L 10 AL 604/69

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 604/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 28. April 1969 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die 1912 geborene Klägerin ist Ehefrau des Landwirtes R. Sch., der eine Landwirtschaft von 7,68 ha betreibt. Am 21. März 1967 hat sie die Gewährung von vorzeitigem Altersgeld wegen Erwerbsunfähigkeit bei der Beklagten beantragt. Diese hat den Antrag mit Bescheid vom 2. Juni 1967 abgelehnt, weil die Klägerin nie landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) 65 gewesen sei. Dies sei vielmehr ihr Ehemann, der die Landwirtschaft noch weiterhin bewirtschafte.

Mit der hiergegen erhobenen Klage beantragte die Klägerin die Zusprechung von vorzeitigem Altersgeld als mitarbeitende Familienangehörige, zu denen sinngemäß auch die Ehefrau des Unternehmers gehöre. Diese Klage wies das Sozialgericht Gießen mit Urteil vom 28. April 1969 als unbegründet ab, weil die Klägerin nicht zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis gehöre; auf die weiteren Entscheidungsgründe wird im einzelnen verwiesen.

Gegen dieses ihr am 6. Mai 1969 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Juni 1969 Berufung eingelegt. Mit ihr macht sie vor allem geltend, sie falle als Familienangehörige wegen ihrer tatsächlichen Mitarbeit in dem Betrieb ihres Ehemannes unter § 38 Abs. 1 GAL 65. Gegenüber dieser Vorschrift enthalte deren Abs. 2 keine Legaldefinition, sondern eine Fiktion dahingehend, wer über § 38 Abs. 1 GAL 65 hinaus als mitarbeitender Familienangehöriger gelte. Im übrigen sei unstreitig, daß ihr Ehemann der alleinige Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebes sei.

Die Klägerin hat beantragt,
die Entscheidungen des Sozialgerichts und der Beklagten aufzuheben und diese zur Gewährung von vorzeitigem Altersgeld zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist fristgerecht und zulässig, aber unbegründet.

Der Entscheidung des Sozialgerichts ist im wesentlichen beizupflichten. Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf Gewährung von vorzeitigem Altersgeld gegen die Beklagte weil sie nicht mitarbeitende Familienangehörige im Sinne des Gesetzes ist. Nach dem klaren Wortlaut des § 38 Abs. 1 und 2 GAL 65 ist in Abs. 2 der genannten Vorschrift abschließend und als Legaldefinition bestimmt, wer mitarbeitender Familienangehöriger im Sinne des GAL ist (ebenso Noell-Rüller 6. Auflage, S. 88). Zu diesem vom Gesetz im einzelnen aufgeführten Personenkreis zählt die Klägerin nicht, was auch unstreitig ist. Andere Familienangehörige aber, also auch die Klägerin als Ehefrau des landwirtschaftlichen Unternehmers, fallen nicht unter § 38 ff, GAL 65, und zwar auch dann nicht, wenn sie ständig hauptberuflich im landwirtschaftlichen Unternehmen mitarbeiten (vgl. Noell-Rüller a.a.O.). Ein im Gesetzgebungsverfahren gemachter Vorschlag, alle mitarbeitenden Familienangehörige in die Altershilfe einzubeziehen, wurde als zu weitgehend abgelehnt (vgl. Schieckel Anm. 1 zu § 38 GAL). Daß im übrigen entgegen der Auffassung der Klägerin § 38 Abs. 2 GAL 65 keine Fiktion, sondern tatsächlich eine Legaldefinition enthält, ergibt sich auch deutlich aus der Formulierung in dem Abs. 1 dieser Vorschrift "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften”.

Dieses Ergebnis entspricht ferner dem System des Gesetzes, das die Gewährung von (vorzeitigem) Altersgeld an mitarbeitende Familienangehörige auch sonst in mehrfacher Hinsicht beschränkt hat (vgl. Noell-Rüller a.a.O. S. 87 ff.) So wird hier Altersgeld überhaupt nur noch für einen beschränkten Zeitraum gewährt, da der Gesetzgeber diese Frage als Auslaufproblem behandelt hat; auch beträgt hier das Altersgeld nur die Hälfte des für einen Unverheirateten zu gewährenden Altersgeldes. Mit der Leistungsgewährung in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten kann im übrigen die Gewährung von Altersgeld für Landwirte nicht verglichen werden. Denn das Altersgeld soll nicht den vollen Lebensbedarf des alten oder erwerbsunfähigen Landwirtes decken, sondern nur eine zusätzliche Hilfe neben den regelmäßig gewährten Naturalbezügen sein (vgl. Urteil des BSG vom 28. August 1969 in SGb 1969 S. 410).

Die Nichtgewährung von vorzeitigem Altersgeld an die Ehefrau des Unternehmers wird im übrigen auch durch ihre wesentlich günstigere soziale Lage gegenüber den meisten der in § 38 Abs. 2 GAL 65 aufgezählten Personen verständlich. Denn die Ehefrauen haben nicht nur einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den landwirtschaftlichen Unternehmer, der einem Großteil des vorgenannten Personenkreises fehlt, sondern dieser Anspruch ist auch durch ihre besonders enge Beziehung zu dem Unternehmer oft weit eher und selbstverständlicher realisierbar.

Nach alledem war die unbegründete Berufung der Klägerin, wie geschehen, zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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