Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 78/75
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 989/76
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Bauherr eines Familienheimes hat der Bau-BG keine Beiträge zu entrichten, wenn während der Bauzeit die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO vorlagen, auch dann nicht, wenn er das Haus innerhalb von 5 Jahren nach Fertigstellung an einen Familienfremden verkauft.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Oktober 1976 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte fordert von dem Kläger Zahlung von Beiträgen für nichterwerbsmäßige Bauarbeiten.
Der Kläger – von Beruf Kriminalbeamter – errichtete in der Zeit vom 22. März bis Dezember 1971 mit Hilfe von Ehefrau, Vater und Schwiegervater ein Haus in H. (O.), das er gemeinsam mit seiner Familie (Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern) ab November 1971 bewohnte. Im Dezember 1972 wurde er von W. zum Bundeskriminalamt nach W. abgeordnet und im März 1973 dorthin versetzt. Nach Scheidung seiner Ehe im Februar 1973 verkaufte er das Haus nach vorübergehender Vermietung an die Eheleute H ...
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1972 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 540,40 DM für die Zeit von März bis Dezember 1971 auf.
Gegen den formlos abgesandten Bescheid erhob der Kläger am 22. Januar 1973 Widerspruch.
Auf Antrage teilte das Kreisbauamt des Landkreises F. in J. der Beklagten mit Schreiben vom 14. September 1973 mit, eine Anerkennung als steuerbegünstigte Wohnung sei bisher nicht erfolgt. Aufgrund der genehmigten Baupläne könne jedoch davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Nach dem vom Kläger vorgelegten Anerkennungsbescheid der gleichen Dienststelle vom 21. Juni 1974 wurde das Einfamilienhaus zugunsten der Eheleute H. als steuerbegünstigte Wohnung nach den §§ 82 und 83 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes i.d.F. vom 1. August 1961 (II. WohBauG, BGBl. I 1121) anerkannt und darin als frühere Miteigentümer die Eheleute J. aufgeführt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 1975 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da dieser nicht fristgerecht erhoben und unbegründet sei. Die Voraussetzungen der Beitragsfreiheit träfen auf das Bauvorhaben nicht zu, da es sich nicht mehr um ein Familienheim i.S. des II. WohBauG handele. Seine Eigenschaft als solches habe es verloren, weil es für die Dauer nicht entsprechend genutzt und auch nicht an einen Angehörigen verkauft sei.
Gegen den mit Einschreiben am 20. Juni 1975 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 16. Juli 1975 bei dem Sozialgericht Wiesbaden (SG) Klage erhoben. Dieses hat durch Urteil vom 8. Oktober 1976 den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 1972 aufgehoben. Der Widerspruch sei fristgerecht erhoben. Die Bauarbeiten seien gem. § 539 Abs. 1 Nr. 15 Reichsversicherungsordnung (BVG) beitragsfrei gewesen. Zuständig für die Versicherung sei nach § 657 Abs. 1 Nr. 8 RVO der zuständige Gemeinde-Unfallversicherungsverband und nicht die Beklagte. Objektiv zwingende Gründe für den Verkauf beseitigten rückwirkend weder die Eigenschaft als Familienheim noch die Steuerbegünstigung.
Gegen das ihr durch Empfangsbekenntnis am 9. November 1976 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. November 1976 Berufung eingelegt. Zwar erfülle das von dem Beklagten erstellte Bauvorhaben die Voraussetzungen des steuerbegünstigten Wohnungsbaues, habe aber die ursprüngliche Eigenschaft als Familienheim nach Verkauf des Hauses verloren, da es nicht mehr dazu bestimmt sei, dem Eigentümer und seiner Familie oder einem Angehörigen und dessen Familie als Heim zu dienen (vgl. § 7 Abs. 1 des II. WohBauG). Von einer vorübergehenden Fremdbenutzung könne dann nicht mehr gesprochen werden, wenn das Einfamilienhaus verkauft werde. Entfalle somit der Charakter als Familienheim gem. § 7 Abs. 1 a.a.O., so könne der Kläger auch nicht für die an dem Bauobjekt beschäftigten Hilfskräfte Beitragsfreiheit aufgrund des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO beanspruchen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Oktober 1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere auf die Verfügung des Senats vom 23. August 1977 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Recht aufgehoben; diese sind rechtswidrig.
Zunächst ist zu prüfen, ob der Kläger den Widerspruch gegen den angefochtenen Beitragsbescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1972 rechtzeitig eingelegt hat, da es sich hierbei um eine Voraussetzung für die Begründetheit der Klage handelt (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Komm. z. Sozialgerichtsbarkeit, Anm. 1 zu § 84). Dieser Bescheid wurde dem Kläger nicht ordnungsgemäß zugestellt (§ 63 Abs. 1, 2 SGG), so daß nicht mehr festgestellt werden kann, wann er ihm zugegangen ist, und wann die Klagefrist in Lauf gesetzt wurde, so daß eine Fristversäumnis nicht festgestellt werden kann.
Der Kläger war in dem Zeitraum von März bis Dezember 1971, für welchen die Beklagte von ihm Beiträge fordert, dieser nicht als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten beitragspflichtig. Zuständiger Versicherungsträger für die von ihm verrichteten Bauarbeiten war vielmehr der zuständige Gemeinde-Unfallversicherungsverband gemäß § 657 Abs. 1 Nr. 8 RVO, da es sich um einen Anwendungsfall des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO handelt.
Zu Unrecht heißt es in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18. Juni 1975: "Nach § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO sind Personen beitragsfrei versichert, die bei dem Bau eines Familienheimes im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind, wenn durch das Bauvorhaben öffentlich geförderte oder steuerbegünstigte Wohnungen geschaffen werden.” Vielmehr lautet diese Bestimmung am Ende: " geschaffen werden sollen”. Nach dem Wortlaut und Sinn dieser Bestimmung kommt es somit für den Unfallversicherungsschutz allein darauf an, daß das Bauvorhaben im Unfallzeitpunkt nachweislich den Voraussetzungen für die spätere Anerkennung einer Wohnung als steuerbegünstigt entsprochen hat (so auch die Urteile das BSG vom 27.6.1968 – 2 RU 294/67 – und vom 25.8.1971 – 2 RU 73/68). Wenn daher im vorliegenden Fall während der gesamten Bauzeit diese Voraussetzungen bestanden, waren die im Rahmen der Selbsthilfe dabei tätigen Personen bei dem zuständigen Gemeinde-Unfallversicherungsverband beitragsfrei versichert und die Beklagte daher nicht berechtigt, vom Kläger Beiträge zu verlangen.
Die Beklagte vermochte auch auf schriftlichen Vorhalt nicht in Abrede stellen, daß während der gesamten Bauzeit die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorlagen und meint nur, der Kläger sei nachträglich beitragspflichtig geworden, weil das von ihm gebaute Haus durch den späteren Verkauf an einen Familienfremden seine Eigenschaft als Familienheim verloren habe. Das ist unzutreffend. Ob die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO vorliegen, kann nur nach den Verhältnissen zur Zeit der Bauarbeiten beurteilt werden. Liegen dabei die Voraussetzungen für eine öffentlich geförderte und steuerbegünstigte Wohnung vor, so besteht Versicherungsfreiheit und ist die Zuständigkeit eines Gemeinde-Unfallversicherungsverbandes für den Unfallversicherungsschutz gem. § 657 Abs. 1 Nr. 8 RVO begründet. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es hierfür nicht darauf an, daß das Familienheim vom Bauherrn auch "auf Dauer” (mindestens 5 Jahre) seiner Bestimmung entsprechend genutzt wird (§ 7 Abs. 2 a.a.O.). Das ist nur von Bedeutung für die nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergünstigungen, nicht aber für die Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung, die nur nach den Verhältnissen während der Dauer der Bauarbeiten zu beurteilen ist. Die Ansicht der Beklagten würde im übrigen zu dem auch unpraktikablen Ergebnis führen, daß u.U. erst nach 5 Jahren entschieden werden kann, bei welchem Versicherungsträger eine bei Bauarbeiten verletzte Person gegen Unfall versichert war und ob eine Beitragspflicht des Bauherrn vorlag.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG; die über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 SGG.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte fordert von dem Kläger Zahlung von Beiträgen für nichterwerbsmäßige Bauarbeiten.
Der Kläger – von Beruf Kriminalbeamter – errichtete in der Zeit vom 22. März bis Dezember 1971 mit Hilfe von Ehefrau, Vater und Schwiegervater ein Haus in H. (O.), das er gemeinsam mit seiner Familie (Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern) ab November 1971 bewohnte. Im Dezember 1972 wurde er von W. zum Bundeskriminalamt nach W. abgeordnet und im März 1973 dorthin versetzt. Nach Scheidung seiner Ehe im Februar 1973 verkaufte er das Haus nach vorübergehender Vermietung an die Eheleute H ...
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1972 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 540,40 DM für die Zeit von März bis Dezember 1971 auf.
Gegen den formlos abgesandten Bescheid erhob der Kläger am 22. Januar 1973 Widerspruch.
Auf Antrage teilte das Kreisbauamt des Landkreises F. in J. der Beklagten mit Schreiben vom 14. September 1973 mit, eine Anerkennung als steuerbegünstigte Wohnung sei bisher nicht erfolgt. Aufgrund der genehmigten Baupläne könne jedoch davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Nach dem vom Kläger vorgelegten Anerkennungsbescheid der gleichen Dienststelle vom 21. Juni 1974 wurde das Einfamilienhaus zugunsten der Eheleute H. als steuerbegünstigte Wohnung nach den §§ 82 und 83 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes i.d.F. vom 1. August 1961 (II. WohBauG, BGBl. I 1121) anerkannt und darin als frühere Miteigentümer die Eheleute J. aufgeführt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 1975 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da dieser nicht fristgerecht erhoben und unbegründet sei. Die Voraussetzungen der Beitragsfreiheit träfen auf das Bauvorhaben nicht zu, da es sich nicht mehr um ein Familienheim i.S. des II. WohBauG handele. Seine Eigenschaft als solches habe es verloren, weil es für die Dauer nicht entsprechend genutzt und auch nicht an einen Angehörigen verkauft sei.
Gegen den mit Einschreiben am 20. Juni 1975 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 16. Juli 1975 bei dem Sozialgericht Wiesbaden (SG) Klage erhoben. Dieses hat durch Urteil vom 8. Oktober 1976 den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 1972 aufgehoben. Der Widerspruch sei fristgerecht erhoben. Die Bauarbeiten seien gem. § 539 Abs. 1 Nr. 15 Reichsversicherungsordnung (BVG) beitragsfrei gewesen. Zuständig für die Versicherung sei nach § 657 Abs. 1 Nr. 8 RVO der zuständige Gemeinde-Unfallversicherungsverband und nicht die Beklagte. Objektiv zwingende Gründe für den Verkauf beseitigten rückwirkend weder die Eigenschaft als Familienheim noch die Steuerbegünstigung.
Gegen das ihr durch Empfangsbekenntnis am 9. November 1976 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. November 1976 Berufung eingelegt. Zwar erfülle das von dem Beklagten erstellte Bauvorhaben die Voraussetzungen des steuerbegünstigten Wohnungsbaues, habe aber die ursprüngliche Eigenschaft als Familienheim nach Verkauf des Hauses verloren, da es nicht mehr dazu bestimmt sei, dem Eigentümer und seiner Familie oder einem Angehörigen und dessen Familie als Heim zu dienen (vgl. § 7 Abs. 1 des II. WohBauG). Von einer vorübergehenden Fremdbenutzung könne dann nicht mehr gesprochen werden, wenn das Einfamilienhaus verkauft werde. Entfalle somit der Charakter als Familienheim gem. § 7 Abs. 1 a.a.O., so könne der Kläger auch nicht für die an dem Bauobjekt beschäftigten Hilfskräfte Beitragsfreiheit aufgrund des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO beanspruchen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Oktober 1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere auf die Verfügung des Senats vom 23. August 1977 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Recht aufgehoben; diese sind rechtswidrig.
Zunächst ist zu prüfen, ob der Kläger den Widerspruch gegen den angefochtenen Beitragsbescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1972 rechtzeitig eingelegt hat, da es sich hierbei um eine Voraussetzung für die Begründetheit der Klage handelt (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Komm. z. Sozialgerichtsbarkeit, Anm. 1 zu § 84). Dieser Bescheid wurde dem Kläger nicht ordnungsgemäß zugestellt (§ 63 Abs. 1, 2 SGG), so daß nicht mehr festgestellt werden kann, wann er ihm zugegangen ist, und wann die Klagefrist in Lauf gesetzt wurde, so daß eine Fristversäumnis nicht festgestellt werden kann.
Der Kläger war in dem Zeitraum von März bis Dezember 1971, für welchen die Beklagte von ihm Beiträge fordert, dieser nicht als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten beitragspflichtig. Zuständiger Versicherungsträger für die von ihm verrichteten Bauarbeiten war vielmehr der zuständige Gemeinde-Unfallversicherungsverband gemäß § 657 Abs. 1 Nr. 8 RVO, da es sich um einen Anwendungsfall des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO handelt.
Zu Unrecht heißt es in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18. Juni 1975: "Nach § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO sind Personen beitragsfrei versichert, die bei dem Bau eines Familienheimes im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind, wenn durch das Bauvorhaben öffentlich geförderte oder steuerbegünstigte Wohnungen geschaffen werden.” Vielmehr lautet diese Bestimmung am Ende: " geschaffen werden sollen”. Nach dem Wortlaut und Sinn dieser Bestimmung kommt es somit für den Unfallversicherungsschutz allein darauf an, daß das Bauvorhaben im Unfallzeitpunkt nachweislich den Voraussetzungen für die spätere Anerkennung einer Wohnung als steuerbegünstigt entsprochen hat (so auch die Urteile das BSG vom 27.6.1968 – 2 RU 294/67 – und vom 25.8.1971 – 2 RU 73/68). Wenn daher im vorliegenden Fall während der gesamten Bauzeit diese Voraussetzungen bestanden, waren die im Rahmen der Selbsthilfe dabei tätigen Personen bei dem zuständigen Gemeinde-Unfallversicherungsverband beitragsfrei versichert und die Beklagte daher nicht berechtigt, vom Kläger Beiträge zu verlangen.
Die Beklagte vermochte auch auf schriftlichen Vorhalt nicht in Abrede stellen, daß während der gesamten Bauzeit die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorlagen und meint nur, der Kläger sei nachträglich beitragspflichtig geworden, weil das von ihm gebaute Haus durch den späteren Verkauf an einen Familienfremden seine Eigenschaft als Familienheim verloren habe. Das ist unzutreffend. Ob die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO vorliegen, kann nur nach den Verhältnissen zur Zeit der Bauarbeiten beurteilt werden. Liegen dabei die Voraussetzungen für eine öffentlich geförderte und steuerbegünstigte Wohnung vor, so besteht Versicherungsfreiheit und ist die Zuständigkeit eines Gemeinde-Unfallversicherungsverbandes für den Unfallversicherungsschutz gem. § 657 Abs. 1 Nr. 8 RVO begründet. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es hierfür nicht darauf an, daß das Familienheim vom Bauherrn auch "auf Dauer” (mindestens 5 Jahre) seiner Bestimmung entsprechend genutzt wird (§ 7 Abs. 2 a.a.O.). Das ist nur von Bedeutung für die nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergünstigungen, nicht aber für die Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung, die nur nach den Verhältnissen während der Dauer der Bauarbeiten zu beurteilen ist. Die Ansicht der Beklagten würde im übrigen zu dem auch unpraktikablen Ergebnis führen, daß u.U. erst nach 5 Jahren entschieden werden kann, bei welchem Versicherungsträger eine bei Bauarbeiten verletzte Person gegen Unfall versichert war und ob eine Beitragspflicht des Bauherrn vorlag.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG; die über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 SGG.
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