L 1 AL 874/73

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 AL 874/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Anrechnungsvorschrift des § 33 Abs. 6 GAL ändert bei Vertriebenen nichts daran, daß der Anspruch auf Altersgeld nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) GAL eine Unternehmertätigkeit im Geltungsbereich des GAL voraussetzt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. August 1973 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Altersgeld zu zahlen hat.

Der 1901 in D. (Kreis E.) im Gebiet der heutigen Tschechoslowakei geborene Kläger, der Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes ist, stellte am 12. Februar 1973 bei der Beklagten den Antrag auf Gewährung von Altersgeld. Dabei gab er an, bis zu seiner Enteignung durch die tschechoslowakischen Behörden im April 1946 eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 5 ha 80 ar als landwirtschaftlicher Unternehmer betrieben zu haben. Nach seiner Aussiedlung in die Bundesrepublik im August 1946 sei er nicht mehr als landwirtschaftlicher Unternehmer tätig geworden.

Durch Bescheid vom 26. März 1973 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, der Kläger habe nach seiner Vertreibung weder im Bundesgebiet noch in W. eine landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit aufgenommen. Daher könne für die Erfüllung der Voraussetzungen des Altersgeldanspruches die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) nicht angerechnet werden.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersgeld zu gewähren. Zur Begründung trug er vor, er habe schon vor 1918 in der Landwirtschaft seiner Eltern gearbeitet, und die Landwirtschaft sei ihm vor seiner Vertreibung abgenommen worden. Der Altersgeldanspruch stehe ihm zu, da er Heimatvertriebener und dazu noch Schwerbeschädigter mit seiner Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 v.H. sei.

Durch Urteil vom 16. August 1973 wies das Sozialgericht Darmstadt die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, nach den Übergangsregelungen des GAL könne ein Anspruch auf Altersgeld nur entsprechen, falls zuletzt eine Unternehmertätigkeit im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt worden sei. Der Kläger sei nach seiner Vertreibung jedoch nicht mehr als landwirtschaftlicher Unternehmer in der Bundesrepublik tätig geworden.

Gegen das am 22. August 1973 zwecks Zustellung zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 29. August 1973 schriftlich beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, er habe in der Bundesrepublik keine landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit mehr ausgeübt. Seine frühere landwirtschaftliche Tätigkeit vor der Vertreibung müsse jedoch zur Entstehung des Altersgeldanspruchs ausreichen. Die Leistungen nach dem GAL seien im übrigen bei der Ermittlung des Einkommens für die Feststellung der Versorgungsbezüge nach dem BVG nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. August 1973 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. März 1973 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Februar 1973 Altersgeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, daß Personen, die im Geltungsbereich des GAL zu keiner Zeit selbständige landwirtschaftliche Unternehmer im Sinne des § 1 dieses Gesetzes gewesen sind, die Gewährung von Altersgeld nicht beanspruchen könnten.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakten der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und in rechter Form und Frist eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, daß dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Altersgeld nicht zusteht.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1965 (BGBl. I S. 1449) erhalten Personen, die am 1. Oktober 1957 nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 waren, Altersgeld, wenn sie a) das 65. Lebensjahr vollendet haben, b) das Unternehmen abgegeben haben und c) während der 25 Jahre, die der Abgabe vorausgegangen sind, mindestens 180 Kalendermonate Unternehmer eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes liegenden landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne des § 1 waren. Bei Personen im Sinne der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes, die vor der Vertreibung landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 waren, ist auf den Zeitraum von 180 Kalendermonaten im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe c diese Zeit der Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer sowie die Zeit zwischen dem 31. Dezember 1946 und dem Beginn einer Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzurechnen (§ 33 Abs. 6 Satz 1 GAL).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Zwar hat er im Zeitpunkt der Antragstellung das 65. Lebensjahr vollendet und das Unternehmen abgegeben. Er war jedoch nicht Unternehmer eines im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder W. liegenden landwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne des § 1 GAL, wie es in § 33 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c GAL als Leistungsvoraussetzung gefordert wird.

Die Vorschrift des § 33 Abs. 6 Satz 1 GAL, die bei Personen im Sinne von §§ 1 bis 4 BVG, die vor der Vertreibung landwirtschaftlicher Unternehmer waren, die Verbindung zwischen der früheren landwirtschaftlichen Tätigkeit vor der Vertreibung außerhalb des Geltungsbereiches des GAL und der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit in der Bundesrepublik herstellt, ändert nichts daran, daß auch bei Vertriebenen die Gewährung des Altersgeldes eine landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit im Bereich der Bundesrepublik voraussetzt. Diese Bestimmung eröffnet nämlich lediglich die Möglichkeit einer Anrechnung von Unternehmertätigkeiten außerhalb des Geltungsbereichs des GAL zur Erfüllung des in § 33 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c aufgestellten Erfordernisses einer mindestens 180 Kalendermonate dauernde Unternehmertätigkeit in der Bundesrepublik. Sie ändert aber nichts daran, daß eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer im Geltungsbereich des GAL vorgelegen haben muß.

Die von dem Kläger zur Begründung seines Anspruchs herangezogene Kriegsbeschädigung, die im Rahmen der Kriegsopferversorgung auszugleichen ist, ist für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen des Anspruchs auf Altersgeld nach dem GAL ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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