L 8 KR 82/05

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 KR 2443/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 82/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen. Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Statusfeststellungsverfahren darum, ob der Beigeladene bei der Klägerin bzw. ihren Vorgängerfirmen in dem Zeitraum vom 1. Juni 1988 bis 30. Juni 1999 in seiner Tätigkeit als Frachtführer abhängig beschäftigt oder selbständig war.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Firma X., die ihrerseits die Rechtsnachfolge der Firma Y. GmbH angetreten hat. Die Klägerin betreibt – wie ihre Rechtsvorgängerinnen – ein Speditionsunternehmen, welches Frachtsendungen befördert.

Mit Wirkung zum 1. Juni 1988 meldete der Beigeladene bei der Gemeinde U., seinen damaligen Wohnsitz, ein Gewerbe für Kleintransporte an. Am 16. Juni 1988 schloss er mit der Firma Z., Zweigniederlassung der Y. (Deutschland) GmbH (im Folgenden: Spedition) einen Vertrag, wonach der Beigeladene als Subunternehmer ab dem 1. Juni 1988 Fuhrleistungen für die Spedition erbringen sollte. Der Beigeladene war verpflichtet, für die ihm übertragenen Aufgaben sein Fahrzeug einzusetzen, welches für die Spedition von montags bis freitags zur Verfügung zu stehen hatte. Hierfür erhielt er zum damaligen Zeitpunkt eine tägliche Vergütung von 259,00 DM bis 300 km und für jeden darüber hinaus gefahrenen km weitere 0,50 Pf.; diese Vergütungssätze wurden im Lauf der Jahre angepasst. Die monatliche Abrechnung sollte von der Spedition erstellt werden. Die Vergütung wurde nur bei ganztägigem Einsatz gezahlt. Der Beigeladene war verpflichtet, die auf dem Frachtbrief errechneten Summen für die Spedition einzukassieren und täglich abzurechnen. Der Beigeladene war verpflichtet, die Fuhrleistung ausschließlich und alleine für die Spedition zu erbringen; es war ihm verboten, Fuhrleistungen von Kunden des Spediteurs auf eigene Rechnung zu fahren.

Nachdem die Firma Z. in der Firma Y. GmbH aufgegangen war, schloss diese Firma mit dem Beigeladenen unter dem 21. Februar 1992 eine ergänzende Rahmenvereinbarung. Diese sah unter anderem vor, dass die eingesetzten Fahrzeuge weiß lackiert zu sein hatten und (auf Kosten der Spedition) mit dem Firmenlogo der Spedition zu versehen waren. Jeder Subunternehmer (einschließlich Fahrer) war verpflichtet, Firmenkleidung zu tragen. Ein Vergütungsanspruch stand dem Subunternehmer nur bei ordnungsgemäßer Ablieferung der gefahrenen Ladung zu. War eine Ablieferung wegen höherer Gewalt, Streik oder ähnlichem nicht möglich, ging dies zu Lasten des Subunternehmers. Der Vertrag enthielt des Weiteren genaue Vorschriften über das Inkasso und verpflichtete den Subunternehmer, täglich in der Spedition abzurechnen; für verspätete oder zusätzliche Abrechnungen wurden ihm 20,00 DM in Rechnung gestellt.

In einem Schreiben vom 7. Mai 1997 teilte die Spedition dem Beigeladenen mit, in der Vergangenheit hätten Y.-Mitarbeiter unnötig Überstunden und somit Kosten produziert, in dem sie in der Halle eine Frühstückspause eingelegt oder aber der Verladevorgang mit zwei Stunden und mehr erheblich zu lange gedauert habe. Für die Zukunft gelte daher ein Beginnzeitpunkt von 06:30 Uhr; für das Sortieren der Papiere und das Laden stünden 1,5 Stunden zur Verfügung. Jeder Fahrer, der mehr Zeit in Anspruch nehme, werde zukünftig an den anfallenden Hallenkosten beteiligt.

Nachdem dem Beigeladenen durch die Firma Y. GmbH zunächst am 21. Januar 1998 der Subunternehmervertrag mit Wirkung zum 28. Februar 1998 gekündigt worden war, wurde er nachfolgend von der Rechtsnachfolgerin der Spedition, der Firma X., übernommen. Mit dieser Spedition schloss der Beigeladene am 18. Dezember 1998 einen "Unternehmervertrag", der die bisherigen vertraglichen Regelungen im Wesentlichen fortführte.

Zum 30. Juni 1999 kündigte die Spedition das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen. Die dagegen zum Arbeitsgericht C-Stadt erhobene Kündigungsschutzklage des Beigeladenen wies das Arbeitsgericht mit Urteil vom 25. März 2000 mit der Begründung ab, dass die Klage – bei unterstelltem Arbeitsverhältnis – verspätet erhoben worden sei und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden könne (Az.: ).

Am 1. Januar 2001 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Nach vorheriger Anhörung der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2001 fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Auslieferungsfahrer in der Zeit vom 1. Juni 1988 bis 30. Juni 1999 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Den Widerspruch der Klägerin vom 10. Oktober 2001 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2002 zurück und führte aus, die Feststellung, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Auslieferungsfahrer bei der Klägerin "seit dem 19. März 1997" im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe, bleibe bestehen.

Die Klägerin hat am 16. August 2002 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beigeladene habe seine Tätigkeit als selbständiger Frachtführer im Sinne der §§ 407 ff. HGB erbracht. Seine Tätigkeit sei im Rahmen eines seit Mai 1988 angemeldeten Gewerbes unter Einsatz eigenen Kapitals in Form des ihm gehörenden Kraftfahrzeugs, für das er die Versicherung sowie die sonstigen laufenden Kosten getragen habe, ausgeübt worden. Der Beigeladene sei berechtigt gewesen, Dritte als Erfüllungsgehilfen einzusetzen und Transportleistungen für eigene Kunden zu erbringen. Seine Entscheidung, nur für die Klägerin Lieferungen durchzuführen, sei sein eigener unternehmerischer Entschluss gewesen. Eine vertragliche Festlegung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende habe es nicht gegeben. Der Beigeladene habe durch das selbst durchzuführende Aufladen der Sendungen frei über die zu fahrende Route disponieren können. Auch das Ende der Arbeitszeit sei nicht festgelegt gewesen. Zeitliche Vorgaben hätten sich lediglich aus der Natur der Sache und den eigenen Pflichten der Klägerin ergeben. Die Vergütung des Beigeladenen sei von der ordnungsgemäßen Ablieferung der Ladung abhängig und damit erfolgsbezogen gewesen. Der Beigeladene habe die für einen Selbständigen üblichen Risiken, wie z.B. Verdienstaufall im Krankheits- oder Urlaubsfall eingetragen, andererseits dafür eine Vergütung erhalten, die erheblich über den entsprechenden Verdienstmöglichkeiten eines angestellten Fahrers gelegen habe. Seine Verpflichtung, das eingesetzte Fahrzeug mit dem Logo der Klägerin zu versehen und die von der Klägerin vorgegebene Impingekleidung zu tragen, sei branchenüblich und liege in der Natur des Frachtführervertrages.

Das Sozialgericht hat den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2005 persönlich gehört und den Mitarbeiter der Klägerin H. J. G. als Zeugen zu Einzelheiten der Beschäftigung des Beigeladenen vernommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass es sich bei der von dem Beigeladenen in dem Zeitraum vom 1. Juni 1988 bis 30. Juni 1999 ausgeübten Tätigkeit als Frachtführer um eine abhängige und damit im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV sozialversicherungspflichtige Tätigkeit gehandelt habe. Kennzeichnend für ein Arbeitsverhältnis sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber. Eine Beschäftigung in einem fremden Betrieb liege vor, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung unterliege. Demgegenüber sei eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Wichen die vertraglichen Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, gäben letztere den Ausschlag. Nach diesen Grundsätzen sei der Beigeladene Arbeitnehmer gewesen. Dieser habe, wie sich aus seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung ergeben habe, lediglich deshalb ein Gewerbebetrieb angemeldet und ein Kleinlaster gekauft, um die Vorgaben der Spedition für eine Beschäftigung zu erzielen. Dem Beigeladenen sei der Beginn der täglichen Arbeitsleistung vorgegeben gewesen, was sich insbesondere aus dem Schreiben der Spedition vom 7. Mai 1997 ergebe. Hierdurch habe die Firma Y. einseitig Festlegungen gegenüber den Subunternehmern vorgenommen und Verletzungen dieser Vorgaben durch pauschale Vertragsstrafenandrohungen sanktioniert. Darüber hinaus sei auch die Dauer der Arbeitszeit des Beigeladenen von der Spedition vorgegeben gewesen. Der Beigeladene habe zwar, wie er anschaulich beschrieben habe, die Befugnis gehabt, die Reihenfolge der von ihm anzufahrenden Bring- und Abholstationen festzulegen, aufgrund der vertraglichen Verpflichtung sei er aber gezwungen gewesen, die ihm übertragenen Lieferungen an diesem Tag zu erledigen, da die Zahlung der Tagespauschale davon abgehangen habe, dass er ganztags tätig war und alle Waren ordnungsgemäß auslieferte. Auch habe es hinsichtlich der Ablieferung von Waren und in Bezug auf die Entgegennahme von Waren teilweise ganz genaue zeitliche Vorgaben der Spedition gegeben, deren Nichteinhaltung mit Abzügen von der Tagespauschale bedroht gewesen sei. Die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen werde auch durch die vertraglichen Regelungen über das Inkasso deutlich, bei denen der Beigeladene ins Einzelne gehenden Vorschriften unterworfen gewesen sei. Gegen eine selbständige Tätigkeit spreche auch die Art und Weise, wie der Kläger gegenüber den Kunden der Spedition in Erscheinung getreten sei. Er sei verpflichtet gewesen, auf seinem Kraftfahrzeug das Logo der Klägerin zu führen und deren Firmenkleidung zu tragen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin habe der Beigeladene keine Möglichkeit gehabt, für eigene Kunden und auf eigene Rechnung Transporte durchzuführen. Da dieser bei Beginn seiner täglichen Arbeit gar nicht habe wissen können, in welchem zeitlichen Umfang seine Arbeitskraft benötigt werde, andererseits er aber verpflichtet gewesen sei, alle ihm übertragenen Fahrten auch an diesem Tag auszuführen, sei es ihm tatsächlich nicht möglich gewesen, für andere Auftraggeber Auslieferungsfahrten zu übernehmen. Die glaubhaften Angaben des Beigeladenen sprächen dafür, dass die Fuhrleistungen grundsätzlich in Person zu erbringen gewesen seien und die Klägerin bei Ausfall selbst Ersatz gestellt habe, wie dies bei einer abhängigen Beschäftigung typischer Weise der Fall sei. Der Hinweis der Klägerin auf einen fehlenden Anspruch auf Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertige nicht die Annahme von Selbständigkeit. Gegen das ihr am 15. April 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Mai 2005 Berufung eingelegt.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für unzutreffend. Der Beigeladene habe keine festgelegten Arbeitszeiten gehabt. Eine persönliche Verpflichtung, morgens um 06:30 Uhr in der Niederlassung der Klägerin Lieferungen in Empfang zu nehmen, habe nicht bestanden. Der Beigeladene habe lediglich das unternehmerische Risiko getragen, das zu einem späteren Zeitpunkt sämtliche Lieferungen bereits an andere Subunternehmer vergeben gewesen seien. Im Übrigen sei die Festsetzung bestimmter Ladezeiten für die Klägerin aufgrund ihrer eigenen vertraglichen Verpflichtungen erforderlich und ergebe sich somit aus der Natur der Sache. Der Beigeladene sei auch in der Planung seiner täglichen Route und das sich daraus ergebende Arbeitsende frei gewesen. Sämtliche Pflichten, denen der Beigeladene unterlegen habe, würden sich aus den Besonderheiten des Frachtführervertrages ergeben, die das Sozialgericht außer Acht lasse. Für eine selbständige Tätigkeit spreche auch die vereinbarte Tagespauschale, die von einem Erfolg, nämlich der ordnungsgemäßen Auslieferung der Ware, abhängig gewesen sei. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Anschaffung eines Transporters sprächen ebenfalls für eine selbständige Tätigkeit. Der Beigeladene habe dies aus freien Stücken getan. Ob dieser die Absicht gehabt habe, außer für die Klägerin auch für andere Kunden tätig zu werden, sei irrrelevant. Entscheidend sei einzig, dass er hierzu tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe. Andere für die Klägerin tätige Frachtführer hätten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eigene Arbeitnehmer beschäftigt und mehrere Fahrzeuge eingesetzt. Entgegen der Annahme des Sozialgerichts habe sie keineswegs stets Ersatzfahrer gestellt, wenn der Beigeladene die von ihm übernommene Tour nicht selbst habe ausführen können. Dies sei nur ausnahmsweise dann erfolgt, wenn der Beigeladene nicht für eigenen Ersatz gesorgt habe. Unzutreffend sei auch die Annahme des Sozialgerichts, dem Beigeladenen sei es lediglich gestattet gewesen, Fuhrleistungen allein und ausschließlich für die Klägerin zu erbringen. Die vertragliche Vereinbarung habe lediglich ein Wettbewerbsverbot in Bezug auf eigene Kunden der Klägerin enthalten, Transportleistungen für andere Kunden seien dem Beigeladenen gestattet gewesen. Eine Genehmigungspflicht in Bezug auf Urlaub habe vertraglich nicht bestanden. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung liege damit kein Gesamtarbeitsverhältnis vor. Der Beigeladene habe sich in eine wirtschaftliche Abhängigkeit von einem großen Kunden begeben, was aber mit der persönlichen Abhängigkeit im Sinne eines Arbeitsverhältnisses nicht verwechselt werden dürfe.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts an. Aufgrund seiner hohen Arbeitsbelastung sei der Beigeladene nicht in der Lage gewesen, für andere Unternehmen in nennenswertem Umfang tätig zu werden.

Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des Arbeitsgerichts C-Stadt (), der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung durch die Berufsrichter des Senats gehört worden.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Streitgegenstand des Rechtsstreits ist, wie im Bescheid der Beklagten vom 10. September 2001 festgestellt, die Statusfeststellung in Bezug auf den Beigeladenen für die Zeit vom 1. Juni 1988 bis 30. Juni 1999, in der dieser bei der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt war. Der Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2002 enthält insoweit eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne von § 38 SGB X, wenn es dort heißt, die Feststellung bleibe bestehen, dass der Beigeladene "bei ihrem Unternehmen seit dem 19. März 1997" eine abhängige Beschäftigung ausübe. Denn es gibt keinen Anhalt dafür, dass die Beklagte damit den Bescheid vom 10. September 2001 hinsichtlich des maßgeblichen Zeitraums irgendwie abändern wollte. Das ergibt sich schon daraus, dass der Widerspruchsbescheid den Ausgangsbescheid inhaltlich wiederholt, auf den Vertrag mit dem Beigeladenen vom 16. August 1988 Bezug nimmt und das Datum "19. März 1997" auch keinerlei Bezug zum streitigen Sachverhalt hat. Auch die Klägerin hat dies, wie ihr schriftsätzliches Vorbringen zeigt, nicht anders verstanden.

Die Beklagte war auf der Grundlage von § 7a Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) befugt, in Bezug auf den Beigeladenen rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Juni 1988 das Vorliegen einer abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV festzustellen. Das Verfahren nach § 7a SGB IV ist nicht auf Fälle noch laufender Beschäftigungen beschränkt, sondern kann auch bei bereits abgeschlossenen Beschäftigungen zur Anwendung kommen (Baier in Krauskopf, Kommentar zum SGB IV, § 7a Rdnr. 3). Die abweichende Annahme des Bayerischen LSG (Urteil vom 7. Dezember 2004, L 5 KR 163/03), dass ein Recht auf Statusfeststellung erst für die Zeit ab dem Inkrafttreten von § 7a SGB IV (am 1. Januar 1999) bestehen könne, findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und übersieht, dass es sich bei dem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV lediglich um die Einführung eines besonderen Verwaltungsverfahrens zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Beschäftigten handelt. Dieses tritt, wie der Wortlaut von § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV deutlich macht, neben die bisher schon bestehenden Verfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht nach § 28h SGB IV (durch die Einzugsstellen) bzw. nach § 28p SGB IV (durch die Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen). Für eine einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs gibt es schon deshalb keinen Grund, weil im Vergleich zu den Verfahren nach § 28h und § 28p SGB IV das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV für den betroffenen Arbeitgeber materiell günstigere Regelungen enthält. Denn gemäß § 7a Abs. 6 S. 2 SGB IV wird bei Entscheidungen im Rahmen des Anfrageverfahrens der Gesamtsozialversicherungsbeitrag erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist. Zudem haben Widerspruch und Klage gegen eine Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliege, aufschiebende Wirkung (Abs. 7 S. 1). Schließlich wäre es widersinnig, die Feststellungsbefugnis hinsichtlich des Bestehens einer Beschäftigung nach § 7a SGB IV auf die Zeit ab dem 1. Januar 1999 zu beschränken und damit in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Beschäftigung, deren Statusüberprüfung begehrt wird, schon vor dem 1. Januar 1999 bestanden hat, eine gespaltene Prüfung desselben Lebenssachverhalts in verschiedenen Verwaltungsverfahren zu erzwingen.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, denn der Beigeladene hat seit dem 1. Juni 1988 in einer abhängigen Beschäftigung als Arbeitnehmer gestanden. Das hat das Sozialgericht ausführlich und unter Hinweis auf die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt auf diese Ausführungen zunächst Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und weist lediglich ergänzend auf Folgendes hin:

Wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 22. Juni 2005 (B 12 KR 28/03 R) dargelegt hat, sind Transportfahrer jedenfalls dann abhängig beschäftigt, wenn ihre Weisungsgebundenheit über das Maß an Weisungsunterworfenheit hinausgeht, dem Frachtführer in Bezug auf die anvertraute Ware sowohl von Seiten des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes nach § 418 HGB unterliegen. Eine derartige gesteigerte Weisungsunterworfenheit lag bei dem Beigeladenen nach den Gesamtumständen aber vor, denn eine Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und eine frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit hatte dieser, wie das Sozialgericht schlüssig dargelegt hat, nicht. Die Berufung zeigt insoweit keine neuen Aspekte auf, sondern wiederholt im Wesentlichen nur das bisherige Vorbringen. Entgegen der Behauptung der Klägerin stand es dem Beigeladenen nicht frei, wann er zur Arbeit erschien; tatsächlich stand dafür nur die von der Klägerin vorgegebene Ladezeit zur Verfügung, deren Nichteinhaltung bedeutete, dass der Beigeladene für diesen Tag kein Geld bekam. Das allein begründet allerdings noch keine abhängige Beschäftigung, denn auch die Klägerin war davon abhängig, dass das Frachtgut früh verladen wurde. Entscheidend ist vielmehr, dass auch der weitere Tagesablauf des Beigeladenen durch die Klägerin weitestgehend vorstrukturiert war. Der Beigeladene war vertraglich verpflichtet, von Montag bis Freitag für die Klägerin zu arbeiten. Er bekam morgens durch die Klägerin Frachtaufträge zugeteilt, deren Zahl so bemessen war, dass deren Abarbeitung den ganzen (Arbeits-)Tag in Anspruch nahm; nach den unbestrittenen und glaubhaften Angaben des Beigeladenen hat er jeden Tag zwischen 5:30 und 6:00 Uhr die Arbeit aufgenommen und erst zwischen 17:00 und 17:30 Uhr beendet, wobei er in dieser Zeit ca. 50 Fuhraufträge für die Klägerin erledigte. Dabei war entgegen der Darstellung der Klägerin nicht nur der Anfangs-, sondern auch der Endpunkt der Route durch die Betriebsorganisation der Spedition vorgegeben, denn der Beigeladene war nicht nur verpflichtet, Ware auszuliefern, sondern hatte auch bei Kunden Ware abzuholen und diese im Umschlaglager abzuliefern, was bei einer effektiven Routenplanung nur zum Ende der Tagestour Sinn machte; denn anderenfalls wären doppelte Wege unvermeidlich gewesen. Durch den Zeitpunkt der Rückkehr konnte die Klägerin damit aber auch erkennen, ob der Beigeladene mit den übertragenen Transportaufträgen ausgelastet war. Frei war der Beigeladene deshalb nur hinsichtlich seiner konkreten Routenplanung, und auch dass nur, soweit ihm durch die Klägerin nicht für einzelne Kunden konkrete Lieferzeiten vorgegeben waren. Einen Vergütungsanspruch hatte der Beigeladene nur, wenn er diese Aufträge vollständig abgearbeitet hatte. Eine Erfolgsbezogenheit seiner Vergütung gab es nicht, sondern er erhielt ein gleich bleibendes Tageshonorar, welches lediglich im Lauf der Jahre gelegentlich angepasst wurde. Hierbei handelte es sich dann aber, wie die von dem Beigeladenen im Verwaltungsverfahren vorgelegten Schreiben u.a. aus Juli 1991 und Dezember 1993 zeigen, nicht um Einzelabreden zwischen der Spedition und dem Beigeladenen, sondern um einseitig durch die Spedition festgelegte und für alle Subunternehmer geltende Vergütungssätze, denen damit keine andere Bedeutung beikam wie eine allgemeine Lohnerhöhung für eine bestimmte Gruppe von Beschäftigten. Bis Februar 1998 machte der Beigeladene auch gar keine eigenen Abrechnungen, sondern dies erledigte die Klägerin für ihn. In der Gesamtbetrachtung hat der Beigeladene also in arbeitnehmertypischer Weise dafür, dass er ganztags arbeitete, einen festen Lohn in Form der Tagespauschale erhalten.

Nicht zu folgen ist dem Argument der Klägerin, die fehlende Eingliederung des Beigeladenen ergebe sich daraus, dass die Tätigkeit nicht im Betrieb der Spedition ausgeübt worden sei und sie auf die Fahrtätigkeit des Beigeladenen keinen Einfluss gehabt habe. Dies ist unerheblich, weil sich bei einer Auslieferungstätigkeit aus der Natur der Sache ergebend. Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin in allen für ihren Geschäftszweck wichtigen Fragen eine umfassende Kontrolle über den Beigeladenen ausübte, wie es das Sozialgericht zusätzlich anhand der von dem Beigeladenen zu beachtenden Vorgaben beim Inkasso dargelegt hat.

Insgesamt hat sich das Erscheinungsbild des Beigeladenen damit von einem abhängig beschäftigten Auslieferungsfahrer nicht unterschieden, außer dass der Beigeladene bei den Touren mit seinem eigenen Auto fuhr. Dieser Aspekt tritt jedoch bei der Gesamtwürdigung zurück, weil der Kläger aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Beschäftigung dadurch keine Freiheit gewann. Denn das Kraftfahrzeug des Beigeladenen war letztlich ebenfalls vollständig in die Betriebsorganisation der Klägerin und deren Zwecke eingegliedert. Der Beigeladene war verpflichtet, es in der von der Klägerin vorgegebenen Farbe zu halten und es mit dem Logo der Klägerin zu versehen. Damit war er dem Beigeladenen, worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat, nicht einmal möglich, für sein "Unternehmen" in der bei selbständigen Fuhrunternehmern üblichen Weise (durch Aufbringung eigener Schriftzüge) zu werben. Fahraufträge bei den angefahrenen Kunden der Klägerin einzuwerben war ihm vertraglich untersagt. Für eine unternehmerische Betätigung stand ihm damit nur die Zeit nach Feierabend, also nach einem bereits 10-11 stündigen Arbeitstag zur Verfügung. Das reduziert diese Möglichkeit auf eine theoretische Option, auf die es bei der Gesamtwürdigung nicht ankommt (vgl. BSG, a.a.O.). Tatsächlich hat der Beigeladene nach seiner glaubhaften Aussage in der gesamten Zeit auch ausschließlich für die Klägerin gearbeitet.

Angesichts dessen kann es dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene, wie die Klägerin vorträgt, die Möglichkeit hatte, dritte Personen als Fahrer einzusetzen. Entscheidend ist, dass nach den getroffenen Vereinbarungen im Vordergrund die persönliche Verpflichtung des Beigeladenen zur Erbringung der Arbeitsleistung stand. Denn nach Ziffer 9 des Vertrags vom 7.6./16.6.1988 sollte das Fahrzeug des Subunternehmers "möglichst von ihm selbst gefahren werden. Ist dies nach Lage der Dinge nicht möglich oder vorgesehen, so ist die Spedition davon zu unterrichten und sein Fahrzeug mit einem geschulten und zuverlässigen Fahrer zu besetzen, der für den Subunternehmer die volle Verantwortung und Haftung zu tragen hat". Grundlage der Vertragsbeziehung war damit (im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses), dass der Beigeladene die Dienstleistung selbst erbrachte. Die vertraglich formulierten zahlreichen Voraussetzungen für eine Vertretung des Subunternehmers durch andere Fahrer dürften faktisch auch dazu geführt haben, dass eine solche Vertretung nicht ohne vorherige Zustimmung der Klägerin erfolgte. Tatsächlich ist im Fall des Beigeladenen ein Einsatz anderer Personen nicht erfolgt, denn der Beigeladene hat, wie dies von Anfang an vorgesehen war, von seiner Fahrtätigkeit für die Klägerin gelebt. Wie er bei seiner Befragung durch das Sozialgericht angegeben hat, musste er, wenn er selbst ausfiel, auch nie für eine Ersatzkraft sorgen, sondern die Klägerin hat die Vertretung organisiert. All dies zeigt, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen durch die persönliche Leistungspflicht des Beigeladenen geprägt war.

Aspekte, welche für eine selbständige Tätigkeit sprechen könnten, treten dahinter deutlich zurück. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beigeladene nach dem "Subunternehmervertrag" keinen Urlaubsanspruch und keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hatte. Das zeigt allenfalls, dass die Beteiligten bei Vertragsschluss von einer selbständigen Tätigkeit ausgingen, weshalb der Vertrag übliche Arbeitnehmerrechte nicht vorsah. Maßgebend ist jedoch nicht die subjektive Vorstellung der Beteiligten, sondern das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen (BSG, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Denn das Verfahren ist im August 2002 und damit bereits unter der Geltung des am 2. Januar 2002 in Kraft getretenen § 197a SGG anhängig geworden, welcher die grundsätzliche Kostenpflichtigkeit des sozialgerichtlichen Verfahrens bei Streitigkeiten der vorliegenden Art normiert. Der Senat konnte insoweit auch die unrichtige Kostenentscheidung des Sozialgerichts korrigieren, obwohl nur die Klägerin Berufung eingelegt hat. Denn über die Kosten des Verfahrens hat das Gericht einheitlich und von Amts wegen zu entscheiden. Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelklägers erstreckt sich nur auf den der Disposition der Parteien unterliegenden Streitgegenstand, der durch das Rechtsmittel in die höhere Instanz gelangt ist, nicht aber auf solche im angefochtenen Urteil enthaltene Entscheidungen, die der Disposition der Beteiligten entzogen und daher ohne Rücksicht auf den Willen der Beteiligten von Amts wegen zu treffen sind, wie dies für die Kostenentscheidung gilt (BSGE 62, 131, 136 m.w.N.). Als unterliegende Partei hat die Klägerin danach die Kosten des Verfahrens zu tragen. Von einer Kostenentscheidung zugunsten des Beigeladenen hat der Senat abgesehen, da dieser keinen eigenen Antrag gestellt und sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG in der seit dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung, da die Berufung nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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