Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 313/80
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 288/82
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Weicht der Versicherte vom an sich unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg ab, um einen Prozeßbevollmächtigten zwecks Beratung und Vollmachterteilung wegen eines um die Entschädigung eines Arbeitsunfalles geführten Rechtsstreites aufzusuchen, so wird hierdurch, der Versicherungsschutz unterbrochen.
2. Die Führung eines Rechtsstreites gegen einen Unfallversicherungsträger ist der privaten, unversicherten Sphäre des Verletzten zuzurechnen.
3. Der Versicherungsschutz bleibt auch dann nicht erhalten, wenn der Arbeitgeber des Versicherten die Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten angeraten hatte.
2. Die Führung eines Rechtsstreites gegen einen Unfallversicherungsträger ist der privaten, unversicherten Sphäre des Verletzten zuzurechnen.
3. Der Versicherungsschutz bleibt auch dann nicht erhalten, wenn der Arbeitgeber des Versicherten die Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten angeraten hatte.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 1982 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung der Folgen eines Verkehrsunfalles des Klägers am 19. Mai 1980.
Der im Jahre 1922 geborene Kläger ist für die D. S.-G eG (DSGB) als Reisender im Außendienst tätig. Am 6. Februar 1978 hatte er in diesem Unternehmen einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall erlitten, der jedoch wegen der Höhe der Entschädigung zu einem Rechtsstreit zwischen den Beteiligten führte; er war bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) unter dem Aktenzeichen S 4/U – 29/79 anhängig. In diesem Rechtsstreit wurde der Kläger auch von seinem hier mit der Sache betrauten Rechtsanwalt P. vertreten. Unter dem 22. Mai 1980 zeigte die DSGB an, daß der Kläger vom Parkplatz der Bürgermeisterei in F. zu Fuß kommend beim Überqueren der B.straße von einem anderen Kraftfahrzeug angefahren und auf den Bürgersteig geschleudert worden sei. Nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. B. (Kreiskrankenhaus B. H.) vom 23. Juni 1980 kam es dabei zu einem offenen komplizierten Unterschenkelbruch links. Die DSGB gab im Verwaltungsverfahren dazu an, daß der Kläger in XP. und im Odenwald habe Kunden aufsuchen wollen und von seiner Ehefrau zwecks Einkaufs begleitet gewesen sei. Dazu äußerte der Kläger, daß er seinen Pkw auf dem Parkplatz bei der Bürgermeisterei in F. nur deshalb abgestellt habe, weil er das Büro seines Prozeßbevollmächtigten in der H.straße/B.straße in F. habe aufsuchen wollen, um eine Prozeßvollmacht für den wegen des Arbeitsunfalls vom 6. Februar 1978 bei dem SG anhängigen Rechtsstreit zu erteilen. Nachdem dies der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 8. September 1980 bestätigt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Oktober 1980 die Gewährung der Unfallentschädigung ab. Bei dem Verkehrsunfall vom 19. Mai 1980 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da das Aufsuchen des Rechtsanwaltes P. zur Vollmachtserteilung in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem versicherten Unternehmen stehe, sondern eine private Angelegenheit darstelle. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens habe der Kläger den versicherten Weg zu einem Kunden im Odenwald aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen gehabt.
Gegen den am 8. Oktober 1980 abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem SG am 30. Oktober 1980 Klage erhoben und geltend gemacht, daß der Versicherungsschutz deshalb bestanden habe, weil er den Rechtsanwalt P. auf Anweisung der DSGB aufgesucht habe und mittelbar ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 6. Februar 1978 bestünde. Das SG hat im Wege der Rechtshilfe die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder der DSGB W. S. und B. K. als Zeugen gehört. Diese haben vor dem ersuchten Sozialgericht Köln am 29. Oktober 1981 ausgesagt, daß der Hinweis des Zeugen S. im Jahre 1978, der Kläger möge einen Rechtsanwalt beauftragen, nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entsprungen sei. Die Nichtbefolgung dieses Hinweises würde keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich gezogen haben. Der Zeuge K. hat die Auffassung vertreten, daß es sich um einen Rat oder um eine Empfehlung gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen 1 and 2 zur Sitzungsniederschrift des SG Köln vom 29. Oktober 1981 (S 18 AR 6/81) verwiesen. Nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13. Januar 1982 erklärt hatte, daß nicht nur die Erteilung der Vollmacht am Unfalltag, sondern auch eine Besprechung, für die eine Stunde angesetzt gewesen sei, beabsichtigt gewesen sei, hat das SG am gleichen Tage die Klage aus den Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen (Urteil vom 13. Januar 1982).
Gegen dieses ihm am 18. Februar 1982 zugestellte Urteil hat der Kläger schriftlich bei dem Hessischen Landessozialgericht (HLSG) am 17. März 1982 Berufung eingelegt. Er. wiederholt zu deren Begründung sein bisheriges Vorbringen und beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 1982 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 1980 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 19. Mai 1980 die gesetzliche Unfallentschädigung zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unfall- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und daher insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 145, 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufgehoben werden, da das SG diese zu Recht abgewiesen hat. Der angefochtene Bescheid vom 7. Oktober 1980 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung der Unfallentschädigung aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 19. Mai 1980, da es sich bei diesem nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat (§§ 539 Absatz 1, 548, 550, 555 der Reichsversicherungsordnung – RVO –).
Zunächst sieht es der Senat als erwiesen an, daß der Kläger am 19. Mai 1980 von seinem Wohnort F., Ortsteil B., im Auftrage seines Arbeitgebers, der DSGB, mit dem Pkw losgefahren war, um Kunden in XP. und im Odenwald als Außendienstmitarbeiter (Reisender) zu besuchen. Dies ergeben die wiederholten Auskünfte der DSGB im Verwaltungs- und Streitverfahren. Hierüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit. Der Senat sieht es auf Grund der örtlichen Verkehrsbedingungen als glaubhaft an, daß der Kläger üblicherweise den Weg von B. über F. nach B. H. nahm, um von dort aus über die Autobahn (Autobahnkreuz B. H.) nach Süden zu fahren. Auch dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Ferner ergibt sich aufgrund des eigenen Vorbringens des Klägers sowie seines Prozeßbevollmächtigten im Verwaltungs- und Streitverfahren, daß der Kläger am 19. Mai 1980 nicht die Fahrt in den Odenwald fortsetzte, als er F. erreichte, sondern den Pkw am Parkplatz der Bürgermeisterei in der B.straße abstellte. Er beabsichtigte nach Überqueren der B.straße die Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten in der H.straße/Ecke B.straße aufzusuchen, um diesem eine Prozeßvollmacht für das anhängige Streitverfahren mit der Beklagten bei dem SG zum Aktenzeichen S 4/U 29/79 zu erteilen und mit ihm das prozessuale Vorgehen zu erörtern. Hierfür war eine Stunde Besprechungszeit vereinbart. Vor Erreichen der Kanzlei, nämlich beim Überqueren der B.straße, wurde der Kläger von einem anderen Pkw erfaßt und auf den Bürgersteig geschleudert. Dabei zog er sich eine Unterschenkelfraktur links zu. Auch dieser Sachverhalt ist unter den Beteiligten nicht umstritten. Er ergibt sich aus der förmlichen Unfallanzeige der Beklagten sowie dem Durchgangsarztbericht des Dr. B. und den Ermittlungen der Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main ( ).
Aufgrund dieses erwiesenen Sachverhalts haben sowohl die Beklagte als auch das SG zutreffend keinen Unfallversicherungsschutz angenommen. Der Kläger befand sich, als er verunglückte, weder auf einem versicherten Betriebsweg noch auf einem Weg zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit (§§ 548, 550 RVO). Zwar war er, als er den Weg von seiner Wohnung in B. antrat und die fernere Absicht verfolgte, für das versicherte Unternehmen in seiner Tätigkeit als Reisender Kunden in XP. und im Odenwald aufzusuchen, im betrieblichen Interesse unterwegs. Aber spätestens mit dem Abstellen des Pkw am Parkplatz der Bürgermeisterei von F. war der Versicherungsschutz unterbrochen. Das Aufsuchen eines Rechtsanwaltes, der mit der Verfolgung von Ansprüchen und der Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren wegen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsanfalles beauftragt war und mit dem unter gleichzeitiger Erteilung der Prozeßvollmacht die Sache erörtert werden sollte, ist dem privaten und damit dem unversicherten Bereich zuzurechnen. Es handelt sich auch nicht um einen mittelbaren Zusammenhang mit dem versicherten Arbeitsunfall vom 6. Februar 1978 dergestalt, daß dieser Weg versicherungsrechtlich diesem Arbeitsunfall noch zugerechnet werden könnte (vgl. Kaiser in SGb 1977 S. 520 ff. mit weiteren Nachweisen).
Der Versicherungsschutz kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejaht werden, daß die Unterbrechung des versicherten Weges örtlich wie zeitlich nur geringfügig gewesen wäre und somit für den Versicherungsschutz selbst unschädlich ist. Wie das BSG wiederholt entschieden hat, liegt dann kein unversicherter Abweg vor, wenn eine im Verhältnis zum Gesamtweg zeitlich und räumlich geringfügige private Verrichtung – gewissermaßen nebenher – eingeschoben wird und der räumliche Straßenbereich des Weges von oder zur Arbeitsstätte nicht verlassen wird, wobei es nicht entscheidend ist, ob die Straßenseite gewechselt oder die Fahrbahn überquert wird (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.1976 – 8 RU 2/76 – in SozR 2200 § 550 RVO Nr. 20 mit weiteren Nachweisen). Nach den oben getroffenen Feststellungen nahm der Kläger von B. üblicherweise den Weg über F. zur Bundesstraße 455, wenn er nach Süden fahren wollte. Er mußte dann über die Landstraße 3415 (K.-, F.- und H.-straße) fahren, um zur B 455 (F.-Straße) zu gelangen. Am Unfalltag war er aber von diesem üblichen Weg abgewichen und in die B.straße zum Parkplatz an der Bürgermeisterei von F. gefahren, um die Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten aufzusuchen. Er befand sich somit zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem unversicherten, von privaten Gründen geprägten Abweg, der nach seiner Planung örtlich wie zeitlich nicht mehr als unwesentlich und damit unschädlich für den Versicherungsschutz angesehen werden kann. Es war beabsichtigt, dem Prozeßbevollmächtigten nicht nur eine Prozeßvollmacht zu erteilen, sondern die Aussichten des bei dem SG anhängigen Rechtsstreites und das dazu erforderliche prozessuale Vorgehen zu erörtern, wobei eine Besprechungszeit von einer Stunde in Aussicht genommen war.
Der Kläger beruft sich auch zu Unrecht darauf, daß der Zeuge und das geschaftsführende Vorstandsmitglied S. der DSGB ihn darauf hingewiesen hatte, bei Schwierigkeiten mit der Beklagten einen Prozeßbevollmächtigten hinzuzuziehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen S. und K. vor dem ersuchten SG Köln sieht es der Senat als erwiesen an, daß es sich bei diesem Hinweis nicht um eine im betrieblichen Interesse erteilte Anweisung, sondern eher um eine Empfehlung, einen Rat oder etwas ähnliches gehandelt hat. Dies folgt daraus, daß die Nichtbefolgung dieses Hinweises keinerlei arbeitsrechtliche Konsequenzen gehabt haben würde. Das versicherte Unternehmen hatte weder in Ausfluß des Direktionsrechtes gehandelt noch irgendwelche Zusagen für die dem Kläger entstehenden Kosten gegeben. Der Zeuge und das geschäftsführende Vorstandsmitglied K. hat dazu ausdrücklich bekundet, daß er den Hinweis des Zeugen S. nicht als eine Anweisung im Sinne einer Erledigung betrieblicher Vorgänge, sondern eher als eine Empfehlung und einen Rat angesehen hat.
Das Aufsuchen eines Prozeßbevollmächtigten, der die notwendigen Informationen zur Führung des Prozesses gegen einen Unfallversicherungsträger von dem Verletzten erlangen muß, kann aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhaltes nach § 555 RVO zu Unfallversicherungsschutz führen. Der Kläger hatte aufgrund eigenen Entschlusses einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten hinzugezogen. Unfallversicherungsschutz wird aber nur durch Anordnungen Zuständiger im Einflußbereich des Trägers der Unfallversicherung begründet, dessen Grenzen entweder allgemein oder im Einzelfall von diesen selber oder durch das Gesetz bestimmt sind (vgl. HLSG, Urteil vom 24.10.1979 – L 3/U – 686/77 – in Breithaupt 1980, 750, mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 12.5.1981 – 2 RU 107/79 –). Das ist hier aber nach den oben getroffenen Feststellungen nicht der Fall.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung der Folgen eines Verkehrsunfalles des Klägers am 19. Mai 1980.
Der im Jahre 1922 geborene Kläger ist für die D. S.-G eG (DSGB) als Reisender im Außendienst tätig. Am 6. Februar 1978 hatte er in diesem Unternehmen einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall erlitten, der jedoch wegen der Höhe der Entschädigung zu einem Rechtsstreit zwischen den Beteiligten führte; er war bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) unter dem Aktenzeichen S 4/U – 29/79 anhängig. In diesem Rechtsstreit wurde der Kläger auch von seinem hier mit der Sache betrauten Rechtsanwalt P. vertreten. Unter dem 22. Mai 1980 zeigte die DSGB an, daß der Kläger vom Parkplatz der Bürgermeisterei in F. zu Fuß kommend beim Überqueren der B.straße von einem anderen Kraftfahrzeug angefahren und auf den Bürgersteig geschleudert worden sei. Nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. B. (Kreiskrankenhaus B. H.) vom 23. Juni 1980 kam es dabei zu einem offenen komplizierten Unterschenkelbruch links. Die DSGB gab im Verwaltungsverfahren dazu an, daß der Kläger in XP. und im Odenwald habe Kunden aufsuchen wollen und von seiner Ehefrau zwecks Einkaufs begleitet gewesen sei. Dazu äußerte der Kläger, daß er seinen Pkw auf dem Parkplatz bei der Bürgermeisterei in F. nur deshalb abgestellt habe, weil er das Büro seines Prozeßbevollmächtigten in der H.straße/B.straße in F. habe aufsuchen wollen, um eine Prozeßvollmacht für den wegen des Arbeitsunfalls vom 6. Februar 1978 bei dem SG anhängigen Rechtsstreit zu erteilen. Nachdem dies der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 8. September 1980 bestätigt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Oktober 1980 die Gewährung der Unfallentschädigung ab. Bei dem Verkehrsunfall vom 19. Mai 1980 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da das Aufsuchen des Rechtsanwaltes P. zur Vollmachtserteilung in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem versicherten Unternehmen stehe, sondern eine private Angelegenheit darstelle. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens habe der Kläger den versicherten Weg zu einem Kunden im Odenwald aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen gehabt.
Gegen den am 8. Oktober 1980 abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem SG am 30. Oktober 1980 Klage erhoben und geltend gemacht, daß der Versicherungsschutz deshalb bestanden habe, weil er den Rechtsanwalt P. auf Anweisung der DSGB aufgesucht habe und mittelbar ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 6. Februar 1978 bestünde. Das SG hat im Wege der Rechtshilfe die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder der DSGB W. S. und B. K. als Zeugen gehört. Diese haben vor dem ersuchten Sozialgericht Köln am 29. Oktober 1981 ausgesagt, daß der Hinweis des Zeugen S. im Jahre 1978, der Kläger möge einen Rechtsanwalt beauftragen, nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entsprungen sei. Die Nichtbefolgung dieses Hinweises würde keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich gezogen haben. Der Zeuge K. hat die Auffassung vertreten, daß es sich um einen Rat oder um eine Empfehlung gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen 1 and 2 zur Sitzungsniederschrift des SG Köln vom 29. Oktober 1981 (S 18 AR 6/81) verwiesen. Nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13. Januar 1982 erklärt hatte, daß nicht nur die Erteilung der Vollmacht am Unfalltag, sondern auch eine Besprechung, für die eine Stunde angesetzt gewesen sei, beabsichtigt gewesen sei, hat das SG am gleichen Tage die Klage aus den Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen (Urteil vom 13. Januar 1982).
Gegen dieses ihm am 18. Februar 1982 zugestellte Urteil hat der Kläger schriftlich bei dem Hessischen Landessozialgericht (HLSG) am 17. März 1982 Berufung eingelegt. Er. wiederholt zu deren Begründung sein bisheriges Vorbringen und beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 1982 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 1980 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 19. Mai 1980 die gesetzliche Unfallentschädigung zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unfall- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und daher insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 145, 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufgehoben werden, da das SG diese zu Recht abgewiesen hat. Der angefochtene Bescheid vom 7. Oktober 1980 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung der Unfallentschädigung aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 19. Mai 1980, da es sich bei diesem nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat (§§ 539 Absatz 1, 548, 550, 555 der Reichsversicherungsordnung – RVO –).
Zunächst sieht es der Senat als erwiesen an, daß der Kläger am 19. Mai 1980 von seinem Wohnort F., Ortsteil B., im Auftrage seines Arbeitgebers, der DSGB, mit dem Pkw losgefahren war, um Kunden in XP. und im Odenwald als Außendienstmitarbeiter (Reisender) zu besuchen. Dies ergeben die wiederholten Auskünfte der DSGB im Verwaltungs- und Streitverfahren. Hierüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit. Der Senat sieht es auf Grund der örtlichen Verkehrsbedingungen als glaubhaft an, daß der Kläger üblicherweise den Weg von B. über F. nach B. H. nahm, um von dort aus über die Autobahn (Autobahnkreuz B. H.) nach Süden zu fahren. Auch dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Ferner ergibt sich aufgrund des eigenen Vorbringens des Klägers sowie seines Prozeßbevollmächtigten im Verwaltungs- und Streitverfahren, daß der Kläger am 19. Mai 1980 nicht die Fahrt in den Odenwald fortsetzte, als er F. erreichte, sondern den Pkw am Parkplatz der Bürgermeisterei in der B.straße abstellte. Er beabsichtigte nach Überqueren der B.straße die Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten in der H.straße/Ecke B.straße aufzusuchen, um diesem eine Prozeßvollmacht für das anhängige Streitverfahren mit der Beklagten bei dem SG zum Aktenzeichen S 4/U 29/79 zu erteilen und mit ihm das prozessuale Vorgehen zu erörtern. Hierfür war eine Stunde Besprechungszeit vereinbart. Vor Erreichen der Kanzlei, nämlich beim Überqueren der B.straße, wurde der Kläger von einem anderen Pkw erfaßt und auf den Bürgersteig geschleudert. Dabei zog er sich eine Unterschenkelfraktur links zu. Auch dieser Sachverhalt ist unter den Beteiligten nicht umstritten. Er ergibt sich aus der förmlichen Unfallanzeige der Beklagten sowie dem Durchgangsarztbericht des Dr. B. und den Ermittlungen der Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main ( ).
Aufgrund dieses erwiesenen Sachverhalts haben sowohl die Beklagte als auch das SG zutreffend keinen Unfallversicherungsschutz angenommen. Der Kläger befand sich, als er verunglückte, weder auf einem versicherten Betriebsweg noch auf einem Weg zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit (§§ 548, 550 RVO). Zwar war er, als er den Weg von seiner Wohnung in B. antrat und die fernere Absicht verfolgte, für das versicherte Unternehmen in seiner Tätigkeit als Reisender Kunden in XP. und im Odenwald aufzusuchen, im betrieblichen Interesse unterwegs. Aber spätestens mit dem Abstellen des Pkw am Parkplatz der Bürgermeisterei von F. war der Versicherungsschutz unterbrochen. Das Aufsuchen eines Rechtsanwaltes, der mit der Verfolgung von Ansprüchen und der Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren wegen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsanfalles beauftragt war und mit dem unter gleichzeitiger Erteilung der Prozeßvollmacht die Sache erörtert werden sollte, ist dem privaten und damit dem unversicherten Bereich zuzurechnen. Es handelt sich auch nicht um einen mittelbaren Zusammenhang mit dem versicherten Arbeitsunfall vom 6. Februar 1978 dergestalt, daß dieser Weg versicherungsrechtlich diesem Arbeitsunfall noch zugerechnet werden könnte (vgl. Kaiser in SGb 1977 S. 520 ff. mit weiteren Nachweisen).
Der Versicherungsschutz kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejaht werden, daß die Unterbrechung des versicherten Weges örtlich wie zeitlich nur geringfügig gewesen wäre und somit für den Versicherungsschutz selbst unschädlich ist. Wie das BSG wiederholt entschieden hat, liegt dann kein unversicherter Abweg vor, wenn eine im Verhältnis zum Gesamtweg zeitlich und räumlich geringfügige private Verrichtung – gewissermaßen nebenher – eingeschoben wird und der räumliche Straßenbereich des Weges von oder zur Arbeitsstätte nicht verlassen wird, wobei es nicht entscheidend ist, ob die Straßenseite gewechselt oder die Fahrbahn überquert wird (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.1976 – 8 RU 2/76 – in SozR 2200 § 550 RVO Nr. 20 mit weiteren Nachweisen). Nach den oben getroffenen Feststellungen nahm der Kläger von B. üblicherweise den Weg über F. zur Bundesstraße 455, wenn er nach Süden fahren wollte. Er mußte dann über die Landstraße 3415 (K.-, F.- und H.-straße) fahren, um zur B 455 (F.-Straße) zu gelangen. Am Unfalltag war er aber von diesem üblichen Weg abgewichen und in die B.straße zum Parkplatz an der Bürgermeisterei von F. gefahren, um die Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten aufzusuchen. Er befand sich somit zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem unversicherten, von privaten Gründen geprägten Abweg, der nach seiner Planung örtlich wie zeitlich nicht mehr als unwesentlich und damit unschädlich für den Versicherungsschutz angesehen werden kann. Es war beabsichtigt, dem Prozeßbevollmächtigten nicht nur eine Prozeßvollmacht zu erteilen, sondern die Aussichten des bei dem SG anhängigen Rechtsstreites und das dazu erforderliche prozessuale Vorgehen zu erörtern, wobei eine Besprechungszeit von einer Stunde in Aussicht genommen war.
Der Kläger beruft sich auch zu Unrecht darauf, daß der Zeuge und das geschaftsführende Vorstandsmitglied S. der DSGB ihn darauf hingewiesen hatte, bei Schwierigkeiten mit der Beklagten einen Prozeßbevollmächtigten hinzuzuziehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen S. und K. vor dem ersuchten SG Köln sieht es der Senat als erwiesen an, daß es sich bei diesem Hinweis nicht um eine im betrieblichen Interesse erteilte Anweisung, sondern eher um eine Empfehlung, einen Rat oder etwas ähnliches gehandelt hat. Dies folgt daraus, daß die Nichtbefolgung dieses Hinweises keinerlei arbeitsrechtliche Konsequenzen gehabt haben würde. Das versicherte Unternehmen hatte weder in Ausfluß des Direktionsrechtes gehandelt noch irgendwelche Zusagen für die dem Kläger entstehenden Kosten gegeben. Der Zeuge und das geschäftsführende Vorstandsmitglied K. hat dazu ausdrücklich bekundet, daß er den Hinweis des Zeugen S. nicht als eine Anweisung im Sinne einer Erledigung betrieblicher Vorgänge, sondern eher als eine Empfehlung und einen Rat angesehen hat.
Das Aufsuchen eines Prozeßbevollmächtigten, der die notwendigen Informationen zur Führung des Prozesses gegen einen Unfallversicherungsträger von dem Verletzten erlangen muß, kann aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhaltes nach § 555 RVO zu Unfallversicherungsschutz führen. Der Kläger hatte aufgrund eigenen Entschlusses einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten hinzugezogen. Unfallversicherungsschutz wird aber nur durch Anordnungen Zuständiger im Einflußbereich des Trägers der Unfallversicherung begründet, dessen Grenzen entweder allgemein oder im Einzelfall von diesen selber oder durch das Gesetz bestimmt sind (vgl. HLSG, Urteil vom 24.10.1979 – L 3/U – 686/77 – in Breithaupt 1980, 750, mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 12.5.1981 – 2 RU 107/79 –). Das ist hier aber nach den oben getroffenen Feststellungen nicht der Fall.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved