Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 12 V 286/72
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 836/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Arzneimittelverbrauch infolge Schädigungsfolgen und Röntgenstrahlen scheiden als Ursache eines Krebses im Bereich der Leber aus, wenn dieser außerhalb dieses Organs seinen Sitz hat und die Leber lediglich von Metastasen befallen ist.
2. Eine Kannleistung kommt nur in Betracht, wenn der Ort der Krebsentstehung im Bereich einer chronischen Entzündung als Folge einer Schädigung liegt.
2. Eine Kannleistung kommt nur in Betracht, wenn der Ort der Krebsentstehung im Bereich einer chronischen Entzündung als Folge einer Schädigung liegt.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 6. August 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1915 geborene Ehemann der Klägerin ist 1970 verstorben. Er war 1939 als Soldat auf einer Dienstfahrt mit dem Motorrad verunglückt. Er bezog nach dem Umanerkennungsbescheid des Beklagten vom 18. September 1951 eine Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. für "Zustand nach Hirn- und Rückenmarksverletzung mit Folgeerscheinungen, Unterschenkelfraktur rechts”. Mit Bescheid vom 18. März 1964 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung nach § 62 BVG ab, weil sich die Schädigungsfolgen nicht wesentlich geändert hätten. Insbesondere sei der leichte Diabetes keine Schädigungsfolge und der Beschädigte nicht hilflos. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch wurde mit Bescheid vom 3. Juli 1964 nicht abgeholfen. Dabei wurde u.a. ein Augenschaden rechts, Hypertonie, Leberleiden und Nierenschaden sowie latenter Diabetes und Zwerchfellhochstand mit Herzbeschwerden als Schädigungsfolge abgelehnt. Dieser Bescheid wurde bindend.
Am 20. Juni 1970 ist der Ehemann der Klägerin verstorben, und zwar nach einem Attest des Kreiskrankenhauses M. infolge eines multiplen metastasierenden Malignoms bei unbekanntem Primärtumor. Im Juli 1970 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Der Beklagte zog das Krankenblatt des Krankenhauses M. über die Behandlung des Ehemannes vom 17. bis 20. Juni 1970 sowie die auf Grund einer Sektion vom 22. Juni 1970 erstellte pathologisch-anatomische Diagnose des Prof. Dr. Z. bei, wonach der Ehemann an ausgedehnten meatstasierendem Carcinom bei unbekanntem Primärtumor verstorben ist. Metastasen bestanden an zahlreichen Organen. Der Sitz des Primärtumors sei nicht zu eruieren gewesen; dabei seien drei Carcinomarten möglich. Nach einer hierauf von Dr. G. abgegebenen versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15. April 1971 ist der Tod keine Schädigungsfolge. Er sei infolge Krebs mit ausgedehnten Metastasen und somit infolge eigenständiger Erkrankung eingetreten. Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG entfalle schon infolge des großen Zeitabstandes zwischen Kriegsdienst und Erkrankungsbeginn. Nach einer weiteren Stellungnahme des Dr. G. vom 20. Dezember 1971 ist der Tod allein auf das Krebsleiden zurückzuführen und nicht durch die Schädigungsfolgen vorverlegt worden. Daher lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1971 die Gewährung von Witwenrente ab, weil der Tod nicht infolge der anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten sei. Bezüglich einer Witwenbeihilfe nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BVG werde gesondert entschieden. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin vor allem geltend, daß der bei ihrem Ehemann festgestellte Leberschaden durch übermäßigen schädigungsbedingten Medikamentenverbrauch entstanden und dadurch eine Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr eingetreten sei. Mit Ergänzungsbescheid vom 21. Dezember 1971 nach § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wurden ferner Kannleistungen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG abgelehnt, da diese Vorschrift schon wegen des großen Zeitabstandes zwischen Kriegsdienst und Auftreten des Todesleidens nicht erfüllt sei und auch exogene Ursachenfaktoren fehlten. Außerdem sei das tödliche Krebsleiden eigenständig und habe auch zu keinerlei Lebensverkürzung geführt. Mit einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10. April 1972 bezeichnete Frau Dr. S. als völlig unwahrscheinlich, daß der Tod Schädigungsfolge sei. Eine Kannversorgung sei nicht zu gewähren, weil keine Anhaltspunkte für schädigungsbedingte chronische Entzündungen in den Körperteilen vorhanden seien, die nach dem Sektionsergebnis als Sitz des Primärtumors in Frage kämen und wozu im übrigen nicht die Orte der anerkannten Schädigungsfolgen gehörten. Ähnlich äußerte sich auch Dr. H. in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26. Juni 1972, mit welcher er vor allem eine schädigungsbedingte Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr verneinte und ausführte, der Todeszeitpunkt sei allein durch das ungewöhnlich rasch fortschreitende schädigungsunabhängige Krebsleiden voll erklärbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 1972 half der Beklagte hierauf dem Widerspruch unter Bezugnahme auf die Vorschriften des § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVG nicht ab.
Mit ihrer hierauf erhobenen, auf Gewährung von Witwenrente ab 1. Juli 1970 – hilfsweise als Kannversorgung – gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, der bei ihrem Ehemann vorhanden gewesene Leberschaden sei auch durch häufige schädigungsbedingte Röntgenaufnahmen verursacht worden. Hierauf holte das Sozialgericht ein Gutachten des Internisten Dr. H. vom 6. Juni 1973 ein, wonach die anerkannten Schädigungsfolgen den Tod nicht mitverursacht und auch das Leben nicht um mindestens ein Jahr verkürzt haben. Der Tod sei allein Folge eines völlig schädigungsunabhängigen Krebswachstums. Die nach der Sektion möglichen drei Arten von Primärtumoren stünden ohne jeden ursächlichen oder örtlichen Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen. Der Primärtumor sei auch nicht etwa von der Leber ausgegangen, sondern habe in diese Metastasen abgesiedelt. Deshalb entfalle der Zusammenhang zwischen der chronischen Hepatitis des Verstorbenen einschließlich des Arzneiverbrauchs und der Entstehung des Krebsleidens. Außerdem sei auch eine Beeinflussung des Leberleidens durch Röntgenstrahlen hier wie auch sonst unwahrscheinlich. Hierauf legte die Klägerin im Verhandlungstermin vom 6. August 1973 dem Sozialgericht Frankfurt/Main eine Stellungnahme des Dr. P. vom 2. August 1973 vor, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Mit Urteil vom gleichen Tage wies das Sozialgericht die Klage als unbegründet ab; auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 16. August 1973 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. August 1973 Berufung eingelegt. Mit ihr stützt sie sich auf das Attest des Dr. P. und regt eine weitere Begutachtung von Amts wegen an, wobei sie Prof. Dr. B. als Sachverständigen vorschlägt. Einen Antrag nach § 109 SGG könne sie nicht stellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 6. August 1973 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14. September 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1972 zur Gewährung von Hinterbliebenenrente zu verurteilen,
hilfsweise,
den Ergänzungsbescheid vom 21. Dezember 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1972 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Versorgungsakten sowie der beigezogenen Akten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) betreffend den Ehemann der Klägerin, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist beizupflichten. Der Klägerin kann Hinterbliebenenversorgung nach ihrem verstorbenen Ehemann nicht gewährt werden.
Die Klägerin hat zunächst keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Witwenrente nach § 38 BVG, weil es nicht im Sinne von § 1, Abs. 3 Satz 1 BVG ausreichend wahrscheinlich ist, daß ihr Ehemann an den anerkannten oder an sonstigen Schädigungsfolgen verstorben ist. Dies ergibt sich eindeutig und überzeugend aus sämtlichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstatteten Gutachten bzw. gutachtlichen Stellungnahmen, nicht zuletzt auch aus dem von dem Sozialgericht eingeholten Fachgutachten des Internisten Dr. H. Danach ist der Tod 1970 infolge raschen schicksalhaften Fortschreitens einer ausgedehnten Krebserkrankung eingetreten, welcher es an jeglichem zeitlichen, örtlichen und vor allem ursächlichen Zusammenhang mit dem schon 1939 entstandenen und als Schädigungsfolge anerkannten Folgezustand nach Hirn- und Rückenmarksverletzung sowie Unterschenkelbruch rechts fehlt. Hiervon ist das Krebsleiden ganz unabhängig aufgetreten. Insbesondere lagen die nach dem Sektionsergebnis möglichen drei Krebsarten gegebenenfalls nicht im Bereich der anerkannten Schädigungsfolgen. Aus alledem ergibt sich zugleich, daß auch eine schädigungsbedingte Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr unwahrscheinlich ist, weil das Ableben zum Todeszeitpunkt allein durch die rasch fortschreitende schädigungsunabhängige Krebserkrankung voll erklärbar ist.
Der Klägerin kann aber auch Kannversorgung nach §§ 1, Abs. 3 Satz 2, 38 BVG nicht gewährt werden. Hierfür fehlt es unter Berücksichtigung obiger Ausführungen zunächst schon an jeder zeitlichen Verbindung zwischen der schon 1939 eingetretenen Schädigung und dem erst Jahrzehnte später aufgetretenen Krebsleiden. Daneben fehlen aber auch ausreichende exogene krebserzeugende Faktoren (vgl. Verwaltungsvorschriften Nr. 9 zu § 1 BVG). Dies hat der Sachverständige Dr. H. sowohl bezüglich der angeschuldigten Belastung mit Röntgenstrahlen sowie auch eines übermäßigen Arzneiverbrauchs überzeugend ausgeführt, zumal der Primärtumor entgegen der Auffassung der Klägerin Metastasen in der Leber angesiedelt hat und nicht etwa umgekehrt dort entstanden ist. Angesichts dieses Sachverhalts und des jedenfalls außerhalb des Bereichs der Schädigungsfolgen liegenden, aber im einzelnen unbekannten Sitzes des Primärtumors erscheint auch dem Senat die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nicht sinnvoll. Hierzu war er auch nicht durch die von der Klägerin dem Sozialgericht vorgelegte Stellungnahme des Dr. P. veranlaßt, die sich selbst lediglich als nur "skizzenhaft” bezeichnet, somit nicht abschließend ist und auf die von dem Sachverständigen und Internisten Dr. H. angeschnittenen Kernpunkte der streitigen Zusammenhangsfrage überhaupt nicht eingeht, sondern nur in deren äußerstem Randbereich offensichtlich lediglich ganz vage Möglichkeiten eines Zusammenhangs erörtert. Im übrigen lag dem Senat das als Heft 2 der Schriftenreihe des Bundesversorgungsblattes erschienene Grundsatzgutachten von Prof. Dr. B. über Härteausgleich bei Krebsleiden vor, dessen Voraussetzungen einer Versorgung hier gleichfalls nicht erfüllt sind, zumal bereits der Sitz des Primärtumors unbekannt blieb.
Nach alledem war die unbegründete Berufung wie geschehen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1915 geborene Ehemann der Klägerin ist 1970 verstorben. Er war 1939 als Soldat auf einer Dienstfahrt mit dem Motorrad verunglückt. Er bezog nach dem Umanerkennungsbescheid des Beklagten vom 18. September 1951 eine Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. für "Zustand nach Hirn- und Rückenmarksverletzung mit Folgeerscheinungen, Unterschenkelfraktur rechts”. Mit Bescheid vom 18. März 1964 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung nach § 62 BVG ab, weil sich die Schädigungsfolgen nicht wesentlich geändert hätten. Insbesondere sei der leichte Diabetes keine Schädigungsfolge und der Beschädigte nicht hilflos. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch wurde mit Bescheid vom 3. Juli 1964 nicht abgeholfen. Dabei wurde u.a. ein Augenschaden rechts, Hypertonie, Leberleiden und Nierenschaden sowie latenter Diabetes und Zwerchfellhochstand mit Herzbeschwerden als Schädigungsfolge abgelehnt. Dieser Bescheid wurde bindend.
Am 20. Juni 1970 ist der Ehemann der Klägerin verstorben, und zwar nach einem Attest des Kreiskrankenhauses M. infolge eines multiplen metastasierenden Malignoms bei unbekanntem Primärtumor. Im Juli 1970 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Der Beklagte zog das Krankenblatt des Krankenhauses M. über die Behandlung des Ehemannes vom 17. bis 20. Juni 1970 sowie die auf Grund einer Sektion vom 22. Juni 1970 erstellte pathologisch-anatomische Diagnose des Prof. Dr. Z. bei, wonach der Ehemann an ausgedehnten meatstasierendem Carcinom bei unbekanntem Primärtumor verstorben ist. Metastasen bestanden an zahlreichen Organen. Der Sitz des Primärtumors sei nicht zu eruieren gewesen; dabei seien drei Carcinomarten möglich. Nach einer hierauf von Dr. G. abgegebenen versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15. April 1971 ist der Tod keine Schädigungsfolge. Er sei infolge Krebs mit ausgedehnten Metastasen und somit infolge eigenständiger Erkrankung eingetreten. Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG entfalle schon infolge des großen Zeitabstandes zwischen Kriegsdienst und Erkrankungsbeginn. Nach einer weiteren Stellungnahme des Dr. G. vom 20. Dezember 1971 ist der Tod allein auf das Krebsleiden zurückzuführen und nicht durch die Schädigungsfolgen vorverlegt worden. Daher lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1971 die Gewährung von Witwenrente ab, weil der Tod nicht infolge der anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten sei. Bezüglich einer Witwenbeihilfe nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BVG werde gesondert entschieden. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin vor allem geltend, daß der bei ihrem Ehemann festgestellte Leberschaden durch übermäßigen schädigungsbedingten Medikamentenverbrauch entstanden und dadurch eine Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr eingetreten sei. Mit Ergänzungsbescheid vom 21. Dezember 1971 nach § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wurden ferner Kannleistungen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG abgelehnt, da diese Vorschrift schon wegen des großen Zeitabstandes zwischen Kriegsdienst und Auftreten des Todesleidens nicht erfüllt sei und auch exogene Ursachenfaktoren fehlten. Außerdem sei das tödliche Krebsleiden eigenständig und habe auch zu keinerlei Lebensverkürzung geführt. Mit einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10. April 1972 bezeichnete Frau Dr. S. als völlig unwahrscheinlich, daß der Tod Schädigungsfolge sei. Eine Kannversorgung sei nicht zu gewähren, weil keine Anhaltspunkte für schädigungsbedingte chronische Entzündungen in den Körperteilen vorhanden seien, die nach dem Sektionsergebnis als Sitz des Primärtumors in Frage kämen und wozu im übrigen nicht die Orte der anerkannten Schädigungsfolgen gehörten. Ähnlich äußerte sich auch Dr. H. in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26. Juni 1972, mit welcher er vor allem eine schädigungsbedingte Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr verneinte und ausführte, der Todeszeitpunkt sei allein durch das ungewöhnlich rasch fortschreitende schädigungsunabhängige Krebsleiden voll erklärbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 1972 half der Beklagte hierauf dem Widerspruch unter Bezugnahme auf die Vorschriften des § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVG nicht ab.
Mit ihrer hierauf erhobenen, auf Gewährung von Witwenrente ab 1. Juli 1970 – hilfsweise als Kannversorgung – gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, der bei ihrem Ehemann vorhanden gewesene Leberschaden sei auch durch häufige schädigungsbedingte Röntgenaufnahmen verursacht worden. Hierauf holte das Sozialgericht ein Gutachten des Internisten Dr. H. vom 6. Juni 1973 ein, wonach die anerkannten Schädigungsfolgen den Tod nicht mitverursacht und auch das Leben nicht um mindestens ein Jahr verkürzt haben. Der Tod sei allein Folge eines völlig schädigungsunabhängigen Krebswachstums. Die nach der Sektion möglichen drei Arten von Primärtumoren stünden ohne jeden ursächlichen oder örtlichen Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen. Der Primärtumor sei auch nicht etwa von der Leber ausgegangen, sondern habe in diese Metastasen abgesiedelt. Deshalb entfalle der Zusammenhang zwischen der chronischen Hepatitis des Verstorbenen einschließlich des Arzneiverbrauchs und der Entstehung des Krebsleidens. Außerdem sei auch eine Beeinflussung des Leberleidens durch Röntgenstrahlen hier wie auch sonst unwahrscheinlich. Hierauf legte die Klägerin im Verhandlungstermin vom 6. August 1973 dem Sozialgericht Frankfurt/Main eine Stellungnahme des Dr. P. vom 2. August 1973 vor, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Mit Urteil vom gleichen Tage wies das Sozialgericht die Klage als unbegründet ab; auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 16. August 1973 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. August 1973 Berufung eingelegt. Mit ihr stützt sie sich auf das Attest des Dr. P. und regt eine weitere Begutachtung von Amts wegen an, wobei sie Prof. Dr. B. als Sachverständigen vorschlägt. Einen Antrag nach § 109 SGG könne sie nicht stellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 6. August 1973 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14. September 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1972 zur Gewährung von Hinterbliebenenrente zu verurteilen,
hilfsweise,
den Ergänzungsbescheid vom 21. Dezember 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1972 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Versorgungsakten sowie der beigezogenen Akten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) betreffend den Ehemann der Klägerin, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist beizupflichten. Der Klägerin kann Hinterbliebenenversorgung nach ihrem verstorbenen Ehemann nicht gewährt werden.
Die Klägerin hat zunächst keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Witwenrente nach § 38 BVG, weil es nicht im Sinne von § 1, Abs. 3 Satz 1 BVG ausreichend wahrscheinlich ist, daß ihr Ehemann an den anerkannten oder an sonstigen Schädigungsfolgen verstorben ist. Dies ergibt sich eindeutig und überzeugend aus sämtlichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstatteten Gutachten bzw. gutachtlichen Stellungnahmen, nicht zuletzt auch aus dem von dem Sozialgericht eingeholten Fachgutachten des Internisten Dr. H. Danach ist der Tod 1970 infolge raschen schicksalhaften Fortschreitens einer ausgedehnten Krebserkrankung eingetreten, welcher es an jeglichem zeitlichen, örtlichen und vor allem ursächlichen Zusammenhang mit dem schon 1939 entstandenen und als Schädigungsfolge anerkannten Folgezustand nach Hirn- und Rückenmarksverletzung sowie Unterschenkelbruch rechts fehlt. Hiervon ist das Krebsleiden ganz unabhängig aufgetreten. Insbesondere lagen die nach dem Sektionsergebnis möglichen drei Krebsarten gegebenenfalls nicht im Bereich der anerkannten Schädigungsfolgen. Aus alledem ergibt sich zugleich, daß auch eine schädigungsbedingte Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr unwahrscheinlich ist, weil das Ableben zum Todeszeitpunkt allein durch die rasch fortschreitende schädigungsunabhängige Krebserkrankung voll erklärbar ist.
Der Klägerin kann aber auch Kannversorgung nach §§ 1, Abs. 3 Satz 2, 38 BVG nicht gewährt werden. Hierfür fehlt es unter Berücksichtigung obiger Ausführungen zunächst schon an jeder zeitlichen Verbindung zwischen der schon 1939 eingetretenen Schädigung und dem erst Jahrzehnte später aufgetretenen Krebsleiden. Daneben fehlen aber auch ausreichende exogene krebserzeugende Faktoren (vgl. Verwaltungsvorschriften Nr. 9 zu § 1 BVG). Dies hat der Sachverständige Dr. H. sowohl bezüglich der angeschuldigten Belastung mit Röntgenstrahlen sowie auch eines übermäßigen Arzneiverbrauchs überzeugend ausgeführt, zumal der Primärtumor entgegen der Auffassung der Klägerin Metastasen in der Leber angesiedelt hat und nicht etwa umgekehrt dort entstanden ist. Angesichts dieses Sachverhalts und des jedenfalls außerhalb des Bereichs der Schädigungsfolgen liegenden, aber im einzelnen unbekannten Sitzes des Primärtumors erscheint auch dem Senat die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nicht sinnvoll. Hierzu war er auch nicht durch die von der Klägerin dem Sozialgericht vorgelegte Stellungnahme des Dr. P. veranlaßt, die sich selbst lediglich als nur "skizzenhaft” bezeichnet, somit nicht abschließend ist und auf die von dem Sachverständigen und Internisten Dr. H. angeschnittenen Kernpunkte der streitigen Zusammenhangsfrage überhaupt nicht eingeht, sondern nur in deren äußerstem Randbereich offensichtlich lediglich ganz vage Möglichkeiten eines Zusammenhangs erörtert. Im übrigen lag dem Senat das als Heft 2 der Schriftenreihe des Bundesversorgungsblattes erschienene Grundsatzgutachten von Prof. Dr. B. über Härteausgleich bei Krebsleiden vor, dessen Voraussetzungen einer Versorgung hier gleichfalls nicht erfüllt sind, zumal bereits der Sitz des Primärtumors unbekannt blieb.
Nach alledem war die unbegründete Berufung wie geschehen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved