L 3 U 507/85

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 102/83
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 507/85
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 14. März 1985 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei seinem am 19. Dezember 1982 erlittenen Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.

Der im Jahre 1944 geborene Kläger ist der Sohn des Rentners K. R., der als landwirtschaftlicher Unternehmer Mitglied der Beklagten war. Am 19. Dezember 1982 holte er gegen 17.00 Uhr ein Pferd von einer Wiese, die an der Landesstraße von A. nach – außerhalb der Gemeinde – liegt. Er führte das Tier auf der linken Straßenseite in Richtung ohne eine Beleuchtung mitzuführen, Dabei, kam es zu einem folgenschweren Zusammenstoß mit einem Leichtkraftrad, das von dem Zeugen R. W. gefahren wurde. Durch den Unfall zog sich der Kläger insbesondere eine Contusio cerebri, eine Sitz- und Schambeinfraktur links, eine supra condyläre Oberschenkelfraktur links sowie ein stumpfes Bauchtrauma mit Leberkontusion zu. Wie die Blutalkoholuntersuchung ergab, hatte der Kläger zur Zeit des Unfalls eine Blutalkoholkonzentration von 3,0 bis 3,1 Promille.

Vom Unfalltag bis zum 31. März 1983 befand sich der Kläger im Kreiskrankenhaus in stationärer Behandlung. In dem Arztbericht der Dres. und vom 20. April 1983 heißt es, der Kläger sei in "volltrunkenem Zustand” angefahren worden; bei der stationären Aufnahme habe sich ein "vom Alkoholrausch stark überlagertes Durchgangssyndrom” gefunden. Der Durchgangsarzt stellte im Durchgangsarztbericht vom 18. Januar 1983 fest, der Kläger sei am Aufnahmetag (19. Dezember 1982) erheblich alkoholisiert gewesen.

In dem gegen beide Unfallbeteiligte durchgeführten Ermittlungsverfahren sah die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht nach § 153 b StPO mit Zustimmung des Gerichts von der Verfolgung ab (Bescheid vom 24. März 1983). Ein jeweiliges Mitverschulden (Wissemann: § 3 Abs. 1 StVO, der Kläger: § 28 Abs. 2 Nr. 2 StVO) sei nicht auszuschließen; das größere Verschulden dürfte bei dem schwerer verletzten Kläger liegen. Den anschließenden Zivilrechtsstreit entschied das Landgericht durch Urteil vom 13. Dezember 1983. Insbesondere stellte es fest, daß R. W. verpflichtet sei, dem Kläger 40 % seines materiellen Zukunftsschadens aus dem Verkehrsunfall zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstigen Dritten übergegangen seien. In den Entscheidungsgründen führte das Landgericht aus, daß sich der Kläger ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen müsse. Er habe entgegen § 28 StVO das Pferd auf der linken Fahrbahnseite geführt und außerdem gegen §§ 28 Abs. 2, 17 StVO verstoßen, indem er trotz Dunkelheit nicht die vorgeschriebene Beleuchtung mitgeführt habe. Unter Berücksichtigung der von dem Leichtkraftrad des Z. W. ausgehenden Betriebsgefahr und seines Verschuldens einerseits und des erheblichen Verschuldens des Klägers andererseits, sei eine Mitverschuldensquote des Klägers von 60 % festzusetzen.

Mit Bescheid vom 25. März 1983 lehnte die Beklagte einen Entschädigungsanspruch mit der Begründung ab, der Kläger habe sich infolge des erheblichen Alkoholgenusses von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters gelöst. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 24. August 1983 zurück; in Anbetracht der Blutalkoholkonzentration von 3,0 bis 3,1 Promille habe sich der Kläger im Zustand eines Vollrausches befunden, der die Durchführung einer vernünftigen und zweckgerichteten Arbeit nicht mehr zugelassen habe.

Die am 8. September 1983 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung des R. W. als Zeugen abgewiesen. Zur Begründung führte es im Urteil vom 14. März 1985 im wesentlichen aus, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Reittierhaltung sei vorliegend kein Nebenunternehmen im Sinne von § 779 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) des landwirtschaftlichen Unternehmens. Es könne deshalb auch dahinstehen, ob der Kläger wie ein landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 539 Abs. 1 Nr. 5 RVO tätig geworden sei, als er das Pferd von der Weide geholt habe. Die Reittierhaltung sei vorwiegend aus privaten Gründen betrieben worden. Ein Bezug zur Landwirtschaft liege nur insoweit vor, als das Pferd im leerstehenden Stall für das Milchvieh untergebracht und mit in der Landwirtschaft gewonnenen Erzeugnissen gefüttert worden sei. Indes reiche dies nicht aus, um eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Pferdehaltung von dem landwirtschaftlichen Unternehmen zu begründen. Auch die Beigeladene zu 1) sei nicht leistungspflichtig. Der Kläger sei insoweit deshalb von der Versicherung ausgenommen, weil er Halter des Reittieres sei und als solcher nicht zum Kreis der bei der Beigeladenen zu 1) Versicherten gehört habe.

Gegen das am 9. April 1985 zur Post aufgelieferte Urteil hat der Kläger am 7. Mai 1985 Berufung eingelegt und diese vor allem damit begründet, der Begriff des Unternehmens im Sinne von § 779 RVO sei vom SG nicht zutreffend interpretiert worden. Das Halten eines Tieres könne nicht als "Nebenunternehmen” angesehen werden. Das Gericht habe aber auch seine – des Klägers – Angabe, wonach auch Überlegungen angestellt worden seien, das Pferd an einen Wagen zu spannen, nicht richtig gewürdigt. Es könne nicht darauf ankommen, ob der private Zweck oder aber ein wirtschaftlicher Zweck im Vordergrund stehe. Allein maßgebend für die Frage, ob eine Mitversicherung im Sinne des § 779 RVO gegeben sei oder nicht, sei der Umstand, daß eine wirtschaftliche Abhängigkeit vorliege und nicht die Frage, in welchem Umfange eine solche wirtschaftliche Abhängigkeit bestehe oder nicht. Wenn das Tier nicht nur zum Reiten geplant gewesen sei, sondern auch als Zugtier, bestehe eine solche wirtschaftliche Abhängigkeit. Sollte die Beklagte nicht entschädigungspflichtig sein, so sei auf jeden Fall die Beigeladene zu 1) leistungspflichtig. Diese folge aus § 6 ihrer Satzung.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 14. März 1985 und den Bescheid der Beklagten vom 25. März 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 1983 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Klägers vom 19. Dezember 1982 als Arbeitsunfall zu entschädigen,
hilfsweise,
die Beigeladene zu 1) unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Marburg vom 14. März 1985 zu verurteilen, den Unfall vom 19. Dezember 1982 als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffen, weist jedoch ferner darauf hin, daß schon kein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall vorgelegen habe, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt aufgrund des bei ihm festgestellten erheblichen Alkoholgenusses nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine ernstliche Arbeit zu verrichten. Der Kläger könne nicht mit einem Fußgänger gleichgestellt werden, sondern müsse als Führer eines Pferdes im Ergebnis wie der Führer eines Fahrzeuges behandelt werden. Auch an einen Pferdeführer seien besondere Anforderungen hinsichtlich der Konzentration und der Aufmerksamkeit zu stellen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beigeladene zu 1) in Anspruch genommen wird.

Sie hält sich zwar für zuständig für nicht gewerbsmäßige Reittierhaltungen; der Kläger sei Halter eines nicht gewerblichen Reittieres und insoweit Unternehmer nach § 658 Abs. 2 Nr. 2 RVO. Doch erstrecke sich die Ausdehnung der Versicherung auf Unternehmer nach § 39 Abs. 1 ihrer Satzung nicht auf Halter nicht gewerbsmäßiger Reittiere nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung, sondern nur auf Unternehmer der in § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 der Satzung genannten Betriebe.

Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag des Klägers an.

Sie macht vor allem geltend, daß allein die beim Kläger zum Unfall Zeitpunkt vorhandene Blutalkoholkonzentration dem Versicherungsschutz nicht entgegenstehe. Der Kläger habe zwar ein Pferd geführt, sei aber dennoch Fußgänger gewesen, so daß die Kriterien, die das Lenken eines Kraftfahrzeuges beträfen, nicht angewandt werden könnten. Ein auf Alkoholeinfluß zurückzuführendes Verhalten wie Torkeln o.ä., sei nicht bekannt und bewiesen. Es müsse davon ausgegangen werden, daß der Kläger auch ohne Alkoholeinfluß wahrscheinlich verunglückt wäre.

Der Senat hat einen Auszug aus dem Gutachten des Prof. Dr. med. G. (Zentrum der Rechtsmedizin der ) vom 8. November 1983 in dem Verfahren – L-3/U-1324/82 – in das vorliegende Verfahren eingeführt. Darin ist u.a. ausgeführt, daß es grundsätzlich kaum eine Alkoholdosis gebe, die nicht in irgendeinem Bereich eine Wirkung haben könne. Die entscheidenden alkoholbedingten Ausfälle dicht unterhalb der Grenze der sogenannten absoluten Fahruntüchtigkeit lägen im Bereiche der Gesamtpersönlichkeit. Vor allem gebe es Störungen im optischen Funktionskreis, die Bewegungsunschärfen, falsche Standortbestimmung visuell erfaßbarer Objekte, Störungen der Orientierung im Raum und des Auflösungsvermögens, beeinträchtigtes Entfernungsschätzen und beeinträchtigtes Geschwindigkeitsgefühl beträfen. Da es sich dabei um ein sehr komplexes System handele, das im Hirnstamm geschaltet werde und willensmäßig nicht beeinflußbar sei, würden gleichzeitig alle anderen Funktionen – das Wachbewußtsein im weitesten Sinne – miterfaßt: Aufmerksamkeit, Spannung, Ablenkbarkeit, Zuwendefähigkeit, Risikoabwägung und die Koordination psycho-physischer Impulssteuerung. Im Blutalkoholkonzentrationsbereich von 0,7 bis 0,8 Promille sei die volle Funktionstüchtigkeit dieses Systems nicht mehr gewährleistet. Bei 1,0 Promille sei niemand ohne relevante Ausfallerscheinung in diesem Funktionssystem.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Verwaltungsakte der Beklagten der Akte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht (.8 Js 479/83) und der Akte des Landgerichts (2 O 201/83), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 145 und 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–), in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber der Beigeladenen zu 1) einen Anspruch auf Entschädigung wegen der am 19. Dezember 1982 erlittenen Unfallfolgen. Einen Arbeitsunfall, das ist ein Unfall, den ein Versicherter bei bzw. infolge einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO), hat der Kläger nicht erlitten.

Der Kläger stand nicht gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 5 RVO bei der Beklagten unter Versicherungsschutz. Nach dieser Vorschrift sind landwirtschaftliche Unternehmer – im Unterschied zu den sonstigen Unternehmern – einschließlich der mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten gegen Unfall versichert, allerdings lediglich insoweit als sie Mitglied einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sind. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung umfaßt gemäß § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO u.a. Unternehmen der Landwirtschaft. Der Kläger war – unterstellt, die Haltung des Pferdes wäre ihm zuzurechnen – nicht Unternehmer eines solchen Unternehmens. Mit Bodenbewirtschaftung, die im allgemeinen den Begriff der Landwirtschaft kennzeichnet (vgl. Bundessozialgericht – BSG – SozR Nr. 7 zu § 776 RVO), hat allenfalls der Vater, nicht aber der Kläger etwas zu tun. Aus diesem Grund war er auch nicht über § 779 Abs. 1 RVO versichert. Die Erstreckung der Versicherung auf landwirtschaftliche Nebenunternehmen kommt nur für landwirtschaftliche Unternehmer in Betracht, zu denen der Kläger gerade nicht gehört.

Der Kläger stand weiterhin nicht als im landwirtschaftlichen Unternehmen des Vaters tätiger Versicherter (§ 776 Abs. 1 RVO) unter Versicherungsschutz. Insbesondere war er dort nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Bis zum Unfall ging er seinem Beruf als kaufmännischer Angestellter nach, ein Arbeitsvertrag mit seinem Vater bestand nicht. Der Kläger könnte deshalb allenfalls noch nach § 539 Abs. 2 RVO bei der Beklagten gegen Arbeitsunfall versichert sein. Dies ist aber nicht der Fall. Der Kläger ist im Zusammenhang mit der zum Unfall führenden Tätigkeit weder wie ein abhängig Beschäftigter (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) noch wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 5 RVO Versicherter tätig geworden.

Von entscheidender Bedeutung für den durch § 539 Abs. 2 RVO gewährten Versicherungsschutz ist, daß die Tätigkeit, auch wenn die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 RVO nicht erfüllt sind, durch ihre Zielsetzung fremdbestimmt ist. Ein überwiegendes Eigeninteresse schließt eine solche Fremdbestimmung aus (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., § 539 Anm. 99 m.w.N.). Ist der Verletzte – wie vorliegend der Kläger – in erster Linie im eigenen Interesse, nämlich im Rahmen seines eigenen Unternehmens tätig geworden, so scheidet ein Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO aus (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1984 – 2 RU 63/83SGb 1985, 292, 293).

Nach dem Ergebnis der im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren angestellten Ermittlungen ist davon auszugehen, daß der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls Halter eines Reitpferdes (vgl. § 658 Abs. 2 Nr. 2 RVO) gewesen ist. Als Halter eines Tieres gilt, wer im eigenen Interesse die Sorge für das Tier nicht nur zu einem ganz vorübergehenden Zweck, sondern für eine gewisse Dauer übernommen hat (Lauterbach a.a.O., § 658 Anm. 15 c m.w.N.). Zutreffend hat das SG diese Voraussetzungen aufgrund der während der persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 1985 gewonnenen Angaben bejaht. Danach handelte es sich bei dem Pferd, das der Kläger am Unfalltag am Halfter führte, wenn auch nicht um ein Rassepferd im eigentlichen Sinne, so doch um ein Reitpferd, welches für das landwirtschaftliche Unternehmen des Vaters des Klägers keine besondere Funktion erfüllte. Der Kläger hat insoweit eingeräumt, daß es angeschafft worden sei, weil – nach dem Verkauf des Milchviehs – der Stall leer gewesen sei und sein Vater sich nicht damit hätte abfinden können, in einen leeren Stall zu kommen. Das Pferd, das bis zum Unfallzeitpunkt noch nicht eingeritten gewesen sei, wäre nicht von seinem Vater, sondern, von ihm – dem Kläger – oder einem Bekannten geritten worden. Damit in Übereinstimmung steht, daß der Kläger selbst am 8. Februar 1983 die Frage, wozu die Pferdehaltung diene, mit "Reiten” beantwortet hat. Seinem Reitinteresse entsprechend übernahm der Kläger auch die Sorge für das Pferd. Er hat dazu – glaubhaft – angegeben, daß er dem Pferd morgens, bevor er zur Arbeit gegangen sei, das Heu zum Fressen in den Stall gegeben habe; er habe das Pferd abends auch geputzt, wenn er auch nicht glaube, daß dies jeden Abend der Fall gewesen sei. Der Bejahung der Tierhaltereigenschaft des Klägers steht nicht entgegen, daß das Pferd nach seinen Angaben – sowohl der staatsanwaltschaftliche Beschluss vom 24. März 1983 als auch das Urteil des Landgerichts vom 13. Dezember 1983 sprechen allerdings in bezug auf den Kläger insoweit von "seinem” Pferd – im bürgerlich-rechtlichen Eigentum des Vaters gestanden hat (vgl. Lauterbach, a.a.O. m.w.N.). Desgleichen schließt der Umstand, daß auch der Vater – wie der Kläger angegeben hat – mit der Übernahme des Mistens ebenfalls für das Tier Sorge getragen hat, die Haltereigenschaft des Klägers nicht aus. Zwar hätte dieser mit dem Abholen des Pferdes von der Weide am Unfalltag zugleich eine im Interesse des Vaters als Eigentümer und Mithalter des Tieres liegende Tätigkeit verrichtet. Selbst wenn eine Tätigkeit im Rahmen des § 539 Abs. 2 RVO aber neben eigenen auch fremden Belangen dient, so kommt ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift nur in Betracht, wenn das fremde Interesse wesentlich ist. Dafür bestehen vorliegend indes keine Anhaltspunkte, zumal zum Unfallzeitpunkt noch keine konkreten Vorstellungen darüber bestanden, ob das Pferd möglicherweise jemals in der Landwirtschaft hätte Verwendung finden sollen.

Schließlich kommt eine Verurteilung der Beigeladenen zu 1) nicht in Betracht. Das SG hat auch insoweit zutreffend einen Unfallversicherungsschutz des Klägers verneint. Die Beigeladene ist zwar – wie sie selbst anerkennt – gemäß §§ 658 Abs. 2, 646 RVO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 ihrer Satzung der für nicht gewerbsmäßige Reittierhaltungen sachlich zuständige Versicherungsträger. Ein Versicherungsschutz tritt jedoch, da der Kläger nicht schon gemäß §§ 539 bis 542 RVO kraft Gesetzes geschützt ist, nur ein, wenn die Satzung eine entsprechende Bestimmung enthält (vgl. § 543 Abs. 1 RVO). Dies ist nicht der Fall.

Nach § 39 Abs. 1 der Satzung ist die Versicherung grundsätzlich auf den Kreis der der Beigeladenen zu 1) sachlich zugehörenden Unternehmer ausgedehnt worden. Die Versicherung erstreckt sich jedoch lediglich auf die Unternehmen des in § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung genannten straßengebundenen Verkehrsgewerbes (einschließlich artverwandter Gewerbe zweige) und die Unternehmen des in § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung aufgeführten Flugverkehrs. Diesen Gewerbezweigen ist der Kläger zweifelsfrei nicht zuzurechnen. Die Versicherung erstreckt sich dagegen nicht auf die Unternehmen der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung genannten nicht gewerbsmäßigen Reittierhaltungen. Aus § 6 der Satzung folgt entgegen der Ansicht des Klägers nichts Gegenteiliges. Zwar bezeichnet Abs. 1 dieser Vorschrift als Mitglied der Beigeladenen zu 1) jeden Unternehmer, für dessen Unternehmen die Berufsgenossenschaft nach §§ 3 und 4 der Satzung sachlich und örtlich zuständig ist; in das Unternehmerverzeichnis der Berufsgenossenschaft eingetragen werden indes nur die Unternehmer, die versichert sind oder Versicherte beschäftigen und nur sie erhalten auch einen Mitgliedschein (§ 6 Abs. 2 der Satzung; § 664 Abs. 1 RVO). Vor allem aber begründet die Mitgliedschaft allein nicht zwangsläufig den Versicherungsschutz des Unternehmers. Für die Mitgliedschaft ist grundsätzlich unerheblich, ob in dem Unternehmen Versicherte beschäftigt werden oder der Unternehmer selbst versichert ist (Lauterbach a.a.O., § 658 Anm. 2). Deshalb folgt auch aus der Mitgliedschaft selbst nicht die Beitragspflicht des Unternehmers. § 22 Abs. 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1) legt in Übereinstimmung mit § 723 RVO fest, daß die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaft durch Beiträge der Unternehmer, die versichert sind oder Versicherte beschäftigen; aufgebracht werden.

War nach alledem der Kläger beim Unfall vom 19. Dezember 1982 bereits grundsätzlich versicherungsrechtlich nicht geschützt, so bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klage auch in Anbetracht des bei ihm im Unfallzeitpunkt vorliegenden Alkoholrausches keinen Erfolg hätte haben können.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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