Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Kg 168/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 1980 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Urteilsergänzung (§ 140 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Der Kläger, der zuletzt als Obersekretär im Dienste der Beklagten stand, hat einen Sohn W. geboren 1945, der ihn im vorliegenden Verfahren als Bevollmächtigten vertritt. Dieser absolvierte eine kaufmännische Lehre vom 1. April 1963 bis 31. März 1966 und war anschließend vom 1. April 1966 bis 31. März 1968 Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. Nach einem einsemestrigen Studium an der Hochschule für Politische Wissenschaften in M. und der Nachholung des Erwerbs der Hochschulreife studierte er Rechtswissenschaften ab dem Winter-Semester 1970/71. Nach dem Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung setzte er seine Ausbildung als Rechtsreferendar fort, ließ sich jedoch ab 1. Juli 1975 beurlauben, um das Studium mit dem Ziel der Promotion fortzusetzen. Studienbescheinigungen wurden vorgelegt für das Winter-Semester 1974/75, das Sommer-Semester 1975 und das Winter-Semester 1975/76.
Die Beklagte gewährte dem Kläger Kinderzuschlag und erhöhten Ortszuschlag bis 30. Juni 1974 unter Anrechnung einer Wehrdienstzeit von 18 Monaten über die Vollendung des 27. Lebensjahres des Sohnes hinaus. Diese Leistungen wurden auch, nach dem Vorbringen der Beklagten, unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis 31. Dezember 1974 erbracht. Kindergeld wurde unter Anwendung der Vorschrift des § 45 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) in einer Gesamthöhe von 150,00 DM gezahlt für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 31. März 1975; ebenso wurde auch für diese Zeit erhöhter Ortszuschlag gewährt.
Mit Bescheid vom 10. Februar 1975 führte die Beklagte unter anderem aus, es sei festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergeldes gemäß § 2 Abs. 3 BKGG nicht gegeben seien, so daß die seit dem 1. Januar 1975 geleisteten Zahlungen zu erstatten seien; außerdem sei ab dem 1. Januar 1975 der Ortszuschlag zu hoch bemessen worden; der Gesamtbetrag des zu erstattenden Kindergeldes sowie des zu erstattenden Ortszuschlags werde in Kürze mitgeteilt. Seinen Widerspruch vom 15. Februar 1975 begründete der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. Dezember 1975 damit, ein und derselbe Verzögerungstatbestand (Ableistung des Wehrdienstes) könne – in getrennten Abschnitten – zweimal berücksichtigt werden; nach der bereits erfolgten Anerkennung einer Verzögerungszeit von 18 Monaten nach besoldungsrechtlichen Vorschriften sei daher zumindest noch für 6 Monate Kindergeld zu zahlen, und zwar für die Zeit ab Juli 1975, unbeschadet eines weitergehenden Anspruchs für die Zeit ab 1. Januar 1975 für den in § 2 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BKGG genannten Zeitraum. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 1976, zugestellt am 12. Januar 1976, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, wies die Beklagte diesen Widerspruch bezüglich der Gewährung von Kindergeld und erhöhtem Ortszuschlag für die Zeit ab 1. Januar 1975 als unbegründet zurück.
Am 19. Januar 1976 erhob der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main schriftlich Klage (Aktenzeichen: S-14/Kg – 05/76). In der Klageschrift vom 15. Januar 1976 ist der Klageantrag enthalten, die Beklagte zu verurteilen, das von ihm begehrte Kindergeld ab 1. Januar 1975 zu bewilligen. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 25. Dezember 1975 ließ der Kläger, nachdem er zwischenzeitlich über seinen Bevollmächtigten Einsicht in die ihn betreffenden Personalakten der Beklagten genommen hatte, u.a. vortragen: "Es ist daher Kindergeld ab 1. Januar 1975 nach § 2 III 2 Nr. 2 BKGG für einen Zeitraum von zwei Jahren zu gewähren. Zumindest müsste die Beklagte unter Anrechnung eines bereits gewährten Kinderzuschlages von achtzehn Monaten für eine durch den Wehrdienst verursachte Verzögerungszeit noch ein Kindergeld für ein halbes Jahr bewilligen. Im letzteren Falle wird das Kindergeld ab 1. Juli 1975 begehrt”. Weiterhin führte der Kläger aus, die Vorbereitung auf das Doktorexamen sei als Ausbildung anzusehen, da dieses Examen für den von seinem Sohn angestrebten Beruf eines Hochschullehrers oder Fachhochschullehrers verbindlich vorgeschrieben sei. In einem weiteren Schriftsatz vom 24. September 1978, eingegangen beim Sozialgericht Frankfurt am Main am 26. September 1978, stellte er den Antrag, gemäß § 97 Abs. 2 SGG den Vollzug des Bescheides der Beklagten vom 10. Februar 1975 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 auszusetzen.
Auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 1979, zu der lt. Sitzungsniederschrift weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter erschienen war und in der demgemäß kein Klageantrag protokolliert wurde, wurde die Klage entsprechend dem Antrag des Vertreters der Beklagten mit Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 abgewiesen. Nach dem Tatbestand dieses Urteils hat der Kläger "sinngemäß” beantragt, "die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Februar 1975 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 zu verurteilen, ihm Kindergeld für seinen Sohn W. vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1976, hilfsweise vom 1. Juli 1975 bis 31. Dezember 1975, zu zahlen”. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, daß der geltend gemachte Kindergeldanspruch nicht bestehe und mit der Entscheidung in der Hauptsache zugleich der Aussetzungsantrag des Klägers gemäß § 97 Abs. 2 SGG gegenstandslos geworden sei.
Gegen dieses dem Kläger über seinen Bevollmächtigten am 11. September 1979 zugestellte Urteil richtet sich die beim Sozialgericht Frankfurt am Main am 18. September 1979 eingelegte Berufung des Klägern (Aktenzeichen: L – 1/Kg – 1161/79), über die der Senat noch nicht entschieden hat. Gleichzeitig stellte der Kläger am 18. September 1979 einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979. Mit Beschluss vom 4. Januar 1980, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, lehnte das Sozialgericht diesen Antrag ab; u.a. wies es dabei eine Berichtigung des im Tatbestand des Urteils enthaltenen Klageantrages dahingehend, daß die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Kindergeld auch für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung begehrt worden sei, zurück mit der Begründung, hinsichtlich des Klageantrages ergebe sich die Richtigkeit der sinngemäßen Formulierung aus dem Schriftsatz des Klägers vom 25. Dezember 1976, in dem er sein Klagebegehren zeitlich eingegrenzt habe.
Mit dem am 18. September1979 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenen Schriftsatz vom 15. September 1979 hat der Kläger zugleich aber auch eine Urteilsergänzung nach § 140 SGG beantragt, und zwar hinsichtlich des nach seiner Ansicht übergangenen Antrages vom 24. September 1978 über die Aussetzung des Vollzugs nach § 97 Abs. 2 SGG und zum anderen bezüglich des Antrages auf Zahlung von Kindergeld auch für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung.
Mit Urteil vom 9. Januar 1980 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag auf entsprechende Ergänzung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist zunächst ausgeführt, der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs sei nicht übergangen, sondern in den Entscheidungsgründen als gegenstandslos bezeichnet worden; dadurch sei zum Ausdruck gebracht worden, daß der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen worden sei, so daß eine sachliche Entscheidung nicht habe getroffen werden können. Weiterhin heißt es zu dem zweiten Punkt, das Gericht habe über den vom Kläger erhobenen Anspruch in vollem Umfang entschieden. Einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Kindergeld habe der Kläger nicht erhoben, so daß hierüber auch nicht habe entschieden werden dürfen.
Gegen dieses ihm über seinen Bevollmächtigten am 8. Februar 1980 zugestellte Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers, eingelegt beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt am 12. Februar 1980 mit Schriftsatz vom 9. Februar 1980.
Der Kläger, der am 15. Januar 1981 Einsicht in die Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge genommen hat, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 1980 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 zu ergänzen um die Entscheidung
1) über den Antrag, den Vollzug des Bescheides vom 10. Februar 1975 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 auszusetzen;
2) über den Antrag, die Beklagte auch zur Zahlung von Kindergeld zu verurteilen für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Rechtsstreites, des unter dem Aktenzeichen L – 1/Kg – 1161/79 anhängigen Berufungsrechtsstreites, eines dritten unter dem Aktenzeichen L – 1/Kg – 98/81 anhängigen Berufungsrechtsstreites des Klägers gegen ein Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Dezember 1980, betreffend einen Bescheid der Beklagten vom 22. August 1979 über die Rückforderung von Kindergeld in Höhe von 150,00 DM für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 31. März 1975 und den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid vom 31. März 1980 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat über die Berufung des Klägers entscheiden können, ohne diese Berufung mit der gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 verbinden zu müssen. Die Vorschrift des § 517 Satz 2 Zivilprozeßordnung (ZPO) über den Verbindungszwang bei Berufung gegen das Ergänzungsurteil gilt zwar nach § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 1977, § 140 SGG, Rdnr. 3). Sie erfaßt jedoch, wie sich bereits aus ihrem Wortlaut ergibt, nur Urteile, in denen eine Ergänzung – positiv – vorgenommen wurde, nicht Urteile, die die beantragte Ergänzung ablehnten (vgl. Thomas-Putzo, Zivilprozeßordnung, Kommentar, 11. Auflage, 1981, § 517 ZPO, Anm. 1b). Insoweit ist eine Verbindung möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. auch Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 140 SGG, Anm. 2; Miesbach/Ankenbrank/Hennig/Dankwerts, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, § 140 SGG, Anm. 7).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Absatz 1 SGG) und nach § 140 Absatz 2 Satz 2 SGG statthaft. Bezüglich der Ergänzung um die Entscheidung über einen Antrag auf Zahlung von Kindergeld ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung gilt, daß bei Geltendmachung eines solchen Anspruchs der Ausschluß der Berufung nach § 27 Absatz 2 Halbsatz 1 BKGG nicht eingreift. Bezüglich der Ergänzung um die Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs nach § 97 Absatz 2 SGG gilt, daß die – ablehnende – Entscheidung über diesen Antrag korrekter weise durch einen mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbaren Beschluss zu ergehen hat (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 97 SGG, Rdnr. 18, 19; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., § 97 SGG, Anm. 11), durch eine Entscheidung durch Urteil der Antragsteller aber keine rechtlichen Nachteile erleiden darf und deshalb bei urteilsmäßiger Entscheidung (auch) die Berufung – jedenfalls dann, wenn auch das Urteil in der Hauptsache angefochten wird, – statthaft ist (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Vor § 143 SGG, Rdnr. 14; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., § 143 SGG, Anm. 2).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 1980 ist in seinem Ergebnis der Ablehnung einer Urteilsergänzung nach § 140 SGG rechtlich nicht zu beanstanden.
Bezüglich der Ergänzung um eine Entscheidung über den Antrag, den Vollzug des Bescheides vom 10. Februar 1975 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 auszusetzen, gilt, daß, unterstellt, daß das ergangene Urteil insoweit keine Entscheidung getroffen hat, der Ergänzungsantrag bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil diese Entscheidung, wie dargelegt, korrekterweise durch Beschluss und nicht durch Urteil zu ergehen hat. Ein Urteil kann aber von vornherein nur um eine Entscheidung ergänzt werden, die auch in der Form des Urteils zu erfolgen hat. Aber selbst dann, wenn man annimmt, daß über einen bis dahin noch nicht durch Beschluss entschiedenen Aussetzungsantrag nach § 97 Absatz 2 SGG jedenfalls zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache durch Urteil entschieden werden kann und deshalb eine Urteilsergänzung dem Grunde nach in Betracht kommt, muß das Begehren des Klägers erfolglos bleiben. Ein Anspruch bzw. Antrag ist nicht "übergangen” im Sinne des § 140 Absatz 1 Satz 1 SGG, wenn die Entscheidung über ihn zwar nicht in die Urteilsformel aufgenommen ist, der Antrag aber ersichtlich entscheidend in den Gründen behandelt worden und die Entscheidung klar und deutlich den Urteilsgründen zu entnehmen ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, § 140 SGG Anm. 1; Meyer-Ladewig, § 140 SGG, Rdnr. 2; Bley in RVO-Gesamtkommentar, § 140 SGG, Anm. 4 a; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung. Kommentar 38. Auflage, 1980, § 321 ZPO, Anm. 1 A; Thomas-Putzo, a.a.O., § 321 ZPO, Anm. 1, jeweils mit weiteren Nachweisen). In einem derartigen Falle kommt lediglich eine Urteilsberichtigung in Betracht (vgl. Meyer-Ladewig, Bley und Hartmann, jeweils a.a.O.). Der Senat folgt insoweit, jedenfalls für den vorliegenden Fall, nicht der vom Bundesarbeitsgericht (vgl. Urteil vom 29. Mai 1959 – 2 AZR 450/58 – BAGE 8, S. 20, 23 = AP Nr. 19 zu § 3 KSchG = NJW 1959, S. 1942) vertretenen Auffassung, daß ein Anspruch bereits dann übergangen ist, wenn über ihn zwar in den Gründen, nicht aber im Tenor entschieden worden ist, sondern schließt sich der gegenteiligen Ansicht des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 18. Juni 1964 – VII ZR 152/62 – NJW 1964, S. 1858 = JZ 1964, S. 591 = MDR 1964, S. 841) an, wie sie, wie dargelegt, von der gängigen Kommentarliteratur zum SGG und zur ZPO und im Ergebnis auch vom Bundessozialgericht (vgl. Urteil vom 7. November 1957 – 11/9 RV – 1012/55 – BSGE 6, S. 97, 98) gebilligt wird. Die Bedenken des Bundesarbeitsgerichts (vgl. a.a.O.), daß der Umfang der Rechtskraftwirkung eines Urteils unklar bleibe, wenn sich die Entscheidung (zunächst) nur aus den Gründen ergebe, treffen jedenfalls für die Fallgestaltung eines nur in den Entscheidungsgründen abgehandelten Antrages nach § 97 Abs. 2 SGG nicht zu.
Legt man die hier vertretene Auffassung der Entscheidung zugrunde, so ist ausreichend, daß im vorliegenden Falle der Antrag, wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt ist, in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 11. Juli 1979 abgehandelt wurde. Der Antrag wird dort als mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden bezeichnet, womit mit hinreichender Deutlichkeit und Klarheit zum Ausdruck gebracht wird, daß eine Aussetzung nicht erfolgen konnte. Ob diese Entscheidung zutreffend ist, ist nicht im vorliegenden, sondern in dem die Hauptsache betreffenden Berufungsverfahren zu entscheiden; im vorliegenden Zusammenhang kommt es allein darauf an, daß über den Aussetzungsantrag, wenn auch nur in den Entscheidungsgründen, entschieden wurde und damit eine diesbezügliche Urteilsergänzung ausgeschlossen ist.
Bezüglich der Ergänzung um eine Entscheidung über den Antrag, die Beklagte auch zur Zahlung von Kindergeld zu verurteilen für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung, gilt, daß auch insoweit kein "übergangener” Anspruch im Sinne des § 140 Abs. 1 Satz 1 SGG vorliegt. "Übergangen” ist ein Anspruch nur dann, wenn über ihn versehentlich nicht entschieden worden ist, obwohl Anlaß dazu bestand (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. November 1962 – VI C 145.60 – VerwRspr 15, S. 1013), nicht dagegen, wenn das Gericht die getroffene Entscheidung in Form und Inhalt für richtig gehalten hat, wenn es, wenn auch möglicherweise infolge eines Rechtsirrtums, absichtlich über diesen Anspruch nicht entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1979 – VI ZR 40/78 –; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., § 140 SGG, Anm. 1; Rohwer-Kahlmann, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 140 SGG, Rdnr. 2; Meyer-Ladewig, a.a.O., § 140 SGG, Rdnr. 2; Miesbach/Ankenbrach/Hennig/Dankwerts, a.a.O., § 140 SGG, Anm. 1; Hartmann, a.a.O., § 321 ZPO, Anm. 2). Insoweit ist daher maßgeblich auf den Urteilstatbestand abzustellen; nach ihm muß ein Anspruch ganz oder teilweise übergangen sein (vgl. Hartmann, a.a.O.). Ergibt sich aus dem Tatbestand nicht, daß der betreffende Antrag gestellt ist, und schweigt diesbezüglich auch die Sitzungsniederschrift, muß der Tatbestand berichtigt werden, bevor das Urteil ergänzt werden kann (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O.). Davon abgesehen ist der verfahrensrechtlich richtige Weg zur Behebung eines Irrtums des Gerichts über die von dem Kläger gewollte Antragstellung nicht der Antrag auf Urteilsergänzung, sondern die Einlegung eines Rechtsmittels in der Hauptsache (vgl. Bley, a.a.O., Anm. 4 a).
Folgt man dem, so liegt keine versehentliche Nichtentscheidung über einen über die Dauer von zwei Jahren hinausgehenden Kindergeldanspruch des Klägers vor; vielmehr hat das Sozialgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 11. Juli 1979 absichtlich lediglich über einen auf die Höchstdauer von zwei Jahren begrenzten Kindergeldanspruch vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1976 entschieden, weil es – möglicherweise zu Unrecht, worüber der Senat in dem vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht zu entscheiden hat –, von einem derartigen, zeitlich entsprechend beschränkten Antrag des Klägers ausgegangen ist. Es hat über den Antrag des Klägers sowie es ihn aufgefaßt hat und wie er sich entsprechend dieser Auffassung aus dem Tatbestand des Urteils vom 11. Juli 1979 ergibt, in vollem Umfange entschieden, so daß für eine Urteilsergänzung nur nach vorausgegangener, den Klageantrag betreffender Berichtigung des Tatbestandes Raum wäre; eine diesbezügliche Tatbestandsberichtigung ist jedoch mit Beschluss vom 4. Januar 1980 abgelehnt worden. Hinzu kommt, daß jedenfalls für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis 31. Dezember 1976 eine Entscheidung des Gerichts vorliegt, da der Klageantrag des Klägers, so wie er in dem Tatbestand des Urteils vom 11. Juli 1979 wiedergegeben wird, diese Zeit umfaßt und die Entscheidung vom 11. Juli 1979 sich auf diesen gesamten Klageantrag bezieht. Damit verbleibt dem Kläger lediglich der Weg, in dem die Hauptsache betreffenden Berufungsverfahren geltend zu machen, daß seine Klage von Anfang an auf die Gewährung von Kindergeld auch für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung gerichtet gewesen sei und das Sozialgericht in der Entscheidung vom 11. Juli 1979 insoweit sein Klagebegehren rechtsirrtümlich nicht richtig aufgefaßt habe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nummer 1 und Nummer 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Urteilsergänzung (§ 140 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Der Kläger, der zuletzt als Obersekretär im Dienste der Beklagten stand, hat einen Sohn W. geboren 1945, der ihn im vorliegenden Verfahren als Bevollmächtigten vertritt. Dieser absolvierte eine kaufmännische Lehre vom 1. April 1963 bis 31. März 1966 und war anschließend vom 1. April 1966 bis 31. März 1968 Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. Nach einem einsemestrigen Studium an der Hochschule für Politische Wissenschaften in M. und der Nachholung des Erwerbs der Hochschulreife studierte er Rechtswissenschaften ab dem Winter-Semester 1970/71. Nach dem Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung setzte er seine Ausbildung als Rechtsreferendar fort, ließ sich jedoch ab 1. Juli 1975 beurlauben, um das Studium mit dem Ziel der Promotion fortzusetzen. Studienbescheinigungen wurden vorgelegt für das Winter-Semester 1974/75, das Sommer-Semester 1975 und das Winter-Semester 1975/76.
Die Beklagte gewährte dem Kläger Kinderzuschlag und erhöhten Ortszuschlag bis 30. Juni 1974 unter Anrechnung einer Wehrdienstzeit von 18 Monaten über die Vollendung des 27. Lebensjahres des Sohnes hinaus. Diese Leistungen wurden auch, nach dem Vorbringen der Beklagten, unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis 31. Dezember 1974 erbracht. Kindergeld wurde unter Anwendung der Vorschrift des § 45 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) in einer Gesamthöhe von 150,00 DM gezahlt für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 31. März 1975; ebenso wurde auch für diese Zeit erhöhter Ortszuschlag gewährt.
Mit Bescheid vom 10. Februar 1975 führte die Beklagte unter anderem aus, es sei festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergeldes gemäß § 2 Abs. 3 BKGG nicht gegeben seien, so daß die seit dem 1. Januar 1975 geleisteten Zahlungen zu erstatten seien; außerdem sei ab dem 1. Januar 1975 der Ortszuschlag zu hoch bemessen worden; der Gesamtbetrag des zu erstattenden Kindergeldes sowie des zu erstattenden Ortszuschlags werde in Kürze mitgeteilt. Seinen Widerspruch vom 15. Februar 1975 begründete der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. Dezember 1975 damit, ein und derselbe Verzögerungstatbestand (Ableistung des Wehrdienstes) könne – in getrennten Abschnitten – zweimal berücksichtigt werden; nach der bereits erfolgten Anerkennung einer Verzögerungszeit von 18 Monaten nach besoldungsrechtlichen Vorschriften sei daher zumindest noch für 6 Monate Kindergeld zu zahlen, und zwar für die Zeit ab Juli 1975, unbeschadet eines weitergehenden Anspruchs für die Zeit ab 1. Januar 1975 für den in § 2 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BKGG genannten Zeitraum. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 1976, zugestellt am 12. Januar 1976, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, wies die Beklagte diesen Widerspruch bezüglich der Gewährung von Kindergeld und erhöhtem Ortszuschlag für die Zeit ab 1. Januar 1975 als unbegründet zurück.
Am 19. Januar 1976 erhob der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main schriftlich Klage (Aktenzeichen: S-14/Kg – 05/76). In der Klageschrift vom 15. Januar 1976 ist der Klageantrag enthalten, die Beklagte zu verurteilen, das von ihm begehrte Kindergeld ab 1. Januar 1975 zu bewilligen. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 25. Dezember 1975 ließ der Kläger, nachdem er zwischenzeitlich über seinen Bevollmächtigten Einsicht in die ihn betreffenden Personalakten der Beklagten genommen hatte, u.a. vortragen: "Es ist daher Kindergeld ab 1. Januar 1975 nach § 2 III 2 Nr. 2 BKGG für einen Zeitraum von zwei Jahren zu gewähren. Zumindest müsste die Beklagte unter Anrechnung eines bereits gewährten Kinderzuschlages von achtzehn Monaten für eine durch den Wehrdienst verursachte Verzögerungszeit noch ein Kindergeld für ein halbes Jahr bewilligen. Im letzteren Falle wird das Kindergeld ab 1. Juli 1975 begehrt”. Weiterhin führte der Kläger aus, die Vorbereitung auf das Doktorexamen sei als Ausbildung anzusehen, da dieses Examen für den von seinem Sohn angestrebten Beruf eines Hochschullehrers oder Fachhochschullehrers verbindlich vorgeschrieben sei. In einem weiteren Schriftsatz vom 24. September 1978, eingegangen beim Sozialgericht Frankfurt am Main am 26. September 1978, stellte er den Antrag, gemäß § 97 Abs. 2 SGG den Vollzug des Bescheides der Beklagten vom 10. Februar 1975 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 auszusetzen.
Auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 1979, zu der lt. Sitzungsniederschrift weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter erschienen war und in der demgemäß kein Klageantrag protokolliert wurde, wurde die Klage entsprechend dem Antrag des Vertreters der Beklagten mit Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 abgewiesen. Nach dem Tatbestand dieses Urteils hat der Kläger "sinngemäß” beantragt, "die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Februar 1975 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 zu verurteilen, ihm Kindergeld für seinen Sohn W. vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1976, hilfsweise vom 1. Juli 1975 bis 31. Dezember 1975, zu zahlen”. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, daß der geltend gemachte Kindergeldanspruch nicht bestehe und mit der Entscheidung in der Hauptsache zugleich der Aussetzungsantrag des Klägers gemäß § 97 Abs. 2 SGG gegenstandslos geworden sei.
Gegen dieses dem Kläger über seinen Bevollmächtigten am 11. September 1979 zugestellte Urteil richtet sich die beim Sozialgericht Frankfurt am Main am 18. September 1979 eingelegte Berufung des Klägern (Aktenzeichen: L – 1/Kg – 1161/79), über die der Senat noch nicht entschieden hat. Gleichzeitig stellte der Kläger am 18. September 1979 einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979. Mit Beschluss vom 4. Januar 1980, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, lehnte das Sozialgericht diesen Antrag ab; u.a. wies es dabei eine Berichtigung des im Tatbestand des Urteils enthaltenen Klageantrages dahingehend, daß die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Kindergeld auch für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung begehrt worden sei, zurück mit der Begründung, hinsichtlich des Klageantrages ergebe sich die Richtigkeit der sinngemäßen Formulierung aus dem Schriftsatz des Klägers vom 25. Dezember 1976, in dem er sein Klagebegehren zeitlich eingegrenzt habe.
Mit dem am 18. September1979 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenen Schriftsatz vom 15. September 1979 hat der Kläger zugleich aber auch eine Urteilsergänzung nach § 140 SGG beantragt, und zwar hinsichtlich des nach seiner Ansicht übergangenen Antrages vom 24. September 1978 über die Aussetzung des Vollzugs nach § 97 Abs. 2 SGG und zum anderen bezüglich des Antrages auf Zahlung von Kindergeld auch für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung.
Mit Urteil vom 9. Januar 1980 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag auf entsprechende Ergänzung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist zunächst ausgeführt, der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs sei nicht übergangen, sondern in den Entscheidungsgründen als gegenstandslos bezeichnet worden; dadurch sei zum Ausdruck gebracht worden, daß der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen worden sei, so daß eine sachliche Entscheidung nicht habe getroffen werden können. Weiterhin heißt es zu dem zweiten Punkt, das Gericht habe über den vom Kläger erhobenen Anspruch in vollem Umfang entschieden. Einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Kindergeld habe der Kläger nicht erhoben, so daß hierüber auch nicht habe entschieden werden dürfen.
Gegen dieses ihm über seinen Bevollmächtigten am 8. Februar 1980 zugestellte Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers, eingelegt beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt am 12. Februar 1980 mit Schriftsatz vom 9. Februar 1980.
Der Kläger, der am 15. Januar 1981 Einsicht in die Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge genommen hat, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 1980 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 zu ergänzen um die Entscheidung
1) über den Antrag, den Vollzug des Bescheides vom 10. Februar 1975 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 auszusetzen;
2) über den Antrag, die Beklagte auch zur Zahlung von Kindergeld zu verurteilen für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Rechtsstreites, des unter dem Aktenzeichen L – 1/Kg – 1161/79 anhängigen Berufungsrechtsstreites, eines dritten unter dem Aktenzeichen L – 1/Kg – 98/81 anhängigen Berufungsrechtsstreites des Klägers gegen ein Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Dezember 1980, betreffend einen Bescheid der Beklagten vom 22. August 1979 über die Rückforderung von Kindergeld in Höhe von 150,00 DM für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 31. März 1975 und den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid vom 31. März 1980 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat über die Berufung des Klägers entscheiden können, ohne diese Berufung mit der gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 1979 verbinden zu müssen. Die Vorschrift des § 517 Satz 2 Zivilprozeßordnung (ZPO) über den Verbindungszwang bei Berufung gegen das Ergänzungsurteil gilt zwar nach § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 1977, § 140 SGG, Rdnr. 3). Sie erfaßt jedoch, wie sich bereits aus ihrem Wortlaut ergibt, nur Urteile, in denen eine Ergänzung – positiv – vorgenommen wurde, nicht Urteile, die die beantragte Ergänzung ablehnten (vgl. Thomas-Putzo, Zivilprozeßordnung, Kommentar, 11. Auflage, 1981, § 517 ZPO, Anm. 1b). Insoweit ist eine Verbindung möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. auch Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 140 SGG, Anm. 2; Miesbach/Ankenbrank/Hennig/Dankwerts, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, § 140 SGG, Anm. 7).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Absatz 1 SGG) und nach § 140 Absatz 2 Satz 2 SGG statthaft. Bezüglich der Ergänzung um die Entscheidung über einen Antrag auf Zahlung von Kindergeld ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung gilt, daß bei Geltendmachung eines solchen Anspruchs der Ausschluß der Berufung nach § 27 Absatz 2 Halbsatz 1 BKGG nicht eingreift. Bezüglich der Ergänzung um die Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs nach § 97 Absatz 2 SGG gilt, daß die – ablehnende – Entscheidung über diesen Antrag korrekter weise durch einen mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbaren Beschluss zu ergehen hat (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 97 SGG, Rdnr. 18, 19; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., § 97 SGG, Anm. 11), durch eine Entscheidung durch Urteil der Antragsteller aber keine rechtlichen Nachteile erleiden darf und deshalb bei urteilsmäßiger Entscheidung (auch) die Berufung – jedenfalls dann, wenn auch das Urteil in der Hauptsache angefochten wird, – statthaft ist (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Vor § 143 SGG, Rdnr. 14; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., § 143 SGG, Anm. 2).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 1980 ist in seinem Ergebnis der Ablehnung einer Urteilsergänzung nach § 140 SGG rechtlich nicht zu beanstanden.
Bezüglich der Ergänzung um eine Entscheidung über den Antrag, den Vollzug des Bescheides vom 10. Februar 1975 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 1976 auszusetzen, gilt, daß, unterstellt, daß das ergangene Urteil insoweit keine Entscheidung getroffen hat, der Ergänzungsantrag bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil diese Entscheidung, wie dargelegt, korrekterweise durch Beschluss und nicht durch Urteil zu ergehen hat. Ein Urteil kann aber von vornherein nur um eine Entscheidung ergänzt werden, die auch in der Form des Urteils zu erfolgen hat. Aber selbst dann, wenn man annimmt, daß über einen bis dahin noch nicht durch Beschluss entschiedenen Aussetzungsantrag nach § 97 Absatz 2 SGG jedenfalls zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache durch Urteil entschieden werden kann und deshalb eine Urteilsergänzung dem Grunde nach in Betracht kommt, muß das Begehren des Klägers erfolglos bleiben. Ein Anspruch bzw. Antrag ist nicht "übergangen” im Sinne des § 140 Absatz 1 Satz 1 SGG, wenn die Entscheidung über ihn zwar nicht in die Urteilsformel aufgenommen ist, der Antrag aber ersichtlich entscheidend in den Gründen behandelt worden und die Entscheidung klar und deutlich den Urteilsgründen zu entnehmen ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, § 140 SGG Anm. 1; Meyer-Ladewig, § 140 SGG, Rdnr. 2; Bley in RVO-Gesamtkommentar, § 140 SGG, Anm. 4 a; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung. Kommentar 38. Auflage, 1980, § 321 ZPO, Anm. 1 A; Thomas-Putzo, a.a.O., § 321 ZPO, Anm. 1, jeweils mit weiteren Nachweisen). In einem derartigen Falle kommt lediglich eine Urteilsberichtigung in Betracht (vgl. Meyer-Ladewig, Bley und Hartmann, jeweils a.a.O.). Der Senat folgt insoweit, jedenfalls für den vorliegenden Fall, nicht der vom Bundesarbeitsgericht (vgl. Urteil vom 29. Mai 1959 – 2 AZR 450/58 – BAGE 8, S. 20, 23 = AP Nr. 19 zu § 3 KSchG = NJW 1959, S. 1942) vertretenen Auffassung, daß ein Anspruch bereits dann übergangen ist, wenn über ihn zwar in den Gründen, nicht aber im Tenor entschieden worden ist, sondern schließt sich der gegenteiligen Ansicht des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 18. Juni 1964 – VII ZR 152/62 – NJW 1964, S. 1858 = JZ 1964, S. 591 = MDR 1964, S. 841) an, wie sie, wie dargelegt, von der gängigen Kommentarliteratur zum SGG und zur ZPO und im Ergebnis auch vom Bundessozialgericht (vgl. Urteil vom 7. November 1957 – 11/9 RV – 1012/55 – BSGE 6, S. 97, 98) gebilligt wird. Die Bedenken des Bundesarbeitsgerichts (vgl. a.a.O.), daß der Umfang der Rechtskraftwirkung eines Urteils unklar bleibe, wenn sich die Entscheidung (zunächst) nur aus den Gründen ergebe, treffen jedenfalls für die Fallgestaltung eines nur in den Entscheidungsgründen abgehandelten Antrages nach § 97 Abs. 2 SGG nicht zu.
Legt man die hier vertretene Auffassung der Entscheidung zugrunde, so ist ausreichend, daß im vorliegenden Falle der Antrag, wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt ist, in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 11. Juli 1979 abgehandelt wurde. Der Antrag wird dort als mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden bezeichnet, womit mit hinreichender Deutlichkeit und Klarheit zum Ausdruck gebracht wird, daß eine Aussetzung nicht erfolgen konnte. Ob diese Entscheidung zutreffend ist, ist nicht im vorliegenden, sondern in dem die Hauptsache betreffenden Berufungsverfahren zu entscheiden; im vorliegenden Zusammenhang kommt es allein darauf an, daß über den Aussetzungsantrag, wenn auch nur in den Entscheidungsgründen, entschieden wurde und damit eine diesbezügliche Urteilsergänzung ausgeschlossen ist.
Bezüglich der Ergänzung um eine Entscheidung über den Antrag, die Beklagte auch zur Zahlung von Kindergeld zu verurteilen für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung, gilt, daß auch insoweit kein "übergangener” Anspruch im Sinne des § 140 Abs. 1 Satz 1 SGG vorliegt. "Übergangen” ist ein Anspruch nur dann, wenn über ihn versehentlich nicht entschieden worden ist, obwohl Anlaß dazu bestand (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. November 1962 – VI C 145.60 – VerwRspr 15, S. 1013), nicht dagegen, wenn das Gericht die getroffene Entscheidung in Form und Inhalt für richtig gehalten hat, wenn es, wenn auch möglicherweise infolge eines Rechtsirrtums, absichtlich über diesen Anspruch nicht entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1979 – VI ZR 40/78 –; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., § 140 SGG, Anm. 1; Rohwer-Kahlmann, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 140 SGG, Rdnr. 2; Meyer-Ladewig, a.a.O., § 140 SGG, Rdnr. 2; Miesbach/Ankenbrach/Hennig/Dankwerts, a.a.O., § 140 SGG, Anm. 1; Hartmann, a.a.O., § 321 ZPO, Anm. 2). Insoweit ist daher maßgeblich auf den Urteilstatbestand abzustellen; nach ihm muß ein Anspruch ganz oder teilweise übergangen sein (vgl. Hartmann, a.a.O.). Ergibt sich aus dem Tatbestand nicht, daß der betreffende Antrag gestellt ist, und schweigt diesbezüglich auch die Sitzungsniederschrift, muß der Tatbestand berichtigt werden, bevor das Urteil ergänzt werden kann (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O.). Davon abgesehen ist der verfahrensrechtlich richtige Weg zur Behebung eines Irrtums des Gerichts über die von dem Kläger gewollte Antragstellung nicht der Antrag auf Urteilsergänzung, sondern die Einlegung eines Rechtsmittels in der Hauptsache (vgl. Bley, a.a.O., Anm. 4 a).
Folgt man dem, so liegt keine versehentliche Nichtentscheidung über einen über die Dauer von zwei Jahren hinausgehenden Kindergeldanspruch des Klägers vor; vielmehr hat das Sozialgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 11. Juli 1979 absichtlich lediglich über einen auf die Höchstdauer von zwei Jahren begrenzten Kindergeldanspruch vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1976 entschieden, weil es – möglicherweise zu Unrecht, worüber der Senat in dem vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht zu entscheiden hat –, von einem derartigen, zeitlich entsprechend beschränkten Antrag des Klägers ausgegangen ist. Es hat über den Antrag des Klägers sowie es ihn aufgefaßt hat und wie er sich entsprechend dieser Auffassung aus dem Tatbestand des Urteils vom 11. Juli 1979 ergibt, in vollem Umfange entschieden, so daß für eine Urteilsergänzung nur nach vorausgegangener, den Klageantrag betreffender Berichtigung des Tatbestandes Raum wäre; eine diesbezügliche Tatbestandsberichtigung ist jedoch mit Beschluss vom 4. Januar 1980 abgelehnt worden. Hinzu kommt, daß jedenfalls für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis 31. Dezember 1976 eine Entscheidung des Gerichts vorliegt, da der Klageantrag des Klägers, so wie er in dem Tatbestand des Urteils vom 11. Juli 1979 wiedergegeben wird, diese Zeit umfaßt und die Entscheidung vom 11. Juli 1979 sich auf diesen gesamten Klageantrag bezieht. Damit verbleibt dem Kläger lediglich der Weg, in dem die Hauptsache betreffenden Berufungsverfahren geltend zu machen, daß seine Klage von Anfang an auf die Gewährung von Kindergeld auch für die Zeit ab 1. Januar 1976 ohne zeitliche Begrenzung gerichtet gewesen sei und das Sozialgericht in der Entscheidung vom 11. Juli 1979 insoweit sein Klagebegehren rechtsirrtümlich nicht richtig aufgefaßt habe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nummer 1 und Nummer 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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