L 5 V 139/72

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 139/72
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Dienst als aktiver Polizeibeamter ist kein militärischer Dienst, unter dem nur der nach deutschem Wehrrecht geleistete Dienst als Soldat oder Wehrmachtsbeamter zu verstehen ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 30. November 1971 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1908 geborene Kläger, der im slowenischen Landesteil Jugoslawien wohnhaft ist, stellte am 6. April 1966 Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Asthmas und anderer innerer Erkrankungen, die er sich als aktiver Gendarmeriewachtmeister während des Krieges zugezogen habe. Am 1. Februar 1943 ist er als damaliger Hilfspolizist eingestellt und ab 30. April 1943 in eine Hauptwachtmeisterstelle der Gruppe A 8 a der Reichsbesoldungsordnung mit Wirkung vom 1. Februar 1943 eingewiesen worden.

Das zu dem Antrag nachgereichte ärztliche Gutachten des Dr. F. vom 27. Mai 1968 vermerkte, der Kläger habe als deutscher Gendarm vom 1. September 1941 bis zur Kapitulation Dienst getan. Im Jahre 1967 sei er als Waldarbeiter wegen Bronchialasthmas und Ischias als arbeitsunfähig pensioniert worden. Seine Erwerbsunfähigkeit wegen des Bronchialasthmas betrage 25 %.

Nach Anhörung des Dr. W. führte der Bescheid vom 28. August 1970 aus, für die Anerkennung der angegebenen Leiden als Schädigungsfolgen im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes fehle es einmal am Nachweis eines schädigenden Ereignisses, denn dem Versorgungsamt lägen keine amtlichen Unterlagen vor, wonach der Kläger während der Wehrdienstzeit irgendwelche Erkrankungen durchgemacht habe oder Lazarettbehandlungen stattgefunden hätten. Das eingesandte Soldbuch enthalte dazu keinerlei Eintragungen. Zum anderen fehle es an der Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges der jetzigen Leiden mit etwaigen Wehrdiensteinflüssen. Nach versorgungsärztlicher Beurteilung handele es sich vielmehr um alters- und konstitutionsbedingte Leiden, die aufgrund des bis zum Jahre 1967 ausgeübten schweren Waldarbeiterberufes mit zunehmenden Alter immer stärker und nachhaltiger in Erscheinung getreten seien.

Der auf den Widerspruch ergangene ablehnende Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 1970 stellte noch fest, es lägen keine durch Kriegseinwirkungen verursachten Körperschäden vor, was es ausschließe, eine Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren. Es habe daher ungeprüft bleiben können, ob der geleistete Dienst als Hauptwachmeister der Gendarmerie mit Besoldung nach der damaliger Reichsbesoldungsordnung als militärischer oder militärähnlicher Dienst anzusehen sei. Einmalige Abfindungen sehe das Gesetz nicht vor.

In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Main) hat der Kläger vorgetreten, ab 1941 bis 1945 habe er Tag und Nacht bei jedem Wetter strengen Sicherheitsdienst leisten müssen. Für diese Dienstverrichtungen gebühre ihm eine Versorgung.

Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, für nicht angerechnete Kriegsjahre bei der Bemessung der Pension im Aufenthaltsland könne nach dem Bundesversorgungsgesetz kein Ersatz geleistet werden. Auch einmalige Entschädigungen sehe das Gesetz nicht vor.

Mit Urteil vom 30. November 1971 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. Dabei habe bereits nicht bejaht werden können, daß der Kläger seinerzeit militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 1, 3 BVG geleistet habe, denn er sei als Gendarm in einem Beamtenverhältnis tätig gewesen. Absehen davon sei das schädigende Ereignis während der Zeit des Polizeidienstes nicht nachgewiesen. Eine Entschädigung für die geleistete Dienstzeit oder für die Nichtberücksichtigung der Jahre des Polizeidienstes bei der Berechnung der jugoslawischen Sozialversicherung sei nach dem Bundesversorgungsgesetz nicht vorgesehen. Gegen das an der Kläger über die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland mittels eingeschriebenen Briefes gegen Rückschein am 25. Januar 1972 zugestellte Urteil ist die Berufung am 7. Februar 1972 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung er vorträgt, er sei während der Kriegsjahre in seiner Eigenschaft als Polizeibediensteter für Ruhe und Sicherheit verantwortlich gewesen, so daß ihm eine kleine Rente zukomme.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 30. November 1971 und den Bescheid vom 28. August 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 1970 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhaltung einverstanden erklärt.

Die Versorgungsakte des Klägers hat vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid vom 28. August 1970, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 1970 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen.

Der Senat konnte ebenso wie das Sozialgericht dahingestellt sein lassen, ob als Rechtsgrundlage die Vorschrift des § 64 Abs. 1 BVG im Betracht kommt. Denn die übrigen Voraussetzungen welche nach den gültigen Richtlinien, zumal sie der Senat als mit der Rechtsordnung in Einklang stehend betrachtet, vorliegen müssen, sind nicht erfüllt.

Der Kläger hat nämlich während der Jahre 1941 bis 1945 keinen militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 1 ff. BVG geleistet. Wie aus seinen eigenen Angaben und den eingereichten Unterlagen hervorgeht, war er zuerst als Hilfspolizist eingesetzt und ab 1. Februar 1943 als Hauptwachtmeister der Gendarmerie in das Beamtenverhältnis übernommen worden. Damit leistete er nicht militärischen Dienst, unter dem nur der nach deutschem Wehrrecht geleistete Dienst als Soldat oder Wehrmachtsbeamter zu verstehen ist. Dazu zählt jedoch nicht der Dienst als aktiver Polizeibeamter in Polizeieinheiten oder Polizeitruppenverbänden, auch wenn ihr Einsatz dem von Soldaten entspricht. Das verkennt der Kläger, wenn er auf seine Aufgaben während des Krieges als Gendarmeriebeamter verweist, die zum Teil in einer ähnlichen Funktion wie der eines Soldaten bestanden haben mögen. Dieser Dienst läßt sich ebenfalls nicht unter die Vorschriften des § 3 BVG subsumieren, da kein Anhalt dafür besteht, daß er diesen etwa aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht geleistet hatte. Das schließt es schon aus, dem Kläger eine Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz zu währen, wobei auch keine Entschädigung für die geleistete Dienstzeit oder für die Nichtberücksichtigung dieser Dienstjahre bei der Berechnung der jugoslawischen Sozialversicherungsrente in Frage kommen kann, da im Bundesversorgungsgesetz eine dementsprechende Anspruchsgrundlage nicht normiert ist.

Im übrigen ist auch der Senat wie das Sozialgericht der Ansicht, daß für die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen das schädigende Ereignis während der Zeit des Polizeidienstes nicht nachgewiesen ist, was es ausschließt, eine Versorgungsrente nach dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren. Für diese Annahme sind weder die vom Kläger gemachten Angaben ausreichend noch der eingereichte Befundgericht vom 27. Mai 1968, der ebenfalls nicht erkennen läßt, daß bereits während der Dienstzeit eine ernstere Erkrankung, mit Folgewirkung bestanden oder sich entwickelt hat. Wenn der Kläger erst im Jahre 1967 als Waldarbeiter wegen das Bronchialasthmas vorzeitig pensioniert worden ist, so weist diese Tatsache schon darauf hin, daß es an dem zeitlichen Zusammenhang fehlt. Das ist auch die Meinung der medizinischen Gutachter Dres. W. und S., die zutreffend die als Schädigungsfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Alters- und Konstitutionsleiden diagnostiziert haben.

Nach alledem war der Berufung der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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