Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 31/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 8 Abs. 5 A Ausbildung ist für Zeiten der Beschäftigungsverbote nach der Entbindung entsprechend anzuwenden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. November 1972 geändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Entscheidung über die Bewilligung einer Berufsausbildungsbeihilfe an die Klägerin für die Zeit vom 7. Dezember 1971 bis zum 31. Januar 1972 aufzuheben und die ab 25. Oktober 1971 ausgezahlte Berufsausbildungsbeihilfe von der Klägerin zurückfordern.
Die im Jahre 1954 geborene Klägerin befand sich seit dem 1. August 1969 als Friseuse in Berufsausbildung. Das Ausbildungsverhältnis sollte nach dem Lehrvertrag bis zum 31. Juli 1972 dauern. Auf Grund ihrer Anträge vom 1. August 1969, 23. Dezember 1969, 27. Mai 1970 und 26. August 1970 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. August 1969 eine Berufsausbildungsbeihilfe. Am 8. Juni 1970 beantragte die Klägerin erneut bei der Beklagten die Weiterbewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe. Bei der Angabe des von ihr ausgefüllten Antragsvordruckes am 23. August 1971 vermerkte sie auf dem Antrag, sie sei seit dem 19. Juli 1971 verheiratet, und unterschrieb folgende Erklärung:
"Ich nehme zur Kenntnis, daß ich verpflichtet bin, dem Arbeitsamt ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung anzuzeigen, die für den Anspruch auf die Berufsausbildungsbeihilfe und für deren Höhe von Bedeutung ist (z.B. vorzeitiges Ausscheiden aus der Ausbildung, vorzeitiger Abschluß oder Unterbrechung der Ausbildung, Wechsel der Ausbildungsstätte, Erkrankung, Schwangerschaft, Änderung der Unterbringung des Auszubildenden sowie Änderungen in der Höhe der Ausbildungsvergütung und der sonstigen Einkünfte des Auszubildenden).
Ich bin mir bewußt, daß ich Beihilfen, die mir aufgrund unwahrer oder unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens von Tatsachen, die für die Gewährung der Berufsausbildungsbeihilfe maßgebend sind, bewilligt worden sind, in voller Höhe zurückzahlen muß und für alle sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen einzustehen habe.”
Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 4. Oktober 1971 der Klägerin unter dem Vorbehalt, daß sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ändern, eine Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. August 1971 bis zum 16. Januar 1972 von monatlich DM 346,– und vom 17. Januar 1972 bis zum 18. Juli 1972 von DM 374,– und wies in einem besonderen Absatz auf die anzeigepflichtigen Tatbestände hin, bei denen beispielhaft vorzeitiger Abschluß oder Unterbrechung der Ausbildung sowie Erkrankung und Schwangerschaft ausdrücklich aufgezählt waren.
Anläßlich eines Telefongesprächs im Januar 1972 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe am 6. Dezember 1971 ihr erstes Kind geboren und mit Ablauf des Monats Januar 1972 ende ihr Ausbildungsverhältnis. Die von der Beklagten daraufhin eingeleiteten Ermittlungen ergaben, daß die Klägerin die Lehre wegen Schwangerschaft am 24. Oktober 1972 unterbrochen hatte und ab 25. Oktober 1971 Mutterschaftsgeld bezog.
Durch Bescheid vom 14. Januar 1972 hob die Beklagte die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe mit Wirkung vom 25. Oktober 1971 auf und forderte von der Klägerin einen Betrag von 1.129,70 DM an gewährter Berufsausbildungsbeihilfe mit der Begründung zurück, die Klägerin habe nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes Ausbildungsvergütung nur bis zum 24. Oktober 1971 zu beanspruchen gehabt. Die ab 25. Oktober 1971 gewährte Berufsausbildungsbeihilfe forderte die Beklagte unter Hinweis auf den Vorbehalt des Bescheides vom 4. Oktober 1971 zurück.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid der Beklagten Widerspruch ein und trug vor, sie sei der Ansicht gewesen, die Berufsausbildungsbeihilfe habe ihr auch für die Zeit des Bezuges von Mutterschaftsgeld zugestanden, da das Mutterschaftsgeld in der Höhe der Lehrlingsvergütung gezahlt worden sei. Es sei ihr anläßlich einer Vorsprache bei der Beklagten im Monat August 1971 gesagt worden, sie werde trotz Schwangerschaft Berufsausbildungsbeihilfe erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1972).
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, den Entziehungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten aufzuheben.
Das Sozialgericht Kassel hatte zu der Behauptung der Klägerin, sie habe der Beklagten anläßlich einer Vorsprache im August 1971 ihre Schwangerschaft mündlich mitgeteilt, dienstliche Stellungnahmen der Sachbearbeiter der Beklagten eingeholt. Der Bedienstete A. M., der den Antrag der Klägerin im August 1971 entgegengenommen hatte, äußerte sich dahin, von ihm wäre ein Aktenvermerk erstellt und an die Sachbearbeitung weitergeleitet worden, falls die Klägerin ihm ihre Schwangerschaft angezeigt hätte.
Durch Urteil vom 21. November 1972 änderte das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten insoweit ab, als die Entscheidung über die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe nur für die Zeit vom 25. Oktober bis 6. Dezember 1971 aufgehoben wird und die Klägerin nicht zur Rückzahlung von Berufsausbildungsbeihilfe verpflichtet ist. In den Entscheidungsgründen führte es aus, die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Entscheidung über die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 25. Oktober bis 6. Dezember 1971 und ab 1. Februar 1972, nicht jedoch für die Zeit vom 7. Dezember 1971 bis zum 31. Januar 1972 aufzuheben. Die Klägerin habe ab 25. Oktober 1971 keinen Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsbeihilfe gehabt, da sie ab diesem Tage wegen Schwangerschaft Mutterschaftsgeld bezogen habe. Die Schwangerschaft habe jedoch am 6. Dezember 1971 mit der Geburt des Kindes geendet, so daß der Klägerin ab 7. Dezember 1971 bis 31. Januar 1972 wieder Berufausbildungsbeihilfe zugestanden habe. Die Klägerin sei jedoch nicht verpflichtet, die zu Unrecht gewährte Berufsausbildungsbeihilfe zurückzuzahlen. Zwar habe sich ihre Behauptung, sie habe ihre Schwangerschaft der Beklagten angezeigt, nicht beweisen lassen. Dennoch habe sie glaubhaft erklärt, der Ansicht gewesen zu sein, es habe sich in ihren Verhältnissen nichts geändert und somit auch kein Anlaß zur Anzeige bestanden. Dieses Verhalten sei allenfalls als einfache Fahrlässigkeit zu werten. Ursächlich für die Weitergewährung der Berufsausbildungsbeihilfe sei aber auch gewesen, daß die Klägerin es unterlassen habe, der Beklagten die wegen des Beginns der Mutterschutzfrist am 25. Oktober 1971 eingetretene tatsächliche Unterbrechung der Ausbildung unverzüglich anzuzeigen. Diese Unterlassung stelle aber keine besonders schwere Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt dar. Die Klägerin sei zu Recht davon ausgegangen, daß ihr Ausbildungsverhältnis nicht unterbrochen sei; denn es habe auch während der Mutterschutzfrist fortbestanden und sei bis zu seiner vorzeitigen Auflösung lediglich tatsächlich unterbrochen gewesen. Der Zustand der Klägerin wenige Wochen vor ihrer Niederkunft, der keine hohen Anforderungen an ihre Sorgfaltspflicht zugelassen habe, sei zu berücksichtigen gewesen. Der von der Beklagten ausgesprochene Vorbehalt sei eine unzulässige Erweiterung der gesetzlichen Rückforderungsgründe.
Gegen das ihr am 11. Dezember 1972 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Januar 1973 schriftlich beim Hess. Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, auch für die Zeit ab 7. Dezember 1971 sei die Berufsausbildungsbeihilfe zu Recht entzogen worden; denn die Klägerin habe das Ausbildungsverhältnis am Tage nach der Entbindung ebensowenig fortsetzen können wie am Tage davor und habe außerdem über den 6. Dezember 1971 hinaus weiterhin Mutterschaftsgeld und nicht Ausbildungsvergütung erhalten. § 8 Abs. 5 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) sei nach seinem Sinn und Zweck dahingehend auszulegen, daß die Berufsausbildungsbeihilfe für die gesamte Zeit der Gewährung von Mutterschaftsgeld und nicht nur für die Tage bis zur Entbindung zu versagen sei. Was die Rückforderung anlange, so sei die Klägerin, soweit es den vorzeitigen Abschluß und die Unterbrechung der Ausbildung als anzeigepflichtige Tatbestände betreffe, über diese Verpflichtung mehrfach durch entsprechende Belehrungen in den Antragsvordrucken und Bewilligungsbescheiden unterrichtet worden. Darüber hinaus sei sowohl in dem am 8. Juni 1971 ausgegebenen Antragsvordruck als auch in dem Bewilligungsbescheid vom 4. Oktober 1971 unter den anzeigepflichtigen Tatbeständen beispielhaft die Schwangerschaft aufgeführt worden. Dennoch habe es die Klägerin sowohl bei der Abgabe des Änderungsantrages als auch bei Eintritt des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz unterlassen, die Beklagte von der bestehenden Schwangerschaft zu unterrichten. Auch bei der mit Beginn der Mutterschutzfrist eingetretenen tatsächlichen Unterbrechung in der Ausbildung habe es sich um anzeigepflichtige Sachverhalte gehandelt, auf deren Anzeige die Klägerin mehrfach unmißverständlich hingewiesen worden sei. Die Klägerin habe deshalb die ihr als Leistungsempfängerin obliegende Anzeigepflicht durch grobfahrlässige Handlungsweise verletzt. Die Rückforderung der zu Unrecht gewährten Berufsausbildungsbeihilfe sei aber auch aufgrund des von der Beklagten ausgesprochenen Vorbehalts begründet; denn die Berufsausbildungsbeihilfe sei unter dem ausdrücklichen Vorbehalt ihrer Rückforderung für den Fall gewährt worden, daß sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Auszubildenden änderten. Dieser Vorbehalt sei rechtswirksam, auch wenn er nicht in § 152 AFG ausdrücklich aufgeführt sei. Die Verwaltung sei berechtigt, Verwaltungsakte mit Bedingungen, Auflagen oder Vorbehalten zu versehen. Es sei eine Besonderheit der Berufsausbildungsbeihilfe, daß sie im Unterschied zu den sonstigen laufenden Leistungen der Beklagten im voraus gezahlt werde, so daß selbst bei unverzüglicher Anzeige von Veränderungen in den Verhältnissen des Auszubildenden erhebliche Beträge zu Unrecht gezahlt würden, ohne daß der Beklagten eine der in § 152 AFG aufgezählten Rückforderungsgründe zu Seite stünden. Hier bestehe eine offenkundige Lücke im Gesetz, die durch die genannte Verfahrensregelung zu schließen sei.
Die Beklagte beantragt – im Wege der Entscheidung nach Aktenlage –,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. November 1972 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, sie habe ihre Schwangerschaft mündlich der Beklagten mitgeteilt und ein ärztliches Attest vorgezeigt. Die Frage in den Anträgen habe sie nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakten der Beklagten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach Lage der Akten entscheiden, da in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist und die im Termin erschienene Beklagte es beantragt hat.
Die an sich statthafte und in rechter Form und Frist eingelegte Berufung ist zulässig und in der Sache begründet.
Die Beklagte hat hinsichtlich der Zeit vom 7. Dezember 1971 bis zum 31. Januar 1972 die Entscheidung über die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe zu Recht aufgehoben, da die Leistungsvoraussetzungen weggefallen waren.
Nach § 151 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) werden Entscheidungen, durch die Leistungen nach diesem Gesetz bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
Gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 1 der aufgrund von § 39 Satz 1 AFG erlassenen Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) vom 31. Oktober 1969 ist für Zeiten einer Krankheit oder Schwangerschaft Berufsausbildungsbeihilfe weiterzugewähren, wenn der Ausbildungsvertrag fortdauert und nach den Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes oder des Mutterschutzgesetzes Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung besteht. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts erfordern es Sinn und Zweck der Vorschrift des § 8 Abs. 5, sie auch auf Zeiten einer Niederkunft, die nicht gleichzeitig Zeiten einer Krankheit sind, entsprechend anzuwenden. Schwangerschaft und Niederkunft stehen in einem untrennbaren natürlichen Zusammenhang und unterstehen dem gleichen rechtlichen Schutz, wie sich sowohl aus den Vorschriften des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) als auch aus den Regelungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) über die Mutterschaftshilfe (§§ 195–200 d RVO) ergibt. Der Ausschluß von Förderungsleistungen für Zeiten der Schwangerschaft wegen Wegfalls des Anspruchs auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung gilt daher in gleicher Weise auch für Zeiten der Niederkunft, weil auch während der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG nicht die Ausbildungsvergütung, sondern Mutterschaftsgeld zu gewähren ist (§ 13 Abs. 1 MuSchG, 200 RVO). Ein Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung nach dem Berufsbildungsgesetz ist während der mindestens achtwöchigen Schutzfrist nach der Entbindung gleichfalls nicht gegeben (§ 12 Berufsbildungsgesetz).
Die Beklagte verlangt von der Klägerin zu Recht die Rückzahlung der für die Zeit vom 25. Oktober 1971 bis zum 31. Januar 1972 gewährten Berufsausbildungsbeihilfe, denn diese hat die Überzahlung dadurch herbeigeführt, daß sie grobfahrlässig unvollständige Angaben gemacht und eine Anzeige nach § 148 Abs. 1 AFG unterlassen hat. Nach § 152 Abs. 1 Nr. 1 AFG ist soweit eine Entscheidung (§ 151 Abs. 1) aufgehoben ist, die Leistung insoweit zurückzuzahlen, als der Empfänger die Leistung dadurch herbeigeführt hat, daß er vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 148 Abs. 1 vorsätzlich oder grobfahrlässig unterlassen hat. Dabei wird die Rückzahlungspflicht nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Empfänger nicht mehr bereichert ist (§ 152 Abs. 3 AFG).
Es ist nicht bewiesen, daß die Klägerin bei der Abgabe des Weiterbewilligungsantrages am 23. August 1971 der Beklagten mitgeteilt hat, sie sei schwanger. Diese Behauptung der Klägerin wird von dem Zeugen A. M., der den Antrag der Klägerin entgegengenommen hat, bestritten. Daß die Klägerin ihre Schwangerschaft der Beklagten nicht mitgeteilt hat und insoweit lediglich eine Schutzbehauptung der Klägerin vorliegt, ergibt sich auch daraus, daß in der Leistungsakte ein entsprechender Vermerk fehlt, der sicherlich erstellt worden wäre, wenn die Klägerin der Anzeigepflicht nachgekommen wäre. Im übrigen ist es nicht recht einzusehen, daß die Klägerin einerseits die im Hinblick auf die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe für sie günstige Veränderung der Verheiratung auf dem Antrag schriftlich vermerkt hat, die insoweit ungünstige Tatsache der Schwangerschaft aber nur mündlich mitgeteilt haben will.
Nach § 148 Abs. 1 AFG war die Klägerin jedoch ohne Aufforderung verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf die Leistung erheblich ist, der Beklagten unverzüglich anzuzeigen. Durch dieses Unterlassen hat die Klägerin die Überzahlung herbeigeführt. Hätte sie nämlich der Beklagten im August 1971 ihre Schwangerschaft mitgeteilt, hätte die Beklagte Beginn und Ende der Schutzfrist ermitteln und diese Tatsache bei der Leistungsbewilligung berücksichtigen können.
Die Klägerin hat auch die Anzeige nach § 148 Abs. 1 grobfahrlässig unterlassen. Sie hatte bereits seit August 1969 Berufsausbildungsbeihilfe erhalten und war durch schriftliche Antragsvordrucke und Bewilligungsbescheide zuvor mehrfach darauf hingewiesen worden, daß sie verpflichtet sei dem Arbeitsamt ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung, die für den Anspruch auf die Berufsausbildungsbeihilfe und für deren Höhe von Bedeutung ist, anzuzeigen. Die Klägerin war sich dieser Verpflichtung bewußt, wie sich daran zeigt, daß sie der Beklagten ihre Eheschließung mitteilte. Daraus ergibt sich, daß sich die Klägerin durchaus im Klaren darüber war, daß Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen anzeigepflichtige Tatsachen im Sinne von § 148 Abs. 1 AFG sind. Diese Verpflichtung wurde in dem von ihr im August 1971 abgegebenen Antrag nochmals dadurch bekräftigt, daß in einem Absatz unmittelbar über den Unterschriften eine eingehende Belehrung stand, die wegen ihrer Wichtigkeit durch einen schwarzen Balken besonders kenntlich gemacht worden war. In diesem Absatz wurden als anzeigepflichtige Tatsachen beispielhaft aufgeführt: vorzeitiges Ausscheiden aus der Ausbildung, vorzeitiger Abschluß oder Unterbrechung der Ausbildung, Wechsel der Ausbildungsstätte, Erkrankung, Schwangerschaft, Änderung der Unterbringung des Auszubildenden sowie Änderungen in der Höhe der Ausbildungsvergütung oder sonstiger Einkünfte des Auszubildenden. Hätte die Klägerin diesen Teil des Antragsvordrucks aufmerksam gelesen, wozu sie verpflichtet war, dann hätte sie ohne Schwierigkeiten erkennen können, daß eine bestehende Schwangerschaft zu den anzeigepflichtigen Tatsachen gehört. Auch die Bewilligungsbescheide der Beklagten enthielten entsprechende Belehrungen über die Anzeigepflichten. Bereits in dem Bescheid vom 23. Oktober 1970 war die Schwangerschaft als anzeigepflichtige Tatsache ausdrücklich aufgeführt. Das Unterlassen einer Anzeige nach § 148 Abs. 1 AFG, auf die der Anzeigepflichtige in Merkblättern, Antragsvordrucken oder Bewilligungsbescheiden hingewiesen worden ist, stellt grundsätzlich ein grobes Verschulden dar, es sei denn, daß im Einzelfall nach der Persönlichkeit des Anzeigepflichtigen anzurechnen ist, daß er den Inhalt der Hinweise nicht verstehen kann (Urteile des Hess. Landessozialgerichts vom 28. Februar 1973 Az.: L-1/Ar – 505/72 und L-1/Ar – 507/72). Die Klägerin hat aus Nachlässigkeit der Beklagten ihre Schwangerschaft nicht angezeigt. Sie ist ihrer Ausbildung nach auch fähig, die Bedeutung dieser Verpflichtung zu erkennen, und ihre Schwangerschaft war im August 1971 noch nicht soweit fortgeschritten, daß die Annahme gerechtfertigt ist, sie sei durch ihren Zustand so stark belastet gewesen, daß sie ihre Anzeigepflicht nicht mehr hätte erfüllen können. Die Frage nach der Bedeutung des Vorbehaltes brauchte aber hier nicht entschieden zu werden.
Die von der Klägerin gegen die Rückforderung erhobenen Einwände ändern nichts daran, daß sie im August 1971 bei der Abgabe des Weiterbewilligungsantrages ihre Anzeigepflicht grobfahrlässig verletzt hatte. Die Klägerin wußte, daß sie während der Schutzfrist ihre Ausbildung nicht fortsetzen konnte, wenn auch ihr Ausbildungsvertrag rechtlich weiterbestand. Zweifelsfragen darüber, welchen Einfluß die gesetzlichen Beschäftigungsverbote auf die Gewährung der Berufsausbildungsbeihilfe haben, hätte die Klägerin durch eine Antrage bei der Beklagten klären müssen und können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Entscheidung über die Bewilligung einer Berufsausbildungsbeihilfe an die Klägerin für die Zeit vom 7. Dezember 1971 bis zum 31. Januar 1972 aufzuheben und die ab 25. Oktober 1971 ausgezahlte Berufsausbildungsbeihilfe von der Klägerin zurückfordern.
Die im Jahre 1954 geborene Klägerin befand sich seit dem 1. August 1969 als Friseuse in Berufsausbildung. Das Ausbildungsverhältnis sollte nach dem Lehrvertrag bis zum 31. Juli 1972 dauern. Auf Grund ihrer Anträge vom 1. August 1969, 23. Dezember 1969, 27. Mai 1970 und 26. August 1970 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. August 1969 eine Berufsausbildungsbeihilfe. Am 8. Juni 1970 beantragte die Klägerin erneut bei der Beklagten die Weiterbewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe. Bei der Angabe des von ihr ausgefüllten Antragsvordruckes am 23. August 1971 vermerkte sie auf dem Antrag, sie sei seit dem 19. Juli 1971 verheiratet, und unterschrieb folgende Erklärung:
"Ich nehme zur Kenntnis, daß ich verpflichtet bin, dem Arbeitsamt ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung anzuzeigen, die für den Anspruch auf die Berufsausbildungsbeihilfe und für deren Höhe von Bedeutung ist (z.B. vorzeitiges Ausscheiden aus der Ausbildung, vorzeitiger Abschluß oder Unterbrechung der Ausbildung, Wechsel der Ausbildungsstätte, Erkrankung, Schwangerschaft, Änderung der Unterbringung des Auszubildenden sowie Änderungen in der Höhe der Ausbildungsvergütung und der sonstigen Einkünfte des Auszubildenden).
Ich bin mir bewußt, daß ich Beihilfen, die mir aufgrund unwahrer oder unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens von Tatsachen, die für die Gewährung der Berufsausbildungsbeihilfe maßgebend sind, bewilligt worden sind, in voller Höhe zurückzahlen muß und für alle sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen einzustehen habe.”
Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 4. Oktober 1971 der Klägerin unter dem Vorbehalt, daß sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ändern, eine Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. August 1971 bis zum 16. Januar 1972 von monatlich DM 346,– und vom 17. Januar 1972 bis zum 18. Juli 1972 von DM 374,– und wies in einem besonderen Absatz auf die anzeigepflichtigen Tatbestände hin, bei denen beispielhaft vorzeitiger Abschluß oder Unterbrechung der Ausbildung sowie Erkrankung und Schwangerschaft ausdrücklich aufgezählt waren.
Anläßlich eines Telefongesprächs im Januar 1972 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe am 6. Dezember 1971 ihr erstes Kind geboren und mit Ablauf des Monats Januar 1972 ende ihr Ausbildungsverhältnis. Die von der Beklagten daraufhin eingeleiteten Ermittlungen ergaben, daß die Klägerin die Lehre wegen Schwangerschaft am 24. Oktober 1972 unterbrochen hatte und ab 25. Oktober 1971 Mutterschaftsgeld bezog.
Durch Bescheid vom 14. Januar 1972 hob die Beklagte die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe mit Wirkung vom 25. Oktober 1971 auf und forderte von der Klägerin einen Betrag von 1.129,70 DM an gewährter Berufsausbildungsbeihilfe mit der Begründung zurück, die Klägerin habe nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes Ausbildungsvergütung nur bis zum 24. Oktober 1971 zu beanspruchen gehabt. Die ab 25. Oktober 1971 gewährte Berufsausbildungsbeihilfe forderte die Beklagte unter Hinweis auf den Vorbehalt des Bescheides vom 4. Oktober 1971 zurück.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid der Beklagten Widerspruch ein und trug vor, sie sei der Ansicht gewesen, die Berufsausbildungsbeihilfe habe ihr auch für die Zeit des Bezuges von Mutterschaftsgeld zugestanden, da das Mutterschaftsgeld in der Höhe der Lehrlingsvergütung gezahlt worden sei. Es sei ihr anläßlich einer Vorsprache bei der Beklagten im Monat August 1971 gesagt worden, sie werde trotz Schwangerschaft Berufsausbildungsbeihilfe erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1972).
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, den Entziehungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten aufzuheben.
Das Sozialgericht Kassel hatte zu der Behauptung der Klägerin, sie habe der Beklagten anläßlich einer Vorsprache im August 1971 ihre Schwangerschaft mündlich mitgeteilt, dienstliche Stellungnahmen der Sachbearbeiter der Beklagten eingeholt. Der Bedienstete A. M., der den Antrag der Klägerin im August 1971 entgegengenommen hatte, äußerte sich dahin, von ihm wäre ein Aktenvermerk erstellt und an die Sachbearbeitung weitergeleitet worden, falls die Klägerin ihm ihre Schwangerschaft angezeigt hätte.
Durch Urteil vom 21. November 1972 änderte das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten insoweit ab, als die Entscheidung über die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe nur für die Zeit vom 25. Oktober bis 6. Dezember 1971 aufgehoben wird und die Klägerin nicht zur Rückzahlung von Berufsausbildungsbeihilfe verpflichtet ist. In den Entscheidungsgründen führte es aus, die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Entscheidung über die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 25. Oktober bis 6. Dezember 1971 und ab 1. Februar 1972, nicht jedoch für die Zeit vom 7. Dezember 1971 bis zum 31. Januar 1972 aufzuheben. Die Klägerin habe ab 25. Oktober 1971 keinen Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsbeihilfe gehabt, da sie ab diesem Tage wegen Schwangerschaft Mutterschaftsgeld bezogen habe. Die Schwangerschaft habe jedoch am 6. Dezember 1971 mit der Geburt des Kindes geendet, so daß der Klägerin ab 7. Dezember 1971 bis 31. Januar 1972 wieder Berufausbildungsbeihilfe zugestanden habe. Die Klägerin sei jedoch nicht verpflichtet, die zu Unrecht gewährte Berufsausbildungsbeihilfe zurückzuzahlen. Zwar habe sich ihre Behauptung, sie habe ihre Schwangerschaft der Beklagten angezeigt, nicht beweisen lassen. Dennoch habe sie glaubhaft erklärt, der Ansicht gewesen zu sein, es habe sich in ihren Verhältnissen nichts geändert und somit auch kein Anlaß zur Anzeige bestanden. Dieses Verhalten sei allenfalls als einfache Fahrlässigkeit zu werten. Ursächlich für die Weitergewährung der Berufsausbildungsbeihilfe sei aber auch gewesen, daß die Klägerin es unterlassen habe, der Beklagten die wegen des Beginns der Mutterschutzfrist am 25. Oktober 1971 eingetretene tatsächliche Unterbrechung der Ausbildung unverzüglich anzuzeigen. Diese Unterlassung stelle aber keine besonders schwere Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt dar. Die Klägerin sei zu Recht davon ausgegangen, daß ihr Ausbildungsverhältnis nicht unterbrochen sei; denn es habe auch während der Mutterschutzfrist fortbestanden und sei bis zu seiner vorzeitigen Auflösung lediglich tatsächlich unterbrochen gewesen. Der Zustand der Klägerin wenige Wochen vor ihrer Niederkunft, der keine hohen Anforderungen an ihre Sorgfaltspflicht zugelassen habe, sei zu berücksichtigen gewesen. Der von der Beklagten ausgesprochene Vorbehalt sei eine unzulässige Erweiterung der gesetzlichen Rückforderungsgründe.
Gegen das ihr am 11. Dezember 1972 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Januar 1973 schriftlich beim Hess. Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, auch für die Zeit ab 7. Dezember 1971 sei die Berufsausbildungsbeihilfe zu Recht entzogen worden; denn die Klägerin habe das Ausbildungsverhältnis am Tage nach der Entbindung ebensowenig fortsetzen können wie am Tage davor und habe außerdem über den 6. Dezember 1971 hinaus weiterhin Mutterschaftsgeld und nicht Ausbildungsvergütung erhalten. § 8 Abs. 5 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) sei nach seinem Sinn und Zweck dahingehend auszulegen, daß die Berufsausbildungsbeihilfe für die gesamte Zeit der Gewährung von Mutterschaftsgeld und nicht nur für die Tage bis zur Entbindung zu versagen sei. Was die Rückforderung anlange, so sei die Klägerin, soweit es den vorzeitigen Abschluß und die Unterbrechung der Ausbildung als anzeigepflichtige Tatbestände betreffe, über diese Verpflichtung mehrfach durch entsprechende Belehrungen in den Antragsvordrucken und Bewilligungsbescheiden unterrichtet worden. Darüber hinaus sei sowohl in dem am 8. Juni 1971 ausgegebenen Antragsvordruck als auch in dem Bewilligungsbescheid vom 4. Oktober 1971 unter den anzeigepflichtigen Tatbeständen beispielhaft die Schwangerschaft aufgeführt worden. Dennoch habe es die Klägerin sowohl bei der Abgabe des Änderungsantrages als auch bei Eintritt des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz unterlassen, die Beklagte von der bestehenden Schwangerschaft zu unterrichten. Auch bei der mit Beginn der Mutterschutzfrist eingetretenen tatsächlichen Unterbrechung in der Ausbildung habe es sich um anzeigepflichtige Sachverhalte gehandelt, auf deren Anzeige die Klägerin mehrfach unmißverständlich hingewiesen worden sei. Die Klägerin habe deshalb die ihr als Leistungsempfängerin obliegende Anzeigepflicht durch grobfahrlässige Handlungsweise verletzt. Die Rückforderung der zu Unrecht gewährten Berufsausbildungsbeihilfe sei aber auch aufgrund des von der Beklagten ausgesprochenen Vorbehalts begründet; denn die Berufsausbildungsbeihilfe sei unter dem ausdrücklichen Vorbehalt ihrer Rückforderung für den Fall gewährt worden, daß sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Auszubildenden änderten. Dieser Vorbehalt sei rechtswirksam, auch wenn er nicht in § 152 AFG ausdrücklich aufgeführt sei. Die Verwaltung sei berechtigt, Verwaltungsakte mit Bedingungen, Auflagen oder Vorbehalten zu versehen. Es sei eine Besonderheit der Berufsausbildungsbeihilfe, daß sie im Unterschied zu den sonstigen laufenden Leistungen der Beklagten im voraus gezahlt werde, so daß selbst bei unverzüglicher Anzeige von Veränderungen in den Verhältnissen des Auszubildenden erhebliche Beträge zu Unrecht gezahlt würden, ohne daß der Beklagten eine der in § 152 AFG aufgezählten Rückforderungsgründe zu Seite stünden. Hier bestehe eine offenkundige Lücke im Gesetz, die durch die genannte Verfahrensregelung zu schließen sei.
Die Beklagte beantragt – im Wege der Entscheidung nach Aktenlage –,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. November 1972 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, sie habe ihre Schwangerschaft mündlich der Beklagten mitgeteilt und ein ärztliches Attest vorgezeigt. Die Frage in den Anträgen habe sie nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakten der Beklagten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach Lage der Akten entscheiden, da in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist und die im Termin erschienene Beklagte es beantragt hat.
Die an sich statthafte und in rechter Form und Frist eingelegte Berufung ist zulässig und in der Sache begründet.
Die Beklagte hat hinsichtlich der Zeit vom 7. Dezember 1971 bis zum 31. Januar 1972 die Entscheidung über die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe zu Recht aufgehoben, da die Leistungsvoraussetzungen weggefallen waren.
Nach § 151 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) werden Entscheidungen, durch die Leistungen nach diesem Gesetz bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
Gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 1 der aufgrund von § 39 Satz 1 AFG erlassenen Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) vom 31. Oktober 1969 ist für Zeiten einer Krankheit oder Schwangerschaft Berufsausbildungsbeihilfe weiterzugewähren, wenn der Ausbildungsvertrag fortdauert und nach den Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes oder des Mutterschutzgesetzes Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung besteht. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts erfordern es Sinn und Zweck der Vorschrift des § 8 Abs. 5, sie auch auf Zeiten einer Niederkunft, die nicht gleichzeitig Zeiten einer Krankheit sind, entsprechend anzuwenden. Schwangerschaft und Niederkunft stehen in einem untrennbaren natürlichen Zusammenhang und unterstehen dem gleichen rechtlichen Schutz, wie sich sowohl aus den Vorschriften des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) als auch aus den Regelungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) über die Mutterschaftshilfe (§§ 195–200 d RVO) ergibt. Der Ausschluß von Förderungsleistungen für Zeiten der Schwangerschaft wegen Wegfalls des Anspruchs auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung gilt daher in gleicher Weise auch für Zeiten der Niederkunft, weil auch während der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG nicht die Ausbildungsvergütung, sondern Mutterschaftsgeld zu gewähren ist (§ 13 Abs. 1 MuSchG, 200 RVO). Ein Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung nach dem Berufsbildungsgesetz ist während der mindestens achtwöchigen Schutzfrist nach der Entbindung gleichfalls nicht gegeben (§ 12 Berufsbildungsgesetz).
Die Beklagte verlangt von der Klägerin zu Recht die Rückzahlung der für die Zeit vom 25. Oktober 1971 bis zum 31. Januar 1972 gewährten Berufsausbildungsbeihilfe, denn diese hat die Überzahlung dadurch herbeigeführt, daß sie grobfahrlässig unvollständige Angaben gemacht und eine Anzeige nach § 148 Abs. 1 AFG unterlassen hat. Nach § 152 Abs. 1 Nr. 1 AFG ist soweit eine Entscheidung (§ 151 Abs. 1) aufgehoben ist, die Leistung insoweit zurückzuzahlen, als der Empfänger die Leistung dadurch herbeigeführt hat, daß er vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 148 Abs. 1 vorsätzlich oder grobfahrlässig unterlassen hat. Dabei wird die Rückzahlungspflicht nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Empfänger nicht mehr bereichert ist (§ 152 Abs. 3 AFG).
Es ist nicht bewiesen, daß die Klägerin bei der Abgabe des Weiterbewilligungsantrages am 23. August 1971 der Beklagten mitgeteilt hat, sie sei schwanger. Diese Behauptung der Klägerin wird von dem Zeugen A. M., der den Antrag der Klägerin entgegengenommen hat, bestritten. Daß die Klägerin ihre Schwangerschaft der Beklagten nicht mitgeteilt hat und insoweit lediglich eine Schutzbehauptung der Klägerin vorliegt, ergibt sich auch daraus, daß in der Leistungsakte ein entsprechender Vermerk fehlt, der sicherlich erstellt worden wäre, wenn die Klägerin der Anzeigepflicht nachgekommen wäre. Im übrigen ist es nicht recht einzusehen, daß die Klägerin einerseits die im Hinblick auf die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe für sie günstige Veränderung der Verheiratung auf dem Antrag schriftlich vermerkt hat, die insoweit ungünstige Tatsache der Schwangerschaft aber nur mündlich mitgeteilt haben will.
Nach § 148 Abs. 1 AFG war die Klägerin jedoch ohne Aufforderung verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf die Leistung erheblich ist, der Beklagten unverzüglich anzuzeigen. Durch dieses Unterlassen hat die Klägerin die Überzahlung herbeigeführt. Hätte sie nämlich der Beklagten im August 1971 ihre Schwangerschaft mitgeteilt, hätte die Beklagte Beginn und Ende der Schutzfrist ermitteln und diese Tatsache bei der Leistungsbewilligung berücksichtigen können.
Die Klägerin hat auch die Anzeige nach § 148 Abs. 1 grobfahrlässig unterlassen. Sie hatte bereits seit August 1969 Berufsausbildungsbeihilfe erhalten und war durch schriftliche Antragsvordrucke und Bewilligungsbescheide zuvor mehrfach darauf hingewiesen worden, daß sie verpflichtet sei dem Arbeitsamt ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung, die für den Anspruch auf die Berufsausbildungsbeihilfe und für deren Höhe von Bedeutung ist, anzuzeigen. Die Klägerin war sich dieser Verpflichtung bewußt, wie sich daran zeigt, daß sie der Beklagten ihre Eheschließung mitteilte. Daraus ergibt sich, daß sich die Klägerin durchaus im Klaren darüber war, daß Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen anzeigepflichtige Tatsachen im Sinne von § 148 Abs. 1 AFG sind. Diese Verpflichtung wurde in dem von ihr im August 1971 abgegebenen Antrag nochmals dadurch bekräftigt, daß in einem Absatz unmittelbar über den Unterschriften eine eingehende Belehrung stand, die wegen ihrer Wichtigkeit durch einen schwarzen Balken besonders kenntlich gemacht worden war. In diesem Absatz wurden als anzeigepflichtige Tatsachen beispielhaft aufgeführt: vorzeitiges Ausscheiden aus der Ausbildung, vorzeitiger Abschluß oder Unterbrechung der Ausbildung, Wechsel der Ausbildungsstätte, Erkrankung, Schwangerschaft, Änderung der Unterbringung des Auszubildenden sowie Änderungen in der Höhe der Ausbildungsvergütung oder sonstiger Einkünfte des Auszubildenden. Hätte die Klägerin diesen Teil des Antragsvordrucks aufmerksam gelesen, wozu sie verpflichtet war, dann hätte sie ohne Schwierigkeiten erkennen können, daß eine bestehende Schwangerschaft zu den anzeigepflichtigen Tatsachen gehört. Auch die Bewilligungsbescheide der Beklagten enthielten entsprechende Belehrungen über die Anzeigepflichten. Bereits in dem Bescheid vom 23. Oktober 1970 war die Schwangerschaft als anzeigepflichtige Tatsache ausdrücklich aufgeführt. Das Unterlassen einer Anzeige nach § 148 Abs. 1 AFG, auf die der Anzeigepflichtige in Merkblättern, Antragsvordrucken oder Bewilligungsbescheiden hingewiesen worden ist, stellt grundsätzlich ein grobes Verschulden dar, es sei denn, daß im Einzelfall nach der Persönlichkeit des Anzeigepflichtigen anzurechnen ist, daß er den Inhalt der Hinweise nicht verstehen kann (Urteile des Hess. Landessozialgerichts vom 28. Februar 1973 Az.: L-1/Ar – 505/72 und L-1/Ar – 507/72). Die Klägerin hat aus Nachlässigkeit der Beklagten ihre Schwangerschaft nicht angezeigt. Sie ist ihrer Ausbildung nach auch fähig, die Bedeutung dieser Verpflichtung zu erkennen, und ihre Schwangerschaft war im August 1971 noch nicht soweit fortgeschritten, daß die Annahme gerechtfertigt ist, sie sei durch ihren Zustand so stark belastet gewesen, daß sie ihre Anzeigepflicht nicht mehr hätte erfüllen können. Die Frage nach der Bedeutung des Vorbehaltes brauchte aber hier nicht entschieden zu werden.
Die von der Klägerin gegen die Rückforderung erhobenen Einwände ändern nichts daran, daß sie im August 1971 bei der Abgabe des Weiterbewilligungsantrages ihre Anzeigepflicht grobfahrlässig verletzt hatte. Die Klägerin wußte, daß sie während der Schutzfrist ihre Ausbildung nicht fortsetzen konnte, wenn auch ihr Ausbildungsvertrag rechtlich weiterbestand. Zweifelsfragen darüber, welchen Einfluß die gesetzlichen Beschäftigungsverbote auf die Gewährung der Berufsausbildungsbeihilfe haben, hätte die Klägerin durch eine Antrage bei der Beklagten klären müssen und können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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