Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 Kg 163/57
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Juni 1957 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird dies Urteil abgeändert. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 1. März 1957 wird in vollem Umfange abgewiesen.
Der Bescheid vom 4. Oktober 1957 wird insoweit, als er die Beitragsfestsetzung für 1956 enthält, bestätigt.
Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 1. März 1957 zur Beitragsleistung für 1955 mit 52,– DM und zur Vorschussleistung für 1956 mit 62,– DM heran. Hiergegen erhob sie rechtzeitig Klage. Sie machte geltend, das KGG (Kindergeldgesetz) verstosse gegen das Grundgesetz; insbesondere verletze es den Gleichheitsgrundsatz. Das Sozialgericht Darmstadt hob durch Urteil vom 25. Juni 1957 den Bescheid vom 1. März 1957 insoweit auf, als darin die Klägerin für ihre Person zur Beitragsleistung herangezogen wurde; im übrigen wies es die Klage ab. Es bejaht die Verfassungsmässigkeit des KGG und damit die Berechtigung der Beklagten, Beiträge auf Grund dieses Gesetzes zu erheben. Es vertritt aber die Ansicht, dass Rechtsanwälte zwar für ihre Angestellten Beiträge aufzubringen hätten, nicht aber für die eigene Person. Anwälte seien nach § 541 Ziff. 5 RVO (Reichsversicherungsordnung) in der Unfallversicherung versicherungsfrei; sie könnten sich – nach der nach Meinung des Sozialgerichts richtigen Ansicht – auch nach § 539 RVO nicht freiwillig gegen Arbeitsunfälle versichern. Deshalb entfalle nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 KGG für ihre Person eine Beitragsverpflichtung nach dem KGG. Das Ergebnis sei zwar unbefriedigend und unsozial, aber im Wege der Rechtsprechung nicht zu ändern.
Gegen das der Klägerin am 10. August und der Beklagten am 13. August 1957 zugestellte Urteil haben beide Berufung eingelegt, und zwar die Klägerin am 5. und die Beklagte am 9. September 1957. Die Klägerin hat ihre Berufung nicht begründet.
Sie hat beantragt,
das angefochtene Urteil in seinem klagabweisenden Teil aufzuheben und auch insoweit der Klage stattzugeben.
Die Beklagte hat beantragt,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgibt, und nach dem erstinstanzlichen Antrag der Beklagten zu erkennen.
Sie ist der Ansicht, dass die Bestimmungen des § 541 Nr. 5 und 6 RVO es nicht ausschlössen, dass die dort aufgeführten Personen, insbesondere Anwälte, sich freiwillig gegen Arbeitsunfälle versichern könnten. Die besondere Erwähnung dieses Personenkreises in § 1 KGG sei nur damit zu erklären, dass Unklarheiten über den Anwendungsbereich des KGG von vornherein hätten ausgeschlossen werden sollen. Man könne auch unbedenklich davon ausgehen, dass das KGG in § 10 Abs. 1 die Beitragspflicht auf den gleichen Personenkreis habe erstrecken sollen, der im § 1 des Gesetzes aufgeführt werde.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 4. Oktober 1957 den Beitrag für 1956 auf 62,– DM festgesetzt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. September 1958 war die Klägerin trotz ordnungsmässiger Ladung nicht vertreten. Sie hat schriftlich Entscheidung beantragt.
Die Beklagte hat Entscheidung nach Lage der Akten beantragt. Auf das angefochtene Urteil, den Zweitbescheid vom 4. Oktober 1957 und die Schriftsätze der Beteiligten wird verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind nach §§ 143 ff. SGG in Verbindung mit § 28 KGG zulässig. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die der Beklagten begründet.
Die Einwände, die die Klägerin gegen die Rechtswirksamkeit des KGG erhoben hat, sind in zahlreichen gleichliegenden Rechtsstreitigkeiten erhoben worden. Das Bundessozialgericht hat zwischenzeitlich zu diesen Einwänden in seinem Urteil vom 19. Dezember 1957 – 7 RKG 4/56 – (abgedr. u.a. in der NJW 1958 S. 1252) Stellung genommen. Es ist mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass das KGG auf Grund der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ordnungsmässig zustande gekommen ist und dass Verstösse gegen den Gleichheitssatz nicht vorliegen. Der erkennende Senat hatte keine Bedenken, sich den erschöpfenden Rechtsausführungen des Bundessozialgerichts in jeder Hinsicht anzuschliessen. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann im einzelnen auf das Urteil des Bundessozialgerichts verwiesen werden. Das gilt umsomehr, als die Klägerin die Berufung nicht begründet hat.
Ist das Kindergeldgesetz aber ordnungsmässig zustande gekommen, so ist der Bescheid vom 1. März 1957 auch insoweit gerechtfertigt, als die Klägerin als Selbständige für ihre Person zur Beitragsleistung herangezogen worden ist. Das Sozialgericht hat die Heranziehung in diesem Teil als gesetzwidrig angesehen und aufgehoben. Hierin kann ihm nicht gefolgt werden. Das Sozialgericht glaubt, dass die Frage, ob Rechtsanwälte für ihre Person zur Beitragsleistung nach dem KGG herangezogen werden können, mit der Frage identisch sei, ob sie sich nach § 539 RVO freiwillig gegen Arbeitsunfälle versichern können. Diese Auffassung ist irrig. Das KGG hat den Kreis sowohl der Berechtigten wie der Beitragspflichtigen so bestimmt, dass es auf die Frage, ob die nach § 541 Ziff. 5 u. 6 RVO versicherungsfreien Personen sich freiwillig gegen Unfall versichern können, nicht ankommt. Nach § 1 des KGG erhalten auf Antrag Kindergeld: "1. Arbeitnehmer, 2. Selbständige, 3. mithelfende Familienangehörige, die drei oder mehr Kinder haben, wenn sie nach der Reichsversicherungsordnung bei einer Berufsgenossenschaft versichert sind oder sich versichern können oder nach § 541 Nr. 5 und 6 der Reichsversicherungsordnung versicherungsfrei sind”. Hier werden also die nach § 541 Nr. 5 u. 6 Versicherungsfreien ausdrücklich den nach der Reichsversicherungsordnung bei einer Berufsgenossenschaft Versicherten und den zur freiwilligen Versicherung Berechtigten gleichgestellt. § 10 Abs. 1 KGG legt sodann den Kreis der Beitragspflichtigen wie folgt fest: "Beitragspflichtig ist, wer für Arbeitnehmer, selbständige oder mithelfende Familienangehörige Beiträge zu den Berufsgenossenschaften nach dem Dritten Buch der Reichsversicherungsordnung aufzubringen hat oder hätte, wenn diese Personen versichert wären”. Schon in der Fassung des § 10 Abs. 1 kommt hinreichend zum Ausdruck, dass die Beitragspflicht in Wechselbeziehung zur Bezugsberechtigung nach § 1 des Gesetzes steht, wie ein Vergleich der Bestimmungen ergibt. Lediglich im Schlußteil weichen beide Bestimmungen scheinbar voneinander ab. Während im § 1 den gesetzlich bei einer Berufsgenossenschaft Versicherten diejenigen gleichgestellt werden, die sich versichern können und die, die nach § 541 Nr. 5 u. 6 RVO versicherungsfrei sind, spricht § 10 Abs. 1 KGG zunächst von denen, für die Beiträge zu den Berufsgenossenschaften aufzubringen sind – d.s. die tatsächlich Versicherten –, und sodann von denen, für die Beiträge aufzubringen wären, "wenn diese Personen versichert wären”. Es ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, dass das Gesetz unter der letzteren Gruppe nur diejenigen verstanden wissen will, die sich freiwillig gegen Unfall versichern können. Vielmehr rechtfertigt der in § 10 Abs. 1 gewählte Wortlaut bei einer Berücksichtigung des Inhalts des § 1 KGG die Annahme, dass § 10 Abs. 1 unter denen, die "versichert wären”, alle die versteht, die § 1 den tatsächlich Versicherten gleichstellt, d.h. sowohl die zur freiwilligen Versicherung Berechtigten wie die nach § 541 Nr. 5 u. 6 Versicherungsfreien. Die von § 1 abweichende Fassung des Schlußhalbsatzes des § 10 Abs. 1 KGG bedeutet lediglich, dass die bereits im § 1 näher bezeichneten zwei Untergruppen der zur freiwilligen Versicherung Berechtigten und der Versicherungsfreien in § 10 in die eine Gruppe derjenigen zusammengefasst sind, deren Versicherung fingiert wird. Wer hierunter fällt, brauchte im § 10 Abs. 1 deshalb im einzelnen nicht nochmals bezeichnet zu werden, weil sich das bereits aus § 1 klar ergibt.
Diese Auslegung, die sich schon aus der Fassung des Gesetzes rechtfertigt, wird aber erst recht aus seinem Sinn geboten. Sie allein vermeidet die vom Sozialgericht selbst als unbefriedigend empfundene Folge, dass die nach § 541 Nr. 5 u. 6 RVO Versicherungsfreien unter den gesetzlichen Voraussetzungen zwar nach § 1 KGG zum Bezug von Kindergeld berechtigt sind, gleichwohl aber für ihre Person nicht beitragspflichtig wären. Eine derartige Folge, die vom Sozialgericht sogar als unsozial bezeichnet wird, kann nicht rechtens sein. Nur die hier vertretene Auslegung ist innerlich zu rechtfertigen. Auch das Bundessozialgericht geht in seinem oben erwähnten Urteil vom 19. Dezember 1957 offensichtlich davon aus, dass die nach § 541 Nr. 5 u. 6 RVO Versicherungsfreien nach dem KGG auch für ihre Person beitragspflichtig sind. Das zeigen die Ausführungen unter XXXX des Urteils.
Hiernach war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen; auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Gegen die nach §§ 96, 153 SGG mit zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Beitragsfestsetzung für 1956, die im Bescheid vom 4. Oktober 1957 enthalten ist, sind besondere Einwände nicht erhoben worden, sie war deshalb zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Auf die Berufung der Beklagten wird dies Urteil abgeändert. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 1. März 1957 wird in vollem Umfange abgewiesen.
Der Bescheid vom 4. Oktober 1957 wird insoweit, als er die Beitragsfestsetzung für 1956 enthält, bestätigt.
Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 1. März 1957 zur Beitragsleistung für 1955 mit 52,– DM und zur Vorschussleistung für 1956 mit 62,– DM heran. Hiergegen erhob sie rechtzeitig Klage. Sie machte geltend, das KGG (Kindergeldgesetz) verstosse gegen das Grundgesetz; insbesondere verletze es den Gleichheitsgrundsatz. Das Sozialgericht Darmstadt hob durch Urteil vom 25. Juni 1957 den Bescheid vom 1. März 1957 insoweit auf, als darin die Klägerin für ihre Person zur Beitragsleistung herangezogen wurde; im übrigen wies es die Klage ab. Es bejaht die Verfassungsmässigkeit des KGG und damit die Berechtigung der Beklagten, Beiträge auf Grund dieses Gesetzes zu erheben. Es vertritt aber die Ansicht, dass Rechtsanwälte zwar für ihre Angestellten Beiträge aufzubringen hätten, nicht aber für die eigene Person. Anwälte seien nach § 541 Ziff. 5 RVO (Reichsversicherungsordnung) in der Unfallversicherung versicherungsfrei; sie könnten sich – nach der nach Meinung des Sozialgerichts richtigen Ansicht – auch nach § 539 RVO nicht freiwillig gegen Arbeitsunfälle versichern. Deshalb entfalle nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 KGG für ihre Person eine Beitragsverpflichtung nach dem KGG. Das Ergebnis sei zwar unbefriedigend und unsozial, aber im Wege der Rechtsprechung nicht zu ändern.
Gegen das der Klägerin am 10. August und der Beklagten am 13. August 1957 zugestellte Urteil haben beide Berufung eingelegt, und zwar die Klägerin am 5. und die Beklagte am 9. September 1957. Die Klägerin hat ihre Berufung nicht begründet.
Sie hat beantragt,
das angefochtene Urteil in seinem klagabweisenden Teil aufzuheben und auch insoweit der Klage stattzugeben.
Die Beklagte hat beantragt,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgibt, und nach dem erstinstanzlichen Antrag der Beklagten zu erkennen.
Sie ist der Ansicht, dass die Bestimmungen des § 541 Nr. 5 und 6 RVO es nicht ausschlössen, dass die dort aufgeführten Personen, insbesondere Anwälte, sich freiwillig gegen Arbeitsunfälle versichern könnten. Die besondere Erwähnung dieses Personenkreises in § 1 KGG sei nur damit zu erklären, dass Unklarheiten über den Anwendungsbereich des KGG von vornherein hätten ausgeschlossen werden sollen. Man könne auch unbedenklich davon ausgehen, dass das KGG in § 10 Abs. 1 die Beitragspflicht auf den gleichen Personenkreis habe erstrecken sollen, der im § 1 des Gesetzes aufgeführt werde.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 4. Oktober 1957 den Beitrag für 1956 auf 62,– DM festgesetzt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. September 1958 war die Klägerin trotz ordnungsmässiger Ladung nicht vertreten. Sie hat schriftlich Entscheidung beantragt.
Die Beklagte hat Entscheidung nach Lage der Akten beantragt. Auf das angefochtene Urteil, den Zweitbescheid vom 4. Oktober 1957 und die Schriftsätze der Beteiligten wird verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind nach §§ 143 ff. SGG in Verbindung mit § 28 KGG zulässig. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die der Beklagten begründet.
Die Einwände, die die Klägerin gegen die Rechtswirksamkeit des KGG erhoben hat, sind in zahlreichen gleichliegenden Rechtsstreitigkeiten erhoben worden. Das Bundessozialgericht hat zwischenzeitlich zu diesen Einwänden in seinem Urteil vom 19. Dezember 1957 – 7 RKG 4/56 – (abgedr. u.a. in der NJW 1958 S. 1252) Stellung genommen. Es ist mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass das KGG auf Grund der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ordnungsmässig zustande gekommen ist und dass Verstösse gegen den Gleichheitssatz nicht vorliegen. Der erkennende Senat hatte keine Bedenken, sich den erschöpfenden Rechtsausführungen des Bundessozialgerichts in jeder Hinsicht anzuschliessen. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann im einzelnen auf das Urteil des Bundessozialgerichts verwiesen werden. Das gilt umsomehr, als die Klägerin die Berufung nicht begründet hat.
Ist das Kindergeldgesetz aber ordnungsmässig zustande gekommen, so ist der Bescheid vom 1. März 1957 auch insoweit gerechtfertigt, als die Klägerin als Selbständige für ihre Person zur Beitragsleistung herangezogen worden ist. Das Sozialgericht hat die Heranziehung in diesem Teil als gesetzwidrig angesehen und aufgehoben. Hierin kann ihm nicht gefolgt werden. Das Sozialgericht glaubt, dass die Frage, ob Rechtsanwälte für ihre Person zur Beitragsleistung nach dem KGG herangezogen werden können, mit der Frage identisch sei, ob sie sich nach § 539 RVO freiwillig gegen Arbeitsunfälle versichern können. Diese Auffassung ist irrig. Das KGG hat den Kreis sowohl der Berechtigten wie der Beitragspflichtigen so bestimmt, dass es auf die Frage, ob die nach § 541 Ziff. 5 u. 6 RVO versicherungsfreien Personen sich freiwillig gegen Unfall versichern können, nicht ankommt. Nach § 1 des KGG erhalten auf Antrag Kindergeld: "1. Arbeitnehmer, 2. Selbständige, 3. mithelfende Familienangehörige, die drei oder mehr Kinder haben, wenn sie nach der Reichsversicherungsordnung bei einer Berufsgenossenschaft versichert sind oder sich versichern können oder nach § 541 Nr. 5 und 6 der Reichsversicherungsordnung versicherungsfrei sind”. Hier werden also die nach § 541 Nr. 5 u. 6 Versicherungsfreien ausdrücklich den nach der Reichsversicherungsordnung bei einer Berufsgenossenschaft Versicherten und den zur freiwilligen Versicherung Berechtigten gleichgestellt. § 10 Abs. 1 KGG legt sodann den Kreis der Beitragspflichtigen wie folgt fest: "Beitragspflichtig ist, wer für Arbeitnehmer, selbständige oder mithelfende Familienangehörige Beiträge zu den Berufsgenossenschaften nach dem Dritten Buch der Reichsversicherungsordnung aufzubringen hat oder hätte, wenn diese Personen versichert wären”. Schon in der Fassung des § 10 Abs. 1 kommt hinreichend zum Ausdruck, dass die Beitragspflicht in Wechselbeziehung zur Bezugsberechtigung nach § 1 des Gesetzes steht, wie ein Vergleich der Bestimmungen ergibt. Lediglich im Schlußteil weichen beide Bestimmungen scheinbar voneinander ab. Während im § 1 den gesetzlich bei einer Berufsgenossenschaft Versicherten diejenigen gleichgestellt werden, die sich versichern können und die, die nach § 541 Nr. 5 u. 6 RVO versicherungsfrei sind, spricht § 10 Abs. 1 KGG zunächst von denen, für die Beiträge zu den Berufsgenossenschaften aufzubringen sind – d.s. die tatsächlich Versicherten –, und sodann von denen, für die Beiträge aufzubringen wären, "wenn diese Personen versichert wären”. Es ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, dass das Gesetz unter der letzteren Gruppe nur diejenigen verstanden wissen will, die sich freiwillig gegen Unfall versichern können. Vielmehr rechtfertigt der in § 10 Abs. 1 gewählte Wortlaut bei einer Berücksichtigung des Inhalts des § 1 KGG die Annahme, dass § 10 Abs. 1 unter denen, die "versichert wären”, alle die versteht, die § 1 den tatsächlich Versicherten gleichstellt, d.h. sowohl die zur freiwilligen Versicherung Berechtigten wie die nach § 541 Nr. 5 u. 6 Versicherungsfreien. Die von § 1 abweichende Fassung des Schlußhalbsatzes des § 10 Abs. 1 KGG bedeutet lediglich, dass die bereits im § 1 näher bezeichneten zwei Untergruppen der zur freiwilligen Versicherung Berechtigten und der Versicherungsfreien in § 10 in die eine Gruppe derjenigen zusammengefasst sind, deren Versicherung fingiert wird. Wer hierunter fällt, brauchte im § 10 Abs. 1 deshalb im einzelnen nicht nochmals bezeichnet zu werden, weil sich das bereits aus § 1 klar ergibt.
Diese Auslegung, die sich schon aus der Fassung des Gesetzes rechtfertigt, wird aber erst recht aus seinem Sinn geboten. Sie allein vermeidet die vom Sozialgericht selbst als unbefriedigend empfundene Folge, dass die nach § 541 Nr. 5 u. 6 RVO Versicherungsfreien unter den gesetzlichen Voraussetzungen zwar nach § 1 KGG zum Bezug von Kindergeld berechtigt sind, gleichwohl aber für ihre Person nicht beitragspflichtig wären. Eine derartige Folge, die vom Sozialgericht sogar als unsozial bezeichnet wird, kann nicht rechtens sein. Nur die hier vertretene Auslegung ist innerlich zu rechtfertigen. Auch das Bundessozialgericht geht in seinem oben erwähnten Urteil vom 19. Dezember 1957 offensichtlich davon aus, dass die nach § 541 Nr. 5 u. 6 RVO Versicherungsfreien nach dem KGG auch für ihre Person beitragspflichtig sind. Das zeigen die Ausführungen unter XXXX des Urteils.
Hiernach war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen; auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Gegen die nach §§ 96, 153 SGG mit zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Beitragsfestsetzung für 1956, die im Bescheid vom 4. Oktober 1957 enthalten ist, sind besondere Einwände nicht erhoben worden, sie war deshalb zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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