Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 15 Ar 11/77
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 852/78
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein aufgrund einer – rechtswidrigen – Zusage ergangener Leistungsbescheid kann von der Bundesanstalt für Arbeit widerrufen werden. Die Bundesanstalt für Arbeit kann durch evtl. Zusagen nicht in weiterem Umfange gebunden sein als durch den Erlaß von Bescheiden.
Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann nicht die Herstellung des Zustandes begehrt werden, der bestehen würde, wenn ein Versicherter bei richtiger Beratung von dem Besuch einer Fortbildungsmaßnahme abgesehen hätte. In diesem Falle ist das Begehren nicht auf Schadensersatz durch Amtshandlung gerichtet, sondern auf eine Geldleistung, auch wenn es in die äußere Form der Gewährung von Förderungsleistungen gekleidet ist.
Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann nicht die Herstellung des Zustandes begehrt werden, der bestehen würde, wenn ein Versicherter bei richtiger Beratung von dem Besuch einer Fortbildungsmaßnahme abgesehen hätte. In diesem Falle ist das Begehren nicht auf Schadensersatz durch Amtshandlung gerichtet, sondern auf eine Geldleistung, auch wenn es in die äußere Form der Gewährung von Förderungsleistungen gekleidet ist.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1978 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. mit dem Maßnahmeziel des Elektromeisters in der Zeit vom 1. März 1976 bis 28. Februar 1977 sowie die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld – Alg – für die Zeit vom 15. März bis 26. Mai 1976 und die Rückforderung eines Betrages von 2.973,60 DM.
Der Kläger erlernte den Beruf eines Elektroinstallateurs und war bis zum 30. April 1974 als freier Handelsvertreter ab 1. Juni 1974 als Verkaufsleiter tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit bis zum 30. Juni 1975 war er als Außendienstangestellter beschäftigt. Am 15. März 1976 meldete er sich erneut bei der Beklagten arbeitslos. Gegenüber der Beklagten erklärte der Kläger u.a. keine Beschäftigung oder Tätigkeit auszuüben sowie in keiner Ausbildung zu stehen. Mit Bescheid vom 14. April 1976 bewilligte die Beklagte Alg.
Am 10. Februar 1976 beantragte der Kläger die Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. mit dem Maßnahmeziel des Elektromeisters. An der Vollzeitmaßnahme sollte der Kläger in der Zeit vom 1. März 1976 bis 28. Februar 1977 teilnehmen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. März 1976 im wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Maßnahme nicht mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt (§§ 46 Abs. 1, 44 Abs. 2 und 2 a Arbeitsförderungsgesetz – AFG –).
Auf den Widerspruch des Klägers hob die Beklagte ihren Ablehnungsbescheid vom 17. März 1976 mit Bescheid vom 1. Juli 1976 auf und teilte dem Kläger mit, über Art, Höhe und Dauer der dem Kläger zustehenden Leistung ergehe gesondert vom Arbeitsamt G. ein Bescheid.
In der Folgezeit durchgeführte Ermittlungen der Beklagten ergaben, daß der Kläger sich bereits am 9. April 1975 zu dem streitbefangenen Lehrgang angemeldet und am 22. April 1975 bei der Beklagten zur Beratung vorgesprochen habe.
Mit Bescheid vom 23. August 1976 lehnte die Beklagte erneut die Förderung der Teilnahme an der streitbefangenen Maßnahme mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Bildungsmaßnahme nicht mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt. Auch die Voraussetzungen nach § 46 Abs. 2 AFG lägen nicht vor, da die Maßnahme nicht notwendig sei, um Arbeitslosigkeit zu beenden bzw. drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 zurück.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 1976 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 14. April 1976 auf, mit dem Alg für die Zeit ab 15. März 1976 für 120 Tage bewilligt und bis zum 26. Mai 1976 gezahlt worden war. Mit diesem Bescheid forderte die Beklagte einen Betrag von 2.973,60 DM zurück. Den Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 zurück. Zur Begründung führte sie an, die Voraussetzungen für den Bezug von Alg hätten ab 15. März 1976 nicht vorgelegen, nachdem der Kläger die Fortbildungsmaßnahme mit ganztägigem Unterricht – entgegen seinen Angaben im Antrag – weiter besucht habe (§§ 100, 101 Abs. 1, 151 Abs. 1 AFG). Die Rückforderung sei rechtens, weil er die weitere Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest grobfahrlässig nicht angezeigt habe und zudem gewußt habe, keinen Anspruch auf Alg für die Zeit ab 15. März 1976 gehabt zu haben.
Am 6. Januar 1977 hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 23. Juni 1978 die Bescheide der Beklagten vom 23. August 1976 und 10. Dezember 1976 dahin abgeändert, daß dem Kläger Förderungsleistungen für die Zeit vom 4. Juli bis 26. August 1976 zu gewähren seien. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers seien zu einem Siebentel von der Beklagten zu tragen; die Berufung hat es zugelassen. Zur Begründung hat es angeführt, die Beklagte sei teilweise zur Gewährung von Förderungsleistungen verpflichtet, als nämlich der Kläger auf den Bestand eines Förderungsbescheides dem Grunde nach habe vertrauen dürfen. Zwar seien die Förderungsvoraussetzungen nach den §§ 46 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 2 AFG nicht gegeben gewesen und der Antrag hätte an sich abgelehnt werden müssen.
Während des genannten Zeitraumes habe der Kläger jedoch auf die Richtigkeit des Verwaltungshandelns vertrauen dürfen. Dieser Vertrauensschutz erfasse nicht den Zeitraum vor Zugang des Bewilligungsbescheides vom 1. Juli 1976, da eine bindende Zusage des Arbeitsamtes zur Übernahme der Förderung nicht aktenkundig sei.
Eine solche Zusage wäre auch vor Antragstellung unzulässig gewesen. Entsprechende verbindliche Zusagen hätte der Kläger auch nicht aus den Anfang 1976 eingeholten telefonischen Auskünften herleiten können. Wenn er im Hinblick hierauf wesentliche Vermögensdispositionen vorgenommen habe, wie die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so sei hierin ein leichtfertiges Verhalten in eigenen Angelegenheiten zu erblicken, das der Arbeitsverwaltung nicht angelastet werden könne. Soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg und die Rückforderung von Leistungen in Streit stehen, seien die Bescheide der Beklagten rechtens, da der Kläger tatsächlich ab 1. März 1976 an dem Lehrgang teilgenommen habe und die Beklagte deshalb zur Aufhebung der Bewilligung von Leistungen berechtigt gewesen sei. Die Rückforderung sei rechtens, da dem Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen sei, daß er während der Teilnahme an dem Lehrgang Alg nicht habe in Anspruch nehmen können.
Gegen dieses dem Kläger am 20. Juli 1978 zugestellte Urteil richtet sich seine mit Schriftsatz vom 31. Juli 1978, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 2. August 1978, eingelegte Berufung. Der Kläger trägt vor, sein Vertrauen in das Verwaltungshandeln der Beklagten sei über das Urteil des Sozialgerichts hinaus auch insoweit schützenswert, als die volle Förderung der Teilnahme an der Maßnahme mit dem Ziel des Elektromeisters in Streit stehe. Es könne nicht entscheidend sein, daß die Zusage seitens der Beklagten nicht schriftlich bestätigt worden sei. Vielmehr habe sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main herausgestellt, daß die Außenstelle B. H. des Arbeitsamtes F. häufiger mündliche Zusagen gegeben habe, an die sie sich gebunden gefühlt habe. Die ihm jeweils erteilten Auskünfte habe er zum Anlaß von Dispositionen genommen, wie etwa die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses und die Aufnahme der Ausbildung. Daß Bedienstete der Beklagten insoweit bindende Zusagen abgegeben hätten, sei unter Beweis gestellt worden; zu Unrecht habe das Sozialgericht jedoch keine entsprechende Beweiserhebung durchgeführt.
Schließlich habe sich die Beklagte selbst gebunden, indem sie den Widerspruch des Klägers mit dem Bescheid vom 1. Juli 1976 stattgegeben habe. Nach den Grundsätzen über den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte sei die Beklagte nicht mehr berechtigt gewesen, die Leistung dem Grunde nach erneut abzulehnen.
Soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg und die Rückforderung von Leistungen in Streit stehen, habe das Sozialgericht verkannt, daß die Gewährung von Alg ursächlich darauf beruhe, daß Leistungen der beruflichen Förderung nicht gewährt worden seien, die Angelegenheit also auch nach Ansicht der Außenstelle B. H. "schiefgegangen sei”.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1978 abzuändern,
sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1976 und den Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 in vollem Umfange aufzuheben
sowie den Bescheid vom 26. Oktober 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1976 – betreffend Arbeitslosengeld – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, anläßlich der Teilnahme des Klägers an der Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. ab 1. März 1976 Unterhaltsgeld und Zuschüsse zu gewähren,
ferner die Anschlußberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen
sowie im Wege der Anschlußberufung das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Sie trägt vor, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Förderung hätten nicht vorgelegen. Darüber hinaus könne sich der Kläger nicht auf eine Zusage der Beklagten berufen, insbesondere auch aus dem Bescheid vom 1. Juli 1976 keinen Vertrauensschutz herleiten. Aus der Regelung des § 151 Abs. 1 AFG folge, daß die Beklagte bewilligende Leistungsbescheide jederzeit insoweit aufheben dürfe, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen hätten oder weggefallen seien. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber ausdrücklich der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns Vorrang vor der Rechtssicherheit des Bürgers eingeräumt. Wenn die Beklagte sogar berechtigt sei, bindende Verwaltungsakte, auch rückwirkend, aufzuheben, so könne sie an rechtswidrige Zusagen, selbst wenn diese vorliegend gegeben sein sollten, nicht stärker gebunden sein. Weitere Ansprüche folgten auch nicht aus einem sozialrechtlichen Schadenersatzanspruch, da ein Maßnahmeteilnehmer keinen Anspruch auf Schadensersatz durch Vornahme einer Amtshandlung wegen eventueller Verletzung der Beratungspflicht habe, wenn er bei richtiger Beratung von der Teilnahme an einer Maßnahme überhaupt abgesehen hätte, wie dies bei dem Kläger aufgrund seines ausdrücklichen Vertrags der Fall gewesen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Stamm-Nr. XXXXX, Arbeitsamt F., der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 151, 143 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Gleichfalls ist die Anschlußberufung der Beklagten zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, während auf die Anschlußberufung der Beklagten hin das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Klage in vollem Umfange aufzuheben war. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind weder hinsichtlich der Versagung von Förderungsleistungen noch der Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Alg zu beanstanden.
Zu Recht hat die Beklagte die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. mit dem Maßnahmeziel des Elektromeisters für die Zeit ab 1. März 1976 abgelehnt (Bescheid vom 23. August 1976). In dem Ablehnungsbescheid, der zugleich auch auf die frühere Ablehnung der Bewilligung von Leistungen Bezug nimmt, ist zugleich eine Aufhebung des Bescheides vom 1. Juli 1976 zu sehen, mit dem dem Grunde nach Leistungen bewilligt worden waren, die bereits im Bescheid vom 23. August 1976 zum Ausdruck kommende Aufhebung der Leistungsbewilligung wird zudem im Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 klargestellt. Zu dieser – teilweisen – Aufhebung der Leistungsbewilligung dem Grunde nach war die Beklagte auch berechtigt, Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz bewilligt worden sind, werden insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind (§ 151 Abs. 1 AFG). Denn der Kläger hatte keinen Anspruch auf die Gewährung von Förderungsleistungen, auch nicht für den Zeitraum des Bestandes des Bescheides vom 1. Juli 1976 (Zeitraum vom 4. Juli bis 26. August 1976).
Soweit durch den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1976 die Leistungsbewilligung dem Grunde nach (Bescheid vom 1. Juli 1976) aufgehoben worden ist, kann eine Verletzung der Pflicht zur Anhörung eines Beteiligten vor Erlaß eines in dessen Rechte eingreifenden Verwaltungsaktes gesehen werden (§ 34 Abs. 1 SGB I). Eine vorgeschriebene Anhörung wäre jedoch durch das in der Folge durchgeführte Widerspruchsverfahren nach allgemeiner Auffassung als nachgeholt anzusehen (vgl. BSG, Urt. v. 1. März 1979 – 6 RKa 17/77 – SozR 1200 § 34 Nr. 8; Grüner, Kommentar zum SGB, § 34 SGB I Erläuterung VII mit Nachweisen).
Die von dem Kläger begehrte Förderung der Teilnahme mit dem Ziel des Elektromeisters stellt für diesen eine berufliche Fortbildung dar (§ 41 AFG). In Abgrenzung zur Ausbildung (§ 40 AFG) und Umschulung (§ 47 AFG) liegt Fortbildung vor, wenn die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden (BSG, Urteil v. 22. Oktober 1974 – 7 RAr 38/74 – SozR 4100 § 41 Nr. 11). Voraussetzung für die Förderung des Klägers war jedoch, daß er innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Maßnahme mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt oder Arbeitslosengeld aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen oder im Anschluß daran Arbeitslosenhilfe bezogen hat (§ 46 Abs. 1 i.V.m. § 44 Abs. 2 und 2 a AFG i.d.F. des HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 – BGBl. I S. 3113). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt, indem er in der Rahmenfrist vom 1. März 1973 bis 28. Februar 1976 Zeiten der genannten Art nur in einem Umfang von 19 Monaten nachweisen kann. Darüber hinaus kann der Kläger sich auch nicht auf eine Förderung nach § 46 Abs. 2 AFG berufen, da die Voraussetzungen einer Förderung nach § 44 Abs. 2 AFG nicht erfüllt sind. Denn der Kläger war vor Beginn der Maßnahme weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedroht; eine Vermittlung in absehbarer Zeit wäre auch ohne Durchführung der Maßnahme möglich gewesen; insoweit stimmen die Beteiligten im Ergebnis auch überein.
Weitergehende Ansprüche kann der Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes aus dem Bescheid vom 1. Juli 1976 herleiten. Denn insoweit war die Beklagte berechtigt, ihre Leistungszusage dem Grunde nach aufzuheben. Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz bewilligt worden sind, werden insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Die Regelung des § 151 AFG räumt daher der Beklagten – und damit unterschiedlich zu den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen – das Recht ein, ihre früheren, eine Leistung bewilligenden Entscheidungen zu verändern. Dies gilt zum einen, wenn sich herausstellt, daß die frühere Entscheidung falsch war, die Voraussetzungen für die Leistungen also von vorneherein nicht vorgelegen haben, zum anderen dann, wenn die frühere Entscheidung durch später eingetretene Ereignisse falsch geworden ist, also die Voraussetzungen für die Leistung später weggefallen sind (BSG, Urt. v. 10. Oktober 1978 – 7 RAr 56/77 – SozR 4100 § 151 Nr. 10).
Soweit eine frühere Entscheidung aufgehoben werden kann, wird bewußt die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes (§ 77 SGG) hintangestellt. Der Möglichkeit zur Aufhebung der Leistungsbewilligung kann für den Fall, daß keine neuen Tatsachen lediglich die Rechtskraft eines Urteils (§ 141 SGG) entgegenstehen (vgl. BSG, Urt. v. 10. Oktober 1978 a.a.O.). Selbst wenn damit in dem Bescheid vom 1. Juli 1976 eine Zusage zu sehen wäre, könnte diese von der Beklagten wirksam widerrufen worden sein. Für den Fall der Änderung des Anordnungsrechts und der dazu erlassenen Übergangsbestimmungen, die zum Wegfall der Anspruchsgrundlagen führen, ist dies bereits höchstrichterlich anerkannt (Urt. d. BSG v. 25. März 1976 – 12/7 RAr 135/74 – SozR 4100 § 151 Nr. 3). Es muß auch für den Fall gelten, daß die Beklagte zur Aufhebung der Leistungsbewilligung berechtigt ist, soweit die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben. Denn auch insoweit kann die Beklagte durch eventuelle Zusagen nicht in weiterem Umfange gebunden sein, als durch den Erlaß von Bescheiden. Tragbar ist diese – sehr weitgehende – Regelung des Arbeitsförderungsgesetzes, als sie dem Umstand Rechnung trägt, daß die Beklagte meist nur kurzfristig und verhältnismäßig zügig Leistungen zu erbringen hat und der Leistungsempfänger zudem vor der Rückforderung von Leistungen in erheblichem Umfange geschützt ist (§ 152 Abs. 1 AFG).
Weitergehende Ansprüche kann der Kläger auch nicht aus einem sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vg. BSG, Urt. v. 25. März 1976 – 12/7 RAr 135/74 – SozR 4100 § 151 Nr. 3; Grüner, Kommentar zum SGB, Einleitung SGB I–IV 5 c – S. 54 ff.) herleiten. Soweit der Sozialleistungsträger seine ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegende Pflicht, insbesondere eine sozialrechtliche Nebenpflicht, verletzt, kann der hierdurch Geschädigte von dem Sozialleistungsträger die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger sich pflichtgemäß verhalten hätte. Nur insoweit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
Insoweit kann dahinstehen, inwieweit eine teilweise Verletzung von Nebenpflichten durch die Beklagte für das Verhalten des Klägers ursächlich werden konnte, als sich nämlich der Kläger nach der – nicht widerlegten – Auskunft des Leistungsträgers bereits mit Schreiben vom 9. April 1975 zur Meisterprüfung angemeldet hatte, während die erste Beratung erst am 22. April 1975 stattgefunden hatte. Auch soweit der Kläger geltend macht, daß er nach erneuter Einholung von Auskünften bei der Beklagten im Januar 1976 sein Arbeitsverhältnis nicht mehr fortführte und den Lehrgang begonnen hatte, ist sein Begehren sinngemäß darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er an der Maßnahme nicht teilgenommen. Auch insoweit ist sein Begehren nicht auf Schadensersatz durch Amtshandlung gerichtet, sondern letztlich auf eine Geldleistung, wenn diese auch in diesem Rechtsstreit in der Form geltend gemacht wird, daß der Kläger die Förderung seiner Teilnahme begehrt. Denn andernfalls wäre die Beklagte verpflichtet, durch – rechtswidrige – Amtshandlung den Anspruch zuzusprechen, auf den der Kläger im Ergebnis keinen Anspruch hat, da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Förderung nicht gegeben sind (vgl. zu dieser Grenze des Herstellungsanspruches auch BSG, Urt. v. 10. Oktober 1979 – 12 RK 47/77; BSG, Urt. v. 22. Februar 1980 – 12 RK 34/79).
Soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg für die Zeit vom 15. März bis 26. Mai 1976 in Streit steht, sind das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden. Insoweit ist die Beklagte zur Aufhebung der Leistungsbewilligung (§ 151 AFG) berechtigt gewesen. Denn die Leistungsvoraussetzungen haben für den streitbefangenen Zeitraum nicht vorgelegen. Anspruch auf Alg hat nur, wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Dieser steht nur zur Verfügung, wer eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf sowie bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann (§ 103 Abs. 1 AFG i.d.F. vom 18. Dezember 1975). Der Arbeitsvermittlung stand der Kläger nicht zur Verfügung, da er ab 1. März 1976 die Maßnahme unterbrochen, zumindest während des streitbefangenen Zeitraumes, besucht hatte (Ermittlungen der Beklagten Bl. 22 der LA).
Darüber hinaus war die Beklagte auch zur Rückforderung von Leistungen berechtigt. Soweit eine Entscheidung aufgehoben worden ist (§ 151 Abs. 1 APG), ist die Leistung insoweit zurückzuzahlen, als der Empfänger unter anderem die Gewährung dadurch herbeigeführt hat, daß er vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 148 Abs. 1 AFG bzw. § 60 SGB I vorsätzlich oder grobfahrlässig unterlassen hat (§ 152 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Insoweit muß der Kläger seine Erklärungen gegenüber der Beklagten in Zusammenhang mit der Beantragung von Alg am 15. März 1976 gegen sich gelten lassen. Gegenüber der Beklagten gab er an, weder in einem Beschäftigungsverhältnis zu stehen, noch eine Ausbildung zu erfahren. Diesen Angaben konnte die Beklagte auch Glauben schenken, als die Bewilligung von Förderungsleistungen mit Bescheid vom 17. März 1976 abgelehnt worden war und der Kläger sich deshalb veranlaßt sehen konnte, die Maßnahme nicht weiter zu besuchen.
Damit wurden die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten auch ursächlich für die Bewilligung von Alg. Die Bedeutung seiner Erklärung über die Verfügbarkeit mußte sich dem Kläger auch im Sinne der groben Fahrlässigkeit geradezu aufdrängen, da sich mehrere Fragen in dem Antragsvordruck hierauf bezogen und das Merkblatt der Beklagten, dessen Erhalt der Kläger bescheinigt hat, hierauf eindeutig und mehrfach hinweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil der der Rechtssache grundsätzlich Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
II. Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. mit dem Maßnahmeziel des Elektromeisters in der Zeit vom 1. März 1976 bis 28. Februar 1977 sowie die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld – Alg – für die Zeit vom 15. März bis 26. Mai 1976 und die Rückforderung eines Betrages von 2.973,60 DM.
Der Kläger erlernte den Beruf eines Elektroinstallateurs und war bis zum 30. April 1974 als freier Handelsvertreter ab 1. Juni 1974 als Verkaufsleiter tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit bis zum 30. Juni 1975 war er als Außendienstangestellter beschäftigt. Am 15. März 1976 meldete er sich erneut bei der Beklagten arbeitslos. Gegenüber der Beklagten erklärte der Kläger u.a. keine Beschäftigung oder Tätigkeit auszuüben sowie in keiner Ausbildung zu stehen. Mit Bescheid vom 14. April 1976 bewilligte die Beklagte Alg.
Am 10. Februar 1976 beantragte der Kläger die Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. mit dem Maßnahmeziel des Elektromeisters. An der Vollzeitmaßnahme sollte der Kläger in der Zeit vom 1. März 1976 bis 28. Februar 1977 teilnehmen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. März 1976 im wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Maßnahme nicht mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt (§§ 46 Abs. 1, 44 Abs. 2 und 2 a Arbeitsförderungsgesetz – AFG –).
Auf den Widerspruch des Klägers hob die Beklagte ihren Ablehnungsbescheid vom 17. März 1976 mit Bescheid vom 1. Juli 1976 auf und teilte dem Kläger mit, über Art, Höhe und Dauer der dem Kläger zustehenden Leistung ergehe gesondert vom Arbeitsamt G. ein Bescheid.
In der Folgezeit durchgeführte Ermittlungen der Beklagten ergaben, daß der Kläger sich bereits am 9. April 1975 zu dem streitbefangenen Lehrgang angemeldet und am 22. April 1975 bei der Beklagten zur Beratung vorgesprochen habe.
Mit Bescheid vom 23. August 1976 lehnte die Beklagte erneut die Förderung der Teilnahme an der streitbefangenen Maßnahme mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Bildungsmaßnahme nicht mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt. Auch die Voraussetzungen nach § 46 Abs. 2 AFG lägen nicht vor, da die Maßnahme nicht notwendig sei, um Arbeitslosigkeit zu beenden bzw. drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 zurück.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 1976 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 14. April 1976 auf, mit dem Alg für die Zeit ab 15. März 1976 für 120 Tage bewilligt und bis zum 26. Mai 1976 gezahlt worden war. Mit diesem Bescheid forderte die Beklagte einen Betrag von 2.973,60 DM zurück. Den Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 zurück. Zur Begründung führte sie an, die Voraussetzungen für den Bezug von Alg hätten ab 15. März 1976 nicht vorgelegen, nachdem der Kläger die Fortbildungsmaßnahme mit ganztägigem Unterricht – entgegen seinen Angaben im Antrag – weiter besucht habe (§§ 100, 101 Abs. 1, 151 Abs. 1 AFG). Die Rückforderung sei rechtens, weil er die weitere Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest grobfahrlässig nicht angezeigt habe und zudem gewußt habe, keinen Anspruch auf Alg für die Zeit ab 15. März 1976 gehabt zu haben.
Am 6. Januar 1977 hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 23. Juni 1978 die Bescheide der Beklagten vom 23. August 1976 und 10. Dezember 1976 dahin abgeändert, daß dem Kläger Förderungsleistungen für die Zeit vom 4. Juli bis 26. August 1976 zu gewähren seien. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers seien zu einem Siebentel von der Beklagten zu tragen; die Berufung hat es zugelassen. Zur Begründung hat es angeführt, die Beklagte sei teilweise zur Gewährung von Förderungsleistungen verpflichtet, als nämlich der Kläger auf den Bestand eines Förderungsbescheides dem Grunde nach habe vertrauen dürfen. Zwar seien die Förderungsvoraussetzungen nach den §§ 46 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 2 AFG nicht gegeben gewesen und der Antrag hätte an sich abgelehnt werden müssen.
Während des genannten Zeitraumes habe der Kläger jedoch auf die Richtigkeit des Verwaltungshandelns vertrauen dürfen. Dieser Vertrauensschutz erfasse nicht den Zeitraum vor Zugang des Bewilligungsbescheides vom 1. Juli 1976, da eine bindende Zusage des Arbeitsamtes zur Übernahme der Förderung nicht aktenkundig sei.
Eine solche Zusage wäre auch vor Antragstellung unzulässig gewesen. Entsprechende verbindliche Zusagen hätte der Kläger auch nicht aus den Anfang 1976 eingeholten telefonischen Auskünften herleiten können. Wenn er im Hinblick hierauf wesentliche Vermögensdispositionen vorgenommen habe, wie die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so sei hierin ein leichtfertiges Verhalten in eigenen Angelegenheiten zu erblicken, das der Arbeitsverwaltung nicht angelastet werden könne. Soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg und die Rückforderung von Leistungen in Streit stehen, seien die Bescheide der Beklagten rechtens, da der Kläger tatsächlich ab 1. März 1976 an dem Lehrgang teilgenommen habe und die Beklagte deshalb zur Aufhebung der Bewilligung von Leistungen berechtigt gewesen sei. Die Rückforderung sei rechtens, da dem Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen sei, daß er während der Teilnahme an dem Lehrgang Alg nicht habe in Anspruch nehmen können.
Gegen dieses dem Kläger am 20. Juli 1978 zugestellte Urteil richtet sich seine mit Schriftsatz vom 31. Juli 1978, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 2. August 1978, eingelegte Berufung. Der Kläger trägt vor, sein Vertrauen in das Verwaltungshandeln der Beklagten sei über das Urteil des Sozialgerichts hinaus auch insoweit schützenswert, als die volle Förderung der Teilnahme an der Maßnahme mit dem Ziel des Elektromeisters in Streit stehe. Es könne nicht entscheidend sein, daß die Zusage seitens der Beklagten nicht schriftlich bestätigt worden sei. Vielmehr habe sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main herausgestellt, daß die Außenstelle B. H. des Arbeitsamtes F. häufiger mündliche Zusagen gegeben habe, an die sie sich gebunden gefühlt habe. Die ihm jeweils erteilten Auskünfte habe er zum Anlaß von Dispositionen genommen, wie etwa die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses und die Aufnahme der Ausbildung. Daß Bedienstete der Beklagten insoweit bindende Zusagen abgegeben hätten, sei unter Beweis gestellt worden; zu Unrecht habe das Sozialgericht jedoch keine entsprechende Beweiserhebung durchgeführt.
Schließlich habe sich die Beklagte selbst gebunden, indem sie den Widerspruch des Klägers mit dem Bescheid vom 1. Juli 1976 stattgegeben habe. Nach den Grundsätzen über den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte sei die Beklagte nicht mehr berechtigt gewesen, die Leistung dem Grunde nach erneut abzulehnen.
Soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg und die Rückforderung von Leistungen in Streit stehen, habe das Sozialgericht verkannt, daß die Gewährung von Alg ursächlich darauf beruhe, daß Leistungen der beruflichen Förderung nicht gewährt worden seien, die Angelegenheit also auch nach Ansicht der Außenstelle B. H. "schiefgegangen sei”.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1978 abzuändern,
sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1976 und den Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 in vollem Umfange aufzuheben
sowie den Bescheid vom 26. Oktober 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1976 – betreffend Arbeitslosengeld – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, anläßlich der Teilnahme des Klägers an der Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. ab 1. März 1976 Unterhaltsgeld und Zuschüsse zu gewähren,
ferner die Anschlußberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen
sowie im Wege der Anschlußberufung das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Sie trägt vor, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Förderung hätten nicht vorgelegen. Darüber hinaus könne sich der Kläger nicht auf eine Zusage der Beklagten berufen, insbesondere auch aus dem Bescheid vom 1. Juli 1976 keinen Vertrauensschutz herleiten. Aus der Regelung des § 151 Abs. 1 AFG folge, daß die Beklagte bewilligende Leistungsbescheide jederzeit insoweit aufheben dürfe, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen hätten oder weggefallen seien. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber ausdrücklich der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns Vorrang vor der Rechtssicherheit des Bürgers eingeräumt. Wenn die Beklagte sogar berechtigt sei, bindende Verwaltungsakte, auch rückwirkend, aufzuheben, so könne sie an rechtswidrige Zusagen, selbst wenn diese vorliegend gegeben sein sollten, nicht stärker gebunden sein. Weitere Ansprüche folgten auch nicht aus einem sozialrechtlichen Schadenersatzanspruch, da ein Maßnahmeteilnehmer keinen Anspruch auf Schadensersatz durch Vornahme einer Amtshandlung wegen eventueller Verletzung der Beratungspflicht habe, wenn er bei richtiger Beratung von der Teilnahme an einer Maßnahme überhaupt abgesehen hätte, wie dies bei dem Kläger aufgrund seines ausdrücklichen Vertrags der Fall gewesen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Stamm-Nr. XXXXX, Arbeitsamt F., der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 151, 143 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Gleichfalls ist die Anschlußberufung der Beklagten zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, während auf die Anschlußberufung der Beklagten hin das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Klage in vollem Umfange aufzuheben war. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind weder hinsichtlich der Versagung von Förderungsleistungen noch der Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Alg zu beanstanden.
Zu Recht hat die Beklagte die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer Maßnahme des Bildungszentrums für Elektrotechnik in L. mit dem Maßnahmeziel des Elektromeisters für die Zeit ab 1. März 1976 abgelehnt (Bescheid vom 23. August 1976). In dem Ablehnungsbescheid, der zugleich auch auf die frühere Ablehnung der Bewilligung von Leistungen Bezug nimmt, ist zugleich eine Aufhebung des Bescheides vom 1. Juli 1976 zu sehen, mit dem dem Grunde nach Leistungen bewilligt worden waren, die bereits im Bescheid vom 23. August 1976 zum Ausdruck kommende Aufhebung der Leistungsbewilligung wird zudem im Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1976 klargestellt. Zu dieser – teilweisen – Aufhebung der Leistungsbewilligung dem Grunde nach war die Beklagte auch berechtigt, Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz bewilligt worden sind, werden insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind (§ 151 Abs. 1 AFG). Denn der Kläger hatte keinen Anspruch auf die Gewährung von Förderungsleistungen, auch nicht für den Zeitraum des Bestandes des Bescheides vom 1. Juli 1976 (Zeitraum vom 4. Juli bis 26. August 1976).
Soweit durch den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1976 die Leistungsbewilligung dem Grunde nach (Bescheid vom 1. Juli 1976) aufgehoben worden ist, kann eine Verletzung der Pflicht zur Anhörung eines Beteiligten vor Erlaß eines in dessen Rechte eingreifenden Verwaltungsaktes gesehen werden (§ 34 Abs. 1 SGB I). Eine vorgeschriebene Anhörung wäre jedoch durch das in der Folge durchgeführte Widerspruchsverfahren nach allgemeiner Auffassung als nachgeholt anzusehen (vgl. BSG, Urt. v. 1. März 1979 – 6 RKa 17/77 – SozR 1200 § 34 Nr. 8; Grüner, Kommentar zum SGB, § 34 SGB I Erläuterung VII mit Nachweisen).
Die von dem Kläger begehrte Förderung der Teilnahme mit dem Ziel des Elektromeisters stellt für diesen eine berufliche Fortbildung dar (§ 41 AFG). In Abgrenzung zur Ausbildung (§ 40 AFG) und Umschulung (§ 47 AFG) liegt Fortbildung vor, wenn die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden (BSG, Urteil v. 22. Oktober 1974 – 7 RAr 38/74 – SozR 4100 § 41 Nr. 11). Voraussetzung für die Förderung des Klägers war jedoch, daß er innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Maßnahme mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt oder Arbeitslosengeld aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen oder im Anschluß daran Arbeitslosenhilfe bezogen hat (§ 46 Abs. 1 i.V.m. § 44 Abs. 2 und 2 a AFG i.d.F. des HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 – BGBl. I S. 3113). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt, indem er in der Rahmenfrist vom 1. März 1973 bis 28. Februar 1976 Zeiten der genannten Art nur in einem Umfang von 19 Monaten nachweisen kann. Darüber hinaus kann der Kläger sich auch nicht auf eine Förderung nach § 46 Abs. 2 AFG berufen, da die Voraussetzungen einer Förderung nach § 44 Abs. 2 AFG nicht erfüllt sind. Denn der Kläger war vor Beginn der Maßnahme weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedroht; eine Vermittlung in absehbarer Zeit wäre auch ohne Durchführung der Maßnahme möglich gewesen; insoweit stimmen die Beteiligten im Ergebnis auch überein.
Weitergehende Ansprüche kann der Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes aus dem Bescheid vom 1. Juli 1976 herleiten. Denn insoweit war die Beklagte berechtigt, ihre Leistungszusage dem Grunde nach aufzuheben. Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz bewilligt worden sind, werden insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Die Regelung des § 151 AFG räumt daher der Beklagten – und damit unterschiedlich zu den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen – das Recht ein, ihre früheren, eine Leistung bewilligenden Entscheidungen zu verändern. Dies gilt zum einen, wenn sich herausstellt, daß die frühere Entscheidung falsch war, die Voraussetzungen für die Leistungen also von vorneherein nicht vorgelegen haben, zum anderen dann, wenn die frühere Entscheidung durch später eingetretene Ereignisse falsch geworden ist, also die Voraussetzungen für die Leistung später weggefallen sind (BSG, Urt. v. 10. Oktober 1978 – 7 RAr 56/77 – SozR 4100 § 151 Nr. 10).
Soweit eine frühere Entscheidung aufgehoben werden kann, wird bewußt die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes (§ 77 SGG) hintangestellt. Der Möglichkeit zur Aufhebung der Leistungsbewilligung kann für den Fall, daß keine neuen Tatsachen lediglich die Rechtskraft eines Urteils (§ 141 SGG) entgegenstehen (vgl. BSG, Urt. v. 10. Oktober 1978 a.a.O.). Selbst wenn damit in dem Bescheid vom 1. Juli 1976 eine Zusage zu sehen wäre, könnte diese von der Beklagten wirksam widerrufen worden sein. Für den Fall der Änderung des Anordnungsrechts und der dazu erlassenen Übergangsbestimmungen, die zum Wegfall der Anspruchsgrundlagen führen, ist dies bereits höchstrichterlich anerkannt (Urt. d. BSG v. 25. März 1976 – 12/7 RAr 135/74 – SozR 4100 § 151 Nr. 3). Es muß auch für den Fall gelten, daß die Beklagte zur Aufhebung der Leistungsbewilligung berechtigt ist, soweit die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben. Denn auch insoweit kann die Beklagte durch eventuelle Zusagen nicht in weiterem Umfange gebunden sein, als durch den Erlaß von Bescheiden. Tragbar ist diese – sehr weitgehende – Regelung des Arbeitsförderungsgesetzes, als sie dem Umstand Rechnung trägt, daß die Beklagte meist nur kurzfristig und verhältnismäßig zügig Leistungen zu erbringen hat und der Leistungsempfänger zudem vor der Rückforderung von Leistungen in erheblichem Umfange geschützt ist (§ 152 Abs. 1 AFG).
Weitergehende Ansprüche kann der Kläger auch nicht aus einem sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vg. BSG, Urt. v. 25. März 1976 – 12/7 RAr 135/74 – SozR 4100 § 151 Nr. 3; Grüner, Kommentar zum SGB, Einleitung SGB I–IV 5 c – S. 54 ff.) herleiten. Soweit der Sozialleistungsträger seine ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegende Pflicht, insbesondere eine sozialrechtliche Nebenpflicht, verletzt, kann der hierdurch Geschädigte von dem Sozialleistungsträger die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger sich pflichtgemäß verhalten hätte. Nur insoweit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
Insoweit kann dahinstehen, inwieweit eine teilweise Verletzung von Nebenpflichten durch die Beklagte für das Verhalten des Klägers ursächlich werden konnte, als sich nämlich der Kläger nach der – nicht widerlegten – Auskunft des Leistungsträgers bereits mit Schreiben vom 9. April 1975 zur Meisterprüfung angemeldet hatte, während die erste Beratung erst am 22. April 1975 stattgefunden hatte. Auch soweit der Kläger geltend macht, daß er nach erneuter Einholung von Auskünften bei der Beklagten im Januar 1976 sein Arbeitsverhältnis nicht mehr fortführte und den Lehrgang begonnen hatte, ist sein Begehren sinngemäß darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er an der Maßnahme nicht teilgenommen. Auch insoweit ist sein Begehren nicht auf Schadensersatz durch Amtshandlung gerichtet, sondern letztlich auf eine Geldleistung, wenn diese auch in diesem Rechtsstreit in der Form geltend gemacht wird, daß der Kläger die Förderung seiner Teilnahme begehrt. Denn andernfalls wäre die Beklagte verpflichtet, durch – rechtswidrige – Amtshandlung den Anspruch zuzusprechen, auf den der Kläger im Ergebnis keinen Anspruch hat, da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Förderung nicht gegeben sind (vgl. zu dieser Grenze des Herstellungsanspruches auch BSG, Urt. v. 10. Oktober 1979 – 12 RK 47/77; BSG, Urt. v. 22. Februar 1980 – 12 RK 34/79).
Soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg für die Zeit vom 15. März bis 26. Mai 1976 in Streit steht, sind das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden. Insoweit ist die Beklagte zur Aufhebung der Leistungsbewilligung (§ 151 AFG) berechtigt gewesen. Denn die Leistungsvoraussetzungen haben für den streitbefangenen Zeitraum nicht vorgelegen. Anspruch auf Alg hat nur, wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Dieser steht nur zur Verfügung, wer eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf sowie bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann (§ 103 Abs. 1 AFG i.d.F. vom 18. Dezember 1975). Der Arbeitsvermittlung stand der Kläger nicht zur Verfügung, da er ab 1. März 1976 die Maßnahme unterbrochen, zumindest während des streitbefangenen Zeitraumes, besucht hatte (Ermittlungen der Beklagten Bl. 22 der LA).
Darüber hinaus war die Beklagte auch zur Rückforderung von Leistungen berechtigt. Soweit eine Entscheidung aufgehoben worden ist (§ 151 Abs. 1 APG), ist die Leistung insoweit zurückzuzahlen, als der Empfänger unter anderem die Gewährung dadurch herbeigeführt hat, daß er vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 148 Abs. 1 AFG bzw. § 60 SGB I vorsätzlich oder grobfahrlässig unterlassen hat (§ 152 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Insoweit muß der Kläger seine Erklärungen gegenüber der Beklagten in Zusammenhang mit der Beantragung von Alg am 15. März 1976 gegen sich gelten lassen. Gegenüber der Beklagten gab er an, weder in einem Beschäftigungsverhältnis zu stehen, noch eine Ausbildung zu erfahren. Diesen Angaben konnte die Beklagte auch Glauben schenken, als die Bewilligung von Förderungsleistungen mit Bescheid vom 17. März 1976 abgelehnt worden war und der Kläger sich deshalb veranlaßt sehen konnte, die Maßnahme nicht weiter zu besuchen.
Damit wurden die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten auch ursächlich für die Bewilligung von Alg. Die Bedeutung seiner Erklärung über die Verfügbarkeit mußte sich dem Kläger auch im Sinne der groben Fahrlässigkeit geradezu aufdrängen, da sich mehrere Fragen in dem Antragsvordruck hierauf bezogen und das Merkblatt der Beklagten, dessen Erhalt der Kläger bescheinigt hat, hierauf eindeutig und mehrfach hinweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil der der Rechtssache grundsätzlich Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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