L 5 V 838/75

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 838/75
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Vorschriften des § 30 Abs. 1 S. und 3 BVG finden mangels eines ausdrücklichen gesetzlichen Vorbehaltens auch auf laufende Verfahren Anwendung.
2. Der Begriff der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Versorgungsrechtes kann nicht mit den der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung gleichgesetzt werden.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juni 1975 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1950 geborene Kläger leistete vom 5. Januar 1970 bis 30. Juni 1971 Dienst bei der Bundeswehr. Er erkrankte am 2. November 1970 und ist am 13. November 1970 wegen Verdachtes eines bronchopneumonischen Infiltrates in das Bundeswehrkrankenhaus G. verlegt worden. Von dort erfolgte am 19. November 1970 die Weiterverlegung in die Heilstätte S., da sich nach Ansicht der Ärzte der Verdacht einer infiltrativen Tuberkulose (Lappenrandinfiltrat) bestätigt habe. Dort ist der Kläger bis zum 5. Februar 1971 stationär behandelt worden. Die ambulante Weiterbehandlung erfolgte durch Dr. A.

Der Kläger beantragte am 28. Juni 1971 beim Versorgungsamt D. die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wegen einer Tuberkuloseerkrankung. Er sei deshalb bis 30. August 1971 arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Unter Auswertung der WDB-Akte beim Wehrbereichsgebührnisamt V. in S. vertrat der Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. Z. in dem Gutachten vom 10. Mai 1972 die Ansicht, daß als Schädigungsfolge lediglich ein geringer Narbenrest nach früherer Lungenentzündung bestehe. Für die Zeit der Erkrankung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit ein tuberkulöser Infekt auszuschließen. Es habe sich lediglich um eine Bronchopneumonie gehandelt, die sich gut zurückgebildet habe. Die Lungenentzündung während der Bundeswehrzeit stehe im ursächlichen Zusammenhang mit den ungünstigen Einflüssen des Wehrdienstes. Vom Zeitpunkt der Erkrankung bis zur Entlassung aus der Heilstätte sei der Kläger zweifellos erwerbsunfähig gewesen. Nach dem Zeitpunkt seiner Entlassung dürfte wohl kaum ein rentenberechtigender Grad der MdB vorgelegen haben. Für den geringfügigen Narbenrest der früheren Lungenentzündung sei höchstens eine MdE von 10 v.H. anzunehmen.

Der hiernach erteilte Bescheid vom 4. Juli 1972 erkannte als Wehrdienstbeschädigung i.S. des § 31 SVG "Geringer Narbenrest nach früherer Lungenentzündung” ohne Hinderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 25 v.H. an.

Zur Begründung des Widerspruchs legte der Kläger ein Schreiben des Facharztes für Lungenheilkunde Dr. A. vor. Nach der ärztlichen Stellungnahme des Dr. M. stellte der Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 1973 fest, daß die Begutachtung durch Dr. Z. zutreffend und nicht zu beanstanden sei. Eine Tuberkulose müsse aufgrund der Testung ausgeschlossen werden. Denn die Tuberkulin-Reaktionen im November 1970 und am 11. Januar 1971 seien negativ verlaufen. Bei Vorliegen einer Tuberkulose hätte zumindest die Reaktion vom 11. Januar 1971 positiv ausfallen müssen.

In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger mit dem ärztlichen Befundbericht des Dr. A. vom 19. April 1973 vorgetragen, möglicherweise habe es sich um eine atypische Tuberkulose gehandelt. Selbst wenn man nicht davon ausgehen könnte, sei er doch wegen der während der Wehrdienstzeit abgelaufenen Erkrankung in den Monaten Juli und August 1971 arbeitsunfähig gewesen. Für diese Monate käme eine Rentenzahlung in Frage.

Dazu hat der Beklagte ausgeführt, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade bestünde für die anerkannten Schädigungsfolgen nicht. Eine Lungentuberkulose habe zu keiner Zeit vorgelegen.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben und hat von dem Facharzt für innere Medizin Dr. R. das Gutachten vom 7. März 1974 eingeholt. Er hat darin die Meinung vertreten, für eine durchgemachte Tuberkulose sei weder klinisch noch röntgenologisch oder seuchenhygienisch und immunologisch irgend ein Anhaltspunkt gegeben. Es seien auch keine etwa vernarbten Reste einer Lungenentzündung faßbar. Diese habe sich vollständig ohne Hinterlassung von Residuen zurückgebildet. Eine Hinderung der Erwerbsfähigkeit bestehe nicht. Ein Therapieschaden liege nicht vor.

Das Sozialgericht holte weiterhin von dem Facharzt für Bronchial- und Lungenheilkunde Dr. A. den Befundbericht vom 28. Januar 1975 ein.

Der Kläger hat aufgrund des Gutachtens des Dr. R. unter Hinweis auf das Schreiben des Arbeitsamtes D. vorgetragen, er sei im Juli und August 1971 wegen der anerkannten Schädigungsfolge krankgeschrieben gewesen und habe keinen Arbeitsverdienst gehabt. Deshalb stehe ihm eine Entschädigung für diese Monate zu.

Dazu hat der Beklagte ausgeführt, die vorübergehende Gesundheitsstörung könnte nicht berücksichtigt werden. Als vorübergehend gelte ein Zeitraum von 6 Monaten. Selbst wenn man unterstellen würde, daß der Kläger in den streitigen zwei Monaten arbeitsunfähig gewesen sein sollte, würde das zu keiner anderen Beurteilung führen. Eine kurzfristige Arbeitsunfähigkeit sei nicht einer Erwerbsunfähigkeit nach dem BVG gleichzusetzen.

Mit Urteil vom 26. Juni 1975 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 4. Juli 1972 und des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1973 verurteilt, dem Kläger für die Monate Juli und August 1971 eine Versorgungsrente nach einem Grad der MdE von 100 v.H. zu zahlen. Es hat die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, für den fraglichen Zeitraum habe allein wegen der Schädigungsfolgen Arbeitsunfähigkeit bestanden. Der Kläger gelte damit i.S. des § 31 Abs. 1 BVG als erwerbsunfähig. Der Grad der MdE sei nicht von einem Dauerzustand abhängig. Daß dieser lediglich für zwei Monate wegen der Arbeitsunfähigkeit 100 v.H. betragen habe, spiele dabei keine Rolle. Denn erst durch das 3. Gesetz über die Anpassung der Leistung des BVG vom 16. Dezember 1971 sei § 30 Abs. 1 BVG geändert worden. Erst danach seien vorübergehende Gesundheitsstörungen unter 6 Monaten nicht zu berücksichtigen. Von einer Kodifizierung des bereits bestehenden Zustandes könne man ebensowenig ausgehen wie von einer im Gesetz unausgesprochenen Auffassung des Gesetzgebers, wenn die Gesetzesänderung eine bestehende einhellige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts korrigiere. Der Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 1975 (Az.: L-4/V-605/74) sei nicht beizutreten.

Gegen das dem Beklagten am 11. August 1975 zugestellte Urteil hat er am 9. September 1975 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er führt zur Begründung aus, die Frage, ob der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig geschrieben oder gewesen sei, sei im Grunde genommen offengeblieben. Da weder eine Lungentuberkulose als Schädigungsfolge anerkannt gewesen sei noch eine solche objektiv beim Kläger bestanden habe, habe mit Sicherheit deshalb niemals eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit für die Monate Juli und August 1971 ausgehen wolle, seien die Ausführungen des Sozialgerichts hinsichtlich der festgesetzten MdE um 100 v.H. nicht zu halten. Denn die Begriffe Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Kriegsopferversorgung und Arbeitsunfähigkeit im Krankenversicherungsrecht seien nicht gleichbedeutend. Das habe das Hessische Landessozialgericht mit überzeugenden Gründen dargelegt. Dem Bundessozialgericht, das eine andere Auffassung vertreten habe, sei dagegen nicht zu folgen. Denn der Beschädigte sei nicht dann erwerbsunfähig, wenn er wegen der Schädigungsfolgen arbeitsunfähig sei. Die Gleichsetzung beider Begriffe stünde nicht im Einklang mit den Zielen der Kriegsopferversorgung. Im übrigen seien vorübergehende Gesundheitsstörungen unter 6 Monate nicht zu berücksichtigen. Es handele sich dabei um eine schon von der gesetzlichen Fixierung zuvor im Gesetz unausgesprochenen Auffassung des Gesetzgebers, die zur Auslegung heranzuziehen sei.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juni 1975 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, auf die Arbeitsunfähigkeitszeit von 6 Monaten komme es deshalb nicht an, weil diese bereits vor der Entlassung aus der Bundeswehr gegeben gewesen sei und nach der Entlassung fortbestanden habe. Somit habe er bis zur Aufnahme seiner Tätigkeit einen Anspruch auf Beschädigtenrente nach einem Grad der MdB um 100 v.H.

Die Versorgungsakte mit der Archiv-Nr. und die WDB-Akte des Wehrbereichsgebührnisamtes V. S. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die durch Zulassung statthafte Berufung (§ 150 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und deshalb zulässig (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sachlich hatte sie auch Erfolg.

Der Bescheid vom 4. Juli 1972, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1973 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zutreffend. Streitig ist in vorliegendem Falle lediglich die Frage, ob dem Kläger für die anerkannten Schädigungsfolgen Beschädigtenrente nach einer MdE um 100 v.H. für die Monate Juli und August 1971 zusteht, weil Arbeitsunfähigkeit i.S. der Krankenversicherung bestanden habe. Insoweit konnte das angefochtene Urteil schon deswegen nicht gehalten werden, weil es im Gegensatz zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers § 30 Abs. 1 BVG nicht richtig angewendet hat. Mit der am 1. Januar 1972 (3. AnpG-KOV v. 18.12.1971 – BGBl. I, 1985) in Kraft getretenen Erweiterung der Vorschrift des § 30 Abs. 1 BVG durch die Sätze 3 und 4 bezweckte der Gesetzgeber eine Klarstellung im Sinne der früheren VV Nr. 1, wonach die Dauer einer weniger als 7 Monate anhaltenden Gesundheitsstörung nicht genügt, um eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zu begründen. Er wollte, um eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten, die frühere VV Nr. 1 insoweit zum Gesetz erheben, das muß selbstverständlich auch für laufende Verfahren gelten. Denn das 3. AnpG-KOV enthält keinen Vorbehalt, daß die Änderung oder Erweiterung für laufende Verfahren nicht zur Anwendung kommen soll. Im Gegenteil folgt aus der amtlichen Begründung (Drucksache VI/2649) zur Neufassung der klare Wille des Gesetzgebers, eine teilweise unklare Rechtsprechung zu korrigieren. Über diesen eindeutigen Willen können sich die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht hinwegsetzen, weshalb schon aus diesem Grunde der Entscheidung des Sozialgerichts nicht gefolgt werden konnte (vgl. insoweit Wilke/Wunderlich, Komm. z. BVG § 62 Anm. 5 a E und BSG, Urteile vom 4.2.1976, Az.: 9 RV 136/75; vom 10.3.1976, Az.: 10 RV 141/75 und 18.5.1976, Az.: §RV 166/75).

Abgesehen hiervon ist im vorliegenden Rechtsstreit allein die Zeit vom 1. Juli bis 31. August 1971 streitig. Für diesen Zeitraum hat nach den überzeugenden Gutachten der Dres. Z. und R. eine MdE durch Schädigungsfolgen in rentenberechtigendem Grad mit Sicherheit nicht vorgelegen. Selbst wenn Arbeitsunfähigkeit bestanden haben sollte, was Dr. A. gemeint hat, steht dem Kläger kein Anspruch auf Beschädigtenrente nach einer MdE um 100 v.H. zu. Denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann Arbeitsunfähigkeit i.S. der Krankenversicherung nicht ohne weiteres mit Erwerbsunfähigkeit i.S. des Versorgungsrechts gleichgesetzt werden. Der Beschädigte ist nämlich während der Zeit, in der er wegen der Schädigungsfolgen arbeitsunfähig i.S. der Krankenversicherung ist, nicht zwangsläufig auch erwerbsunfähig i.S. der Kriegsopferversorgung, d.h. um mehr als 90 v.H. erwerbsgemindert. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundessozialgericht im Urteil vom 10. Februar 1972 (Az.: 8 RV 557/71), auf die das Sozialgericht seine Entscheidung gestützt hat, haben die für die Kriegsopfersachen zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (Az.: 9 RV 136/75, 9 RV 166/75 und 10 RV 141/75 inzwischen aufgegeben. Sie sind richtigerweise davon ausgegangen, daß die Begriffe der Erwerbs- und der Arbeitsunfähigkeit in dem hier zu erörternden Sinn nicht deckungsgleich sind. Bei ihnen werden unterschiedliche Bedürfnisse berücksichtigt. Die maßgebenden Tätigkeitsfelder, auf die sich die Leistungseinbußen beziehen, sind verschiedenartig. Dem steht nicht entgegen, daß sowohl die Arbeitsunfähigkeit wie auch die MdE bis zur Erwerbsunfähigkeit reichen kann und auch die Arbeitsunfähigkeit eine Leistungseinbuße in bezug auf die Erwerbsunfähigkeit voraussetzt. Arbeitsunfähig ist jedoch nur derjenige, der seine zuletzt verrichtete Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete gar nicht mehr oder nur mit einer Verschlimmerungsgefahr ausüben kann (BSG 26, 288 ff.). Dagegen wird die MdE nach der Beeinträchtigung der Arbeits- und Entfaltungsmöglichkeit im Erwerbsleben überhaupt bemessen, zudem in summarisch-pauschalierender Bewertung. Hinzu kommt weiterhin, daß der Grad der MdE kraft herkömmlicher Betrachtungsweise sowohl durch das Ausmaß der Schädigung in der körperlichen und geistigen Unversehrtheit als auch nach einem durch die Schädigungsfolge verursachten Mehraufwand bestimmt wird. Weiterhin hat das BSG dafür hervorgehoben, daß die Begriffe der Erwerbsunfähigkeit und der Arbeitsunfähigkeit nicht deckungsgleich sind, so daß es sich dabei um unterschiedliche Rechtsfolgen handelt, was auf die verschiedenartigen Anspruchsvoraussetzungen zurückwirkt. Denn die Beschädigtenrente und dementsprechend die MdE, ihr Bemessungsmaßstab, sind nicht von einem konkreten Verdienstausfall abhängig und werden durch gegenwärtige Arbeitseinkünfte nicht geschmälert. Dagegen wird das wegen Arbeitsunfähigkeit zu zahlende Krankengeld nach dem entgangenen Arbeitsentgelt (§ 182 Abs. 4 ff. RVO) bemessen. Die Abgrenzung der Erwerbsunfähigkeit i.S. der Rentenversicherung (§ 12477 Abs. 2 RVO) von der Arbeitsunfähigkeit i.S. der Krankenversicherung unter dem speziell sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkt des § 580 Abs. 1 RVO paßt in keiner Weise nach Ansicht des Bundesozialgerichts zu dem Unterschied zwischen Erwerbsunfähigkeit i.S. des § 31 Abs. 3 BVG und der Arbeitsunfähigkeit. Das könnte nämlich dazu führen, daß relativ leichte, aber zur Arbeitsunfähigkeit führende Körperschäden oder Krankheiten eine übermäßig hohe MdE hervorrufen würden. Eine solche Bewertung hat der Gesetzgeber aber zu keiner Zeit beabsichtigt, wie er dadurch klargestellt hat, daß die frühere Verhaltungsvorschrift Nr. 1 bezüglich dieser Frage zum Gesetz erhoben worden ist.

Der hier skizzierten höchstrichterlichen Rechtsprechung schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Auch er versteht die Vorschrift des § 30 Abs. 1 BVG so, wie sie immer gemeint war. Damit läßt sich das angefochtene Urteil des Sozialgerichts nicht aufrecht erhalten. Der Bescheid vom 5. Juli 1972 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1973 ist rechtlich unbedenklich und sachgerecht. Das hat besonders das Gutachten des Facharztes für innere Medizin Dr. R. vom 7. März 1974 augenscheinlich gemacht, der aufgrund der Befunde zutreffend dargestellt hat, daß es sich bei dem Kläger nur um eine unspezifische, wahrscheinlich irreal bedingte Pneumonie im rechten Oberlappen der Lunge gehandelt habe. Sie habe sich später vollständig resorbiert. Für eine durchgemachte Tuberkulose hat der medizinische Sachverständige Dr. R. weder klinisch, röntgenologisch, seuchenhygienisch noch immunologisch irgend einen Anhaltspunkt gefunden. Das gilt gleichfalls für vernarbte Reste einer Lungenentzündung, die nicht faßbar waren. Sie hat sich vollständig ohne Hinterlassung von Residuen zurückgebildet. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 1. Juli 1971 bestand nach dem Gutachten des Facharztes für Lungenkrankheiten Dr. Z. lediglich von 10 v.H. für den geringen Narbenrest nach früherer Lungenentzündung. Da somit nach §§ 30, 31 BVG kein rentenberechtigender Gradsatz der MdE durch die anerkannte Schädigungsfolge erreicht wird, steht dem Kläger keine Beschädigtenrente zu.

Nach alledem war das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt auf die Berufung des Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG kam nach Lage des Falles nicht in Betracht.
Rechtskraft
Aus
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