Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 1506/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 791/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4. Juli 1995 aufgehoben und die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Verkehrsunfalles vom 5. Juni 1992 als Arbeitsunfall.
Der mittlerweile 52jährige Kläger war seit dem 2. April 1992 als Monteur von Hebebühnen bei der Firma F. in P. beschäftigt. Am 5. Juni 1992 hatte er den Auftrag, eine Hebebühne bei der Firma Gebrüder B. in M. zu montieren. Nachdem er diesen Auftrag ausgeführt hatte, verließ er mit dem Firmenbus, einem Mazda-Kombi, das Firmengelände und stieß gegen 14(30) Uhr nur wenige 100 m vom Betrieb entfernt beim Einbiegen von der B. in die vorfahrtberechtigte W. Straße mit einem entgegenkommenden Lkw zusammen. Dabei zog er sich mehrfache Schädelfrakturen, eine Skalpierungsverletzung, ein Schädel-Hirn-Trauma 2. Grades sowie Frakturen der Beine zu, wie dem Durchgangsarztbericht des Prof. R. Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Krankenhauszweckverband A. vom 15. Juni 1992 zu entnehmen ist. Er wurde am Unfallort notärztlich versorgt und anschließend per Hubschrauber ins Klinikum A. transportiert, wo ihm nachfolgend noch das rechte Bein im Oberschenkel amputiert werden müßte. Wegen der schweren Hirnverletzungen wurde sein Vater zu seinem Betreuer bestellt.
Nachdem die Polizei am Unfallort keine Blutalkoholbestimmung veranlaßt hatte (Auskunft der Polizeiinspektion D. vom 26. Juni 1992), ergab die Alkoholspiegelfeststellung in der Chirurgie des Zentralklinikums A. einen Alkoholgehalt von 2,36 g/l. Nach Mitteilung des Prof. Rüther vom 23. Juli 1992 erfolgte die BAK-Bestimmung lediglich im Zuge der allgemeinen Untersuchung, wobei als Desinfektionsmittel Dibromol verwendet worden sei. Die Beklagte zog neben den bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) über den Kläger vorhandenen Unterlagen mit Hinweisen auf Alkoholprobleme des Klägers in der Vergangenheit die Verkehrsunfallakte der Polizeiinspektion D. von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht A. bei. Darin heißt es, der Kläger sei beim Einbiegen in die W. Straße nach rechts auf die Gegenfahrbahn gekommen und dort frontal mit dem entgegenkommenden Lkw zusammengestoßen. Offensichtlich habe der Kläger die Einmündung zu spät erkannt oder sei zu schnell gefahren, denn kurz vor der Wartelinie habe seine Bremsspur begonnen. Eine Alkoholüberprüfung habe wegen der schweren Verletzungen des Klägers nicht durchgeführt werden können. Ein Angestellter der Firma B. habe an der Unfallstelle angegeben, daß anläßlich eines kurz vor dem Unfall mit dem Kläger geführten Gespräches keinerlei Alkoholbeeinflussung beim Kläger festzustellen gewesen sei. Der Fahrer des Lkw habe den Unfall nicht vermeiden können. Der Kläger wurde als "verkehrstüchtig” bezeichnet. Als Zeugen wurden am 6. Juni 1992 A. P. und P. S. sowie am 4. Juli 1992 der Lkw-Fahrer K. H. R. zum Unfallhergang gehört. Die erstgenannten Zeugen gaben an, der auf die W. Straße einfahrende Pkw-Kombi des Klägers sei ziemlich schnell gefahren und ohne anzuhalten von der untergeordneten B. in die W. Straße eingebogen und dabei auf die Gegenfahrbahn gekommen. Im gleichen Augenblick sei auf der W. Straße ein größerer Lkw entgegengekommen und mit dem Pkw frontal zusammengestoßen. Der Zeuge R. gab an, der Kläger sei ohne anzuhalten in die W. Straße eingebogen und auf seine Fahrbahnseite hinübergekommen, so daß er trotz einer sofortigen Vollbremsung und eines Ausweichens in den rechten Straßengraben einen Zusammenprall nicht mehr habe vermeiden können. Sodann holte die Beklagte Auskünfte des Rechtsmediziners Dr. H. vom 8. Oktober 1992 und des Prof. L. Rechtsmedizinisches Institut der Universität E. vom 28. April 1993 sowie eine Mitteilung des Prof. W. vom Zentrallabor des Klinikums A. vom 26. Januar 1993 ein. Dr. H. vertrat die Auffassung, daß die BAK-Feststellung in der getroffenen Weise rechtlich nicht verwertbar sei. Prof. L. schloß sich dieser Einschätzung an. Prof. W. äußerte, da die Abnahmezeit der Blutprobe, aus der der Alkoholwert ermittelt worden sei, von der Notaufnahme der Klinik nicht festgehalten worden sei, könne eine zeitliche Zuordnung nicht getroffen werden. In der ergänzenden telefonischen Mitteilung des Kliniklabors vom 3. Mai 1993 heißt es, daß die Blutprobe des Klägers nicht mehr vorhanden sei. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 21. Mai 1993 die Gewährung von Entschädigungsleistungen an den Kläger aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 5. Juni 1992 ab. Er habe sich zwar auf einem versicherten Weg befunden, sei aber absolut fahruntüchtig gewesen, worin die allein wesentliche Unfallursache zu sehen sei. Der Kläger habe unter erheblichem Alkoholeinfluß gestanden. Die durchgeführte BAK-Bestimmung habe einen BAK-Gehalt von weit über 1,1 ‰ ergeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1993 verblieb die Beklagte bei dieser Entscheidung.
Der Kläger erhob am 16. November 1993 vor dem Sozialgericht Kassel (SG) Klage, welches die Technikerkrankenkasse durch Beschluss vom 17. Januar 1995 nach § 75 Abs. 2 zum Verfahren beigeladen hat. Kläger und Beigeladene haben übereinstimmend die Auffassung vertreten, daß die Beklagte nicht bewiesen habe, daß der Kläger absolut oder zumindest relativ alkoholbedingt fahruntüchtig gewesen sei. Mit Urteil vom 4. Juli 1995 hat das SG sich dieser Auffassung angeschlossen und die Beklagte zur Gewährung von Entschädigungsleistungen dem Kläger gegenüber verurteilt sowie zur Begleichung der Erstattungsansprüche der Beigeladenen. Der Kläger sei auf der Rückfahrt nach P. auf dem Heimweg versichert unterwegs gewesen und eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit sei zu Lasten der Beklagten nicht bewiesen. Die nicht nach den Vorgaben des Bundesgesundheitsamtes durchgeführte BAK-Bestimmung im Zentrallabor des Klinikums A. sei für sich alleine genommen ohne Beweiswert, zumal der Zeitpunkt der Abnahme der Blutprobe nicht festgehalten worden sei. Von einem gesicherten BAK-Wert von 1,1 ‰ oder mehr könne danach nicht ausgegangen werden. Es bestünden auch keine eindeutigen Beweisanzeichen für eine alkoholbedingte Fahrweise des Klägers im übrigen. Daß sich aus den von Seiten der BfA beigezogenen Unterlagen Hinweise auf frühere Alkoholprobleme des Klägers ergäben, sei für die Entscheidung ohne Bedeutung. Denkbar sei, daß der Kläger durch sommerliche Witterungseinflüsse und/oder einen Leistungsabfall in der Mittagszeit zu seiner unkontrollierten Fahrweise veranlaßt worden sei. Abgesehen von der Blutprobe hätten sich keine Anhaltspunkte für einen Alkoholeinfluß zum Unfallzeitpunkt ergeben. Die Polizei habe keine Notwendigkeit für eine Blutentnahme gesehen, der Kläger sei als verkehrstüchtig beschrieben worden. Die Mitarbeiter der Firma B. hätten keine Beobachtungen gemacht, daß der Kläger Alkohol zu sich genommen habe. Gegen das ihr am 25. Juli 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. August 1995 Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, der BAK-Gehalt von 2,36 g/l ergäbe mit Sicherheit zumindest einen Promillewert von 1,1 und rechtfertige damit den Schluß auf eine beim Kläger bestehende alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit. Werde das Standardverfahren zur BAK-Bestimmung nicht eingehalten, so könne die Einzelanalyse in freier Beweis Würdigung unter Berücksichtigung der konkreten Analyseumstände und eines großzügigen Sicherheitszuschlages bei Beachtung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bestimmung der BAK herangezogen werden. Zumindest müsse aber aus den Umständen des Unfalles auf eine alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Klägers geschlossen werden. Er sei unbestritten alkoholisiert gewesen, unter Verletzung der Vorfahrt zu schnell und ohne anzuhalten von der untergeordneten B. in die W. Straße eingebogen und dabei auf die Gegenfahrbahn gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe er erst kurz vorher die Heimfahrt angetreten und es dürfe vorausgesetzt werden, daß er zu diesem Zeitpunkt trotz Witterungseinflüssen und Leistungsabfall in der Mittagszeit noch ausreichend frisch gewesen sei, um wenigstens die Anfangsphase der Heimfahrt verkehrstüchtig zu beginnen. Wenn es dann trotzdem kurz nach Fahrtantritt zum Unfall gekommen sei, spreche alles dafür, daß der Alkohol am Zustandekommen des Unfalles die allein entscheidende Bedingung gewesen sei. Eine Alkoholüberprüfung an der Unfallstelle sei wegen der schweren Verletzungen nicht durchgeführt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4. Juli 1995 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend, wonach die BAK-Bestimmung im Zentrallabor des Klinikums A. nicht gerichtsverwertbar sei und auch eine relative Fahruntüchtigkeit infolge eines alkoholtypischen Fehl Verhaltens nicht erwiesen sei. Auch die Beigeladene vertritt diese Auffassung. Der Kläger selbst kann nach Angaben seines Vaters und des behandelnden Hausarztes Dr. S. wegen der schweren Unfallverletzungen keine Angaben zu seinem Tätigwerden am Unfalltag und zum Hergang des Unfalles machen.
Der Senat hat die kompletten Behandlungsunterlagen des Klägers vom Krankenhauszweckverband A. beigezogen sowie ein Protokoll der ADAC-Luftrettung GmbH vom 5. Juni 1992 über den Hubschraubertransport des Klägers zum Klinikum nach A ... Er hat Auskünfte des Prof. W. vom 24. September 1997 und des Notarztes Dr. B. vom 27. November 1997 eingeholt. Prof. W. hat ausgeführt, aus dem BAK-Wert von 2,36 g/l ergäbe sich ein Promillewert von 1,916. Aus der Tatsache, daß nicht festgehalten sei, wann die Blutabnahme erfolgt sei, lasse sich nicht auf einen Eingabefehler bei Auswertung der Blutprobe schließen. Markierte Entnahmezeiten würden wie die angeforderten Untersuchungen von einem Markierungsbelegleser gelesen und gelangten so in das Labor-EDV-System. Eine markierte Abnahmezeit müsse also nicht vom Laborpersonal manuell über Tastatur eingegeben werden. Aus dem Fehlen der Zeitangabe sei nicht zu folgern, daß es zu einer Verwechslung der Blutproben gekommen sei. Dr. B. hat mit seiner Auskunft den von ihm nochmals in Durchschrift beigelegten Notarztbericht vom Notfalleinsatz am Unfallort bis zur Übergabe des Klägers an den Hubschrauber ergänzt. Der Senat hat sodann die Mitarbeiter der Firma B. J. V. und W. K. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 als Zeugen gehört und schließlich das gerichtsmedizinische Gutachten des Prof. B. vom 26. Juni 1998 mit Ergänzung vom 1. September 1998 eingeholt. Prof. B. hatte eine Rückfrage an Prof. E. vom Zentralklinikum des Krankenhauszweckverbandes A. gehalten – dem Nachfolger des Prof. W. der ihm am 13. Februar 1998 mitgeteilt hatte, die in seinem Labor ermittelten Alkoholwerte dienten ausschließlich der diagnostischen und therapeutischen Versorgung von Patienten des Zentralklinikums. Insbesondere die kaum beeinflußbare Art und Weise der Probeentnahme und Probevorbereitung sei für eine gerichtsmedizinische Auswertung nicht geeignet. Die Methode, die zur Alkoholbestimmung verwendet werde, entspreche zwar den Richtlinien der Laboratoriumsmedizin, jedoch nicht denen der Gerichtsmedizin. Seine Alkoholbestimmungen seien weder für gerichtsmedizinische Zwecke durchgeführt noch hierfür verwertbar. Daraufhin hat Prof. B. die Auffassung vertreten, daß die im Zentralklinikum A. angewandte Methode zwar grundsätzlich geeignet sei, zuverlässige Werte zu ermitteln, daß aber aufgrund der Unwägbarkeiten und der Angaben des Laboratoriums selbst keinesfalls gesagt werden könne, daß der konkret ermittelte BAK-Wert von 1,916 ‰ vorgelegen haben könne und auch nicht bewiesen werden könne, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Unfallzeitpunkt eine BAK von mindestens 1,1 ‰ vorgelegen habe. Zur Frage der relativen Fahruntüchtigkeit des Klägers hat er ausgeführt, aus rechtsmedizinischer Erfahrung ließen sich die Umstände des Unfallverlaufes im vorliegenden Fall auf das Vorliegen einer alkoholbedingten Enthemmung mit Überschätzung des Fahrvermögens in Verbindung mit nachlassender Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung zurückführen. Die Enthemmung führe zu überhöhter Geschwindigkeit, die Leistungsminderung zur Nichtbeachtung der Vorfahrtsregelung und zu inadäquaten Reaktionen beim Durchfahren einer Kurve mit anschließendem Abkommen auf die Gegenfahrbahn. Andere verkehrs- oder situationsbedingte Ursachen für das Verkehrsverhalten des Klägers seien der Akte nicht zu entnehmen. Die Art des Unfalles könne aus rechtsmedizinischer Sicht als alkoholbedingte Leistungseinbuße im Sinne einer Enthemmung, Störung der Aufmerksamkeit und der Feinmotorik gewertet werden. Wenn sich keine andere Ursache beispielsweise aus der Verkehrssituation für dieses Fehlverhalten ergebe, so bestehe aus rechtsmedizinischer Sicht kein vernünftiger Zweifel daran, daß das fehlerhafte Fahrverhalten alkoholbedingt gewesen sei. Letztlich sei es eine juristische und keine medizinische Einschätzung, ob eine relative Fahruntüchtigkeit vorgelegen habe.
Während der Kläger und die Beigeladene zum Gutachten geäußert haben, es rechtfertige nicht die Annahme, daß beim Kläger ein alkoholtypisches Fehlverhalten vorgelegen hat und beweise auch nicht, daß er alkoholbedingt absolut fahruntüchtig gewesen sei, ist die Beklagte der Ansicht, nach dem Gutachten sei beim Kläger eine alkoholbedingt eingetretene relative Fahruntüchtigkeit festzustellen, die auch allein wesentliche Unfallursache geworden sei.
Der Senat hat den Beiladungsbeschluß des SG vom 17. Januar 1995 dahingehend mit Beschluss vom 11. November 1998 korrigiert, daß es sich nicht um eine notwendige sondern um eine einfache Beiladung nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) handelt. Er hat die Beteiligten auf die daraus nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGG folgende beschränkte Antragsbefugnis der einfach Beigeladenen hingewiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Auf die zulässige Berufung der Beklagten war die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Klagen von Kläger und Beigeladener abzuweisen. Während das SG die vom Kläger eingelegte Klage als unbegründet hätte abweisen müssen, da entgegen der erstinstanzlichen Auffassung von einem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ausschließenden alkoholbedingten relativen Fahruntüchtigkeit des Klägers auszugehen, ist, hätte das Klagebegehren der Beigeladenen als unzulässig verworfen werden müssen. Denn die Beigeladene nach § 75 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGG nicht berechtigt, eigenständige Sachanträge vor dem SG zu stellen. Die Beigeladene hatte erstinstanzlich einen Leistungsantrag im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG geltend gemacht, der auf die Erstattung der von ihr an den Kläger erbrachten Leistungen dem Grunde nach gerichtet waren, was nach § 54 Abs. 5 i.V.m. § 130 SGG grundsätzlich möglich ist (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, Anm. 2 zu § 130). Ihre Beiladung war jedoch nicht – wie im Beschluss des SG vom 17. Januar 1995 angenommen – notwendig im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG. Es handelte sich vielmehr – wie vom Senat am 11. November 1998 beschlossen – um eine einfache Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 1 SGG. Denn die vom SG dem Kläger gegenüber zu treffende Entscheidung über die Anerkennung und Entschädigung des Unfallereignisses vom 5. Juni 1992 betrifft einen anderen Streitgegenstand als das von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsbegehren und die ergehende Gerichtsentscheidung hat auf das Bestehen eines eventuellen Erstattungsanspruches der Beklagten als anderen Leistungsträger gegenüber der am Prozeß beteiligten Beklagten keinen Einfluß. Wegen der Eigenständigkeit der Erstattungsansprüche kann der am Prozeß nicht beteiligte Leistungsträger auch dann den von ihm geltend gemachten Erstattungsanspruch gerichtlich durchsetzen, wenn der Versicherte im Rechtsstreit gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger keinen Erfolg gehabt hat (BSGE 68, 66; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 5 zu § 75). Es kommt daher zu keiner notwendigerweise einheitlich zu treffenden Entscheidung gegenüber Kläger/Beklagter und Beigeladener, wie dies für eine im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG notwendige Beiladung zu fordern wäre. Der Senat mußte nicht entscheiden, ob der Kläger sich von M. aus auf dem Heimweg nach P. befand, wie die Beschäftigungsfirma F. S. K. und M. auf der Unfallmeldung vom 10. Juni 1992 und in der ergänzenden telefonischen Mitteilung vom 9. Juni 1992 sowie der Vater des Klägers der Beklagten gegenüber am 27. Juli 1992 telefonisch mitgeteilt hatten, oder noch eine weitere Montagestelle in M. aufsuchen wollte, was der Zeuge J. V. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 bekundet hat. Denn der Kläger befand sich nach jeder der beiden Sachverhaltsvarianten auf einem versicherten Weg entweder als Dienstweg im Sinne des § 539 Abs. 1 Ziffer 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) auf einem Weg zu einer weiteren Montagestelle in M. oder auf dem Rückweg von der Arbeit nach Hause im Sinne eines Weges nach § 550 RVO. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich dabei noch nach den Vorschriften der RVO, da das Arbeitsunfallereignis vor Inkrafttreten des das gesetzliche Unfallversicherungsrecht neu regelnden Sozialgesetzbuchs – 7. Band – am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz, § 212 SGB 7).
Eine auf Alkoholgenuß zurückzuführende Fahruntüchtigkeit des Versicherten schließt den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf Dienstfahrten wie auch auf dem Hinweg zur und dem Rückweg von der Arbeitsstätte aus, wenn sie unternehmensbedingte Umstände derart in den Hintergrund drängt, daß sie als die rechtlich allein wesentliche Ursache eines Unfalles anzusehen ist. Davon ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auszugehen, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens anzunehmen ist, daß ein nicht unter Alkoholeinfluß stehender Verkehrsteilnehmer bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 487 m, n, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach der neuesten Rechtsprechung des BSG in Übereinstimmung mit dem Strafrecht ab einer BAK von 1,1 ‰ beginnt (Urteil des BSG vom 25. November 1992, Az.: 2 RU 40/91; Urteil des Senats vom 15. Juli 1992, Az.: L-3/U – 1434/87), ist ohne besondere Beweisanzeichen allein aufgrund der erreichten BAK von einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit auszugehen. Bei nur relativer Fahruntüchtigkeit, die bei einer BAK von unter 1,1 ‰ angenommen werden kann, ist das Bestehen einer durch Alkohol hervorgerufenen Fahruntüchtigkeit besonders festzustellen. Als Beweisanzeichen für die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit als Unfallursache werden neben dem Ausmaß der Alkoholbeeinflussung auch das Abkommen von der Fahrbahn bei normaler Verkehrslage sowie vernunftwidriges Verhalten und überhöhte Geschwindigkeit angesehen (Brackmann, a.a.O., S. 488 e I, f m.w.N.). Erst wenn bei einem Unfall eine auf Alkoholgenuß beruhende Fahruntüchtigkeit absolut oder relativ festgestellt worden ist, darf die weitere Entscheidung getroffen werden, ob sie neben anderen Ursachen die rechtlich allem wesentliche Ursache gewesen ist (BSG, Urteil vom 27. Juni 1984, Az.: 9 RU 86/83). Läßt sich ein klares Beweisergebnis über die Ursache eines Unfalls, der einen unter Alkoholeinfluß stehenden Verkehrsteilnehmer betroffen hat, nicht erzielen, so spricht nach der Auffassung des BSG die Lebenserfahrung dafür, daß die auf Alkoholbeeinflussung beruhende Fahruntüchtigkeit den Unfall verursacht hat (sog. Beweis des ersten Anscheins; vgl. Brackmann, a.a.O., S. 488 f, Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, S. 9 zur Ziffer 120). Kommt für einen auf einem grundsätzlich versicherten Weg erlittenen Verkehrsunfall alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit als (Mit)ursache in Betracht, so ist die Beweislast in der Weise verteilt, daß sie in der Regel der Versicherungsträger für das Vorliegen und die (Mit)ursächlichkeit der Fahruntüchtigkeit trägt, dagegen der Versicherte für das Vorliegen und die (Mit)ursächlichkeit betriebsbezogener Umstände und Wegegefahren (BSGE 43, 110; Lauterbach-Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, S. 279–2).
Wie bereits die erstinstanzliche Entscheidung konnte der Senat eine absolute Fahruntüchtigkeit des Klägers nach ergänzender Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht feststellen. Nach Mitteilung des Prof. W. vom 24. September 1997 ist zwar die mit einem BAK-Wert von 2,36 g/l – entsprechend einem Promillewert von 1,916 – bestimmte Blutprobe dem Kläger zuzuordnen und der Verdacht einer Verwechslung nicht begründet, auch wenn die Entnahmezeit nicht festgehalten worden ist. Sein Nachfolger Prof. E. hat – wie bereits Prof. W. zuvor – am 13. Februar 1998 dem Sachverständigen Prof. B. gegenüber erneut klargestellt, daß die im Labor des Zentralklinikums Augsburg ermittelten Alkoholwerte ausschließlich der diagnostischen und therapeutischen Patientenversorgung dienen und eine gerichtsmedizinische Verwertbarkeit nicht erlauben. Prof. B. hat daraufhin in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Dr. H. vom 8. Oktober 1992, des Prof. W. vom 26. Januar 1993 und 24. September 1997 und des Prof. L. vom 28. April 1993 aus dem Verwaltungsverfahren dargelegt, daß diesen Laborangaben zufolge nicht davon auszugehen ist, daß beim Kläger der konkret ermittelte BAK-Wert von 1,916 ‰ vorhanden war und daß ebensowenig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer BAK beim Kläger von zumindest 1,1 ‰ zum Unfallzeitpunkt auszugehen ist.
In Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. B. vom 26. Juni 1998 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 1998 begründen Unfallhergang und -verlauf jedoch die Überzeugung des Senats, daß der Kläger alkoholbedingt relativ fahruntüchtig gewesen ist. Da eine Verwechslung der Blutprobe ausscheidet, mußte der Senat von einer Alkoholisierung des Klägers zum Unfallzeitpunkt – in welcher Höhe auch immer – ausgehen. Dieser Annahme steht nicht entgegen, daß den Zeugen V. und K. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 eine Alkoholisierung des Klägers nicht aufgefallen ist und im Betrieb Alkohol nicht erhältlich war. Sie haben im Verlaufe der Montagearbeiten nur vereinzelt (der Zeuge K. zweimal, der Zeuge V. drei- oder viermal) Kontakt mit dem Kläger gehabt, wußten nicht zu sagen, ob er das Betriebsgelände zwischenzeitlich Verlassen hatte oder Alkohol im Montagewagen mit sich führte. Daß er seine Arbeit ohne Beanstandung verrichtet hatte, besagt nichts zum Ausmaß seiner Alkoholisierung. Denn einerseits ist eine Alkoholisierung des Klägers im Grade einer absoluten Fahruntüchtigkeit nicht erwiesen, zum anderen ist aus den von der BfA beigezogenen Unterlagen bekannt, daß der Kläger bereits früher nicht abstinent gelebt hatte und Alkohol gewohnt war.
Der Kläger verließ – wie dem ihm am Unfalltag nur zweimal flüchtig begegnenden Zeugen W. K. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 etwa 6 ½ Jahre nach dem Unfall noch deutlich erinnerlich – mit auffallend hoher Geschwindigkeit das Gelände der Firma B. und verunglückte unmittelbar im Anschluß nur wenige 100 m vom Firmengelände entfernt. Bei dem Versuch, aus der untergeordneten B. in die deutlich breitere, mit Mittelstreifen versehene W. Straße einzubiegen, kam es zum Unfall. Der Kläger mißachtete nicht nur das ihm "Vorfahrt achten” gebietende Verkehrszeichen. Er begann laut polizeilicher Unfallskizze mit einem Bremsmanöver erst kurz vor der Wartelinie, die er ohne anzuhalten überfuhr. Trotz des verspäteten Bremsmanövers war entweder seine Geschwindigkeit noch so hoch oder sein Reaktionsvermögen so reduziert, daß er die in seine Fahrtrichtung führende breite Fahrbahnhälfte der W. Straße nicht einzuhalten vermochte, vielmehr unmittelbar auf die Gegenfahrbahn geriet und auch diese noch so weit in Anspruch nahm, daß der Fahrer des Lkw K. H. R. trotz einer sofortigen Vollbremsung und eines Ausweichmanövers in den rechten Straßengraben einen Frontalzusammenstoß nicht mehr vermeiden konnte. Dies hat der Lkw-Fahrer in Übereinstimmung mit den weiteren Unfallzeugen A. P. und P. S. laut Zeugenaussagen in der polizeilichen Unfallakte angegeben, wobei auch den Zeugen P. und S. die schnelle Fahrweise und das Nichtanhalten des zum Beachten der Vorfahrt verpflichteten Klägers besonders auffiel. Die Unfallstelle war gut zu übersehen, wie der polizeilichen Unfallskizze und den beigefügten Fotos zu entnehmen ist. Prof. B. zufolge führt die Alkoholisierung von Verkehrsteilnehmern regelhaft zu Enthemmungserscheinungen und zur Überschätzung ihres Fahrvermögens. In Verbindung mit einer alkoholbedingt nachlassenden Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung verführt die Enthemmung zu Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit. Dies hat wiederum – wie im Falle des Klägers – zur Konsequenz, daß Vorfahrtregelungen unbeachtet bleiben und es zu nicht mehr angepaßten Reaktionen beim Durchfahren einer Kurve kommt. Wäre der Kläger bei im übrigen angepaßter Geschwindigkeit – selbst unter Mißachtung der Vorfahrt – auf die für ihn in Richtung Autobahn führende Fahrbahn der Wemdinger Straße eingebogen, wäre der Unfall nicht passiert. Die Vielzahl und das Ausmaß seiner Verkehrsverstöße ließ ihn indessen geradewegs auf die Gegenfahrbahn gelangen, wo es zur Kollision mit dem Lkw kam.
Aus den Akten oder sonstigen Umständen sind keine Konkurrenzursachen, die für den Unfall wesentlich (mit) ursächlich geworden sein könnten, erkennbar. Die Verkehrssituation, der Zustand der Fahrzeuge oder der Straße, das Wetter oder andere üblicherweise unfallrelevante Faktoren sind nicht erkennbar unfallursächlich geworden. Der Lkw-Fahrer R. hat kein Fehlverhalten gezeigt, konnte vielmehr trotz äußerster Bemühungen den Unfall nicht vermeiden. Straßen- und Wetterverhältnisse waren einwandfrei. Defekte am Fahrzeug des Klägers oder an dem Lkw des Zeugen R. sind nicht bekannt geworden. Das konkrete Unfallgeschehen ist danach – so im Ergebnis auch Prof. B. – allein wesentlich infolge einer alkoholbedingten Leistungseinbuße des Klägers im Sinne einer Enthemmung, einer Störung der Aufmerksamkeit und der Feinmotorik erklärbar. Die Beklagte hat den Verkehrsunfall des Klägers vom 5. Juni 1992 daher zu Recht als nicht gesetzlich unfallversichert angesehen. Die anders lautende erstinstanzliche Entscheidung ist durch die ergänzenden Ermittlungen im Berufungsverfahren widerlegt, wonach eine relative alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Klägers als allein wesentliche Unfallursache anzusehen ist. Die erstinstanzliche Entscheidung war daher auf die Berufung der Beklagten hin sowohl hinsichtlich ihrer Verurteilung gegenüber dem Kläger als auch gegenüber der Beigeladenen aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Verkehrsunfalles vom 5. Juni 1992 als Arbeitsunfall.
Der mittlerweile 52jährige Kläger war seit dem 2. April 1992 als Monteur von Hebebühnen bei der Firma F. in P. beschäftigt. Am 5. Juni 1992 hatte er den Auftrag, eine Hebebühne bei der Firma Gebrüder B. in M. zu montieren. Nachdem er diesen Auftrag ausgeführt hatte, verließ er mit dem Firmenbus, einem Mazda-Kombi, das Firmengelände und stieß gegen 14(30) Uhr nur wenige 100 m vom Betrieb entfernt beim Einbiegen von der B. in die vorfahrtberechtigte W. Straße mit einem entgegenkommenden Lkw zusammen. Dabei zog er sich mehrfache Schädelfrakturen, eine Skalpierungsverletzung, ein Schädel-Hirn-Trauma 2. Grades sowie Frakturen der Beine zu, wie dem Durchgangsarztbericht des Prof. R. Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Krankenhauszweckverband A. vom 15. Juni 1992 zu entnehmen ist. Er wurde am Unfallort notärztlich versorgt und anschließend per Hubschrauber ins Klinikum A. transportiert, wo ihm nachfolgend noch das rechte Bein im Oberschenkel amputiert werden müßte. Wegen der schweren Hirnverletzungen wurde sein Vater zu seinem Betreuer bestellt.
Nachdem die Polizei am Unfallort keine Blutalkoholbestimmung veranlaßt hatte (Auskunft der Polizeiinspektion D. vom 26. Juni 1992), ergab die Alkoholspiegelfeststellung in der Chirurgie des Zentralklinikums A. einen Alkoholgehalt von 2,36 g/l. Nach Mitteilung des Prof. Rüther vom 23. Juli 1992 erfolgte die BAK-Bestimmung lediglich im Zuge der allgemeinen Untersuchung, wobei als Desinfektionsmittel Dibromol verwendet worden sei. Die Beklagte zog neben den bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) über den Kläger vorhandenen Unterlagen mit Hinweisen auf Alkoholprobleme des Klägers in der Vergangenheit die Verkehrsunfallakte der Polizeiinspektion D. von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht A. bei. Darin heißt es, der Kläger sei beim Einbiegen in die W. Straße nach rechts auf die Gegenfahrbahn gekommen und dort frontal mit dem entgegenkommenden Lkw zusammengestoßen. Offensichtlich habe der Kläger die Einmündung zu spät erkannt oder sei zu schnell gefahren, denn kurz vor der Wartelinie habe seine Bremsspur begonnen. Eine Alkoholüberprüfung habe wegen der schweren Verletzungen des Klägers nicht durchgeführt werden können. Ein Angestellter der Firma B. habe an der Unfallstelle angegeben, daß anläßlich eines kurz vor dem Unfall mit dem Kläger geführten Gespräches keinerlei Alkoholbeeinflussung beim Kläger festzustellen gewesen sei. Der Fahrer des Lkw habe den Unfall nicht vermeiden können. Der Kläger wurde als "verkehrstüchtig” bezeichnet. Als Zeugen wurden am 6. Juni 1992 A. P. und P. S. sowie am 4. Juli 1992 der Lkw-Fahrer K. H. R. zum Unfallhergang gehört. Die erstgenannten Zeugen gaben an, der auf die W. Straße einfahrende Pkw-Kombi des Klägers sei ziemlich schnell gefahren und ohne anzuhalten von der untergeordneten B. in die W. Straße eingebogen und dabei auf die Gegenfahrbahn gekommen. Im gleichen Augenblick sei auf der W. Straße ein größerer Lkw entgegengekommen und mit dem Pkw frontal zusammengestoßen. Der Zeuge R. gab an, der Kläger sei ohne anzuhalten in die W. Straße eingebogen und auf seine Fahrbahnseite hinübergekommen, so daß er trotz einer sofortigen Vollbremsung und eines Ausweichens in den rechten Straßengraben einen Zusammenprall nicht mehr habe vermeiden können. Sodann holte die Beklagte Auskünfte des Rechtsmediziners Dr. H. vom 8. Oktober 1992 und des Prof. L. Rechtsmedizinisches Institut der Universität E. vom 28. April 1993 sowie eine Mitteilung des Prof. W. vom Zentrallabor des Klinikums A. vom 26. Januar 1993 ein. Dr. H. vertrat die Auffassung, daß die BAK-Feststellung in der getroffenen Weise rechtlich nicht verwertbar sei. Prof. L. schloß sich dieser Einschätzung an. Prof. W. äußerte, da die Abnahmezeit der Blutprobe, aus der der Alkoholwert ermittelt worden sei, von der Notaufnahme der Klinik nicht festgehalten worden sei, könne eine zeitliche Zuordnung nicht getroffen werden. In der ergänzenden telefonischen Mitteilung des Kliniklabors vom 3. Mai 1993 heißt es, daß die Blutprobe des Klägers nicht mehr vorhanden sei. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 21. Mai 1993 die Gewährung von Entschädigungsleistungen an den Kläger aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 5. Juni 1992 ab. Er habe sich zwar auf einem versicherten Weg befunden, sei aber absolut fahruntüchtig gewesen, worin die allein wesentliche Unfallursache zu sehen sei. Der Kläger habe unter erheblichem Alkoholeinfluß gestanden. Die durchgeführte BAK-Bestimmung habe einen BAK-Gehalt von weit über 1,1 ‰ ergeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1993 verblieb die Beklagte bei dieser Entscheidung.
Der Kläger erhob am 16. November 1993 vor dem Sozialgericht Kassel (SG) Klage, welches die Technikerkrankenkasse durch Beschluss vom 17. Januar 1995 nach § 75 Abs. 2 zum Verfahren beigeladen hat. Kläger und Beigeladene haben übereinstimmend die Auffassung vertreten, daß die Beklagte nicht bewiesen habe, daß der Kläger absolut oder zumindest relativ alkoholbedingt fahruntüchtig gewesen sei. Mit Urteil vom 4. Juli 1995 hat das SG sich dieser Auffassung angeschlossen und die Beklagte zur Gewährung von Entschädigungsleistungen dem Kläger gegenüber verurteilt sowie zur Begleichung der Erstattungsansprüche der Beigeladenen. Der Kläger sei auf der Rückfahrt nach P. auf dem Heimweg versichert unterwegs gewesen und eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit sei zu Lasten der Beklagten nicht bewiesen. Die nicht nach den Vorgaben des Bundesgesundheitsamtes durchgeführte BAK-Bestimmung im Zentrallabor des Klinikums A. sei für sich alleine genommen ohne Beweiswert, zumal der Zeitpunkt der Abnahme der Blutprobe nicht festgehalten worden sei. Von einem gesicherten BAK-Wert von 1,1 ‰ oder mehr könne danach nicht ausgegangen werden. Es bestünden auch keine eindeutigen Beweisanzeichen für eine alkoholbedingte Fahrweise des Klägers im übrigen. Daß sich aus den von Seiten der BfA beigezogenen Unterlagen Hinweise auf frühere Alkoholprobleme des Klägers ergäben, sei für die Entscheidung ohne Bedeutung. Denkbar sei, daß der Kläger durch sommerliche Witterungseinflüsse und/oder einen Leistungsabfall in der Mittagszeit zu seiner unkontrollierten Fahrweise veranlaßt worden sei. Abgesehen von der Blutprobe hätten sich keine Anhaltspunkte für einen Alkoholeinfluß zum Unfallzeitpunkt ergeben. Die Polizei habe keine Notwendigkeit für eine Blutentnahme gesehen, der Kläger sei als verkehrstüchtig beschrieben worden. Die Mitarbeiter der Firma B. hätten keine Beobachtungen gemacht, daß der Kläger Alkohol zu sich genommen habe. Gegen das ihr am 25. Juli 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. August 1995 Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, der BAK-Gehalt von 2,36 g/l ergäbe mit Sicherheit zumindest einen Promillewert von 1,1 und rechtfertige damit den Schluß auf eine beim Kläger bestehende alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit. Werde das Standardverfahren zur BAK-Bestimmung nicht eingehalten, so könne die Einzelanalyse in freier Beweis Würdigung unter Berücksichtigung der konkreten Analyseumstände und eines großzügigen Sicherheitszuschlages bei Beachtung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bestimmung der BAK herangezogen werden. Zumindest müsse aber aus den Umständen des Unfalles auf eine alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Klägers geschlossen werden. Er sei unbestritten alkoholisiert gewesen, unter Verletzung der Vorfahrt zu schnell und ohne anzuhalten von der untergeordneten B. in die W. Straße eingebogen und dabei auf die Gegenfahrbahn gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe er erst kurz vorher die Heimfahrt angetreten und es dürfe vorausgesetzt werden, daß er zu diesem Zeitpunkt trotz Witterungseinflüssen und Leistungsabfall in der Mittagszeit noch ausreichend frisch gewesen sei, um wenigstens die Anfangsphase der Heimfahrt verkehrstüchtig zu beginnen. Wenn es dann trotzdem kurz nach Fahrtantritt zum Unfall gekommen sei, spreche alles dafür, daß der Alkohol am Zustandekommen des Unfalles die allein entscheidende Bedingung gewesen sei. Eine Alkoholüberprüfung an der Unfallstelle sei wegen der schweren Verletzungen nicht durchgeführt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4. Juli 1995 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend, wonach die BAK-Bestimmung im Zentrallabor des Klinikums A. nicht gerichtsverwertbar sei und auch eine relative Fahruntüchtigkeit infolge eines alkoholtypischen Fehl Verhaltens nicht erwiesen sei. Auch die Beigeladene vertritt diese Auffassung. Der Kläger selbst kann nach Angaben seines Vaters und des behandelnden Hausarztes Dr. S. wegen der schweren Unfallverletzungen keine Angaben zu seinem Tätigwerden am Unfalltag und zum Hergang des Unfalles machen.
Der Senat hat die kompletten Behandlungsunterlagen des Klägers vom Krankenhauszweckverband A. beigezogen sowie ein Protokoll der ADAC-Luftrettung GmbH vom 5. Juni 1992 über den Hubschraubertransport des Klägers zum Klinikum nach A ... Er hat Auskünfte des Prof. W. vom 24. September 1997 und des Notarztes Dr. B. vom 27. November 1997 eingeholt. Prof. W. hat ausgeführt, aus dem BAK-Wert von 2,36 g/l ergäbe sich ein Promillewert von 1,916. Aus der Tatsache, daß nicht festgehalten sei, wann die Blutabnahme erfolgt sei, lasse sich nicht auf einen Eingabefehler bei Auswertung der Blutprobe schließen. Markierte Entnahmezeiten würden wie die angeforderten Untersuchungen von einem Markierungsbelegleser gelesen und gelangten so in das Labor-EDV-System. Eine markierte Abnahmezeit müsse also nicht vom Laborpersonal manuell über Tastatur eingegeben werden. Aus dem Fehlen der Zeitangabe sei nicht zu folgern, daß es zu einer Verwechslung der Blutproben gekommen sei. Dr. B. hat mit seiner Auskunft den von ihm nochmals in Durchschrift beigelegten Notarztbericht vom Notfalleinsatz am Unfallort bis zur Übergabe des Klägers an den Hubschrauber ergänzt. Der Senat hat sodann die Mitarbeiter der Firma B. J. V. und W. K. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 als Zeugen gehört und schließlich das gerichtsmedizinische Gutachten des Prof. B. vom 26. Juni 1998 mit Ergänzung vom 1. September 1998 eingeholt. Prof. B. hatte eine Rückfrage an Prof. E. vom Zentralklinikum des Krankenhauszweckverbandes A. gehalten – dem Nachfolger des Prof. W. der ihm am 13. Februar 1998 mitgeteilt hatte, die in seinem Labor ermittelten Alkoholwerte dienten ausschließlich der diagnostischen und therapeutischen Versorgung von Patienten des Zentralklinikums. Insbesondere die kaum beeinflußbare Art und Weise der Probeentnahme und Probevorbereitung sei für eine gerichtsmedizinische Auswertung nicht geeignet. Die Methode, die zur Alkoholbestimmung verwendet werde, entspreche zwar den Richtlinien der Laboratoriumsmedizin, jedoch nicht denen der Gerichtsmedizin. Seine Alkoholbestimmungen seien weder für gerichtsmedizinische Zwecke durchgeführt noch hierfür verwertbar. Daraufhin hat Prof. B. die Auffassung vertreten, daß die im Zentralklinikum A. angewandte Methode zwar grundsätzlich geeignet sei, zuverlässige Werte zu ermitteln, daß aber aufgrund der Unwägbarkeiten und der Angaben des Laboratoriums selbst keinesfalls gesagt werden könne, daß der konkret ermittelte BAK-Wert von 1,916 ‰ vorgelegen haben könne und auch nicht bewiesen werden könne, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Unfallzeitpunkt eine BAK von mindestens 1,1 ‰ vorgelegen habe. Zur Frage der relativen Fahruntüchtigkeit des Klägers hat er ausgeführt, aus rechtsmedizinischer Erfahrung ließen sich die Umstände des Unfallverlaufes im vorliegenden Fall auf das Vorliegen einer alkoholbedingten Enthemmung mit Überschätzung des Fahrvermögens in Verbindung mit nachlassender Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung zurückführen. Die Enthemmung führe zu überhöhter Geschwindigkeit, die Leistungsminderung zur Nichtbeachtung der Vorfahrtsregelung und zu inadäquaten Reaktionen beim Durchfahren einer Kurve mit anschließendem Abkommen auf die Gegenfahrbahn. Andere verkehrs- oder situationsbedingte Ursachen für das Verkehrsverhalten des Klägers seien der Akte nicht zu entnehmen. Die Art des Unfalles könne aus rechtsmedizinischer Sicht als alkoholbedingte Leistungseinbuße im Sinne einer Enthemmung, Störung der Aufmerksamkeit und der Feinmotorik gewertet werden. Wenn sich keine andere Ursache beispielsweise aus der Verkehrssituation für dieses Fehlverhalten ergebe, so bestehe aus rechtsmedizinischer Sicht kein vernünftiger Zweifel daran, daß das fehlerhafte Fahrverhalten alkoholbedingt gewesen sei. Letztlich sei es eine juristische und keine medizinische Einschätzung, ob eine relative Fahruntüchtigkeit vorgelegen habe.
Während der Kläger und die Beigeladene zum Gutachten geäußert haben, es rechtfertige nicht die Annahme, daß beim Kläger ein alkoholtypisches Fehlverhalten vorgelegen hat und beweise auch nicht, daß er alkoholbedingt absolut fahruntüchtig gewesen sei, ist die Beklagte der Ansicht, nach dem Gutachten sei beim Kläger eine alkoholbedingt eingetretene relative Fahruntüchtigkeit festzustellen, die auch allein wesentliche Unfallursache geworden sei.
Der Senat hat den Beiladungsbeschluß des SG vom 17. Januar 1995 dahingehend mit Beschluss vom 11. November 1998 korrigiert, daß es sich nicht um eine notwendige sondern um eine einfache Beiladung nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) handelt. Er hat die Beteiligten auf die daraus nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGG folgende beschränkte Antragsbefugnis der einfach Beigeladenen hingewiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Auf die zulässige Berufung der Beklagten war die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Klagen von Kläger und Beigeladener abzuweisen. Während das SG die vom Kläger eingelegte Klage als unbegründet hätte abweisen müssen, da entgegen der erstinstanzlichen Auffassung von einem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ausschließenden alkoholbedingten relativen Fahruntüchtigkeit des Klägers auszugehen, ist, hätte das Klagebegehren der Beigeladenen als unzulässig verworfen werden müssen. Denn die Beigeladene nach § 75 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGG nicht berechtigt, eigenständige Sachanträge vor dem SG zu stellen. Die Beigeladene hatte erstinstanzlich einen Leistungsantrag im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG geltend gemacht, der auf die Erstattung der von ihr an den Kläger erbrachten Leistungen dem Grunde nach gerichtet waren, was nach § 54 Abs. 5 i.V.m. § 130 SGG grundsätzlich möglich ist (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, Anm. 2 zu § 130). Ihre Beiladung war jedoch nicht – wie im Beschluss des SG vom 17. Januar 1995 angenommen – notwendig im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG. Es handelte sich vielmehr – wie vom Senat am 11. November 1998 beschlossen – um eine einfache Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 1 SGG. Denn die vom SG dem Kläger gegenüber zu treffende Entscheidung über die Anerkennung und Entschädigung des Unfallereignisses vom 5. Juni 1992 betrifft einen anderen Streitgegenstand als das von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsbegehren und die ergehende Gerichtsentscheidung hat auf das Bestehen eines eventuellen Erstattungsanspruches der Beklagten als anderen Leistungsträger gegenüber der am Prozeß beteiligten Beklagten keinen Einfluß. Wegen der Eigenständigkeit der Erstattungsansprüche kann der am Prozeß nicht beteiligte Leistungsträger auch dann den von ihm geltend gemachten Erstattungsanspruch gerichtlich durchsetzen, wenn der Versicherte im Rechtsstreit gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger keinen Erfolg gehabt hat (BSGE 68, 66; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 5 zu § 75). Es kommt daher zu keiner notwendigerweise einheitlich zu treffenden Entscheidung gegenüber Kläger/Beklagter und Beigeladener, wie dies für eine im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG notwendige Beiladung zu fordern wäre. Der Senat mußte nicht entscheiden, ob der Kläger sich von M. aus auf dem Heimweg nach P. befand, wie die Beschäftigungsfirma F. S. K. und M. auf der Unfallmeldung vom 10. Juni 1992 und in der ergänzenden telefonischen Mitteilung vom 9. Juni 1992 sowie der Vater des Klägers der Beklagten gegenüber am 27. Juli 1992 telefonisch mitgeteilt hatten, oder noch eine weitere Montagestelle in M. aufsuchen wollte, was der Zeuge J. V. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 bekundet hat. Denn der Kläger befand sich nach jeder der beiden Sachverhaltsvarianten auf einem versicherten Weg entweder als Dienstweg im Sinne des § 539 Abs. 1 Ziffer 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) auf einem Weg zu einer weiteren Montagestelle in M. oder auf dem Rückweg von der Arbeit nach Hause im Sinne eines Weges nach § 550 RVO. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich dabei noch nach den Vorschriften der RVO, da das Arbeitsunfallereignis vor Inkrafttreten des das gesetzliche Unfallversicherungsrecht neu regelnden Sozialgesetzbuchs – 7. Band – am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz, § 212 SGB 7).
Eine auf Alkoholgenuß zurückzuführende Fahruntüchtigkeit des Versicherten schließt den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf Dienstfahrten wie auch auf dem Hinweg zur und dem Rückweg von der Arbeitsstätte aus, wenn sie unternehmensbedingte Umstände derart in den Hintergrund drängt, daß sie als die rechtlich allein wesentliche Ursache eines Unfalles anzusehen ist. Davon ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auszugehen, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens anzunehmen ist, daß ein nicht unter Alkoholeinfluß stehender Verkehrsteilnehmer bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 487 m, n, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach der neuesten Rechtsprechung des BSG in Übereinstimmung mit dem Strafrecht ab einer BAK von 1,1 ‰ beginnt (Urteil des BSG vom 25. November 1992, Az.: 2 RU 40/91; Urteil des Senats vom 15. Juli 1992, Az.: L-3/U – 1434/87), ist ohne besondere Beweisanzeichen allein aufgrund der erreichten BAK von einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit auszugehen. Bei nur relativer Fahruntüchtigkeit, die bei einer BAK von unter 1,1 ‰ angenommen werden kann, ist das Bestehen einer durch Alkohol hervorgerufenen Fahruntüchtigkeit besonders festzustellen. Als Beweisanzeichen für die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit als Unfallursache werden neben dem Ausmaß der Alkoholbeeinflussung auch das Abkommen von der Fahrbahn bei normaler Verkehrslage sowie vernunftwidriges Verhalten und überhöhte Geschwindigkeit angesehen (Brackmann, a.a.O., S. 488 e I, f m.w.N.). Erst wenn bei einem Unfall eine auf Alkoholgenuß beruhende Fahruntüchtigkeit absolut oder relativ festgestellt worden ist, darf die weitere Entscheidung getroffen werden, ob sie neben anderen Ursachen die rechtlich allem wesentliche Ursache gewesen ist (BSG, Urteil vom 27. Juni 1984, Az.: 9 RU 86/83). Läßt sich ein klares Beweisergebnis über die Ursache eines Unfalls, der einen unter Alkoholeinfluß stehenden Verkehrsteilnehmer betroffen hat, nicht erzielen, so spricht nach der Auffassung des BSG die Lebenserfahrung dafür, daß die auf Alkoholbeeinflussung beruhende Fahruntüchtigkeit den Unfall verursacht hat (sog. Beweis des ersten Anscheins; vgl. Brackmann, a.a.O., S. 488 f, Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, S. 9 zur Ziffer 120). Kommt für einen auf einem grundsätzlich versicherten Weg erlittenen Verkehrsunfall alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit als (Mit)ursache in Betracht, so ist die Beweislast in der Weise verteilt, daß sie in der Regel der Versicherungsträger für das Vorliegen und die (Mit)ursächlichkeit der Fahruntüchtigkeit trägt, dagegen der Versicherte für das Vorliegen und die (Mit)ursächlichkeit betriebsbezogener Umstände und Wegegefahren (BSGE 43, 110; Lauterbach-Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, S. 279–2).
Wie bereits die erstinstanzliche Entscheidung konnte der Senat eine absolute Fahruntüchtigkeit des Klägers nach ergänzender Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht feststellen. Nach Mitteilung des Prof. W. vom 24. September 1997 ist zwar die mit einem BAK-Wert von 2,36 g/l – entsprechend einem Promillewert von 1,916 – bestimmte Blutprobe dem Kläger zuzuordnen und der Verdacht einer Verwechslung nicht begründet, auch wenn die Entnahmezeit nicht festgehalten worden ist. Sein Nachfolger Prof. E. hat – wie bereits Prof. W. zuvor – am 13. Februar 1998 dem Sachverständigen Prof. B. gegenüber erneut klargestellt, daß die im Labor des Zentralklinikums Augsburg ermittelten Alkoholwerte ausschließlich der diagnostischen und therapeutischen Patientenversorgung dienen und eine gerichtsmedizinische Verwertbarkeit nicht erlauben. Prof. B. hat daraufhin in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Dr. H. vom 8. Oktober 1992, des Prof. W. vom 26. Januar 1993 und 24. September 1997 und des Prof. L. vom 28. April 1993 aus dem Verwaltungsverfahren dargelegt, daß diesen Laborangaben zufolge nicht davon auszugehen ist, daß beim Kläger der konkret ermittelte BAK-Wert von 1,916 ‰ vorhanden war und daß ebensowenig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer BAK beim Kläger von zumindest 1,1 ‰ zum Unfallzeitpunkt auszugehen ist.
In Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. B. vom 26. Juni 1998 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 1998 begründen Unfallhergang und -verlauf jedoch die Überzeugung des Senats, daß der Kläger alkoholbedingt relativ fahruntüchtig gewesen ist. Da eine Verwechslung der Blutprobe ausscheidet, mußte der Senat von einer Alkoholisierung des Klägers zum Unfallzeitpunkt – in welcher Höhe auch immer – ausgehen. Dieser Annahme steht nicht entgegen, daß den Zeugen V. und K. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 eine Alkoholisierung des Klägers nicht aufgefallen ist und im Betrieb Alkohol nicht erhältlich war. Sie haben im Verlaufe der Montagearbeiten nur vereinzelt (der Zeuge K. zweimal, der Zeuge V. drei- oder viermal) Kontakt mit dem Kläger gehabt, wußten nicht zu sagen, ob er das Betriebsgelände zwischenzeitlich Verlassen hatte oder Alkohol im Montagewagen mit sich führte. Daß er seine Arbeit ohne Beanstandung verrichtet hatte, besagt nichts zum Ausmaß seiner Alkoholisierung. Denn einerseits ist eine Alkoholisierung des Klägers im Grade einer absoluten Fahruntüchtigkeit nicht erwiesen, zum anderen ist aus den von der BfA beigezogenen Unterlagen bekannt, daß der Kläger bereits früher nicht abstinent gelebt hatte und Alkohol gewohnt war.
Der Kläger verließ – wie dem ihm am Unfalltag nur zweimal flüchtig begegnenden Zeugen W. K. im Erörterungstermin vom 13. November 1997 etwa 6 ½ Jahre nach dem Unfall noch deutlich erinnerlich – mit auffallend hoher Geschwindigkeit das Gelände der Firma B. und verunglückte unmittelbar im Anschluß nur wenige 100 m vom Firmengelände entfernt. Bei dem Versuch, aus der untergeordneten B. in die deutlich breitere, mit Mittelstreifen versehene W. Straße einzubiegen, kam es zum Unfall. Der Kläger mißachtete nicht nur das ihm "Vorfahrt achten” gebietende Verkehrszeichen. Er begann laut polizeilicher Unfallskizze mit einem Bremsmanöver erst kurz vor der Wartelinie, die er ohne anzuhalten überfuhr. Trotz des verspäteten Bremsmanövers war entweder seine Geschwindigkeit noch so hoch oder sein Reaktionsvermögen so reduziert, daß er die in seine Fahrtrichtung führende breite Fahrbahnhälfte der W. Straße nicht einzuhalten vermochte, vielmehr unmittelbar auf die Gegenfahrbahn geriet und auch diese noch so weit in Anspruch nahm, daß der Fahrer des Lkw K. H. R. trotz einer sofortigen Vollbremsung und eines Ausweichmanövers in den rechten Straßengraben einen Frontalzusammenstoß nicht mehr vermeiden konnte. Dies hat der Lkw-Fahrer in Übereinstimmung mit den weiteren Unfallzeugen A. P. und P. S. laut Zeugenaussagen in der polizeilichen Unfallakte angegeben, wobei auch den Zeugen P. und S. die schnelle Fahrweise und das Nichtanhalten des zum Beachten der Vorfahrt verpflichteten Klägers besonders auffiel. Die Unfallstelle war gut zu übersehen, wie der polizeilichen Unfallskizze und den beigefügten Fotos zu entnehmen ist. Prof. B. zufolge führt die Alkoholisierung von Verkehrsteilnehmern regelhaft zu Enthemmungserscheinungen und zur Überschätzung ihres Fahrvermögens. In Verbindung mit einer alkoholbedingt nachlassenden Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung verführt die Enthemmung zu Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit. Dies hat wiederum – wie im Falle des Klägers – zur Konsequenz, daß Vorfahrtregelungen unbeachtet bleiben und es zu nicht mehr angepaßten Reaktionen beim Durchfahren einer Kurve kommt. Wäre der Kläger bei im übrigen angepaßter Geschwindigkeit – selbst unter Mißachtung der Vorfahrt – auf die für ihn in Richtung Autobahn führende Fahrbahn der Wemdinger Straße eingebogen, wäre der Unfall nicht passiert. Die Vielzahl und das Ausmaß seiner Verkehrsverstöße ließ ihn indessen geradewegs auf die Gegenfahrbahn gelangen, wo es zur Kollision mit dem Lkw kam.
Aus den Akten oder sonstigen Umständen sind keine Konkurrenzursachen, die für den Unfall wesentlich (mit) ursächlich geworden sein könnten, erkennbar. Die Verkehrssituation, der Zustand der Fahrzeuge oder der Straße, das Wetter oder andere üblicherweise unfallrelevante Faktoren sind nicht erkennbar unfallursächlich geworden. Der Lkw-Fahrer R. hat kein Fehlverhalten gezeigt, konnte vielmehr trotz äußerster Bemühungen den Unfall nicht vermeiden. Straßen- und Wetterverhältnisse waren einwandfrei. Defekte am Fahrzeug des Klägers oder an dem Lkw des Zeugen R. sind nicht bekannt geworden. Das konkrete Unfallgeschehen ist danach – so im Ergebnis auch Prof. B. – allein wesentlich infolge einer alkoholbedingten Leistungseinbuße des Klägers im Sinne einer Enthemmung, einer Störung der Aufmerksamkeit und der Feinmotorik erklärbar. Die Beklagte hat den Verkehrsunfall des Klägers vom 5. Juni 1992 daher zu Recht als nicht gesetzlich unfallversichert angesehen. Die anders lautende erstinstanzliche Entscheidung ist durch die ergänzenden Ermittlungen im Berufungsverfahren widerlegt, wonach eine relative alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Klägers als allein wesentliche Unfallursache anzusehen ist. Die erstinstanzliche Entscheidung war daher auf die Berufung der Beklagten hin sowohl hinsichtlich ihrer Verurteilung gegenüber dem Kläger als auch gegenüber der Beigeladenen aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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