L 3 U 598/75

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 598/75
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 29. April 1975 sowie der Bescheid vom 13. Juli 1973 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, ihm das Ereignis vom 25. Juli 1972 als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Unfallentschädigung aufgrund einer durch eine Tätlichkeit erlittenen Verletzung.

Der 1925 geborene und als Fuhrunternehmer tätige Kläger zog sich der förmlichen Unfallanzeige vom 31. Juli 1972 und des Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom Kreiskrankenhaus in A. vom 4. August 1972 zufolge am 26. Juli 1972 bei einer Schlägerei mit seinem Bruder H. G. und dessen Ehefrau H. in deren Haus eine Prellung des linken Mittelfinger-Mittelgelenkes mit Schmerzen im Verlauf der Strecksehne, eine Kopfplatzwunde und eine leichte Distorsion des linken Handgelenkes zu. Er hatte, wie es in der Unfallanzeige hieß, seinen Bruder H. G. aufgesucht, um von diesem die Herausgabe der ihm gehörenden und bei diesem untergestellten Bordwände eines Lastkraftwagenanhängers zu fordern. Hierbei sei es zu einem heftigen Wortwechsel gekommen, der sich in eine Schlägerei ausgeweitet habe, in die die Ehefrau des Bruders eingegriffen und mit einer Harke auf den Kläger eingeschlagen habe. Bei seiner Vernehmung vor der Stadtverwaltung G. am 25. August 1972 bestätigte der Kläger diese Angaben. Wegen der erlittenen Verletzungen war er bis zum 3. September 1972 arbeitsunfähig erkrankt, wie Dr. S. in seinem Nachschaubericht vom 1. September 1972 mitteilte.

Die Beklagte zog die Akten des Amtsgerichtes A. – Ds 211/72 – bei, denen zufolge der Kläger gegen seinen Bruder H. und die Schwägerin H. G. Strafantrag wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt hatte. Sowohl diese Beschuldigten als auch die anwesende Schwester E. G. geb. G. sagten aus, daß der Kläger ihm gehörende Bordwände habe abholen wollen bzw. deren Herausgabe gefordert habe, dies aber von H. G. verweigert worden sei. H. G. gab an, zum Kläger gesagt zu haben, er könne sie sich hinter der Scheune holen, er mache sie aber nicht frei.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit formlosem Schreiben vom 2. Februar 1973 mit, daß die am 26. Juli 1972 erlittenen Verletzungen nicht die Folge eines Arbeitsunfalls seien, da kein ursächlicher Zusammenhang mit dem von ihm betriebenen Fuhrunternehmen bestanden habe. Diese hätten ihre Ursache vielmehr in bereits seit längerer Zeit bestehenden Familien- und Erbschaftsstreitigkeiten gehabt. Mit am 6. März 1973 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben widersprach der Kläger dieser Auffassung, worauf diese mit einem weiteren formlosen Schreiben vom 24. Mai 1973 erneut die Unfallentschädigung versagte. Mit dem am 7. Juni 1973 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben begehrte der Kläger hierauf einen förmlichen Bescheid, den die Beklagte am 13. Juli 1973 unter Wiederholung ihres bisherigen Standpunktes erteilte.

Gegen diesen am gleichen Tage mit Einschreiben abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Gießen – SG – am 13. August 1973 Klage erhoben und geltend gemacht: Entgegen dem angefochtenen Bescheid habe er, als er am 26. Juli 1972 bei den tätlichen Auseinandersetzungen mit seinem Bruder H. G. und dessen Ehefrau H. verschiedene Verletzungen erlitt, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Er habe nämlich an diesem Tage zum wiederholten Male seinen Bruder aufgesucht, um die Herausgabe der ihm gehörenden und auf dessen Hof lagernden Bordwände eines verschrotteten Lastkraftwagenanhängers zu fordern. Diese Bordwände seien vor der Übergabe des Hofes seines Vaters an den Bruder H. G. dort vorübergehend abgestellt worden und hätten nunmehr für den Umbau eines Sattelschleppers seines Unternehmens verwendet werden sollen. Sein Bruder habe ihm aber erklärt, daß er diese Bordwände sich zwar nehmen könne, aber die auf diesen lagernden Kartoffeln und anderen Gegenstände selbst entfernen müsse. In diesem Zusammenhang sei es dann zur Tätlichkeit zwischen H. G. und ihm gekommen, in deren Verlauf dessen Ehefrau H. mit einer Harke auf ihn eingeschlagen habe. Im übrigen gehe es ihm darum, für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 26. Juli bis zum 20. August 1972 ein Tagegeld von rund 100,– DM zu erhalten.

Am 29. April 1975 hat das SG aus den Gründen des angefochtenen Bescheides die Klage abgewiesen und die Rechtsmittelbelehrung dahin erteilt, daß gegen das Urteil Berufung eingelegt werden könne.

Gegen dieses, an ihn am 14. Juni 1975 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juli 1975 Berufung eingelegt und sich zu deren Begründung auf das Vorbringen im ersten Rechtszuge gestützt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 29. April 1975 sowie den Bescheid vom 13. Juli 1973 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 26. Juli bis zum 20. August 1972 ein Tagegeld von ca. 100,– DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung wegen des für einen Zeitraum von weniger als 13 Wochen geltend gemachten Anspruchs auf wiederkehrende Leistungen nicht für statthaft und im übrigen in der Sache selbst entsprechend dem angefochtenen Bescheid für unbegründet.

Es sind die Strafakten des Amtsgerichts Alsfeld – Ds 211/72 – beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird im übrigen auf die Unfall- und Streitakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG). Da der Kläger allein Leistungen, die er als "Tagegeld” bezeichnet, für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 26. Juli bis zum 20. August 1972 geltend macht, steht ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, und zwar sinngemäß von Verletztengeld, von weniger als 13 Wochen im Streit, so daß der Berufungsausschließungsgrund nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG gegeben ist.

Das SG hat die Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG nicht zugelassen. Weder die Urteilsformel noch die Entscheidungsgründe enthalten eine Entscheidung über die Zulassung. Eine solche ist aber nach der herrschenden Rechtsprechung des BSG und dem maßgeblichen Schrifttum erforderlich, um feststellen zu können, daß das SG eine nicht zulässige Berufung hat zulassen wollen (vgl. statt vieler BSG SozR. Nr. 36 zu § 162 SGG; Nr. 42 zu § 150 SGG = E 2, 121; E 4, 261; SozR. Nr. 28 zu § 150 SGG = E 8, 154; Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anmerkung 2 zu § 150 SGG; Miesbach-Ankenbrank, Kommentar zum SGG, Anm. 2 zu § 150 SGG). In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils heißt es zwar, es könne gemäß § 143 SGG Berufung eingelegt werden. Diese – unrichtige – Rechtsmittelbelehrung stellt jedoch keine Zulassung der Berufung dar. Auch gibt es keinen allgemeinen Vertrauensschutz, daß die Beteiligten sich auf den Inhalt der Rechtsmittelbelehrung verlassen können. Das SG hat vielmehr offensichtlich die Bestimmung des § 144 Abs. 1 Nr. 2 übersehen (BSG, SozR. Nr. 4 zu § 150 SGG = E 2, 121; SozR. Nr. 10 zu § 150 SGG; E 4, 206; SozR. Nr. 28 zu § 150 = E 8; 154; E 8, 135; Peters-Sautter-Wolff a.a.O.; Miesbach-Ankenbrank a.a.O.). Die Berufung ist auch nicht nach § 150 Nr. 2 SGG statthaft, da der Kläger einen wesentlichen Mangel des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht gerügt hat und auch kein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel erkennbar ist.

Gleichwohl ist die Berufung aber nach § 150 Nr. 3 SGG statthaft. Zwar steht im vorliegenden Falle lediglich der ursächliche Zusammenhang zwischen einem Unfallereignis und einer versicherten Tätigkeit zur Entscheidung, nicht jedoch – dem Wortlaut des § 150 Nr. 3 SGG entsprechend – der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem Arbeitsunfall. Die Frage, ob beide Fälle gleichzubehandeln sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung I S 250 × mit Nachweisen; für enge Auslegung: Carstensen, Zentralblatt für Versicherung und Versorgung 55, 261 ff. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zum SGG, § 150 Anm. 4; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.9.1967, abgedruckt in "Rechtsprechungsdienst der Sozialgerichtsbarkeit” 9000, § 144 SGG S. 15; für weite Auslegung: Hoffmann SGb 57, 33, 34). Peters-Sautter-Wolff (Kommentar zum SGG, § 150 Anm. 4) beziehen sich zu Unrecht auf die zu § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F. ergangene Entscheidung des Großen Senates des Bundessozialgerichtes (Urt. v. 21.11.1957, BSGE Bd. 6 S. 120), in der diese Bestimmung nicht auch auf die Frage des ursächlichen Zusammenhangs eines Unfallereignisses mit einer Tätigkeit i.S. des § 542 Abs. 1 RVO a.F. erstreckt worden ist. Das Bundessozialgericht hat nämlich ausdrücklich festgestellt (a.a.O. S. 122, 124), daß diese Entscheidung nicht die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes berühre, die eine ähnliche Fassung wie § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F. hätten; diese Regelungen unterscheiden sich nicht nur im Wortlaut voneinander, sondern hätten auch eine verschiedene Stellung im Verfahren. Das Bundessozialgericht stützt seine Entscheidung einmal auf den Wortlaut des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F., der eine vollständige Überprüfung der mit dem Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 542 RVO a.F. zusammenhängenden Rechtsfragen ausschließe, vielmehr nur einen kleinen "Ausschnitt” von Fällen zulasse, soweit er nämlich den Zusammenhang von Gesundheitsstörungen mit einem Unfallereignis betreffe. In systematischer Sicht wird die Begründung unter Berücksichtigung der übrigen Voraussetzungen der Statthaftigkeit der Revision im wesentlichen darauf gestützt, daß keine Gründe ersichtlich seien, die Revision in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung in einem wesentlich weiteren Umfang statthaft sein zu lassen als auf anderen der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Gebieten, ferner müsse es sich bei den die Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F. rechtfertigenden Voraussetzungen um eine Beurteilung handeln, die beiden Rechtsgebieten, sowohl der Unfallversicherung als auch der Kriegsopferversorgung, gemeinsam sei; das aber sei nur die ursächliche Verknüpfung der Gesundheitsstörung oder des Todes einerseits mit einem Arbeitsunfall oder einer Schädigung i.S. des Bundesversorgungsgesetzes andererseits. Zwar seien die Fragen hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale von Arbeitsunfall und Schädigung i.S. des Bundesversorgungsgesetzes wichtig, aber nicht wesensgleich und auch nicht wichtiger oder schwieriger als andere Anspruchsvoraussetzungen der der Sozialgerichtsbarkeit angewiesenen Gebiete. Schließlich bleibe der Norm auch bei enger Auslegung noch eine ausreichende Bedeutung. Gegen diese Auffassung sind erhebliche Bedenken geäußert worden (vgl. z.B. Münzel in BG 57, 205 ff.), auf die hier jedoch aus Gründen der andersgearteten Funktion des § 150 Nr. 3 SGG gegenüber der Regelung des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F. nicht eingegangen zu werden braucht. Jedenfalls ist aber § 150 Nr. 3 SGG gegenüber § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F. erweiternd auszulegen. Gerade die Kausalitätsprobleme in der Unfallversicherung verschließen sich fast völlig einer gesetzlichen Regelung, sind aber für den Einzelnen von so großer Tragweite, daß allein die Möglichkeit des Eingreifens anderer Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berufung nicht ausreicht. Deshalb ist es nach Auffassung des Senats notwendig, insoweit eine weitere Tatsacheninstanz zu eröffnen (vgl. rechtskräftiges Urteil des Hess. LSG vom 14.6.1972 – L-3/U-407/70 – Breith. 1973, 336). Dies hat umsomehr zu gelten, als nach der am 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Neuregelung des Revisionsrechts in § 160 SGG eine weitergehende Einschränkung des Zugangs zum Bundessozialgericht eingeführt wurde (vgl. Gesetz zur Änderung des SGG vom 30.7.1974, BGBl. I, 1625 ff.). Hieraus wird besonders deutlich, daß die frühere Vorschrift des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG trotz ihres ähnlichen Wortlautes mit der insoweit unveränderten Bestimmung des § 150 Nr. 3 SGG eine andere Funktion zu erfüllen hatte. Das Revisionsrecht will es im Gegensatz zur Systematik des Berufungsrechts vermeiden, daß in der Revisionsinstanz noch über Tatsachen gestritten wird, vielmehr stehen allein Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung an, deren endgültige Klärung zur Wahrung der Rechtseinheit allein dem Revisionsgericht vorbehalten bleiben sollen. Auch vom daher rechtfertigt sich die gleiche Auslegung von § 150 Nr. 3 SGG wie bei § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG a.F. nicht.

Die hiernach insgesamt zulässige Berufung ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte keinen Bestand haben, da der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung durch die Beklagte, da die bei ihn nach den Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 4. August 1972 festgestellten Verletzungen, nämlich eine Prellung des linken Mittelfingergelenkes mit Schmerzen im Verlauf der Strecksehne, eine leichte Distorsion des linken Handgelenks und eine Kopfplatzwunde die Folge eines Arbeitsunfalls sind (§ 548 Reichsversicherungsordnung – RVO –).

Hierzu ist festzustellen, daß diese Folgen auf den tätlichen Angriffen des H. G. und dessen Ehefrau H. beruhen, wie nach den beigezogenen Akten des Amtsgerichts Alsfeld – Ds 211/72 – erwiesen ist. Hierüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.

Das Bestehen eines inneren ursächlichen Zusammenhanges und damit die Merkmale eines Arbeitsunfalls sind nicht ohne weiteres ausgeschlossen, wenn der Versicherte einem vorsätzlichen Angriff zum Opfer fällt. Trifft eine Angriffshandlung denjenigen, dem sie zugedacht war, sind für die Beantwortung der Frage, ob zwischen dem Angriff und der versicherten Tätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang besteht, in der Regel die Beweggründe entscheidend, die den Angreifer zu seinem Vorgehen bestimmt haben. Sind diese in Umständen zu suchen, die in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten stehen, so fehlt es auch an dem erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit (vgl. BSG, Urt. v. 23.4.1975 – 2 RU 211/74 – mit zahlreichen Nachweisen; Hess. LSG, Urt. v. 23.8.1973 – L-3/U-434/73 –; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl., S. 484 ff. und Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 60 zu § 548 RVO).

Hierzu ist vorliegend festzustellen, daß der Kläger seinen Bruder aufsuchte, um die Herausgabe von ihm gehörenden Bordwänden eines Lkw-Anhängers zu fordern. Sie sollten zum Aufbau eines Sattelschleppers in seinem Fuhrunternehmen verwendet werden und waren auf dem Hofe seines Bruders nach Verschrottung eines alten Lkw-Anhängers verblieben. Sie lagerten dort bereits aus der Zeit, als der Hof noch ihrem Vater gehörte und waren nur vorübergehend untergestellt. Daß sie im Eigentum des Klägers standen und am Unfalltag von seinem Bruder für die Lagerung von Kartoffeln und anderen Gegenständen mit verwendet wurden, wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Dies folgt im übrigen aus den Einlassungen des H. G. und der Aussagen der gemeinsamen Schwester E. G. geb. G. im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Alsfeld (Ds 211/72). Dem Kläger ging es bei seinem Besuch des Bruders erkennbar allein um die Herausgabe der von diesem in Besitz gehaltenen Bordwände. Weder die Zeugin G. noch die beschuldigten H. und H. G. aber auch nicht der Kläger haben andere, insbesondere familien- oder erbrechtliche Streitigkeiten als das Motiv der Tätlichkeit angegeben. Im übrigen handelt es sich, selbst wenn man solche außerbetrieblichen Umstände als gegeben annehmen wollte, allenfalls um eine sog. gemischte Tätigkeit, da feststeht, daß den Ausgangspunkt der Tätlichkeit die Weigerung des H. G. und seiner Ehefrau zur Herausgabe der Betriebsgegenstände an den Kläger darstellte. Damit liegen alle Voraussetzungen für die Annahme eines Arbeitsunfalls vor.

Der Senat konnte sich auf den Erlaß eines Grundurteils beschränken, da der Kläger Anspruch auf Mindestleistungen hat (§ 130 SGG). Wegen der Unfallfolgen war er seit dem Unfalltag bis zum 4. September 1972 arbeitsunfähig im Sinne der Krankenversicherung, wie sich aus dem Attest des Hausarztes Dr. D. vom 19. Dezember 1973 und dem Nachschaubericht des Dr. S. vom 1. September 1972 ergibt, so daß zumindest für diese Zeit neben dem Anspruch auf Heilbehandlung ein solcher auf Verletztengeld besteht (§ 560 RVO). Dies näher festzustellen, wird Sache der Beklagten sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da es sich wegen der Frage der Berufungszulässigkeit nach § 150 Nr. 3 SGG um eine Rechtssache handelt, die grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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