Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 10/8 U 1566/92
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 1006/93
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ab welchem Zeitpunkt dem Kläger von der Beklagten Verletztenrente zu gewähren ist.
Der 1934 geborene Kläger ist bei der Firma C., B. in R. als angestellter Geschäftsführer und Prokurist tätig. Am 15. Januar 1987 erlitt der Kläger auf dem Betriebsgelände der Firma C. einen Arbeitsunfall. Der Arbeitsunfall ereignete sich morgens um 7.00 Uhr, weil der Kläger wegen an den Schuhen haftenden Schnees auf der Kunststeintreppe des Bürogebäudes ausrutschte, über eine Stufe hinwegglitt und sich dabei das linke Knie verdrehte. Nach den Angaben des Klägers war das Knie schmerzhaft und angeschwollen. Nachdem er es mit Sportlersalbe eingerieben habe, sei am nächsten Morgen die Schwellung zurückgegangen und der Schmerz erträglich geworden. Die Schmerzen beim Gehen ließen ca. zwei Wochen nach dem Unfall nach. Eine Primärbehandlung durch einen Arzt erfolgte nicht. Der Kläger ließ sich lediglich von seinem Hausarzt eine neue Tube Salbe verschreiben. Erst Monate später fiel dem Kläger eine Verdickung des linken Beines auf. Er begab sich in Behandlung seines Hausarztes, der ihn mit Herzmedikamenten und das Wasser abführenden Tabletten behandelte. Wegen Erfolglosigkeit dieser Behandlung und Schmerzen am Knie begab sich der Kläger am 1. Februar 1988 in Behandlung des Orthopäden Dr. Z. Dieser konnte keinen die Kniebeschwerden und Schwellung erklärenden Befund erheben, ebenso der Radiologe Dr. H., der am 12. Februar 1988 eine Arthrographie des linken Kniegelenks vornahm. Am 28. November und 6. Dezember 1988 wurde der Kläger aufgrund einer Überweisung durch seinen Hausarzt in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D. untersucht. Dabei wurde der Verdacht eines postthrombotischen Syndroms des linken Beines geäußert und die Durchführung einer Phlebographie empfohlen.
Am 24. August 1989 ging bei der Beklagten eine nicht von dem Kläger unterzeichnete Unfallanzeige der Firma C. vom 23. August 1989 ein, worin der Arbeitsunfall des Klägers vom 5. Januar 1987 gemeldet wurde, mit dem Hinweis, erst im Herbst 1988 seien Unfallfolgen in der Angiologischen Klinik D. festgestellt worden. Der Kläger selbst schilderte in einem am 26. September 1989 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben den Unfallhergang und den Verlauf der Beschwerden. Er gab an, anläßlich der zweiten ambulanten Untersuchung in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D. sei festgestellt worden, daß bei dem Unfall die Vene im Knie verletzt worden und verengt zugewachsen sei. Die Beklagte holte einen Krankheitsbericht bei Dr. Z. und Dr. S. ein. Dr. Z. berichtete, der Kläger habe angegeben, er habe sich im Frühjahr 1987 im linken Kniegelenk verdreht und seither rezidivierende Kniegelenksbeschwerden. Dann ließ die Beklagte den Kläger zunächst von dem Unfallchirurgen Dr. Sch. von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik F. untersuchen. Dieser teilte in seinem Gutachten vom 8. November 1990 mit, auf unfallchirurgischem Fachgebiet seien Folgen des Unfallgeschehens vom 15. Januar 1987 nicht zu objektivieren und auch in Zukunft nicht zu erwarten. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine internistisch-phlebologische Begutachtung in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D ... Die dortigen Gutachter Prof. Dr. W. Dr. Dr. Sch. ließen in der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. K., S. und F. eine Phlebographie des linken Beines am 16. Mai 1991 durchführen. Der phlebographische Befund zeigte zweifelsfrei ein postthrombotisches Syndrom des linken Beines mit Schwellneigung bei Verschluß der tiefen Unterschenkelvenen, der Vena poplitea und zwei Drittel der Oberschenkelvene. Die Gutachter teilten mit, Hauptursache einer solchen Thrombose sei erfahrungsgemäß die Ruhigstellung des Beines durch Bettlägerigkeit oder durch Gipsverband. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger nach dem Unfall durch die Schmerzen im linken Knie eine gewisse Schonhaltung des linken Beines eingenommen habe. Der klinische Befund und die phlebographisch jetzt nachgewiesenen Veränderungen seien durchaus mit dem Auftreten einer akuten Thrombose zum Zeitpunkt des Unfallereignisses in Übereinstimmung zu bringen. Ein Zusammenhang zwischen postthrombotischem Syndrom und Unfallereignis sei deshalb wahrscheinlich. Die dafür anzusetzende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei ab dem 28. November 1988 mit 20 v.H. zu bewerten.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1991 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Unfallrente nach einer MdE von 20 v.H., deren Beginn sie auf den 1. August 1989 festsetzte. Sie verwies darauf, Leistungsbeginn sei der erste des Antragsmonats, weil die Entschädigung nicht von Amts wegen festgestellt und der Anspruch nicht spätestens zwei Jahre nach dem Unfall angemeldet worden sei und die verspätete Anmeldung nicht durch Verhältnisse begründet sei, die außerhalb des Willens des Klägers gelegen hätten.
Mit seinem am 15. Januar 1992 eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, erst bei der Untersuchung in der Angiologischen Klinik im November und Dezember 1988 sei die Unfallverletzung festgestellt worden. Ihm könne nicht angelastet werden, daß ihn sein Hausarzt zunächst falsch behandelt und ihn nicht sogleich zur Angiologischen Klinik überwiesen habe. Die Unfallmeldung habe schön kurz nach dem Unfall von der Angestellten der Firma C., Frau G., im Personalbüro gemacht werden sollen. Ihm sei erst im August 1989 anläßlich einer Überprüfung seiner Personalakte aufgefallen, daß die Unfallmeldung liegengeblieben sei. Der Umstand, daß die Unfallmeldung nicht bereits kurz nach dem Unfall von der Angestellten Frau G. erfolgt sei, könne für ihn, den Kläger, nicht nachteilig sein. Ihm stehe deshalb eine Rente ab Januar 1987, spätestens jedoch ab Februar 1987 zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1992 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, es sei nicht nachweisbar, daß vor dem 24. August 1989 eine Unfallanzeige eingegangen sei. Der Anspruch auf Entschädigung aus diesem Unfall vom 15. Januar 1987 sei deshalb nicht innerhalb der Zweijahresfrist angemeldet worden. Die verspätete Anmeldung des Anspruchs sei auch nicht durch Verhältnisse begründet, die außerhalb des Willens des Klägers gelegen hätten. Der Kläger sei als Geschäftsführer der Firma Herbert C., B. tätig und bekleide somit eine unternehmerähnliche Position. Da die jeweiligen Unfallanzeigen vom Unternehmer oder seinem Stellvertreter unterzeichnet werden müssen, sei der Widerspruchsführer als Geschäftsführer mitverantwortlich, daß die Erstattung der vorgeschriebenen Unfallanzeige fristgerecht erfolge. Auch obliege es dem Geschäftsführer Sorge zu tragen, daß die ihm unterstellten Mitarbeiter die Unfallanzeigen entsprechend ausfüllten und dem Unfallversicherungsträger pünktlich zuleiten.
Der Kläger hat am 7. Juli 1992 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) Klage erhoben. Das SG hat durch Urteil vom 29. Juli 1993 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses laut Empfangsbekenntnis seinem Prozeßbevollmächtigten am 16. September 1993 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Oktober 1993, eingegangen am 12. Oktober 1993, beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er äußert die Auffassung, es habe nicht in seinem Verantwortungsbereich gelegen, daß die Unfallanzeige nicht fristgemäß erstattet worden sei. Die ihn behandelnden Ärzte hätten vermutlich vergessen, daß er darauf hingewiesen habe, seine Verletzung rühre von einem Arbeitsunfall her.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19. Dezember 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1992 zu verurteilen, ihm Verletztenrente ab dem 1. Februar 1987 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und verweist auf die Entscheidung des SG.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente vor dem 1. August 1989.
Nach § 1546 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist der Anspruch spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei dem Versicherungsträger anzumelden, wenn die Unfallentschädigung nicht von Amts wegen festgestellt wird. Wird der Anspruch später angemeldet, so beginnt die Leistung mit dem ersten des Antragsmonats, es sei denn, daß die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet ist, die außerhalb des Willens des Antragstellers liegen.
Eine Anspruchsanmeldung im Sinne des § 1546 Abs. 1 RVO liegt nur dann vor, wenn der Wille, einen Anspruch zu erheben und von dem Versicherungsträger anerkannt zu sehen, hinlänglich zum Ausdruck gebracht wird. Diese Anmeldung kann zwar auch durch Dritte erfolgen. Jedoch ist in einer Unfallanzeige des Unternehmers nach § 1552 RVO oder in einem Durchgangsarztbericht in der Regel eine solche Anspruchsanmeldung nicht zu sehen, es sei denn, daß eine Anspruchsanmeldung einwandfrei erkennbar ist (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., S. 232 s).
Hier wurde eine Unfallentschädigung nicht von Amts wegen festgestellt, weil die Beklagte keine Kenntnis von dem Unfall hatte und der Kläger als Versicherter seinen Anspruch nicht spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei der Beklagten oder einem anderen Sozialleistungsträger oder der Gemeinde (§ 16 Abs. 1 SGB 1) angemeldet hat. Die Beklagte wurde erst aufgrund der Unfallanzeige des Unternehmers vom 23. August 1989 in Kenntnis gesetzt. Obwohl sich der Kläger selbst erst nach Anfrage seitens der Beklagten im September 1989 zu dem Unfall geäußert hat, hat die Beklagte ihm ab 1. August 1989 Leistung gewährt, weil sie die Unfallanzeige des Unternehmers – die weder von dem Kläger unterschrieben war noch einwandfrei eine Anspruchsanmeldung beinhaltet hat – mit einer "Anmeldung” im Sinne des § 1546 Abs. 1 RVO gleichgesetzt hat; dies ist den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid zu entnehmen. Ob dies Rechtens war, bedarf hier keiner Erörterung. Denn entscheidend ist, daß der Kläger keinen Anspruch auf eine vor dem 1. August 1989 einsetzende Rentenzahlung hat.
Maßgebend ist, daß die verspätete Anmeldung eines Entschädigungsanspruchs entgegen der Ansicht des Klägers nicht durch Verhältnisse begründet ist, die im Sinne des § 1546 Abs. 1 Satz 1 letzter Teilsatz RVO außerhalb des Willens des Antragstellers lagen.
Soweit der Kläger vorträgt, er habe die für die Unfallanzeige zuständige Sachbearbeiterin des Unternehmens angewiesen, gleich nach dem Unfall im Januar 1987 eine Unfallanzeige zu erstatten, kann dieser Vortrag den Kläger schön deshalb nicht entlasten, weil die bloße Unfallanzeige des Unternehmers – jedenfalls ohne gleichzeitige Anmeldung von Entschädigungsansprüchen – keine "Anmeldung” im Sinne des § 1546 Abs. 1 RVO darstellt. Daß der Kläger im Januar 1987 auch Anweisung gegeben hat, eine Anspruchsanmeldung vorzunehmen, hat er nicht vorgetragen. Hierzu hatte er auch aus seiner damaligen Sicht keine Veranlassung, da er sich zu dieser Zeit wegen des Unfalls nicht in ärztliche Behandlung begeben hatte und er auch nicht mit Unfallfolgen rechnete. Aber auch wenn der Kläger der Sachbearbeiterin Anweisungen zur Anmeldung von Ansprüchen gegeben hätte, könnte er dies nicht zu seinen Gunsten anführen, weil es in seinem Verantwortungsbereich als Geschäftsführer liegt, wenn Anweisungen – auch versehentlich – nicht befolgt werden, hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Es ist auch weder ersichtlich noch von dem Kläger vorgetragen, daß er durch eine falsche Beratung eines Sozialversicherungsträgers oder eines Arztes von einer Anspruchsanmeldung abgehalten worden ist. Vielmehr hat der Kläger, obwohl er sich wegen Kniebeschwerden in Behandlung des Dr. Z. begeben hat, von einer rechtzeitigen Anspruchsanmeldung abgesehen. Auch nach der zweiten ambulanten Untersuchung in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D. hat der Kläger bei der Beklagten keine Anspruchsanmeldung vorgenommen, obwohl anläßlich dieser Untersuchung der Verdacht geäußert worden war, die Beschwerden im Bereich des linken Beines könnten mit dem Unfallereignis im Januar 1987 im Zusammenhang stehen (so die Angaben des Klägers in seinem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom September 1989).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, ihm sei die zweijährige Anmeldefrist nicht bekannt gewesen. Denn die Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen hindert den Ablauf der Frist nicht, weil jedem zuzumuten ist, sich über den Inhalt gesetzlicher Bestimmungen zu unterrichten (BSG SozR § 145 SGG Nrn. 6, 10; BSGE 16, 7; 71, 38; Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 1/95, § 1546 RVO Rdnr. 6).
Erfolgt die verspätete Anspruchsanmeldung wie hier nicht aufgrund von Verhältnissen, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen, so ist der Rentenanspruch nach § 1546 Abs. 1 RVO für die Zeit vor der Antragstellung, d.h. dem Beginn des Anmeldemonats, ausgeschlossen (Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, a.a.O., Rdnr. 5; Pickel, SGb 64, 320 und Spinnarke, SGb 65, 396; BSGE 71, 38 und BSG in Breithaupt 1987, 370).
Da der Kläger aus den genannten Gründen mit seinem Begehren keinen Erfolg haben konnte, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ab welchem Zeitpunkt dem Kläger von der Beklagten Verletztenrente zu gewähren ist.
Der 1934 geborene Kläger ist bei der Firma C., B. in R. als angestellter Geschäftsführer und Prokurist tätig. Am 15. Januar 1987 erlitt der Kläger auf dem Betriebsgelände der Firma C. einen Arbeitsunfall. Der Arbeitsunfall ereignete sich morgens um 7.00 Uhr, weil der Kläger wegen an den Schuhen haftenden Schnees auf der Kunststeintreppe des Bürogebäudes ausrutschte, über eine Stufe hinwegglitt und sich dabei das linke Knie verdrehte. Nach den Angaben des Klägers war das Knie schmerzhaft und angeschwollen. Nachdem er es mit Sportlersalbe eingerieben habe, sei am nächsten Morgen die Schwellung zurückgegangen und der Schmerz erträglich geworden. Die Schmerzen beim Gehen ließen ca. zwei Wochen nach dem Unfall nach. Eine Primärbehandlung durch einen Arzt erfolgte nicht. Der Kläger ließ sich lediglich von seinem Hausarzt eine neue Tube Salbe verschreiben. Erst Monate später fiel dem Kläger eine Verdickung des linken Beines auf. Er begab sich in Behandlung seines Hausarztes, der ihn mit Herzmedikamenten und das Wasser abführenden Tabletten behandelte. Wegen Erfolglosigkeit dieser Behandlung und Schmerzen am Knie begab sich der Kläger am 1. Februar 1988 in Behandlung des Orthopäden Dr. Z. Dieser konnte keinen die Kniebeschwerden und Schwellung erklärenden Befund erheben, ebenso der Radiologe Dr. H., der am 12. Februar 1988 eine Arthrographie des linken Kniegelenks vornahm. Am 28. November und 6. Dezember 1988 wurde der Kläger aufgrund einer Überweisung durch seinen Hausarzt in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D. untersucht. Dabei wurde der Verdacht eines postthrombotischen Syndroms des linken Beines geäußert und die Durchführung einer Phlebographie empfohlen.
Am 24. August 1989 ging bei der Beklagten eine nicht von dem Kläger unterzeichnete Unfallanzeige der Firma C. vom 23. August 1989 ein, worin der Arbeitsunfall des Klägers vom 5. Januar 1987 gemeldet wurde, mit dem Hinweis, erst im Herbst 1988 seien Unfallfolgen in der Angiologischen Klinik D. festgestellt worden. Der Kläger selbst schilderte in einem am 26. September 1989 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben den Unfallhergang und den Verlauf der Beschwerden. Er gab an, anläßlich der zweiten ambulanten Untersuchung in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D. sei festgestellt worden, daß bei dem Unfall die Vene im Knie verletzt worden und verengt zugewachsen sei. Die Beklagte holte einen Krankheitsbericht bei Dr. Z. und Dr. S. ein. Dr. Z. berichtete, der Kläger habe angegeben, er habe sich im Frühjahr 1987 im linken Kniegelenk verdreht und seither rezidivierende Kniegelenksbeschwerden. Dann ließ die Beklagte den Kläger zunächst von dem Unfallchirurgen Dr. Sch. von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik F. untersuchen. Dieser teilte in seinem Gutachten vom 8. November 1990 mit, auf unfallchirurgischem Fachgebiet seien Folgen des Unfallgeschehens vom 15. Januar 1987 nicht zu objektivieren und auch in Zukunft nicht zu erwarten. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine internistisch-phlebologische Begutachtung in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D ... Die dortigen Gutachter Prof. Dr. W. Dr. Dr. Sch. ließen in der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. K., S. und F. eine Phlebographie des linken Beines am 16. Mai 1991 durchführen. Der phlebographische Befund zeigte zweifelsfrei ein postthrombotisches Syndrom des linken Beines mit Schwellneigung bei Verschluß der tiefen Unterschenkelvenen, der Vena poplitea und zwei Drittel der Oberschenkelvene. Die Gutachter teilten mit, Hauptursache einer solchen Thrombose sei erfahrungsgemäß die Ruhigstellung des Beines durch Bettlägerigkeit oder durch Gipsverband. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger nach dem Unfall durch die Schmerzen im linken Knie eine gewisse Schonhaltung des linken Beines eingenommen habe. Der klinische Befund und die phlebographisch jetzt nachgewiesenen Veränderungen seien durchaus mit dem Auftreten einer akuten Thrombose zum Zeitpunkt des Unfallereignisses in Übereinstimmung zu bringen. Ein Zusammenhang zwischen postthrombotischem Syndrom und Unfallereignis sei deshalb wahrscheinlich. Die dafür anzusetzende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei ab dem 28. November 1988 mit 20 v.H. zu bewerten.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1991 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Unfallrente nach einer MdE von 20 v.H., deren Beginn sie auf den 1. August 1989 festsetzte. Sie verwies darauf, Leistungsbeginn sei der erste des Antragsmonats, weil die Entschädigung nicht von Amts wegen festgestellt und der Anspruch nicht spätestens zwei Jahre nach dem Unfall angemeldet worden sei und die verspätete Anmeldung nicht durch Verhältnisse begründet sei, die außerhalb des Willens des Klägers gelegen hätten.
Mit seinem am 15. Januar 1992 eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, erst bei der Untersuchung in der Angiologischen Klinik im November und Dezember 1988 sei die Unfallverletzung festgestellt worden. Ihm könne nicht angelastet werden, daß ihn sein Hausarzt zunächst falsch behandelt und ihn nicht sogleich zur Angiologischen Klinik überwiesen habe. Die Unfallmeldung habe schön kurz nach dem Unfall von der Angestellten der Firma C., Frau G., im Personalbüro gemacht werden sollen. Ihm sei erst im August 1989 anläßlich einer Überprüfung seiner Personalakte aufgefallen, daß die Unfallmeldung liegengeblieben sei. Der Umstand, daß die Unfallmeldung nicht bereits kurz nach dem Unfall von der Angestellten Frau G. erfolgt sei, könne für ihn, den Kläger, nicht nachteilig sein. Ihm stehe deshalb eine Rente ab Januar 1987, spätestens jedoch ab Februar 1987 zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1992 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, es sei nicht nachweisbar, daß vor dem 24. August 1989 eine Unfallanzeige eingegangen sei. Der Anspruch auf Entschädigung aus diesem Unfall vom 15. Januar 1987 sei deshalb nicht innerhalb der Zweijahresfrist angemeldet worden. Die verspätete Anmeldung des Anspruchs sei auch nicht durch Verhältnisse begründet, die außerhalb des Willens des Klägers gelegen hätten. Der Kläger sei als Geschäftsführer der Firma Herbert C., B. tätig und bekleide somit eine unternehmerähnliche Position. Da die jeweiligen Unfallanzeigen vom Unternehmer oder seinem Stellvertreter unterzeichnet werden müssen, sei der Widerspruchsführer als Geschäftsführer mitverantwortlich, daß die Erstattung der vorgeschriebenen Unfallanzeige fristgerecht erfolge. Auch obliege es dem Geschäftsführer Sorge zu tragen, daß die ihm unterstellten Mitarbeiter die Unfallanzeigen entsprechend ausfüllten und dem Unfallversicherungsträger pünktlich zuleiten.
Der Kläger hat am 7. Juli 1992 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) Klage erhoben. Das SG hat durch Urteil vom 29. Juli 1993 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses laut Empfangsbekenntnis seinem Prozeßbevollmächtigten am 16. September 1993 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Oktober 1993, eingegangen am 12. Oktober 1993, beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er äußert die Auffassung, es habe nicht in seinem Verantwortungsbereich gelegen, daß die Unfallanzeige nicht fristgemäß erstattet worden sei. Die ihn behandelnden Ärzte hätten vermutlich vergessen, daß er darauf hingewiesen habe, seine Verletzung rühre von einem Arbeitsunfall her.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19. Dezember 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1992 zu verurteilen, ihm Verletztenrente ab dem 1. Februar 1987 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und verweist auf die Entscheidung des SG.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente vor dem 1. August 1989.
Nach § 1546 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist der Anspruch spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei dem Versicherungsträger anzumelden, wenn die Unfallentschädigung nicht von Amts wegen festgestellt wird. Wird der Anspruch später angemeldet, so beginnt die Leistung mit dem ersten des Antragsmonats, es sei denn, daß die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet ist, die außerhalb des Willens des Antragstellers liegen.
Eine Anspruchsanmeldung im Sinne des § 1546 Abs. 1 RVO liegt nur dann vor, wenn der Wille, einen Anspruch zu erheben und von dem Versicherungsträger anerkannt zu sehen, hinlänglich zum Ausdruck gebracht wird. Diese Anmeldung kann zwar auch durch Dritte erfolgen. Jedoch ist in einer Unfallanzeige des Unternehmers nach § 1552 RVO oder in einem Durchgangsarztbericht in der Regel eine solche Anspruchsanmeldung nicht zu sehen, es sei denn, daß eine Anspruchsanmeldung einwandfrei erkennbar ist (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., S. 232 s).
Hier wurde eine Unfallentschädigung nicht von Amts wegen festgestellt, weil die Beklagte keine Kenntnis von dem Unfall hatte und der Kläger als Versicherter seinen Anspruch nicht spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei der Beklagten oder einem anderen Sozialleistungsträger oder der Gemeinde (§ 16 Abs. 1 SGB 1) angemeldet hat. Die Beklagte wurde erst aufgrund der Unfallanzeige des Unternehmers vom 23. August 1989 in Kenntnis gesetzt. Obwohl sich der Kläger selbst erst nach Anfrage seitens der Beklagten im September 1989 zu dem Unfall geäußert hat, hat die Beklagte ihm ab 1. August 1989 Leistung gewährt, weil sie die Unfallanzeige des Unternehmers – die weder von dem Kläger unterschrieben war noch einwandfrei eine Anspruchsanmeldung beinhaltet hat – mit einer "Anmeldung” im Sinne des § 1546 Abs. 1 RVO gleichgesetzt hat; dies ist den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid zu entnehmen. Ob dies Rechtens war, bedarf hier keiner Erörterung. Denn entscheidend ist, daß der Kläger keinen Anspruch auf eine vor dem 1. August 1989 einsetzende Rentenzahlung hat.
Maßgebend ist, daß die verspätete Anmeldung eines Entschädigungsanspruchs entgegen der Ansicht des Klägers nicht durch Verhältnisse begründet ist, die im Sinne des § 1546 Abs. 1 Satz 1 letzter Teilsatz RVO außerhalb des Willens des Antragstellers lagen.
Soweit der Kläger vorträgt, er habe die für die Unfallanzeige zuständige Sachbearbeiterin des Unternehmens angewiesen, gleich nach dem Unfall im Januar 1987 eine Unfallanzeige zu erstatten, kann dieser Vortrag den Kläger schön deshalb nicht entlasten, weil die bloße Unfallanzeige des Unternehmers – jedenfalls ohne gleichzeitige Anmeldung von Entschädigungsansprüchen – keine "Anmeldung” im Sinne des § 1546 Abs. 1 RVO darstellt. Daß der Kläger im Januar 1987 auch Anweisung gegeben hat, eine Anspruchsanmeldung vorzunehmen, hat er nicht vorgetragen. Hierzu hatte er auch aus seiner damaligen Sicht keine Veranlassung, da er sich zu dieser Zeit wegen des Unfalls nicht in ärztliche Behandlung begeben hatte und er auch nicht mit Unfallfolgen rechnete. Aber auch wenn der Kläger der Sachbearbeiterin Anweisungen zur Anmeldung von Ansprüchen gegeben hätte, könnte er dies nicht zu seinen Gunsten anführen, weil es in seinem Verantwortungsbereich als Geschäftsführer liegt, wenn Anweisungen – auch versehentlich – nicht befolgt werden, hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Es ist auch weder ersichtlich noch von dem Kläger vorgetragen, daß er durch eine falsche Beratung eines Sozialversicherungsträgers oder eines Arztes von einer Anspruchsanmeldung abgehalten worden ist. Vielmehr hat der Kläger, obwohl er sich wegen Kniebeschwerden in Behandlung des Dr. Z. begeben hat, von einer rechtzeitigen Anspruchsanmeldung abgesehen. Auch nach der zweiten ambulanten Untersuchung in der Angiologischen Klinik der Städtischen Kliniken D. hat der Kläger bei der Beklagten keine Anspruchsanmeldung vorgenommen, obwohl anläßlich dieser Untersuchung der Verdacht geäußert worden war, die Beschwerden im Bereich des linken Beines könnten mit dem Unfallereignis im Januar 1987 im Zusammenhang stehen (so die Angaben des Klägers in seinem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom September 1989).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, ihm sei die zweijährige Anmeldefrist nicht bekannt gewesen. Denn die Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen hindert den Ablauf der Frist nicht, weil jedem zuzumuten ist, sich über den Inhalt gesetzlicher Bestimmungen zu unterrichten (BSG SozR § 145 SGG Nrn. 6, 10; BSGE 16, 7; 71, 38; Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 1/95, § 1546 RVO Rdnr. 6).
Erfolgt die verspätete Anspruchsanmeldung wie hier nicht aufgrund von Verhältnissen, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen, so ist der Rentenanspruch nach § 1546 Abs. 1 RVO für die Zeit vor der Antragstellung, d.h. dem Beginn des Anmeldemonats, ausgeschlossen (Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, a.a.O., Rdnr. 5; Pickel, SGb 64, 320 und Spinnarke, SGb 65, 396; BSGE 71, 38 und BSG in Breithaupt 1987, 370).
Da der Kläger aus den genannten Gründen mit seinem Begehren keinen Erfolg haben konnte, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
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