM dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt hinzuzurechnen ist. Im übrigen ist die Berufung unbegründet.

Für die Feststellung der Höhe des Uhg ist gem. § 44 Abs. 2 i.V.m. § 112 Abs. 2 AFG maßgebend das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Beschäftigungsverhältnisses im Bemessungszeitraum ergibt. Außer Betracht zu bleiben haben lediglich einmalige Zuwendungen (§ 112 Abs. 2 S. 3 AFG). Bemessungszeiträume sind nach § 112 Abs. 3 S. 1 AFG die letzten, am Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründende Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs. Bemessungszeitraum in diesem Sinne war im Falle des Klägers der Monat Juni 1976. Für diese Zeit erhielt der Kläger ein festes Monatsentgelt von 1.764,– DM brutto sowie die betriebliche Sonderzuwendung in Höhe von 695,20 DM.

Für die Frage, welche Leistungen des Arbeitgebers zum "durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelt” zählen und welche als "einmalige Zuwendung” nicht mitzuberücksichtigen sind, ist vom Sinn und Zweck der Bemessungsvorschriften auszugehen. Dieser besteht, wie auch das BSG zu § 112 Abs. 2 AFG entschieden hat, darin, daß die Höhe der Leistung an die Höhe des zuletzt durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts angelehnt werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 71/74 – und Urteil vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 72/74 –). Zweck dieser Vorschrift ist es, dem Bildungswilligen bzw. Arbeitslosen die Erhaltung seines Lebensstandards während der Bildungsmaßnahme (bzw. der Arbeitslosigkeit) zu ermöglichen, wobei das Gesetz – auch aus Vereinfachungsgründen – an das zuletzt erzielte Entgelt anknüpft. Einmalige Zuwendungen müssen deshalb außer Betracht bleiben, weil ihre Berücksichtigung den Durchschnittsverdienst verfälschen würde. Als solche einmalige Zuwendungen werden Bezüge verstanden, die nicht in ständiger Wiederholung gezahlt, den Arbeitnehmer aus besonderen Anlässen gewährt werden und oft der Höhe nach nicht von vornherein bestimmt sind, ferner Bezüge, deren Fälligkeit nicht feststeht (vgl. BSGE 16, 91). Zusätzliche Leistungen, die aufgrund eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelarbeitsvertrages vertraglich vereinbart sind, sind – auch wenn sie als "Sonderzahlung” bezeichnet sind, dann keine "einmaligen Zuwendungen”, wenn der Arbeitnehmer auf sie einen Anspruch hat, ihre Höhe und Fälligkeit von vornherein feststeht und wenn sie in der Weise Bestandteil des festen Jahresgehaltes sind, daß demjenigen, der im Laufe des Kalenderjahres in den Betrieb eintritt oder demjenigen, der aus dem Betrieb während des Kalenderjahres ausscheidet, ein Anspruch auf anteilige Zahlung der Leistung zusteht, der der Zeit entspricht, die der Betreffende als Arbeitnehmer im Betrieb verbracht hat (vgl. BSGE 16, 91, 95; 22, 162, 166; 26, 68, 71; 29, 105, 106; SozR Nr. 4 zu § 90 AVAVG). Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf anteilige Zahlungen entsprechend der Dauer der Beschäftigung im Betrieb, so kann er mit weiteren Monatsgehältern pro Jahr ebenso rechnen wie mit den Gehältern, die er in den einzelnen Kalendermonaten bezieht.

Diese Voraussetzungen sind für die Sonder Zahlung in Höhe von 695,20 DM gegeben. Die Leistung erfolgte zwar aufgrund des Sozialplanes vom 7. November 1974, wonach einem Arbeitnehmer bei Bestehen eines Anspruchs auf Abfindung außerdem die tarifliche Sonderzahlung im Jahr des Ausscheidens zu zahlen war, sofern ein neuer Arbeitgeber diese Leistung nicht erbringen würde. Der Kläger hatte allein aufgrund des Tarifvertrages über die tarifliche Sonderzahlung für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der hessischen Metallindustrie vom 13. Juli 1972 in der bis zum 31. Dezember 1976 geltenden Fassung im Zeitpunkt seines Ausscheidens keinen Anspruch auf die betriebliche Sonderzahlung, sondern dieser Anspruch ergab sich erst im Zusammenhang mit dem Sozialplan. Dies schließe jedoch den Charakter der gezahlten betrieblichen Sonderzahlung als laufendes Arbeitsentgelt nicht aus. In dem Tarifvertrag heißt es: § 2 Sonderzahlung und deren Voraussetzung. 1. Arbeitnehmer die am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen sechs Monate angehören, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlung. Ausgenommen sind die Arbeitnehmer, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis gekündigt haben und Arbeitnehmer, denen wegen Arbeitsvertragsverletzung wirksam gekündigt worden ist.
2. Die Sonderzahlung wird nach folgender Staffel gezahlt: a) , b) ab Kalenderjahr 1974 nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit 40 Prozent jeweils eines Monatsverdienstes
3. Diese Sonderzahlung gilt als einmalige Leistung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. 4. 5. 6. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung endet oder die aus sonstigen Gründen im Kalenderjahr nicht gearbeitet haben, erhalten keine Sonderzahlung; ruht das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr teilweise oder haben Arbeitnehmer wegen unentschuldigten Fehlens teilweise nicht gearbeitet, so erhalten sie eine anteilige Sonderzahlung. Arbeitnehmerinnen, die unter das Mutterschutzgesetz fallen und erkrankte Arbeitnehmer, werden davon nicht erfaßt.

Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen der Ziffer 1) erfüllen, jedoch wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, wegen Erreichen der Altersgrenze oder aufgrund Kündigung zwecks Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes vor dem Auszahlungstag ausgeschieden sind, erhalten die volle Sonderzahlung. Arbeitnehmer, die bis zum 30. Juni des Auszahlungsjahres ausscheiden, erhalten die halbe Sonderzahlung.

§ 3 Fälligkeit. 1. Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarungen geregelt. 2. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2 Ziff. 1 der 1. Dezember.

Aufgrund einer Betriebsvereinbarung war Auszahlungstag der 1. Oktober des Kalenderjahres. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. Oktober 1976 nicht mehr bestand und er nicht zu den Personen im Sinne von § 2 Nr. 6 des Tarifvertrages gehörte, hatte er bei seinem Ausscheiden am 30. Juni 1976 kraft Tarifvertrages keinen Anspruch auf die Sonderzahlung. Dieser Anspruch ergab sich erst im Zusammenhang mit dem Sozialplan. Der Sozialplan dient zum Ausgleich und zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch die geplante Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (BAG in AP 2 zu § 112 Betriebsverfassungsgesetz 1972); er ist wie eine Betriebsvereinbarung auszulegen. Der aufgrund der Ziff. 5.4.1. des Sozialplanes gezahlte Betrag ist ein Ersatz für den Verlust des nach dem Tarifvertrag grundsätzlich nur bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag (1. Oktober) gegebenen Anspruchs auf betriebliche Sonderzahlung. Den Arbeitnehmern sollte dieselbe Leistung erbracht werden, die sie bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis aufgrund des Tarifvertrages gehabt hätten, sofern nicht ein anderer Arbeitgeber diese Sonderzahlung übernommen hätte.

Zwar bestimmt § 2 Nr. 3 des Tarifvertrages, daß die betriebliche Sonderzahlung als Einmalleistung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften gilt, diese Regelung hat jedoch keine Bindungswirkung. Denn für die Qualifizierung einer Leistung als einmalige Zuwendung oder als laufendes Arbeitsentgelt ist nicht ihre Bezeichnung, sondern sind die oben geschilderten Merkmale entscheidend. Die Sonderzahlung gehörte ihrem Wesen nach zu den laufenden, in jedem Lohnabrechnungszeitraum zu erwartenden Bezügen. Die Fälligkeit der Leistung nur zu einem bestimmten Termin im Jahr (1. Oktober) hindert nicht, sie als Bestandteil des Lohnes in den einzelnen Monaten zu betrachten (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 71/74 –). Die Sonderzahlung war der Höhe und Fälligkeit nach von vornherein bestimmt und war entsprechend der Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer gestaffelt (§ 2 des Tarifvertrages). Der Kläger hatte jährlich Anspruch auf die Leistung und hatte sich darauf eingestellt. Die Zahlung war auch abhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung, was sich aus der Regelung in § 2 Nr. 6 des Tarifvertrages ergibt; Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr ruhte oder die aus sonstiger Gründen nicht gearbeitet hatten, erhielten keine Sonderzahlung. Ruhte das Arbeitsverhältnis teilweise oder hatte ein Arbeitnehmer wegen unentschuldigten Fehlens nicht gearbeitet, so erhielt er nur eine anteilige Zuwendung. Die Sonderleistung wurde daher nicht wegen des bestehenden Arbeitsverhältnisses an dem bestimmten Auszahlungstag erbracht, sondern weil während des Jahres gearbeitet wurde. Sie stellt sich demnach als laufende Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dar.

Daß die Sonderzahlung für Arbeitnehmer, die am Auszahlungstag gekündigt hatten oder denen wegen Vertragsverletzung gekündigt worden war, entfiel, schließt nicht den Charakter als laufendes Entgelt aus. Für die als Abgrenzungsmerkmale zur einmaligen Zuwendung notwendige Kalkulierbarkeit und Erwartung der Leistung kommt es nicht darauf an, daß sie unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise entfallen kann, z.B. bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers (vgl. Urteile des BSG vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 71/74 – und – 7 RAr 72/74 –, Urteil vom 10.10.1978 – 7 RAr 57/77 – und Urteil vom 7. August 1979 – 7 RAr 42/78 –). Derjenige, der bis zum Auszahlungstag gearbeitet hatte, hatte auf jeden Fall Anspruch auf die Zuwendung. Dieser Anspruch war nicht erst von weiteren Entscheidungen des Arbeitgebers abhängig, sondern ergab sich von vornherein aus dem Tarifvertrag. Die in dem Tarifvertrag geregelte betriebliche Sonderleistung war demnach laufendes Arbeitsentgelt und nicht eine einmalige Zuwendung.

Dadurch, daß die betriebliche Sonderzahlung an den Kläger erst aufgrund des Sozialplanes erfolgte, änderte sich nicht der Charakter der Leistung. Durch den Sozialplan wurde die Fälligkeit der tariflichen Sonderleistung lediglich vorverlegt. Voraussetzung war nicht mehr, daß das Arbeitsverhältnis noch am 1. Oktober bestand. Es sollte sichergestellt sein, daß der Arbeitnehmer im Jahr der Betriebsstillegung die gleiche Leistung erhielt, wie dies in den vorhergehenden Jahren geschehen war und zwar gestaffelt nach der Betriebszugehörigkeit. Dementsprechend erhielt der Kläger 40 Prozent seines letzten Monatsgehaltes als Sonderzahlung. Der Kläger konnte sich schon seit November 1974 darauf einstellen, daß er auch im Fall des Ausscheidens wegen Betriebsstillegung für den Fall, daß er keinen Anschlußarbeitsplatz hatte und die Leistung nicht von einem anderen Arbeitgeber übernommen werden würde, die Sonderzahlung erhielt. Die betriebliche Sonderleistung war daher nicht von Zufälligkeiten abhängig, sondern stand ihm im Jahre 1976 auf jeden Fall zu. Demnach hat diese Leistung, die im Sozialplan abgesichert war, den Charakter eines laufenden Arbeitsentgelts und ist bei der Bemessung des Uhg sowie des Alg zu berücksichtigen. Die Zuwendung ist in voller Höhe dem im Bemessungszeitraum (§ 112 Abs. 3 AFG) erzielten Arbeitsentgelt zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 1978 – 7 RAr 57/77 –).

Das zusätzliche Urlaubsgeld in Höhe von 667,39 DM war bei der Bemessung des Uhg bzw. des Alg jedoch nicht zu berücksichtigen. Dies schon deshalb nicht, weil es nicht innerhalb des Bemessungszeitraumes (Juni 1976) erzielt wurde. Erzielt im Sinne des § 112 Abs. 2 S. 1 AFG ist das Arbeitsentgelt, wenn es dem Arbeitnehmer zugeflossen ist, so daß er darüber verfügen kann (BSG, SozR 4100 § 44 Nr. 10; Urteil vom 10. Oktober 1978 – 7 RAr 57/77 –). Erzielt hat der Kläger das zusätzliche Urlaubsgeld im Februar 1976 (125,13 DM) und im März 1976 (542,26 DM). Es ist in dem jeweils gezahlten Umfang Bestandteil des laufenden Gehalts in diesen Monaten geworden. Die Möglichkeit einer Verteilung des Anspruchs zu je ein Zwölftel auf jeden Monat des Jahres besteht für das zusätzliche Urlaubsgeld nicht. Zum Arbeitsentgelt im Sinne von § 112 Abs. 2 AFG gehört nur jedes im Bemessungszeitraum zugeflossene und fällig gewordene Arbeitsentgelt. Hierfür sprechen auch Gründe der Praktikabilität. Mit der Regelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, daß die Höhe des Alg rasch und einfach festgestellt werden kann (BSG, 4100 § 112). Dieses Ziel ist nur durch die Anknüpfung an das im Bemessungszeitraum tatsächlich gezahlte und abgerechnete Entgelt zu erreichen (vgl. Urteil des BSG vom 10. Oktober 1978 – 7 RAr 57/77 – und Urteil vom 7. August 1979 – 7 RAr 17/78 –). Erst die geplante Neufassung von § 112 Abs. 2 S. 3 AFG sieht eine anteilmäßige Berücksichtigung der jährlich wiederkehrenden Zuwendungen vor.

Nur wenn es auf die mit Rücksicht auf den Arbeitslosen (Bildungswilligen) in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosigkeit (Bildungsmaßnahme) überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, von dem Arbeitsentgelt nach § 112 Abs. 2 bis 6 AFG auszugehen, ist in § 112 Abs. 7 AFG eine besondere Regelung zugunsten des Arbeitslosen (Bildungswilligen) vorgesehen. Das Gesetz nimmt es schon im Hinblick auf die Praktikabilität in Kauf, daß im Einzelfall der Verdienst im maßgebenden Bemessungszeitraum besonders hoch sein kann und läßt nur einmalige Zuwendungen außer Betracht. Leistungen, die zwar zum laufenden Arbeitsentgelt gehören, aber nicht im Bemessungszeitraum erzielt wurden, können nicht berücksichtigt werden. Eine besondere Härte ist für den Kläger nicht gegeben, wenn das Urlaubsgeld der Bemessung nicht zugrundegelegt wird, zumal die betriebliche Sonderzahlung in voller Höhe angerechnet wird und ebenfalls in Anwendung von § 112 Abs. 3 AFG nicht zu einem Zwölftel gequotelt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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