L 3 B 4/84

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8 B 70/83
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 4/84
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 1983 (S-8/3/U – 364/78) wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben sich im Beschluss- und Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten einander zu erstatten.

Tatbestand:

I.

Unter den Beteiligten ist streitig, ob der Beschwerdeführer (Bf.) die Kosten eines nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachtens endgültig zu tragen hat.

Der im Jahre 1937 geborene Bf. erkrankte am 16. Dezember 1977 an einer Hepatitis. Er war zu diesem Zeitpunkt Flugbegleiter bei und hatte im Verlaufe des Jahres 1977 u.a. Flüge zu außereuropäischen Flughäfen in den USA, auf Teneriffa, Trinidad und Barbados sowie in Dubai und in Istanbul absolviert, Dazu hatte im Verwaltungsverfahren der Internist Prof. Dr. H. (F.) am 28. Februar 1978 mitgeteilt, es habe sich um eine Hepatitis vom Typ A gehandelt. Die Beschwerdegegnerin (Bg.) zu 2. lehnte mit dem Bescheid vom 24. November 1978 die Gewährung der Entschädigung ab, da keine Berufskrankheit (BK) vorliege. Im sich anschließenden Klageverfahren ermittelte das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) bei Prof. Dr. W., daß bei dem Bf. nach einer Antigen-Bestimmung eine Hepatitis vom Typ B angenommen werden müsse (vgl. Bericht vom 31. Oktober 1979). Hierauf hörte das SG Prof. Dr. M. (Zentrum des Klinikums der Universität ) von Amts wegen. In seinem Gutachten vom 1. Oktober 1980 vertrat dieser Sachverständige die Auffassung, nach Dienstplan des Bf. und Übertragungsmechanismus der Hepatitis B komme eine berufliche Infektion nicht in Betracht, Auf Antrag des Bf. holte das SG nach § 109 SGG das weitere Zusammenhangsgutachten des Prof. Dr. W. vom 18. August 1981 ein. Der Sachverständige Prof. Dr. W. gelangte in seinem Gutachten zu der Auffassung, daß bei dem Bf. eine als BK anzuerkennende Tropenkrankheit vorliege. Er stützte sich dabei auf Erkenntnisse des Tropenmediziners Prof. Dr. Mo. (H.) und ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. Oktober 1979 (Az.: 8 RU 54/75). Darauf holte das SG das Gutachten der Tropenmediziner Dres. Kr. und Sch. ( T.) vom 8. Juli 1982 ein, in dem ähnlich dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M. ebenfalls eine BK verneint worden ist. Ergänzend wiesen sie darauf hin, daß es bei dem Bf. am 28. Februar 1982 zu einer beruflich unabhängigen Neuerkrankung an Hepatitis vom Typ A gekommen sei. Mit Urteil vom 16. November 1982 wies das SG die Klage ab, da die Virus-Hepatitis vom Typ B keine BK, insbesondere keine Tropenkrankheit sei, wie das Hessische Landessozialgericht (HLSG) bereits mit Urteil vom 3. September 1980 (Az.: L 3/U – 164/78) entschieden habe. Die Beurteilung des Prof. Dr. W. stehe damit nicht in Einklang. Die am 9. Februar 1983 eingelegte Berufung nahm der Kläger am 13. Juli 1983 zurück. Gleichzeitig beantragte er die Erstattung der ihm entstandenen Kosten wegen der Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. W ... Das SG hörte dazu den Bg. zu 1. und lehnte den Antrag mit Beschluss vom 26. Oktober 1983 ab. Zur Begründung verwies es auf die Entscheidungsgründe seines rechtskräftigen Urteils vom 16. November 1982 und darauf, daß dem Gutachten des Prof. Dr. W. nicht habe gefolgt werden können, so daß es auch nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Der am 15. Dezember 1983 eingelegten Beschwerde hat es nicht abgeholfen (Beschluss vom 2. Januar 1984). Der Bf. bringt zur Begründung der Beschwerde vor: Die Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. W. nach § 109 SGG sei notwendig und auch prozeßfördernd gewesen. Das SG habe die rechtspolitisch tragende Funktion der Bestimmung des § 109 SGG verkannt. Der Unfallversicherungsträger sei im Vorteil. Er könne auf Kosten der Versichertengemeinschaft jederzeit Gutachten einholen. Aus Gründen der Waffengleichheit sei § 109 SGG geschaffen worden. Die Vorschrift fördere auch den Rechtsfrieden, da Versicherte nach der Einholung von Gutachten durch Sachverständige ihres Vertrauens Rechtsstreite beendeten. Als maßgebliche Beurteilungsgrundlage habe die konkrete Situation zur Zeit der Antragstellung zu gelten. Hier habe zunächst Unklarheit über den Erregertyp geherrscht. Auch sei die Rechtsprechung des HLSG zur Frage der Tropenkrankheit nicht bekennt gewesen. Aus dem Gutachten des Prof. Dr. M. könne nicht entnommen werden, daß auch eine körperliche Untersuchung als Grundlage gedient habe. Das SG habe nach dem Gutachten des Prof. Dr. W. einem anerkannten Hepatitis-Spezialisten, noch von Amts wegen ein Gutachten eingeholt und dadurch zu erkennen gegeben, daß der Sachverhalt noch aufklärungsbedürftig sei.

Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 1983 aufzuheben und dem Beschwerdegegner zu 1. die Kosten, die durch die Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. W. vom 18. August 1981 entstanden sind, in gesetzlichem Umfange aufzuerlegen.

Die Beschwerdegegner beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Bg. halten sich für beteiligtenfähig und vertreten die Auffassung, daß das SG zutreffend entschieden habe. Es komme nicht auf die Einschätzung der Erfolgsaussichten des Bf. zur Zeit der Antragstellung, vielmehr auf die Entscheidungsgründe des rechtskräftigen Endurteils an. Die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG gehöre zum Prozeßrisiko des Bf.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerde- und Streitakten sowie die Akten des Bg. zu 2. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

II.

Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt (§§ 172, 173 SGG). Das SG hat ihr zu Recht nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Der Bf. hat keinen Anspruch auf Übernahme der ihm entstandenen Kosten durch die Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. W., wie das SG zutreffend entschieden hat (§ 109 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG).

Zunächst ist darzulegen, daß weder die Antrags- und Beschwerdebefugnis des Bf. noch die Beteiligtenbefugnis der Bg. angezweifelt werden können. Der Bf. stellt dies nicht in Abrede. Der Senat bejaht die Beteiligtenfähigkeit aufgrund folgender Überlegungen: Hinsichtlich des Bf. als Kläger und Antragsteller ist dies ganz herrschende Meinung, so daß dies näherer Erörterung nicht bedarf (vgl. statt vieler: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 2. Aufl., Anm. 22 zu § 109 SGG). Bezüglich der Bg. ist dies in Literatur und Rechtsprechung streitig (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O.; Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Anm. 7 c zu § 109 SGG; Brennert in SGb 1975, 393 ff.; Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 15. Februar 1978 – L 9/Ko – 110/77 W – 3 – mit weiteren zahlreichen Hinweisen, u.a. auch auf HLSG, 6. Senat, Beschluss vom 4. August 1971 – L 6/B – 19/71 – in Breithaupt 1972, 440). Für diejenige Auffassung, daß die Staatskasse weder antrags- noch beschwerdebefugt sei, werden verschiedene Gründe vorgebracht. Soweit die Staatskasse beteiligtenfähig sei, handele es sich um gesetzlich geregelte Einzelfälle des Kostenrechts, also um Ausnahmen, die kein allgemeines Beschwerderecht zu begründen vermöchten. Die Auferlegung von Kosten auf die Staatskasse sei eine Folge der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens und belaste die Staatskasse nicht. Ein Beschwerderecht der Staatskasse (Justizfiskus) stelle überdies einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung dar, da es zur Kontrolle der richterlichen Tätigkeit durch die Exekutive führe (vgl. HLSG, 6. Senat, a.a.O.; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 23. Dezember 1959 – L 12/S – 84/59 – in Breithaupt 1960, 465; LSG Bremen, Beschluss vom 28. März 1961 – LBr 8/60 – in Breithaupt 1961, 770; Bayr. LSG, Beschluss vom 19. Juni 1961 – L 18/Ko – 19/60 – in Breithaupt 1961, 1069).

Dem schließt sich der erkennende Senat nicht an. Er tritt vielmehr nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage und nach eigener Meinungsbildung der gegenteiligen, aber zutreffenden Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg insoweit uneingeschränkt bei, als es sich bei der Entscheidung über die endgültige Kostentragungspflicht eines nach § 109 Abs. 1 SGG erstatteten Gutachtens um ein Verfahren außerhalb des eigentlichen Streitverfahrens handelt (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., sowie die Beschlüsse vom 10. Februar 1982 – L 10/Ko – 48/83 B – und vom 7. Oktober 1982 – L 10/Ko – 108/82 B –). Die Staatskasse (der Fiskus) erwirbt durch die Anforderung des Vorschusses vom Antragsteller gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG gegenüber diesem eine auflösend bedingte Forderung. Jede "andere Entscheidung” im Sinne von § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG letzter Teil greift unmittelbar in eine Kostenforderung und damit in ein subjektives Recht des Bg. zu 1. gegenüber dem Antragsteller und Bf. ein (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.; Brennert, a.a.O.). Wer aber durch eine Kostenentscheidung beschwert werden kann, dem muß auch die Möglichkeit der Beteiligung am Verfahren bis hin zum Recht des Gebrauchs von Rechtsmitteln eingeräumt werden. Die Grundsätze der Waffengleichheit als Ausdruck der Rechtsstaatlichkeit aus Art. 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gebieten dies. Die von dem früheren 6. Senat des HLSG (a.a.O.) vertretene Auffassung, daß ein Beschwerderecht der Staatskasse als Vertreterin des Landes Hessen einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Gewaltenteilung bedeute, überzeugt nicht. Es ist nichts Außergewöhnliches, daß der Staat, hier das Land Hessen, als Fiskus oder Leistungsträger Verfahrensbeteiligter ist mit der Folge, daß er auch Rechtsmittel gebrauchen kann. Die Bestimmungen über die Beteiligten- und Prozeßfähigkeit in den §§ 70, 71 SGG lassen dies offenbar werden. Soweit ersichtlich, ist dies niemals mit ernst zu nehmenden Gründen in Zweifel gezogen worden. Der Bg. zu 1. geht ebenfalls davon aus und verweist dazu auf die Anordnung über die Vertretung der Staatskasse im Bereich der Hessischen Sozialgerichtsbarkeit des Hessischen Sozialministers vom 4. September 1981 (I A 6 – 54 p – 6461 in Staatsanzeiger für das Land Hessen 1981, 1871). Danach sieht das Land Hessen seine Beteiligtenfähigkeit auch in den Verfahren der vorliegenden Art, wie sie vom Senat bejaht wird, als gegeben an (vgl. I Nr. 5 der Anordnung).

Ferner steht der Beteiligtenfähigkeit des Bg. zu 1. mit allen Rechten nicht entgegen, daß das Verfahren nach dem SGG für den Versicherten, den Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen grundsätzlich kostenfrei ist, Diese Kostenfreiheit besteht nicht uneingeschränkt (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.); sie gilt vielmehr "nur” insoweit, als der rechtserhebliche Sachverhalt der Aufklärung von Amts wegen bedarf (§§ 183, 103, 106 SGG). Sind die von dem Gericht vor. Amts wegen zu führenden Ermittlungen zu Lasten der Staatskasse abgeschlossen, so endet auch die Kostenfreiheit für die nach § 109 SGG antragsberechtigten natürlichen Personen und damit auch die Kostentragungspflicht der Staatskasse. Nach dieser Systematik der kostenrechtlichen Regelung des SGG im Allgemeinen und derjenigen nach § 109 Abs. 1 SGG im Besonderen kann es nicht zweifelhaft sein, daß grundsätzlich in diesem Stadium des sozialgerichtlichen Verfahrens der nach § 109 SGG Antragsberechtigte für das von ihm beantragte Gutachten, das das Gericht einzuholen hat, hinsichtlich der entstehenden Kosten eintreten muß. Auch der Umstand, daß die Staatskasse als solche nicht unter den am Verfahren Beteiligten in § 69 SGG aufgeführt ist, spricht nicht gegen die Beteiligtenfähigkeit. Die Frage, ob der nach § 109 SGG Antragsberechtigte die Kosten des auf seinen Antrag eingeholten Gutachtens teilweise oder ganz zu tragen hat, gehört nicht zum Streitgegenstand, Ihre Beantwortung hat keinen Einfluß auf den Ausgang des Rechtsstreites in der Hauptsache. Diese Entscheidung ist vielmehr außerhalb des eigentlichen Rechtsstreites in einem gesonderten Verfahren nach Abschluß des sozialgerichtlichen Verfahrens zu treffen, wobei maßgebend das rechtskräftige Endurteil ist (vgl. HLSG, Beschluss vom 12. Januar 1976 – L 3/B – 42/75 – in Breithaupt 1976, 977; Beschluss vom 24. Oktober 1977 – L 4/B – 48/77 – in RSprDienst 9000 § 109 SGG, S. 15 – F 10/79 –; LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).

Gegen die Beteiligtenfähigkeit des Bg. zu 1. spricht nicht, daß das Gericht nach § 109 SGG auch ohne Vorschuß ein Gutachten einholen kann. Insoweit handelt es sich um einen Teil eines nicht anfechtbaren Beweisbeschlusses (§ 172 Abs. 2 SGG). Dies gilt ebenso umgekehrt für den Fall, daß die Einholung des Gutachtens von der Leistung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht wird. Daraus folgt jedoch nicht, daß eine Kostenentscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG nach Abschluß des Rechtsstreites nicht anfechtbar sei. Wäre dies richtig, so stünde auch dem nach § 109 SGG berechtigten Antragsteller kein Beschwerderecht zu. Dieses ist aber, wie oben ausgeführt ist, in Literatur und Rechtsprechung unbestritten (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Die abschließende Aufzählung der nicht anfechtbaren sog. prozeßleitenden Verfügungen in § 172 Abs. 2 SGG enthält im übrigen nicht die "andere Entscheidung” nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG, so daß sie, wie jede andere gerichtliche Entscheidung, die kein Urteil ist und nicht zu den unanfechtbaren Beschlüssen und Verfügungen gehört, anfechtbar ist.

Der Senat bejaht entgegen der Auffassung des LSG Baden-Württemberg (a.a.O.) aber auch die Beteiligtenfähigkeit und damit das Beschwerderecht der Bg. zu 2. Das LSG Baden-Württemberg hat diese lapidar damit verneint, daß das Kostenverfahren nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht die Beziehungen zwischen Kläger und Beklagten betreffe und daher seine Belange nicht berührt würden. Das ist im Hinblick auf die Kosten- und Gebührenregelungen nach den §§ 184 ff. SGG unzutreffend. Nach § 184 Abs. 1 SGG haben die Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts für jede Streitsache, an der sie beteiligt sind, eine Gebühr zu entrichten. Sie entsteht, sobald die Sache rechtshängig geworden ist und ist für jeden Rechtsweg zu zahlen. Die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung festgesetzte Höhe der Gebühren (vgl. Verordnung vom 31. März 1955 i.d.F. vom 13. Mai 1968; BGBl. I S. 412) ermäßigt sich, wenn kein Gutachten eingeholt worden ist (§ 2 Abs. 1 der Verordnung). Werden die Kosten eines nach § 109 Abs. 1 SGG eingeholten Gutachtens von dem Antragsberechtigten endgültig getragen, so ermäßigt sich die Pauschgebühr nach § 184 SGG, sofern nicht bereits von Amts wegen ein Gutachten eingeholt worden ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Anm. 1 b zu § 2 der Verordnung bei § 184 SGG). Daraus folgt, daß die gesonderte Kostenentscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG auch die Rechte der Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts wesentlich berührt, so daß sie zu beteiligen sind (vgl. auch HLSG, Urteil vom 2. Februar 1977 – L 3/U – 674/76 –). Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Bund und die Länder und ihnen Gleichgestellte nicht gebührenpflichtig sind. Ihre Interessen werden vom Bezirksrevisor wahrgenommen. § 184 Abs. 1 SGG bezeichnet auch nur die Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts.

Gegen das Beteiligtenrecht der Gebührenschuldner aus § 184 Abs. 1 SGG, zu denen die Bg. zu 2. gehört, kann ferner nicht eingewandt werden, daß sie die ermäßigte Gebühr bei Einholung eines Gutachtens von Amts wegen ohnehin nicht erreichen könnten, so daß das besondere Kostenverfahren nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zu keiner Beschwer führen könne. Damit wird im Grunde die Frage aufgeworfen, ob die Bg. zu 2. im Verfahren zur Gebührenfeststellung nach § 189 SGG ihre Rechte noch wirksam wahrnehmen kann, wenn sie im Kostenverfahren nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht beteiligt worden ist. Nach § 189 Abs. 2 SGG wird die Gebührenfeststellung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle getroffen. Gegen diese Feststellung kann mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung das Gericht angerufen werden. In diesem Gebührenfestsetzungsverfahren haben der Urkundsbeamte und im Rechtsbehelfsverfahren das Gericht die Höhe der Gebühr unter Beachtung der Verordnung zu § 184 SGG (a.a.O.) festzustellen, also auch etwaige Ermäßigungen zu prüfen. Dazu gehören nach § 2 der Verordnung u.a. Fragen wie die, ob Gutachten von Amts wegen oder nach § 109 SGG vorliegen, ob bei letzterem Kosten von der Staatskasse im besonderen Beschlussverfahren nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zu übernehmen sind oder nicht und ob bei Gutachten von Amts wegen es sich nicht lediglich um solche nach § 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG beigezogene Unterlagen oder ob es sich überhaupt um Gutachten im Rechtssinne oder auch Unterrichtungen, Erläuterungen o.ä. von Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung handelt. Letztere Fälle rechtfertigen nicht die Erhebung der vollen Gebühr. Während dies im Gebührenfestsetzungsverfahren nach § 189 SGG noch sachlich zu entscheiden ist, fällt die Entscheidung darüber, wer die Kosten des nach § 109 SGG zu erstattenden Gutachtens endgültig zu tragen hat, zwar nach der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, aber vor der Gebührenfestsetzung nach § 189 SGG. Das bedeutet, daß die Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, also auch die Bg. zu 2., in den Fällen der vorliegenden Art ihre Rechte auf die Ermäßigung der Gebühr nicht mehr sachgerecht wahrnehmen könnten, würden sie im Kostenverfahren nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht beteiligt werden. Sie haben sich aber als Sachwalter der Versichertengemeinschaft gesetzesgemäß zu verhalten (Art. 20 Abs. 3 GG), wozu auch der sparsame Umgang der innen anvertrauten Mittel durch die Beiträge der Versicherten gehört. Sie unterliegen insoweit auch der Aufsicht des Bundesversicherungsamtes (vgl. im einzelnen dazu die entsprechenden Vorschriften des 4. Buches des Sozialgesetzbuches). Im Gebührenfestsetzungsverfahren haben sie nicht mehr die Möglichkeit geltend zu machen, die Kostentragungspflicht für das nach § 109 SGG erstattete Gutachten liege allein beim Antragsteller, ist darüber bereits zuvor anders entschieden worden.

Alle diese Erwägungen gebieten es, auch im Hinblick auf den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG), immer dann, wenn der nach § 109 SGG Antragsberechtigte die Übernahme der ihm für das nach dieser Bestimmung erstattete Gutachten entstandenen Kosten auf die Staatskasse beantragt, nicht sofort eine Entscheidung zu treffen. Vielmehr ist der Staatskasse und den von § 184 SGG betroffenen Leistungsträgern zuvor die Möglichkeit der Beteiligung einzuräumen. Nur so kann unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ein geordneter Ablauf des Kostenverfahrens nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG gewährleistet werden. Vorliegend ist dies hinsichtlich des Bg. zu 1. bereits im Antragsverfahren durch das SG beachtet worden. Hinsichtlich der Bg. zu 2. ist die Beteiligung im Beschwerdeverfahren sichergestellt worden.

Die insgesamt zulässige Beschwerde ist indessen unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Beschluss zutreffend und rechtsfehlerfrei entschieden, daß es bei der Kostentragungspflicht des Bf. hinsichtlich der Kosten des von Prof. Dr. W. am 18. August 1981 erstatteten Gutachtens verbleibt. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Frage, ob die Kosten des nach § 109 SGG erstatteten Gutachtens der Staatskasse aufzuerlegen sind, nach Abschluß des Verfahrens in der Hauptsache zu beurteilen (vgl. HLSG, Beschluss vom 12. Januar 1976 – L 3/B – 42/75 – in Breithaupt 1976, 977; 24. Oktober 1977 – L 4/B – 48/77 – in RSprDienst 9000 § 109 SGG, S. 15 – F 10/79 –; LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Es sind dabei auch die Ermittlungsergebnisse eines Berufungsverfahrens heranzuziehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Oktober 1982 – L 10/Ko – 108/82 B –). Nicht entscheidungserheblich ist der Ausgang des Verfahrens (vgl. Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., Anm. 5, S. II/74 – 75 – zu § 109 SGG m.w.N.). So ist es gänzlich unmaßgeblich, ob, wie der Bf. meint, durch das nach § 109 SGG erstattete Gutachten der Rechtsfrieden wieder hergestellt wird (vgl. Peters-Sautter-Wolff, a.a.O.; LSG Berlin, Beschluss vom 21. März 1963 – L 11/V – S – 16/63 – in Breithaupt 1965, 438; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Oktober 1972 – L 2/S – 20/71 – in Breithaupt 1973, 423; Beschluss vom 14. Januar 1977 – L 2/Sb – 30/76 – in SozVers 1977, 298). Auch sein rechtspolitisch durchaus zutreffender Hinweis, das Antragsrecht aus § 109 SGG verschaffe dem Antragsberechtigten gegenüber dem Leistungsträger Waffengleichheit, rechtfertigt nicht eine Entscheidung in seinem Sinne. Wäre dies richtig, so würde der Gesetzgeber die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG nicht davon abhängig gemacht haben, daß regelmäßig ein Kostenvorschuß zu fordern ist. Der Bf. verkennt, daß zunächst der Sachverhalt ohne seine Kostenbeteiligung sorgfältig von Amts wegen aufzuklären ist. Das erklärt auch, warum es nicht darauf ankommt, wie der Antragsberechtigte zum Zeitpunkt der Antragstellung die Situation einschätzt. Dies fällt vielmehr voll und ganz in sein Prozeßrisiko, das durch den Amtsermittlungsgrundsatz wesentlich abgemildert ist. Unbeachtlich ist grundsätzlich, ob das Gericht nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG ein weiteres von Amts wegen einholt, sofern nicht besondere rechtfertigende Gründe eine andere Entscheidung gebieten, etwa weil sich dadurch die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen herausstellt (vgl. Bayr. LSG, Beschluss vom 31. Januar 1963 – L 18/Ko – 47/62 – in Amtsblatt BY 1963, 53 B). Solche liegen hier nicht vor. Allein maßgebend ist, ob und in welchem Grade das nach § 109 SGG erstattete Gutachten die Aufklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes gefördert und für die Sachentscheidung von wesentlich mitwirkender Bedeutung gewesen ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, a.a.O. und Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 16 zu § 109 SGG mit jeweils weiteren Nachweisen). Daran fehlt es hier, wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat. Die Einholung des Gutachtens nach § 109 SGG von Prof. Dr. W. hat vielmehr die Entscheidung verzögert, wie sich aus dem Gang des Verfahrens ergibt. Vorliegend hatte das SG, seiner Amtsermittlungspflicht genügend, zunächst von Prof. Dr. W. die Auskunft vom 31. Oktober 1979 über die Antigen-Bestimmung mit dem Nachweis einer Hepatitis vom Typ B eingeholt. Sodann hat es auf dieser Grundlage fußend von Amts wegen das Zusammenhangsgutachten des Prof. Dr. M. vom 1. Oktober 1980 eingeholt. Auf der Grundlage dieses überzeugenden Gutachtens hielt das SG den Rechtsstreit im Sinne der Klageabweisung für entscheidungsreif, so daß es Termin zur mündlichen Verhandlung für den 25. November 1980 anberaumte. Der Bf. hatte sich in der maßgeblichen Inkubationszeit nicht in den Tropen aufgehalten. Prof. Dr. M. hatte den in der medizinischen Wissenschaft nicht umstrittenen Infektionsmechanismus für die Hepatitis B, der nicht berufsspezifisch ist, dargelegt. Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragte der Bf. die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG, zu einem Zeitpunkt also, zu dem bereits das Urteil des erkennenden Senats vom 3. September 1980 ergangen war, wonach die Hepatitis B nicht zu den Tropenkrankheiten gehört (Az.: L 3/U – 164/78). Weder ist dies von Prof. Dr. W. im Gutachten vom 18. August 1981 berücksichtigt, noch läßt es eine Auseinandersetzung mit den notwendigen berufsspezifischen Übertragungsmechanismen erkennen. Das SG hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 16. November 1982 darauf abgehoben und dargelegt, daß das Gutachten des Prof. Dr. W. weder zu einer Förderung in der Sachverhaltsaufklärung geführt noch in irgendeiner Art und Weise auch nur entscheidungserheblich gewesen sei. Wenn es in dem angefochtenen Beschluss auf diese zutreffende Sach- und Rechtslage zum maßgebenden Zeitpunkt seiner Meinungsbildung bei Erlaß des rechtskräftigen Urteils abgestellt hat, so ist dies, nachdem auch im Berufungsverfahren keine weitere, durch das Gutachten von Prof. Dr. W. initiierte Beweiserhebung erfolgte, nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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