Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 Kr 465/89
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Kr 1323/89
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 1989 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aus Versorgungsbezügen.
Die Klägerin ist die Tochter und Rechtsnachfolgerin der 1986 verstorbenen , die vom 1. Januar 1969 bis zu ihrem Tod bei der Beklagten als pflichtversichertes Mitglied krankenversichert war. Neben einer Rente von der Landesversicherungsanstalt Berlin erhielt sie von dem Beigeladenen Versorgungsbezüge, von denen nach Aufforderung der Beklagten ab 1. Februar 1986 Krankenversicherungsbeiträge einbehalten und an die Beklagte abgeführt worden sind.
Bereits am 9. August 1982 hatte die verstorbene Versicherte der Beklagten auf einem ihr übersandten Formblatt die Höhe ihrer monatlichen Bezüge bei der Landesversicherungsanstalt und dem Beigeladenen unter Angabe ihrer Versicherungsnummer bzw. ihres Aktenzeichens mitgeteilt, ohne daß in der Folgezeit Krankenversicherungsbeiträge von den Versorgungsbezügen erhoben worden wären. Im November 1985 und im Mai 1986 setzte das Landesversorgungsamt die Beklagte jeweils von Erhöhungen der Versorgungsbezüge in Kenntnis.
Mit Bescheid vom 15. Juli 1988 (ohne Rechtsmittelbelehrung) forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. Januar 1986 in Höhe von 1.186,84 DM auf, da Krankenversicherungsbeiträge seit 1. Januar 1983 bei versicherungspflichtigen Rentenbeziehern von der Rente, von Versorgungsbezügen und ggf. auch vom Arbeitseinkommen zu entrichten seien. Die Klägerin hafte als Erbin für die entstandene Nachlaßverbindlichkeit.
Hiergegen legte die Klägerin am 21. September 1988 Widerspruch ein. Eine an den Beigeladenen gerichtete Antrage der Klägerin vom 18. Juli 1988 insbesondere dazu, warum ein Beitragsabzug von den laufenden Bezügen ihrer Mutter nicht erfolgt sei, beantwortete diese (Schreiben vom 27. Juli 1988) unter Hinweis darauf, daß ein Abzug von den Versorgungsbezügen erst nach schriftlicher Aufforderung der jeweiligen Krankenkasse erfolgen könne.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 1989 zurück, da der geltend gemachte Beitragsanspruch den gesetzlichen Bestimmungen folge und der Anspruch noch nicht verjährt sei. Da von der Zahlstelle bis zum 31. Januar 1986 ohne Verschulden keine Beiträge einbehalten worden seien, obliege der Krankenkasse der Beitragseinzug.
Am 10. Februar 1989 hat die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und sich zur Begründung auf das am 23. Mai 1989 ergangene Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: 12 RK 30/88) bezogen, das in einem vergleichbaren Fall ihre Rechtsauffassung bestätigt habe.
Durch Urteil vom 26. Oktober 1989 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 1989 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß die verstorbene Versicherte ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Mitteilung ihrer Bezüge rechtzeitig nachgekommen sei. Die Beklagte habe es jedoch unterlassen, dem Beigeladenen und der Versicherten unverzüglich die Höhe der von den Versorgungsbezügen zu erhebenden monatlichen Beiträge mitzuteilen. In einem solchen Fall bestehe aber nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Verpflichtung des Beigeladenen zum Beitragseinzug. Das Bundessozialgericht (12 RK 30/88) habe der Krankenkasse eine nachträgliche Beitragsforderung selbst dann versagt, wenn der Versicherte den versäumten Einzug der Krankenkassenbeiträge erkannt und eine entsprechende Mitteilung an die Krankenkasse unterlassen habe. An der fehlenden Einbehaltung der Beiträge träfe den Beigeladenen kein Verschulden. Ein Rückgriff auf den Versicherten sei nach der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht zulässig, wenn das Versäumnis von der Einzugsstelle, der Krankenkasse oder von beiden zu vertreten sei. Dieser Fall läge hier vor, da es die Beklagte trotz ausreichender Information versäumt habe, den Beitragseinzug rechtzeitig zu veranlassen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch bloße Untätigkeit für die Annahme ihres Verschuldens ausreichend gewesen.
Gegen dieses der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 20. November 1989 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 21. November 1989 – eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt am 24. November 1989 – eingelegte Berufung, mit der sich die Beklagte gegen die getroffene Entscheidung des Sozialgerichts wendet. Sie vertritt die Auffassung, daß das Sozialgericht die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 23. Mai 1989 falsch interpretiert habe. Nur in ganz bestimmten Fällen sei ein nachträglicher Beitragseinzug abgelehnt worden. Dieser sei nur ausgeschlossen, wenn der Versicherte neben der ordnungsgemäßen Meldung seiner Bezüge eine Mitteilung von der Krankenkasse erhalten habe, daß die zu zahlenden Beiträge von der Zahlstelle an die Krankenkasse abgeführt würden. Eine solche Mitteilung habe die Versicherte aber nie erhalten. Vielmehr sei die Beklagte nur untätig geblieben. Dies reiche aber nach ihrer Auffassung nicht aus, um ein Verschulden der Krankenkasse anzunehmen.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf dessen Entscheidungsgründe sowie die zu der Problematik des Rechtsstreits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung. Es sei ihr nicht verständlich, warum sich die Beklagte dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 16. Oktober 1989 nicht anschließe, wonach allein bei Kenntnis der Krankenkasse von den Versorgungsbezügen von einer Beitragsnachforderung abzusehen sei.
Durch Beschluss vom 24. Januar 1990 hat der Senat das Landesverwaltungsamt Berlin zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. Februar 1990 waren die Beklagte und der Beigeladene weder erschienen noch vertreten. Der Beigeladene hat auf fernmündliche Rückfrage am 8. Februar 1990 mitgeteilt, daß die Terminsladung versehentlich verspätet an das Gericht zurückgesandt worden ist und deshalb keine Hinderungsgründe für den Senat an einer Entscheidung des Rechtsstreits bestehen.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Beklagten auch in deren Abwesenheit und in Abwesenheit des Beigeladenen aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sie auf diese Möglichkeit in der schriftlichen Terminsladung hingewiesen worden sind (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 SGG).
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main ist zu Recht ergangen, denn ein Anspruch der Beklagten auf Nachzahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner aus Versorgungsbezügen besteht für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. Januar 1986 nicht.
Nach § 381 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung des Rentenanpassungsgesetzes 1982 vom 1. Dezember 1981, BGBl. I, S. 1205 – a.F.) trägt der Versicherte die nach § 180 Abs. 5 RVO a.F. zu bemessenden Beiträge. Zu den der Beitragsbemessung zugrundeliegenden Einnahmen gehörten auch Versorgungsbezüge (§ 180 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 RVO a.F.), die mit dem sich aus § 385 Abs. 2 a RVO a.F. ergebenden halben Beitragssatz heranzuziehen waren. Dementsprechend war auch die verstorbene Mutter der Klägerin grundsätzlich dazu verpflichtet, von dem von dem Beigeladenen bezogenen Ruhegeld Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen.
Für die Abführung der Beiträge von Versorgungsbezügen regelte jedoch § 393 a Abs. 2 RVO a.F., daß die zuständige Krankenkasse dem Versicherten und der nach Satz 2 zuständigen Zahlstelle die Höhe der zu zahlenden Beiträge mitteilt und die Beiträge einzieht (Satz 1). Zahlstellen, die – wie hier – regelmäßig an mehr als 30 beitragspflichtige Versicherte Versorgungsbezüge auszahlen, haben für Versicherungspflichtige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, die Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu entrichten (Satz 2). Sind in einem Monat keine Beiträge von den Versorgungsbezügen einbehalten worden, so dürfen sie nur bei der nächsten Zahlung von Versorgungsbezügen einbehalten werden. Ist die Einbehaltung weiterer Beiträge ohne Verschulden der Zahlstelle der Versorgungsbezüge unterblieben, so obliegt der Beitragseinzug der zuständigen Krankenkasse (Satz 5, 6).
Hiernach durfte die Beklagte auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 12 RK 30/88), der sich der Senat anschließt, weder von der verstorbenen Versicherten noch von der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin (in Verbindung mit § 1967 BGB) im Juli 1988 Krankenversicherungsbeiträge für einen bereits am 31. Januar 1986 abgelaufenen Zeitraum nachfordern. Dabei geht der Senat davon aus, daß sich der hier zu entscheidende Fall nicht wesentlich von dem Sachverhalt unterscheidet, der dem bereits genannten Urteil des Bundessozialgerichts zugrunde gelegen hat: Die Versicherte war bereits am 9. August 1982 ihrer Verpflichtung gegenüber der Beklagten nachgekommen und hatte unter anderem die Höhe der laufenden Bezüge bei dem Beigeladenen mitgeteilt (vgl. § 317 Abs. 8 Satz 1 RVO a.F.). Dennoch unterblieben in der Folgezeit zunächst die nach dem Gesetz vorzunehmenden Abzüge durch den Beigeladenen, da die Beklagte untätig blieb und diesem nicht die erforderlichen Angaben zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe zukommen ließ (vgl. §§ 317 Abs. 8 Satz 2, 393 a Abs. 2 Satz 1 RVO a.F.). Dabei reagierte die Beklagte auch auf Schreiben des Beigeladenen nicht, der jeweils Änderungen der Höhe der Versorgungsbezüge mitteilte (§ 317 Abs. 9 RVO a.F.). Erst mit Wirkung vom 1. Februar 1986 wurden Krankenversicherungsbeiträge von dem Beigeladenen einbehalten und an die Krankenkasse abgeführt. Diese verspätete Beitragsabführung, an der den Beigeladenen kein Verschulden trifft, fällt allein in den Verantwortungsbereich der Beklagten, die trotz Kenntnis aller rechtserheblichen Tatsachen eine rechtzeitige Mitteilung der Höhe der einzuziehenden Beiträge an die Versicherte und den Beigeladenen unterlassen hat.
Nach der genannten Regelung in § 393 a Abs. 2 Satz 6 RVO a.F. wird der Versicherte zwar ausdrücklich nur dann bis auf den im nächsten Monat nachholbaren Einbehalt frei, wenn die Zahlstelle/den Beigeladenen ein Verschulden oder Mitverschulden am Unterbleiben des Einbehalts traf. Nichts anderes hat aber dann zu gelten, "wenn die Beklagte allein ein Verschulden traf. Denn dann würde diese sich auf ein eigenes rechtswidriges Verhalten berufen, um die Schuldlosigkeit der Beigeladenen und damit ihre (der Beklagten) Beitragsforderung gegen den Kläger zu begründen. Das ist mit Treu und Glauben unvereinbar” (BSG, a.a.O., S. 11).
Wenn demnach sowohl ein Verschulden der Zahlstelle als auch ein Verschulden der Krankenkasse für die Versagung einer nachträglichen Erhebung der Krankenversicherungsbeiträge von Versorgungsbezügen ausreicht (was das BSG obiter dictum in Urteilen vom 14. September 1989 – 12 RK 48/88; 6/89 und 9/89 bestätigt hat), war die erst mit Bescheid vom 15. Juli 1988 geltend gemachte Nacherhebung von Beiträgen durch die Beklagte rechtswidrig, denn sie hat die rechtzeitige Beitragsabführung schuldhaft nicht veranlaßt. Daran ändert nichts, daß die Beklagte während eines Zeitraumes von über zwei Jahren lediglich untätig geblieben ist. Auch ein Unterlassen löst den Verschuldensvorwurf aus, wenn eine Rechtspflicht zum Tun bestanden hat. Dies war aber der Fall, denn eine Mitteilung an die Zahlstelle hatte nach §§ 317 Abs. 8 Satz 2, 393 a Abs. 2 Satz 1 RVO a.F. unverzüglich zu erfolgen. Da der Beklagten rechtzeitig die erforderlichen Informationen für eine gesetzmäßige Beitragserhebung zur Verfügung standen, lag es allein an ihr, die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. Da dies aber ohne ersichtlichen Grund unterblieben ist, handelte sie schuldhaft. Etwas anderes läßt sich auch nicht der bereits mehrfach genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23. Mai 1989 entnehmen. Insbesondere ist eine Versagung der Nacherhebung von Beiträgen – entgegen der Auffassung der Beklagten – vom Bundessozialgericht nicht auf solche Fälle beschränkt worden, in denen Versicherte ihren Mitteilungspflichten nachgekommen sind und eine Mitteilung der Krankenkasse erhielten, daß sie nicht selbst, sondern die Zahlstelle unmittelbar an die Krankenkasse Beiträge abführen werde. Zwar bestand in dem dort entschiedenen Fall hierzu Anlaß, weil der Kläger weiterhin wie zuvor seine Beiträge selbst einzahlen wollte. Die für den Beigeladenen erforderlichen Angaben zur Beitragshöhe unterblieben aber hier wie dort, so daß wegen dieses Versäumnisses eine rechtzeitige Beitragsabführung nicht erfolgte und vom Bundessozialgericht deshalb auch im nachhinein nicht mehr für zulässig erachtet worden ist. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß selbst bei positiver Kenntnis des Versicherten von dem unterbliebenen Beitragseinzug und Schweigen gegenüber der Krankenkasse eine nachträgliche Beitragserhebung nicht in Betracht komme, da ein Verschulden des Versicherten nach den damals geltenden Bestimmungen nicht entscheidend gewesen sei.
Schließlich geht der Hinweis der Beklagten auf die Verjährungsvorschrift des § 25 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) fehl, denn anders als bei der Nacherhebung von Beiträgen aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 393 a Abs. 1 RVO a.F. besteht ein Anspruch auf Nacherhebung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen nur in den Grenzen des § 393 a Abs. 2 Satz 6 RVO a.F. Zur Begründung und Verfassungsmäßigkeit dieser unterschiedlichen Regelungen wird auf die Ausführungen in den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 23. Mai und 14. September 1989, a.a.O., verwiesen.
Da eine Nachforderung von Beiträgen zur KVdR im Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Januar 1986 ausgeschlossen ist, mußte die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben und zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aus Versorgungsbezügen.
Die Klägerin ist die Tochter und Rechtsnachfolgerin der 1986 verstorbenen , die vom 1. Januar 1969 bis zu ihrem Tod bei der Beklagten als pflichtversichertes Mitglied krankenversichert war. Neben einer Rente von der Landesversicherungsanstalt Berlin erhielt sie von dem Beigeladenen Versorgungsbezüge, von denen nach Aufforderung der Beklagten ab 1. Februar 1986 Krankenversicherungsbeiträge einbehalten und an die Beklagte abgeführt worden sind.
Bereits am 9. August 1982 hatte die verstorbene Versicherte der Beklagten auf einem ihr übersandten Formblatt die Höhe ihrer monatlichen Bezüge bei der Landesversicherungsanstalt und dem Beigeladenen unter Angabe ihrer Versicherungsnummer bzw. ihres Aktenzeichens mitgeteilt, ohne daß in der Folgezeit Krankenversicherungsbeiträge von den Versorgungsbezügen erhoben worden wären. Im November 1985 und im Mai 1986 setzte das Landesversorgungsamt die Beklagte jeweils von Erhöhungen der Versorgungsbezüge in Kenntnis.
Mit Bescheid vom 15. Juli 1988 (ohne Rechtsmittelbelehrung) forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. Januar 1986 in Höhe von 1.186,84 DM auf, da Krankenversicherungsbeiträge seit 1. Januar 1983 bei versicherungspflichtigen Rentenbeziehern von der Rente, von Versorgungsbezügen und ggf. auch vom Arbeitseinkommen zu entrichten seien. Die Klägerin hafte als Erbin für die entstandene Nachlaßverbindlichkeit.
Hiergegen legte die Klägerin am 21. September 1988 Widerspruch ein. Eine an den Beigeladenen gerichtete Antrage der Klägerin vom 18. Juli 1988 insbesondere dazu, warum ein Beitragsabzug von den laufenden Bezügen ihrer Mutter nicht erfolgt sei, beantwortete diese (Schreiben vom 27. Juli 1988) unter Hinweis darauf, daß ein Abzug von den Versorgungsbezügen erst nach schriftlicher Aufforderung der jeweiligen Krankenkasse erfolgen könne.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 1989 zurück, da der geltend gemachte Beitragsanspruch den gesetzlichen Bestimmungen folge und der Anspruch noch nicht verjährt sei. Da von der Zahlstelle bis zum 31. Januar 1986 ohne Verschulden keine Beiträge einbehalten worden seien, obliege der Krankenkasse der Beitragseinzug.
Am 10. Februar 1989 hat die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und sich zur Begründung auf das am 23. Mai 1989 ergangene Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: 12 RK 30/88) bezogen, das in einem vergleichbaren Fall ihre Rechtsauffassung bestätigt habe.
Durch Urteil vom 26. Oktober 1989 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 1989 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß die verstorbene Versicherte ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Mitteilung ihrer Bezüge rechtzeitig nachgekommen sei. Die Beklagte habe es jedoch unterlassen, dem Beigeladenen und der Versicherten unverzüglich die Höhe der von den Versorgungsbezügen zu erhebenden monatlichen Beiträge mitzuteilen. In einem solchen Fall bestehe aber nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Verpflichtung des Beigeladenen zum Beitragseinzug. Das Bundessozialgericht (12 RK 30/88) habe der Krankenkasse eine nachträgliche Beitragsforderung selbst dann versagt, wenn der Versicherte den versäumten Einzug der Krankenkassenbeiträge erkannt und eine entsprechende Mitteilung an die Krankenkasse unterlassen habe. An der fehlenden Einbehaltung der Beiträge träfe den Beigeladenen kein Verschulden. Ein Rückgriff auf den Versicherten sei nach der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht zulässig, wenn das Versäumnis von der Einzugsstelle, der Krankenkasse oder von beiden zu vertreten sei. Dieser Fall läge hier vor, da es die Beklagte trotz ausreichender Information versäumt habe, den Beitragseinzug rechtzeitig zu veranlassen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch bloße Untätigkeit für die Annahme ihres Verschuldens ausreichend gewesen.
Gegen dieses der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 20. November 1989 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 21. November 1989 – eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt am 24. November 1989 – eingelegte Berufung, mit der sich die Beklagte gegen die getroffene Entscheidung des Sozialgerichts wendet. Sie vertritt die Auffassung, daß das Sozialgericht die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 23. Mai 1989 falsch interpretiert habe. Nur in ganz bestimmten Fällen sei ein nachträglicher Beitragseinzug abgelehnt worden. Dieser sei nur ausgeschlossen, wenn der Versicherte neben der ordnungsgemäßen Meldung seiner Bezüge eine Mitteilung von der Krankenkasse erhalten habe, daß die zu zahlenden Beiträge von der Zahlstelle an die Krankenkasse abgeführt würden. Eine solche Mitteilung habe die Versicherte aber nie erhalten. Vielmehr sei die Beklagte nur untätig geblieben. Dies reiche aber nach ihrer Auffassung nicht aus, um ein Verschulden der Krankenkasse anzunehmen.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf dessen Entscheidungsgründe sowie die zu der Problematik des Rechtsstreits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung. Es sei ihr nicht verständlich, warum sich die Beklagte dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 16. Oktober 1989 nicht anschließe, wonach allein bei Kenntnis der Krankenkasse von den Versorgungsbezügen von einer Beitragsnachforderung abzusehen sei.
Durch Beschluss vom 24. Januar 1990 hat der Senat das Landesverwaltungsamt Berlin zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. Februar 1990 waren die Beklagte und der Beigeladene weder erschienen noch vertreten. Der Beigeladene hat auf fernmündliche Rückfrage am 8. Februar 1990 mitgeteilt, daß die Terminsladung versehentlich verspätet an das Gericht zurückgesandt worden ist und deshalb keine Hinderungsgründe für den Senat an einer Entscheidung des Rechtsstreits bestehen.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Beklagten auch in deren Abwesenheit und in Abwesenheit des Beigeladenen aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sie auf diese Möglichkeit in der schriftlichen Terminsladung hingewiesen worden sind (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 SGG).
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main ist zu Recht ergangen, denn ein Anspruch der Beklagten auf Nachzahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner aus Versorgungsbezügen besteht für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. Januar 1986 nicht.
Nach § 381 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung des Rentenanpassungsgesetzes 1982 vom 1. Dezember 1981, BGBl. I, S. 1205 – a.F.) trägt der Versicherte die nach § 180 Abs. 5 RVO a.F. zu bemessenden Beiträge. Zu den der Beitragsbemessung zugrundeliegenden Einnahmen gehörten auch Versorgungsbezüge (§ 180 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 RVO a.F.), die mit dem sich aus § 385 Abs. 2 a RVO a.F. ergebenden halben Beitragssatz heranzuziehen waren. Dementsprechend war auch die verstorbene Mutter der Klägerin grundsätzlich dazu verpflichtet, von dem von dem Beigeladenen bezogenen Ruhegeld Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen.
Für die Abführung der Beiträge von Versorgungsbezügen regelte jedoch § 393 a Abs. 2 RVO a.F., daß die zuständige Krankenkasse dem Versicherten und der nach Satz 2 zuständigen Zahlstelle die Höhe der zu zahlenden Beiträge mitteilt und die Beiträge einzieht (Satz 1). Zahlstellen, die – wie hier – regelmäßig an mehr als 30 beitragspflichtige Versicherte Versorgungsbezüge auszahlen, haben für Versicherungspflichtige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, die Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu entrichten (Satz 2). Sind in einem Monat keine Beiträge von den Versorgungsbezügen einbehalten worden, so dürfen sie nur bei der nächsten Zahlung von Versorgungsbezügen einbehalten werden. Ist die Einbehaltung weiterer Beiträge ohne Verschulden der Zahlstelle der Versorgungsbezüge unterblieben, so obliegt der Beitragseinzug der zuständigen Krankenkasse (Satz 5, 6).
Hiernach durfte die Beklagte auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 12 RK 30/88), der sich der Senat anschließt, weder von der verstorbenen Versicherten noch von der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin (in Verbindung mit § 1967 BGB) im Juli 1988 Krankenversicherungsbeiträge für einen bereits am 31. Januar 1986 abgelaufenen Zeitraum nachfordern. Dabei geht der Senat davon aus, daß sich der hier zu entscheidende Fall nicht wesentlich von dem Sachverhalt unterscheidet, der dem bereits genannten Urteil des Bundessozialgerichts zugrunde gelegen hat: Die Versicherte war bereits am 9. August 1982 ihrer Verpflichtung gegenüber der Beklagten nachgekommen und hatte unter anderem die Höhe der laufenden Bezüge bei dem Beigeladenen mitgeteilt (vgl. § 317 Abs. 8 Satz 1 RVO a.F.). Dennoch unterblieben in der Folgezeit zunächst die nach dem Gesetz vorzunehmenden Abzüge durch den Beigeladenen, da die Beklagte untätig blieb und diesem nicht die erforderlichen Angaben zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe zukommen ließ (vgl. §§ 317 Abs. 8 Satz 2, 393 a Abs. 2 Satz 1 RVO a.F.). Dabei reagierte die Beklagte auch auf Schreiben des Beigeladenen nicht, der jeweils Änderungen der Höhe der Versorgungsbezüge mitteilte (§ 317 Abs. 9 RVO a.F.). Erst mit Wirkung vom 1. Februar 1986 wurden Krankenversicherungsbeiträge von dem Beigeladenen einbehalten und an die Krankenkasse abgeführt. Diese verspätete Beitragsabführung, an der den Beigeladenen kein Verschulden trifft, fällt allein in den Verantwortungsbereich der Beklagten, die trotz Kenntnis aller rechtserheblichen Tatsachen eine rechtzeitige Mitteilung der Höhe der einzuziehenden Beiträge an die Versicherte und den Beigeladenen unterlassen hat.
Nach der genannten Regelung in § 393 a Abs. 2 Satz 6 RVO a.F. wird der Versicherte zwar ausdrücklich nur dann bis auf den im nächsten Monat nachholbaren Einbehalt frei, wenn die Zahlstelle/den Beigeladenen ein Verschulden oder Mitverschulden am Unterbleiben des Einbehalts traf. Nichts anderes hat aber dann zu gelten, "wenn die Beklagte allein ein Verschulden traf. Denn dann würde diese sich auf ein eigenes rechtswidriges Verhalten berufen, um die Schuldlosigkeit der Beigeladenen und damit ihre (der Beklagten) Beitragsforderung gegen den Kläger zu begründen. Das ist mit Treu und Glauben unvereinbar” (BSG, a.a.O., S. 11).
Wenn demnach sowohl ein Verschulden der Zahlstelle als auch ein Verschulden der Krankenkasse für die Versagung einer nachträglichen Erhebung der Krankenversicherungsbeiträge von Versorgungsbezügen ausreicht (was das BSG obiter dictum in Urteilen vom 14. September 1989 – 12 RK 48/88; 6/89 und 9/89 bestätigt hat), war die erst mit Bescheid vom 15. Juli 1988 geltend gemachte Nacherhebung von Beiträgen durch die Beklagte rechtswidrig, denn sie hat die rechtzeitige Beitragsabführung schuldhaft nicht veranlaßt. Daran ändert nichts, daß die Beklagte während eines Zeitraumes von über zwei Jahren lediglich untätig geblieben ist. Auch ein Unterlassen löst den Verschuldensvorwurf aus, wenn eine Rechtspflicht zum Tun bestanden hat. Dies war aber der Fall, denn eine Mitteilung an die Zahlstelle hatte nach §§ 317 Abs. 8 Satz 2, 393 a Abs. 2 Satz 1 RVO a.F. unverzüglich zu erfolgen. Da der Beklagten rechtzeitig die erforderlichen Informationen für eine gesetzmäßige Beitragserhebung zur Verfügung standen, lag es allein an ihr, die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. Da dies aber ohne ersichtlichen Grund unterblieben ist, handelte sie schuldhaft. Etwas anderes läßt sich auch nicht der bereits mehrfach genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23. Mai 1989 entnehmen. Insbesondere ist eine Versagung der Nacherhebung von Beiträgen – entgegen der Auffassung der Beklagten – vom Bundessozialgericht nicht auf solche Fälle beschränkt worden, in denen Versicherte ihren Mitteilungspflichten nachgekommen sind und eine Mitteilung der Krankenkasse erhielten, daß sie nicht selbst, sondern die Zahlstelle unmittelbar an die Krankenkasse Beiträge abführen werde. Zwar bestand in dem dort entschiedenen Fall hierzu Anlaß, weil der Kläger weiterhin wie zuvor seine Beiträge selbst einzahlen wollte. Die für den Beigeladenen erforderlichen Angaben zur Beitragshöhe unterblieben aber hier wie dort, so daß wegen dieses Versäumnisses eine rechtzeitige Beitragsabführung nicht erfolgte und vom Bundessozialgericht deshalb auch im nachhinein nicht mehr für zulässig erachtet worden ist. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß selbst bei positiver Kenntnis des Versicherten von dem unterbliebenen Beitragseinzug und Schweigen gegenüber der Krankenkasse eine nachträgliche Beitragserhebung nicht in Betracht komme, da ein Verschulden des Versicherten nach den damals geltenden Bestimmungen nicht entscheidend gewesen sei.
Schließlich geht der Hinweis der Beklagten auf die Verjährungsvorschrift des § 25 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) fehl, denn anders als bei der Nacherhebung von Beiträgen aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 393 a Abs. 1 RVO a.F. besteht ein Anspruch auf Nacherhebung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen nur in den Grenzen des § 393 a Abs. 2 Satz 6 RVO a.F. Zur Begründung und Verfassungsmäßigkeit dieser unterschiedlichen Regelungen wird auf die Ausführungen in den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 23. Mai und 14. September 1989, a.a.O., verwiesen.
Da eine Nachforderung von Beiträgen zur KVdR im Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Januar 1986 ausgeschlossen ist, mußte die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben und zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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