Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 684/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 94/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 15. November 1994 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte eine Virushepatitis C-Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) festzustellen und zu entschädigen hat.
Der im Jahre 1927 geborene Kläger war seit Oktober 1981 in der P. E. K. in K. einem neurologischen Krankenhaus und klinischen Behandlungszentrum für Parkinsonkranke, als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie im Stationsarztdienst tätig. Dabei hatte er täglich bei vielen Patienten intravenöse Injektionen durchzuführen und Infusionen anzulegen. Am 14. Dezember 1989 stach er sich beim Anlegen einer Infusion bei einer Patientin mit der Kanüle an der Fingerkuppe.
Ab 30. Januar 1990 wurde der Kläger wegen des Verdachts auf ein Pankreaskopfkarzinom mit ausgeprägtem Verschlußikterus und mäßig erhöhten Transaminasen in der Medizinischen Klinik I der Städtischen Kliniken X-Stadt stationär behandelt. Die Hepatitisserologie ergab einen positiven Nachweis des Anti-HAV-Antikörpers als Zustand nach einer Hepatitis A. Die Hepatitis B-Serologie war negativ. Eine Serologie auf Hepatitis C-Infektion wurde nicht durchgeführt. Am 2. März 1990 erfolgte in der Ch. K. der S. K. K. eine sog. Whipple’sche Operation. Dabei wurden dem Kläger vier Erythrozytenkonzentrate verabreicht, die laut späterer Auskunft des DRK-Blutspendedienstes mit dem 1. Generationstest der Firma O. Anti-HCV negativ getestet worden waren. Der Karzinomverdacht bestätigte sich aufgrund der histologischen Untersuchungsergebnisse nicht. Es wurde eine chronisch vernarbende Pankreatitis mit subakuter Cholezystitis (Entzündung der Gallenblase) und kräftiger extralobulärer Cholestase (Gallenstauung) sowie Einzelnekrosen der Leber diagnostiziert. Die intraoperative Leberpunktion ergab keinen Hinweis auf eine Virushepatitis. Am 3. April 1990 wurde der Kläger entlassen. Nach erneutem Anstieg der Transaminasen und der Cholestaseparameter wurde der Kläger vom 19. April bis 12. Juni 1990 erneut in die M. K. I der S. K. K. aufgenommen. Bei der Untersuchung am Aufnahmetag – 19. April 1990 – wurde laborchemisch der Nachweis von HCV-Antikörpern geführt und der Verdacht auf eine frische Hepatitis C-Infektion geäußert. Vom 25. Juni bis 2. Juli 1980 wurde der Kläger im B.-K. K. wegen septischer Cholangitis (Entzündung der Gallenwege) mit intrahepatischen und subphrenischen Abszeßbildungen behandelt, die am 3. Juli 1990 in der Ch. K. der S. K. K. operativ ausgeräumt wurden. Am 2. Mai 1991 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf.
Im Juli 1990 erstattete die P. E. K. bei der Beklagten Anzeige wegen des Verdachts auf eine BK in Form einer möglicherweise vorliegenden Non-A/Non B-Hepatitis. Auf Anfrage der Beklagten teilte sie mit, daß in den letzten sechs Monaten vor der Erkrankung des Klägers im Krankenhaus keine an Virushepatitis erkrankten Personen behandelt worden seien und der Kläger in dieser Zeit mit derart Erkrankten oder sie betreuenden Personen nicht nachweisbar in Berührung gekommen sei. Bei der am 14. Dezember 1989 behandelten Patientin sei eine Hepatitis anamnestisch nicht bekannt gewesen; pathologische Leberwerte hätten nicht bestanden. Dazu wurden die Krankenunterlagen der Patientin übersandt und ferner mitgeteilt, daß die behandelnde Ärztin etwa ein Jahr später auf telefonische Rückfrage angegeben habe, daß sich bei dieser Patientin auch keine Hepatitis entwickelt habe (Auskünfte vom 16. August 1990 und 17. Februar 1993). Die Beklagte zog ferner die Krankenunterlagen des Klägers und Berichte der behandelnden Ärzte bei. Prof. Dr. P. von der M. K. der S. K. K. äußerte sich dahin, daß eine mögliche Infektion des Klägers durch seinen Arztberuf bei der Untersuchung, Blutentnahme und Betreuung von Patienten sowie durch die intraoperative Gabe von Blutkonserven denkbar sei, wobei gegen letzteres jedoch die relativ kurze Inkubationszeit spreche (Bericht vom 24. September 1990). Dr. B. vom B.-K. K. teilte mit, daß Hinweise auf eine infektiöse Erkrankung des Klägers bzw. eine parallel verlaufende Hepatitis C-Infektion nach dem weiteren Krankheitsverlauf nicht bestanden hätten und der Kläger nicht wegen einer berufsbedingten Infektion oder berufsbedingten Erkrankung behandelt worden sei (Bericht vom 21. Dezember 1990). Auch Dr. F. von der Ch. K. der S. K. K. berichtete, daß eine Beziehung zwischen dem Beruf des Klägers und seiner Erkrankung nicht gesehen worden sei und insbesondere die aufgetretenen intrahepatischen Abszesse als Folge einer chronischen Cholangitis bei distaler Choleduktusstenose zu werten seien. Der den Kläger seit 5. April 1990 behandelnde Internist Dr. H. meinte, daß die Hepatitis C-Infektion eine mögliche berufsbedingte Erkrankung sei (Stellungnahme vom 19. Dezember 1990).
In dem von der Beklagten zunächst veranlaßten Gutachten nach Aktenlage vom 21. April 1992 des Prof. Dr. S./Oberarzt Dr. S., K. W. wurden u.a. zum Nachweis einer Hepatitis C noch weitere Untersuchungen für erforderlich gehalten. In dem anschließend nach stationärer Untersuchung des Klägers erstatteten internistischen Gutachten vom 25. September 1992 kamen Prof. Dr. S. Prof. Dr. O. aufgrund der von ihnen durchgeführten Hepatitisserologie mit kombiniertem Nachweis von HCV-Antikörpern und HCV-RNS zu dem Ergebnis, daß die Genese der Erkrankung nun eindeutig aufgeklärt sei und beim Kläger eine geringgradige aktive chronische Virushepatitis C vorliege. Mit Rücksicht darauf, daß die am 2. März 1990 verabreichten Blutkonserven Anti-HCV vorgetestet gewesen seien, bestehe auch kein vernünftiger Zweifel, daß der Kläger sich diese Lebererkrankung durch seine berufliche Tätigkeit zugezogen habe, bei der er zweifelsfrei einer vermehrten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei und sich im Dezember 1989 eine Nadelstichverletzung zugezogen habe. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalls sei der 30. Januar 1990 anzunehmen, da zu dieser Zeit erstmals erhöhte Leberwerte erhoben worden seien, die zumindest teilweise hepatitischer Ursache gewesen seien. Ab Wiederaufnahme der Arbeit am 2. Mai 1991 sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die BK mit 20 v.H. zu bewerten. In einer Stellungnahme vom 22. Oktober 1992 stimmte der Landesgewerbearzt dem Gutachten zu und empfahl die Anerkennung einer BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) mit einer MdE von 20 v.H. Da der behandelnde Internist Dr. H. und auch Ärzte der P. E. K. diese MdE für zu niedrig hielten und ferner die Auffassung vertraten, daß die Hepatitis die Veränderungen an der Bauchspeicheldrüse hervorgerufen habe und auch diese deshalb ebenso wie die am 2. März 1990 durchgeführte Operation und deren Folgen (Diabetes mellitus, Nahrungsmittelunverträglichkeit, Narbenschmerzen) von der Beklagten zu entschädigen seien, holte die Beklagte ein weiteres Aktengutachten des Prof. Dr. S./Prof. Dr. O. vom 9. Februar 1993 ein. Darin wurde diese Auffassung als spekulativ und wissenschaftlich nicht haltbar abgelehnt; mit Sicherheit handele es sich bei der Pankreaserkrankung um eine von der Virushepatitis C vollkommen unabhängige schwere Zweiterkrankung. Korrigierend wurde festgestellt, daß durch die berufsbedingte Hepatitis C, die bereits längere Zeit vor Januar 1990 bestanden haben könne, allein wohl gar keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, so daß die MdE von 20 v.H. wegen der BK ab 30. Januar 1990 anzunehmen sei.
Durch Bescheid vom 6. April 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 1993 lehnte die Beklagte dann jedoch die Anerkennung der Virushepatitis C-Erkrankung als BK im Sinne von § 551 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKVO mit der Begründung ab, daß ein ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht wahrscheinlich sei. Dieser sei allenfalls möglich, da eine Infektionsquelle nicht habe festgestellt werden können und der Kläger als Assistenzarzt eines Neurologischen Krankenhauses auch nicht zu dem Personenkreis gehöre, der einem außergewöhnlich hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sei. Eine solche Klinik gehöre anders als z.B. Stationen für Infektionskrankheiten und innere Krankheiten, Laboratorien nicht zu den Einrichtungen, bei welchen wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr eine berufliche Verursachung ohne weiteren Nachweis angenommen werden könne.
Am 23. Juni 1993 hat der Kläger hiergegen beim Sozialgericht Kassel (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, daß die später als Hepatitis C diagnostizierte Erkrankung bei Unwohlsein und Abgeschlagenheit im Dezember 1989 und zunehmender Gelbfärbung bereits bei Aufnahme in die S. K. K. vom 31. Januar 1990 ausgebrochen gewesen sei und die Infektion unter Berücksichtigung einer Inkubationszeit von sechs Wochen bis sechs Monaten im Mai/Juni 1989 stattgefunden haben müsse. Im Kalenderjahr 1989 habe außer der Behandlung der eigenen Patienten keine andere Infektionsmöglichkeit für ihn bestanden, u.a. nicht durch Urlaubsreisen ins Ausland. Zwar sei er im Jahre 1988 bei Verwandten in A. und K. gewesen. Eine Infektion zu dieser Zeit könne jedoch nicht stattgefunden haben, da die Erkrankung dann viel früher hätte ausbrechen müssen. Daß die P. E. K. auf bestimmte Krankheitsbilder spezialisiert gewesen sei, schließe nicht aus, daß die Patienten unerkannt mit HCV infiziert gewesen seien, zumal sie daraufhin gar nicht überprüft worden seien. Der Kläger hat außerdem einen Bericht der C. K. der S. K. vom 22. Dezember 1993 und eine weitere Stellungnahme des Prof. Dr. P. von der M. K. der S. K. K. vom 21. Mai 1993 vorgelegt. Darin kam dieser zu dem Schluß, daß ein Beweis für eine Infektion durch die Bluttransfusionen nicht geführt werden könne, die sehr kurze Inkubationszeit und die serologische Überprüfung der Blutkonserven auf Anti-HCV-Antikörper eher dagegen sprächen und es deshalb durchaus möglich sei, daß der Kläger sich die Hepatitis im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen habe. Ein Beweis sei insoweit natürlich gleichfalls nachträglich nicht zu führen.
Durch Urteil vom 15. November 1994 hat das SG die Klage aus den Gründen der angefochtenen Bescheide abgewiesen.
Gegen das seinem Prozeßbevollmächtigten am 19. Januar 1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Januar 1995 Berufung eingelegt und sein Begehren weiterverfolgt.
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung zunächst eine Auskunft der P. E.-K. vom 29. Juni 1995 eingeholt, in der es heißt, daß die überhaupt erst seit 1990 mögliche Untersuchung auf HCV in der Klinik routinemäßig nicht stattfinde, es in den letzten Jahren für das Vorliegen einer Hepatitis C weder bei Patienten noch bei Angestellten einen Anhalt gegeben habe und die einzige Ausnahme die Erkrankung des Klägers gewesen sei. Von Prof. Dr. L. R. K.-I. B. ist in gutachtlichen Stellungnahmen vom 28. August 1995 und 15. November 1995 u.a. mitgeteilt worden, daß eine exakte Aussage zum HCV-Infektionsrisiko derzeit noch nicht gemacht werden könne, da anders als bei der Hepatitis B nach Ausheilen der Krankheit Antikörper nicht mehr nachweisbar seien. Aufgrund der Zahlen einer selbst durchgeführten Studie bei 188 Ärzten könne man jedoch annehmen, daß das Risiko einer Infektion mit HCV ungefähr gleich groß sei wie das Risiko für eine Infektion mit HBV. Da das HCV ebenfalls durch Blut übertragen werde, werde das Infektionsrisiko eines Arztes, der "bei vielen Patienten intravenöse Injektionen gemacht und Infusionen angelegt habe”, auch hinsichtlich des HCV höher als in der Normalbevölkerung eingeschätzt. Auch der eigenen Studie sei trotz der geringen Fallzahl hierfür ein Hinweis zu entnehmen. Da es unter den chronisch oder akut mit HCV infizierten Personen derzeit einen nicht genau definierbaren Anteil gebe, der klinisch völlig unauffällig sei und der Nachweis einer HCV-Infektion nicht selten nur ein Zufallsbefund sei, sei auch davon auszugehen, daß ein gewisser Prozentsatz der Patienten unerkannt Träger des HCV seien. Dem hat die Beklagte unter Vorlage von Veröffentlichungen u.a. des Prof. Dr. L. sowie eines Urteils des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 13. August 1996 – L-3/U – 271/94 – mit zugehörigem Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. betreffend einen drogenabhängigen Krankenpfleger in einer Fachklinik für Neurologie und Psychiatrie widersprochen.
Von Amts wegen ist sodann das Aktengutachten vom 2. Oktober 1997 des Prof. Dr. R. Institut für Virologie des Universitätsklinikums E. eingeholt worden. Der Sachverständige hat u.a. ausgeführt, daß die mittlerweile vorliegende Vielzahl von Studien zur Gefahr einer HCV-Infektion bei Personen des Gesundheitswesens widersprüchlich seien bzw. teils ein erhöhtes Risiko bejahten, teils verneinten. Insgesamt werde die berufsbedingte Gefahr einer HCV-Infektion im medizinischen Bereich im Vergleich zur HSV-Infektion als geringer, jedoch – abweichend von Prof. Dr. Dr. M. nicht nur als sehr gering eingeschätzt und gegenüber dem Risiko der Normalbevölkerung als erhöht angesehen. Eine abschließende Beurteilung sei allerdings noch nicht möglich. Zur Einschätzung der Gefährdung von Neurologen und zur HCV-Durchseuchung in Neurologischen Kliniken seien keine Daten bekannt. Der Anteil an infektiösen HCV- oder auch HBV-Patienten am Krankengut einer Neurologischen Klinik werde aber mindestens dem der allgemeinen Durchseuchung der Bevölkerung entsprechen, so daß knapp ein Prozent der behandelten Patienten im Durchschnitt eine Infektionsgefahr darstellten. Der Zeitpunkt der HCV-Infektion des Klägers könne retrospektiv nicht mehr bestimmt werden. Sie sei jedoch am ehesten durch die Berufstätigkeit erworben. Die Gefahr einer solchen HCV-Infektion habe für den Kläger seit Beginn der Berufstätigkeit im Jahre 1981 bestanden, da er regelmäßig Kontakt zum Blut seiner Patienten gehabt habe, von denen sicherlich einige infiziert gewesen seien. Eine HCV-Infektion durch eine der vier Bluttransfusionen sei eher unwahrscheinlich.
Der Kläger hat hierzu noch eine Stellungnahme des Prof. Dr. P. vom 25. Februar 1998 vorgelegt, in der es u.a. heißt, daß ungeachtet des uneinheitlichen Zahlenmaterials der epidemiologischen Untersuchungen kein Zweifel daran bestehe und nach wie vor als gesichert anzusehen sei, daß im Gesundheitswesen Beschäftigte, die mit Blutproben von Patienten, Blutentnahmen, Anlegen von Infusionen usw. Berührung hätten, einem deutlichen und auch in außergewöhnlichem Maße erhöhten Infektionsrisiko für eine Hepatitis C unterlägen. Deshalb sei auch beim Kläger, der nach der Art seiner Tätigkeit dieser Gruppe zuzurechnen sei, von diesem erhöhten bzw. hohen Risiko im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit auszugehen, selbst wenn es kein Zahlenmaterial für das Infektionsrisiko von Neurologen gäbe. Das Risiko einer außerberuflichen Infektion im Rahmen der Bluttransfusionen sei vergleichsweise äußerst gering und sehr unwahrscheinlich und eine berufliche Verursachung deshalb mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Der Kläger ist der Ansicht, daß die Voraussetzungen für eine Anerkennung seiner Erkrankung als BK danach nicht mehr verneint werden könnten.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 15. November 1994 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Virushepatitis C-Erkrankung als BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 der BKVO in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß sämtliche ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung den Anspruch des Klägers nicht stützen könnten, da durch sie weder wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse über besonders HCV-gefährdete Personenkreise innerhalb des Gesundheitswesens insgesamt noch spezielle Erkenntnisse über eine besondere Gefährdung von Beschäftigten im neurologischen Bereich, speziell im ärztlichen Bereich, hätten bestätigt werden können. Für die Anerkennung einer außergewöhnlichen beruflichen Infektionsgefährdung des Klägers sei danach weiterhin kein Raum. Außerdem sei eine überzeugende ärztliche Begründung für die Auffassung, daß eine Infektion des Klägers durch die Gabe von vier Blutproben unwahrscheinlich sei, nicht erkennbar. Eine bei dieser Gelegenheit stattgefundene Infektion sei mindestens in gleicher Weise möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG und die Beklagte haben zu Recht entschieden, daß die beim Kläger festgestellte Virushepatitis C von der Beklagten nicht als BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKVO zu entschädigen ist. Nach dieser Vorschrift gehören zu den BK’en "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war”. Der Kläger gehörte zwar zu dem hiernach grundsätzlich geschützten Personenkreis, da er als Arzt für Neurologie und Psychiatrie im Gesundheitsdienst beschäftigt war. Auch steht aufgrund der Untersuchung des Prof. Dr. S. von September 1992 zweifelsfrei fest, daß beim Kläger eine Infektionskrankheit in Form einer Hepatitis C vorliegt. Versicherungsschutz hierfür besteht jedoch nur dann, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der seit 1981 im Gesundheitsdienst ausgeübten versicherten Tätigkeit und der zur Hepatitis C-Erkrankung führenden Einwirkung zumindest wahrscheinlich ist (haftungsbegründende Kausalität). Das verlangt zwar nicht den Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle, etwa gerade der Person oder des Vorgangs, durch welche die Infektion erfolgte. Es setzt im Hinblick darauf, daß viele Infektionskrankheiten wie z.B. die weltweit verbreitete Lungen-Tbc oder die Virushepatitis C oder B die gesamte Bevölkerung bedrohen und die Möglichkeit einer außerberuflichen Ansteckung jederzeit gegeben ist, nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) jedoch den Nachweis (sog. Vollbeweis) voraus, daß der Versicherte im konkreten Einzelfall bei der beruflichen Tätigkeit während der vermutlichen Ansteckungszeit tatsächlich – sei es durch einen Patienten, einen Mitarbeiter oder auf sonstige Weise – einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt war (BSG, Urteile vom 28. September 1972 – 7 RU 34/72 –, 29. Januar 1974 – 8/7 RU 58/71 –, 15. Dezember 1982 – 2 RU 30/82 und 32/82 –, 27. Februar 1985 – 2 RU 40/84 –, 30. Mai 1988 – 2 RU 33/87 – und 28. August 1990 – 2 RU 64/89 –). Auch bei den mit der Krankenpflege befaßten Ärzten und Pflegepersonen gilt mithin nicht jede Infektionskrankheit u.a. Virushepatitis ohne weiteres als BK, auch wenn sie generell als besonders gefährdet erscheinen. Der in jedem Einzelfall zu führende Nachweis einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr erfordert dabei grundsätzlich die Feststellung, daß der Versicherte unter Berücksichtigung des Beginns der Erkrankung während der Inkubationszeit in einem unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakt zu ansteckungsfähigen Personen stand, die an derselben Infektionskrankheit litten (BSG, a.a.O.). Eine solche Feststellung kann im Falle des Klägers jedoch nicht getroffen werden. Vielmehr folgt sowohl aus den Auskünften der P. E. K. als auch den eigenen Angaben des Klägers, daß für die Zeit der Berufstätigkeit des Klägers in dieser Klinik eine nachweisbar an Hepatitis C erkrankte Kontaktperson nicht benannt werden kann. Insbesondere wurde auch bei der Patientin, bei deren Behandlung der Kläger sich im Dezember 1989 eine Nadelstichverletzung zuzog, eine Hepatitis C nicht festgestellt. Außer der Erkrankung des Klägers ist der Klinik aus ihrem Bereich überhaupt klein Fall einer Hepatitis C bekannt.
Ohne den Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakts mit mindestens einer an Hepatitis C erkrankten Person während der Ansteckungszeit darf nach der Rechtsprechung eine besondere, über das normale Maß hinausgehende HCV-Gefährdung aber nur dann angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, daß jedenfalls regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der betreuten Patienten unerkannt an Hepatitis C erkrankt ist, wie es z.B. bei einer Klinik für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten angenommen wird, und es sich deshalb um eine besonders hepatitisgefährdete Einrichtung handelt (BSG, Urteile vom 30. Mai 1988 – 2 RU 33/87 –, 27. Februar 1985 – 2 RU 40/84 –, 15. Dezember 1982 – 2 RU 30/82 und 2 RU 32/82 –). Auch das läßt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen, u.a. nicht anhand von einschlägigen Daten der P. E.-K. die es nicht gibt. Untersuchungen über das Krankengut anderer Neurologischer Kliniken/Abteilungen oder speziell über Parkinsonkranke unter dem Gesichtspunkt der HCV-Durchseuchung sind ebenfalls nicht bekannt. Des weiteren haben die im vorliegenden Verfahren gehörten Ärzte Prof. Dr. S., Prof. Dr. L. Prof. Dr. R. und Prof. Dr. P. sowie Prof. Dr. Dr. M. in seinem in anderer Sache erstatteten Gutachten auch keine repräsentativen Untersuchungen benennen können, aus denen sich eine erhöhte Erkrankungsrate an Hepatitis C von in derartigen Kliniken oder Abteilungen beschäftigten Personen u.a. insbesondere von Ärzten im Vergleich zur Normalbevölkerung ergibt. Wie Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 2. Oktober 1997 klargestellt hat, liegen Daten zur HCV-Durchseuchung in Neurologischen Kliniken und zur Einschätzung der Hepatitis C-Gefährdung von Neurologen bislang nicht vor. Bei der von Prof. Dr. L. in seiner früheren Stellungnahme aus dem Jahre 1995 angeführten eigenen Studie wurde nur eine geringe Anzahl von Ärzten (insgesamt 188, davon 12 Neurologen) untersucht, wobei bei einem Neurologen Antikörper gegen HCV nachgewiesen wurden. Ein Erfahrungssatz bezüglich einer erhöhten Hepatitis C-Gefährdung von Neurologen läßt sich daraus keinesfalls ableiten. Aus allen ärztlichen Äußerungen und Gutachten und den vorgelegten Abhandlungen von Prof. Dr. L. ("Diagnose und Epidemiologie der Hepatitis C”) sowie Chriske und Rosca ("Hepatitis C – Infektionsgefährdung des medizinischen Personals”) geht vielmehr hervor, daß es aufgrund der unterschiedlichen und widersprüchlichen Ergebnisse der erst seit 1990 möglichen und durchgeführten Studien zur Zeit noch nicht einmal sichere Erkenntnisse darüber gibt, ob und inwieweit für die im Gesundheitswesen beschäftigten Personen im Vergleich zur Normalbevölkerung allgemein überhaupt ein erhöhtes Risiko für eine HCV-Infektion besteht. Dies ist bis heute selbst für medizinisches Personal in sog. hepatitisgefährdeten Einrichtungen, wie z.B. Abteilungen für Lebererkrankungen, Laboratorien, nicht nachgewiesen. Klar zu sein scheint allerdings, daß das berufliche Risiko einer HCV-Infektion im medizinischen Bereich im Vergleich zur Hepatitis B trotz der gleichen Übertragungsweise auf parentalem Wege hauptsächlich über Blut und Blutprodukte aber auch über andere Körperflüssigkeiten (Speichel, Schweiß, Tränen, Spermen, Muttermilch) vergleichsweise geringer oder gar wesentlich geringer ist, was u.a. damit erklärt wird, daß die Virämie bei HBV-infizierten Personen im Durchschnitt um den Faktor 1.000 höher liegt als bei HCV-infizierten Personen. Infolgedessen lassen sich auch die Erkenntnisse über eine Hepatitis B-Gefährdung des medizinischen Personals nicht ohne weiteres auf die Hepatitis C übertragen. Abgesehen davon gibt es aber auch bezüglich der Hepatitis B keine Erkenntnisse, die die Annahme rechtfertigen, daß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der in Neurologischen Kliniken/Abteilungen behandelten Patienten unerkannt an Hepatitis erkrankt ist und für das medizinische Personal u.a. insbesondere Ärzte in diesen Einrichtungen demzufolge eine besondere Hepatitis-Exposition besteht, die z.B. mit der in einer Klinik für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten vergleichbar ist. Allein der Umstand, daß eine akute Hepatitis B in 50 % der Fälle ohne die typischen Zeichen einer Hepatitis verläuft und in diesem Stadium häufig nicht diagnostiziert wird, reicht dafür nicht aus. Die daraus resultierende Möglichkeit des zufälligen Kontakts mit einem unerkannt Erkrankten besteht für alle Lebensbereiche u.a. den Privatbereich gleichermaßen und ist für sich allein betrachtet keine Besonderheit der beruflichen Exposition von medizinischem Personal in Krankenhäusern u.a. Neurologischen Kliniken. Entsprechendes gilt für die Hepatitis C, die im Akutstadium nur in 25 % der Fälle mit den typischen Symptomen einer Hepatitis einhergeht und auch bei ca. 1/3 der chronischen Virusträger keinerlei Symptome zeigt und deshalb offenbar noch häufiger nur zufällig diagnostiziert wird. Auch soweit Prof. Dr. R. meint, daß der Anteil an infektiösen HCV- oder auch HBV-Patienten am Krankengut einer Neurologischen Klinik mindestens dem allgemeinen Durchschnitt der Bevölkerung entsprechen werde, somit knapp 1 % der behandelten Patienten "im Durchschnitt” eine Infektionsgefahr darstellten, diese Gefahr sich bei Patienten, die insbesondere vor 1991 schon Bluttransfusionen erhalten hätten, vor allem bei Polytransfundierten und Hämophiliepatienten wegen des höheren Durchseuchungsgrades dieser Patienten weiter erhöhe und auch "einige Patienten” des Klägers "sicherlich” HCV-infiziert gewesen seien, wird damit nicht gesagt oder gar belegt, daß in Neurologischen Kliniken und Abteilungen nicht nur zufällig, sondern erfahrungsgemäß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz bzw. ca. 1 % oder mehr der Patienten unerkannt an Hepatitis C leiden und dies auch für die vom Kläger in der in Betracht zu ziehenden Inkubationszeit betreuten Patienten anzunehmen ist, von denen u.a. auch bezüglich verabreichter Bluttransfusionen nichts bekannt ist. Läßt sich aber nicht nachweisen, daß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der Patienten unerkannt an Hepatitis C leidet, dann gilt nach wie vor die hier vom Kläger nicht erfüllte Voraussetzung für die anspruchsbegründende Kausalität, daß für den Erkrankten bei der versicherten Tätigkeit tatsächlich eine erhöhte Ansteckungsgefahr bestand, weil er in einer Einrichtung gearbeitet hat, in welcher an der gleichen Krankheit leidende Personen zu pflegen und zu behandeln waren (BSG, Urteil vom 30. Mai 1988 – 2 RU 33/97 –).
Soweit der Kläger bei seiner versicherten Tätigkeit als Neurologe u.a. insbesondere bei den täglich an vielen Patienten durchgeführten intravenösen Injektionen und Infusionen Kontakt mit Material hatte, durch das auch ein HCV, wenn er vorhanden gewesen wäre, hätte übertragen werden können, ist damit für sich allein noch keine besondere Hepatitis-Exposition begründet. Die Art der vom Kläger verrichteten Tätigkeit hätte für die rechtliche Beurteilung nur dann Bedeutung erlangen können, wenn er in der vermutlichen Ansteckungszeit beruflichen Kontakt mit zumindest einer nachweislich an Hepatitis C erkrankten Person gehabt hätte oder wenn davon auszugehen wäre, daß jedenfalls ein gewisser Prozentsatz der von ihm betreuten Patienten zur fraglichen Inkubationszeit unerkannt an Hepatitis C erkrankt war (BSG, Urteil vom 30. Mai 1988, a.a.O.). Da dies nicht möglich ist, fehlt es auch unter Berücksichtigung aller Tätigkeitsumstände an dem erforderlichen Nachweis, daß die Berufstätigkeit des Klägers mit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Infektionsgefahr für Hepatitis C verbunden war. Das wird von Prof. Dr. R. Prof. Dr. P. Prof. Dr. L. und Prof. Dr. S. verkannt, die offensichtlich meinen, daß eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Ansteckungsgefahr für Hepatitis C in jedem Fall bei allen im Gesundheitsdienst Beschäftigten zu bejahen bzw. zweifelsfrei anzunehmen sei, die mit Blutproben, Blutentnahmen, Anlegen von Infusionen u.a. zu tun haben, gleichgültig in welcher Einrichtung sie tätig sind und mit welcher Art von Patienten sie zu tun haben.
Hinzu kommt, daß der Zeitpunkt der Infektion beim Kläger retrospektiv nicht mehr bestimmt werden kann und im Zeitpunkt der ersten Durchführung einer Hepatitis C-Serologie mit Nachweis von HCV-Antikörpern am 19. April 1990 sowohl eine akute als auch eine bereits chronische HCV-Infektion vorgelegen haben kann, wie Prof. Dr. R. in Übereinstimmung auch mit den Ausführungen des Prof. Dr. S. und Prof. Dr. P. klargestellt hat. Die Infektion kann von daher zum einen trotz der laut Angaben des Klägers bis zum 30. Januar 1990 unauffälligen Blutbefunde bereits lange vor dem 30. Januar 1990 stattgefunden haben, da 75 % der akut HCV-Infizierten und auch 1/3 der chronischen Virusträger keine Symptome zeigen und nicht nur über Monate, sondern sogar über Jahre hinweg auch völlig normale Transaminasen gemessen werden können. Entgegen der Ansicht des Klägers kann somit auch eine Infektion in der Zeit vor 1989 z.B. im Jahre 1988 keineswegs ausgeschlossen werden, in dem der Kläger sich zu Besuch in Ägypten befand, wo laut Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. die Prävalenz oder Häufigkeit einer Hepatitis C mit 10 % weit über der in der Bundesrepublik Deutschland mit 0,45 % liegt. Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Infektion erst in der unversicherten Zeit der stationären Behandlung vom 30. Januar 1990 bis 3. April 1990 in der M. K. der S. K. K. und der C. K. stattgefunden hat, wo am 2. März 1990 auch eine Operation unter Verabreichung von vier Erythrozytenkonzentraten durchgeführt wurde. Unter Berücksichtigung dessen, daß die Inkubationszeit für eine Hepatitis C in der Regel zwei bis 26 Wochen beträgt, Antikörper in der Regel nach sechs bis zwölf Wochen nachweisbar sind und beim Kläger am 19. April 1990 nachgewiesen wurden, ist dies grundsätzlich durchaus möglich. Denn der beim Kläger zu Beginn der stationären Behandlung am 30. Januar 1990 festgestellte Ikterus und die leicht erhöhten Transaminasen beweisen entgegen seiner Auffassung nicht den Beginn einer Hepatitis C-Erkrankung schon zu dieser Zeit und damit auch nicht, daß die Infektion zwangsläufig vor dem 30. Januar 1990 stattgefunden haben muß. Diese Symptome können nach den Ausführungen des Prof. Dr. R. natürlich auch bei vielen anderen Erkrankungen u.a. insbesondere auch bei dem beim Kläger seinerzeit bestehenden Krankheitsbild einer Pankreatitis mit subakuter Cholezystitis und Cholestase auftreten, das mit Prof. Dr. R. und Prof. Dr. S. völlig unabhängig von der Hepatitis C-Infektion zu sehen ist. Soweit Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 25. September 1992 meinte, daß die erstmals am 30. Januar 1990 erhöhten Leberwerte zumindest teilweise hepatitischer Ursache gewesen seien, wird dies nicht näher begründet. Zwar schließt auch ein asymptomatischer Verlauf bis zum HCV-Antikörpernachweis am 19. April 1990 aus den dargelegten Gründen eine HCV-Infektion vor dem 30. Januar 1990 nicht aus. Auch steht der fehlende histologische Hinweis auf eine Virushepatitis anläßlich der Operation vom 2. März 1990 unter Berücksichtigung der Inkubationszeit einer HCV-Infektion vor dem 30. Januar 1990 nach ärztlicher Auffassung nicht entgegen. Das ändert jedoch nichts daran, daß die Möglichkeit einer HCV-Infektion nach dem 30. Januar 1990 u.a. durch die Verabreichung von vier Erythrozytenkonzentraten ebenfalls nicht verneint werden kann und ärztlicherseits auch nicht verneint wurde, u.a. nicht von Prof. Dr. P. und Prof. Dr. R. Zwar wurde unter Hinweis darauf, daß das dem Kläger am 2. März 1990 verabreichte Blut mit dem HCV-Antikörpertest der 1. Generation negativ vorgetestet war, dieses Testverfahren eine Sensitivität von 80 bis 90 % hatte und das Risiko einer HCV-Infektion durch derart vorgetestetes Blut bei 1 bis 3,8 % lag, eine HCV-Infektion des Klägers durch diese Blutübertragung als "eher unwahrscheinlich” bzw. sehr unwahrscheinlich gewertet. Ob dies, wie die Beklagte meint, schon bei Vergleich der angegebenen Durchseuchungsrate für Blutprodukte mit der der Normalbevölkerung (0,4 %) und mit Rücksicht darauf, daß der Kläger vier Blutkonserven erhielt, nicht überzeugt, kann dahinstehen. Von nicht unwesentlicher Bedeutung bei dieser Beurteilung war jedenfalls die übereinstimmende Auffassung der Ärzte, daß im Vergleich dazu das Risiko einer HCV-Infektion durch die berufliche Tätigkeit des Klägers seit 1981 wegen der Art dieser Tätigkeit (tägliches Verabreichen von intravenösen Injektionen und Anlegen von Infusionen) als höher oder auch wesentlich höher einzuschätzen sei und deshalb auch eine berufliche Verursachung "eher” anzunehmen bzw. als wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich anzusehen sei. Abgesehen davon, daß hierbei sonstige Infektionsmöglichkeiten im privaten Bereich u.a. insbesondere während der stationären Behandlung in der M. K. I der S. K. K. – einer sog. hepatitisgefährdeten Einrichtung – ab 30. Januar 1990 oder bei Aufenthalten in Ägypten überhaupt nicht erörtert und berücksichtigt wurden, ist dazu jedoch zum einen festzustellen, daß eine Schädigung, deren Zeitpunkt nicht bestimmbar ist und die sowohl während einer versicherten Tätigkeit als auch außerhalb davon stattgefunden haben kann, nicht allein schon deshalb der versicherten Tätigkeit ursächlich zugerechnet werden kann, weil diese vergleichsweise grundsätzlich und allgemein als noch geeigneter oder wesentlich geeigneter erscheint, den Erfolg herbeizuführen. Zum anderen kann – wie schon ausgeführt – ein besonderes berufliches HCV-Infektionsrisiko des Klägers aber auch nicht allein aus der Art seiner Tätigkeit als Neurologe abgeleitet werden, ohne entsprechende Feststellungen zu den beruflichen Infektionspotentialen bzw. Expositionsverhältnissen zu treffen, die Grundvoraussetzung dafür sind, daß durch eine solche Tätigkeit ein Infektionsrisiko überhaupt gegeben und ggf. realisiert werden kann. Da es hieran fehlt und dies nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zum Nachteil des Klägers geht, ist eine BK schon deshalb nicht anzuerkennen. Der Feststellung, wann, wo und bei welcher Gelegenheit der Kläger sich die HCV-Infektion nun tatsächlich zugezogen hat, bedurfte es dazu nicht. Denn entscheidend ist allein, daß ein ursächlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Neurologe bei Würdigung aller Umstände jedenfalls nicht wahrscheinlich, sondern lediglich – ebenfalls – möglich ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte eine Virushepatitis C-Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) festzustellen und zu entschädigen hat.
Der im Jahre 1927 geborene Kläger war seit Oktober 1981 in der P. E. K. in K. einem neurologischen Krankenhaus und klinischen Behandlungszentrum für Parkinsonkranke, als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie im Stationsarztdienst tätig. Dabei hatte er täglich bei vielen Patienten intravenöse Injektionen durchzuführen und Infusionen anzulegen. Am 14. Dezember 1989 stach er sich beim Anlegen einer Infusion bei einer Patientin mit der Kanüle an der Fingerkuppe.
Ab 30. Januar 1990 wurde der Kläger wegen des Verdachts auf ein Pankreaskopfkarzinom mit ausgeprägtem Verschlußikterus und mäßig erhöhten Transaminasen in der Medizinischen Klinik I der Städtischen Kliniken X-Stadt stationär behandelt. Die Hepatitisserologie ergab einen positiven Nachweis des Anti-HAV-Antikörpers als Zustand nach einer Hepatitis A. Die Hepatitis B-Serologie war negativ. Eine Serologie auf Hepatitis C-Infektion wurde nicht durchgeführt. Am 2. März 1990 erfolgte in der Ch. K. der S. K. K. eine sog. Whipple’sche Operation. Dabei wurden dem Kläger vier Erythrozytenkonzentrate verabreicht, die laut späterer Auskunft des DRK-Blutspendedienstes mit dem 1. Generationstest der Firma O. Anti-HCV negativ getestet worden waren. Der Karzinomverdacht bestätigte sich aufgrund der histologischen Untersuchungsergebnisse nicht. Es wurde eine chronisch vernarbende Pankreatitis mit subakuter Cholezystitis (Entzündung der Gallenblase) und kräftiger extralobulärer Cholestase (Gallenstauung) sowie Einzelnekrosen der Leber diagnostiziert. Die intraoperative Leberpunktion ergab keinen Hinweis auf eine Virushepatitis. Am 3. April 1990 wurde der Kläger entlassen. Nach erneutem Anstieg der Transaminasen und der Cholestaseparameter wurde der Kläger vom 19. April bis 12. Juni 1990 erneut in die M. K. I der S. K. K. aufgenommen. Bei der Untersuchung am Aufnahmetag – 19. April 1990 – wurde laborchemisch der Nachweis von HCV-Antikörpern geführt und der Verdacht auf eine frische Hepatitis C-Infektion geäußert. Vom 25. Juni bis 2. Juli 1980 wurde der Kläger im B.-K. K. wegen septischer Cholangitis (Entzündung der Gallenwege) mit intrahepatischen und subphrenischen Abszeßbildungen behandelt, die am 3. Juli 1990 in der Ch. K. der S. K. K. operativ ausgeräumt wurden. Am 2. Mai 1991 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf.
Im Juli 1990 erstattete die P. E. K. bei der Beklagten Anzeige wegen des Verdachts auf eine BK in Form einer möglicherweise vorliegenden Non-A/Non B-Hepatitis. Auf Anfrage der Beklagten teilte sie mit, daß in den letzten sechs Monaten vor der Erkrankung des Klägers im Krankenhaus keine an Virushepatitis erkrankten Personen behandelt worden seien und der Kläger in dieser Zeit mit derart Erkrankten oder sie betreuenden Personen nicht nachweisbar in Berührung gekommen sei. Bei der am 14. Dezember 1989 behandelten Patientin sei eine Hepatitis anamnestisch nicht bekannt gewesen; pathologische Leberwerte hätten nicht bestanden. Dazu wurden die Krankenunterlagen der Patientin übersandt und ferner mitgeteilt, daß die behandelnde Ärztin etwa ein Jahr später auf telefonische Rückfrage angegeben habe, daß sich bei dieser Patientin auch keine Hepatitis entwickelt habe (Auskünfte vom 16. August 1990 und 17. Februar 1993). Die Beklagte zog ferner die Krankenunterlagen des Klägers und Berichte der behandelnden Ärzte bei. Prof. Dr. P. von der M. K. der S. K. K. äußerte sich dahin, daß eine mögliche Infektion des Klägers durch seinen Arztberuf bei der Untersuchung, Blutentnahme und Betreuung von Patienten sowie durch die intraoperative Gabe von Blutkonserven denkbar sei, wobei gegen letzteres jedoch die relativ kurze Inkubationszeit spreche (Bericht vom 24. September 1990). Dr. B. vom B.-K. K. teilte mit, daß Hinweise auf eine infektiöse Erkrankung des Klägers bzw. eine parallel verlaufende Hepatitis C-Infektion nach dem weiteren Krankheitsverlauf nicht bestanden hätten und der Kläger nicht wegen einer berufsbedingten Infektion oder berufsbedingten Erkrankung behandelt worden sei (Bericht vom 21. Dezember 1990). Auch Dr. F. von der Ch. K. der S. K. K. berichtete, daß eine Beziehung zwischen dem Beruf des Klägers und seiner Erkrankung nicht gesehen worden sei und insbesondere die aufgetretenen intrahepatischen Abszesse als Folge einer chronischen Cholangitis bei distaler Choleduktusstenose zu werten seien. Der den Kläger seit 5. April 1990 behandelnde Internist Dr. H. meinte, daß die Hepatitis C-Infektion eine mögliche berufsbedingte Erkrankung sei (Stellungnahme vom 19. Dezember 1990).
In dem von der Beklagten zunächst veranlaßten Gutachten nach Aktenlage vom 21. April 1992 des Prof. Dr. S./Oberarzt Dr. S., K. W. wurden u.a. zum Nachweis einer Hepatitis C noch weitere Untersuchungen für erforderlich gehalten. In dem anschließend nach stationärer Untersuchung des Klägers erstatteten internistischen Gutachten vom 25. September 1992 kamen Prof. Dr. S. Prof. Dr. O. aufgrund der von ihnen durchgeführten Hepatitisserologie mit kombiniertem Nachweis von HCV-Antikörpern und HCV-RNS zu dem Ergebnis, daß die Genese der Erkrankung nun eindeutig aufgeklärt sei und beim Kläger eine geringgradige aktive chronische Virushepatitis C vorliege. Mit Rücksicht darauf, daß die am 2. März 1990 verabreichten Blutkonserven Anti-HCV vorgetestet gewesen seien, bestehe auch kein vernünftiger Zweifel, daß der Kläger sich diese Lebererkrankung durch seine berufliche Tätigkeit zugezogen habe, bei der er zweifelsfrei einer vermehrten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei und sich im Dezember 1989 eine Nadelstichverletzung zugezogen habe. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalls sei der 30. Januar 1990 anzunehmen, da zu dieser Zeit erstmals erhöhte Leberwerte erhoben worden seien, die zumindest teilweise hepatitischer Ursache gewesen seien. Ab Wiederaufnahme der Arbeit am 2. Mai 1991 sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die BK mit 20 v.H. zu bewerten. In einer Stellungnahme vom 22. Oktober 1992 stimmte der Landesgewerbearzt dem Gutachten zu und empfahl die Anerkennung einer BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) mit einer MdE von 20 v.H. Da der behandelnde Internist Dr. H. und auch Ärzte der P. E. K. diese MdE für zu niedrig hielten und ferner die Auffassung vertraten, daß die Hepatitis die Veränderungen an der Bauchspeicheldrüse hervorgerufen habe und auch diese deshalb ebenso wie die am 2. März 1990 durchgeführte Operation und deren Folgen (Diabetes mellitus, Nahrungsmittelunverträglichkeit, Narbenschmerzen) von der Beklagten zu entschädigen seien, holte die Beklagte ein weiteres Aktengutachten des Prof. Dr. S./Prof. Dr. O. vom 9. Februar 1993 ein. Darin wurde diese Auffassung als spekulativ und wissenschaftlich nicht haltbar abgelehnt; mit Sicherheit handele es sich bei der Pankreaserkrankung um eine von der Virushepatitis C vollkommen unabhängige schwere Zweiterkrankung. Korrigierend wurde festgestellt, daß durch die berufsbedingte Hepatitis C, die bereits längere Zeit vor Januar 1990 bestanden haben könne, allein wohl gar keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, so daß die MdE von 20 v.H. wegen der BK ab 30. Januar 1990 anzunehmen sei.
Durch Bescheid vom 6. April 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 1993 lehnte die Beklagte dann jedoch die Anerkennung der Virushepatitis C-Erkrankung als BK im Sinne von § 551 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKVO mit der Begründung ab, daß ein ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht wahrscheinlich sei. Dieser sei allenfalls möglich, da eine Infektionsquelle nicht habe festgestellt werden können und der Kläger als Assistenzarzt eines Neurologischen Krankenhauses auch nicht zu dem Personenkreis gehöre, der einem außergewöhnlich hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sei. Eine solche Klinik gehöre anders als z.B. Stationen für Infektionskrankheiten und innere Krankheiten, Laboratorien nicht zu den Einrichtungen, bei welchen wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr eine berufliche Verursachung ohne weiteren Nachweis angenommen werden könne.
Am 23. Juni 1993 hat der Kläger hiergegen beim Sozialgericht Kassel (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, daß die später als Hepatitis C diagnostizierte Erkrankung bei Unwohlsein und Abgeschlagenheit im Dezember 1989 und zunehmender Gelbfärbung bereits bei Aufnahme in die S. K. K. vom 31. Januar 1990 ausgebrochen gewesen sei und die Infektion unter Berücksichtigung einer Inkubationszeit von sechs Wochen bis sechs Monaten im Mai/Juni 1989 stattgefunden haben müsse. Im Kalenderjahr 1989 habe außer der Behandlung der eigenen Patienten keine andere Infektionsmöglichkeit für ihn bestanden, u.a. nicht durch Urlaubsreisen ins Ausland. Zwar sei er im Jahre 1988 bei Verwandten in A. und K. gewesen. Eine Infektion zu dieser Zeit könne jedoch nicht stattgefunden haben, da die Erkrankung dann viel früher hätte ausbrechen müssen. Daß die P. E. K. auf bestimmte Krankheitsbilder spezialisiert gewesen sei, schließe nicht aus, daß die Patienten unerkannt mit HCV infiziert gewesen seien, zumal sie daraufhin gar nicht überprüft worden seien. Der Kläger hat außerdem einen Bericht der C. K. der S. K. vom 22. Dezember 1993 und eine weitere Stellungnahme des Prof. Dr. P. von der M. K. der S. K. K. vom 21. Mai 1993 vorgelegt. Darin kam dieser zu dem Schluß, daß ein Beweis für eine Infektion durch die Bluttransfusionen nicht geführt werden könne, die sehr kurze Inkubationszeit und die serologische Überprüfung der Blutkonserven auf Anti-HCV-Antikörper eher dagegen sprächen und es deshalb durchaus möglich sei, daß der Kläger sich die Hepatitis im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen habe. Ein Beweis sei insoweit natürlich gleichfalls nachträglich nicht zu führen.
Durch Urteil vom 15. November 1994 hat das SG die Klage aus den Gründen der angefochtenen Bescheide abgewiesen.
Gegen das seinem Prozeßbevollmächtigten am 19. Januar 1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Januar 1995 Berufung eingelegt und sein Begehren weiterverfolgt.
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung zunächst eine Auskunft der P. E.-K. vom 29. Juni 1995 eingeholt, in der es heißt, daß die überhaupt erst seit 1990 mögliche Untersuchung auf HCV in der Klinik routinemäßig nicht stattfinde, es in den letzten Jahren für das Vorliegen einer Hepatitis C weder bei Patienten noch bei Angestellten einen Anhalt gegeben habe und die einzige Ausnahme die Erkrankung des Klägers gewesen sei. Von Prof. Dr. L. R. K.-I. B. ist in gutachtlichen Stellungnahmen vom 28. August 1995 und 15. November 1995 u.a. mitgeteilt worden, daß eine exakte Aussage zum HCV-Infektionsrisiko derzeit noch nicht gemacht werden könne, da anders als bei der Hepatitis B nach Ausheilen der Krankheit Antikörper nicht mehr nachweisbar seien. Aufgrund der Zahlen einer selbst durchgeführten Studie bei 188 Ärzten könne man jedoch annehmen, daß das Risiko einer Infektion mit HCV ungefähr gleich groß sei wie das Risiko für eine Infektion mit HBV. Da das HCV ebenfalls durch Blut übertragen werde, werde das Infektionsrisiko eines Arztes, der "bei vielen Patienten intravenöse Injektionen gemacht und Infusionen angelegt habe”, auch hinsichtlich des HCV höher als in der Normalbevölkerung eingeschätzt. Auch der eigenen Studie sei trotz der geringen Fallzahl hierfür ein Hinweis zu entnehmen. Da es unter den chronisch oder akut mit HCV infizierten Personen derzeit einen nicht genau definierbaren Anteil gebe, der klinisch völlig unauffällig sei und der Nachweis einer HCV-Infektion nicht selten nur ein Zufallsbefund sei, sei auch davon auszugehen, daß ein gewisser Prozentsatz der Patienten unerkannt Träger des HCV seien. Dem hat die Beklagte unter Vorlage von Veröffentlichungen u.a. des Prof. Dr. L. sowie eines Urteils des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 13. August 1996 – L-3/U – 271/94 – mit zugehörigem Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. betreffend einen drogenabhängigen Krankenpfleger in einer Fachklinik für Neurologie und Psychiatrie widersprochen.
Von Amts wegen ist sodann das Aktengutachten vom 2. Oktober 1997 des Prof. Dr. R. Institut für Virologie des Universitätsklinikums E. eingeholt worden. Der Sachverständige hat u.a. ausgeführt, daß die mittlerweile vorliegende Vielzahl von Studien zur Gefahr einer HCV-Infektion bei Personen des Gesundheitswesens widersprüchlich seien bzw. teils ein erhöhtes Risiko bejahten, teils verneinten. Insgesamt werde die berufsbedingte Gefahr einer HCV-Infektion im medizinischen Bereich im Vergleich zur HSV-Infektion als geringer, jedoch – abweichend von Prof. Dr. Dr. M. nicht nur als sehr gering eingeschätzt und gegenüber dem Risiko der Normalbevölkerung als erhöht angesehen. Eine abschließende Beurteilung sei allerdings noch nicht möglich. Zur Einschätzung der Gefährdung von Neurologen und zur HCV-Durchseuchung in Neurologischen Kliniken seien keine Daten bekannt. Der Anteil an infektiösen HCV- oder auch HBV-Patienten am Krankengut einer Neurologischen Klinik werde aber mindestens dem der allgemeinen Durchseuchung der Bevölkerung entsprechen, so daß knapp ein Prozent der behandelten Patienten im Durchschnitt eine Infektionsgefahr darstellten. Der Zeitpunkt der HCV-Infektion des Klägers könne retrospektiv nicht mehr bestimmt werden. Sie sei jedoch am ehesten durch die Berufstätigkeit erworben. Die Gefahr einer solchen HCV-Infektion habe für den Kläger seit Beginn der Berufstätigkeit im Jahre 1981 bestanden, da er regelmäßig Kontakt zum Blut seiner Patienten gehabt habe, von denen sicherlich einige infiziert gewesen seien. Eine HCV-Infektion durch eine der vier Bluttransfusionen sei eher unwahrscheinlich.
Der Kläger hat hierzu noch eine Stellungnahme des Prof. Dr. P. vom 25. Februar 1998 vorgelegt, in der es u.a. heißt, daß ungeachtet des uneinheitlichen Zahlenmaterials der epidemiologischen Untersuchungen kein Zweifel daran bestehe und nach wie vor als gesichert anzusehen sei, daß im Gesundheitswesen Beschäftigte, die mit Blutproben von Patienten, Blutentnahmen, Anlegen von Infusionen usw. Berührung hätten, einem deutlichen und auch in außergewöhnlichem Maße erhöhten Infektionsrisiko für eine Hepatitis C unterlägen. Deshalb sei auch beim Kläger, der nach der Art seiner Tätigkeit dieser Gruppe zuzurechnen sei, von diesem erhöhten bzw. hohen Risiko im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit auszugehen, selbst wenn es kein Zahlenmaterial für das Infektionsrisiko von Neurologen gäbe. Das Risiko einer außerberuflichen Infektion im Rahmen der Bluttransfusionen sei vergleichsweise äußerst gering und sehr unwahrscheinlich und eine berufliche Verursachung deshalb mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Der Kläger ist der Ansicht, daß die Voraussetzungen für eine Anerkennung seiner Erkrankung als BK danach nicht mehr verneint werden könnten.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 15. November 1994 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Virushepatitis C-Erkrankung als BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 der BKVO in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß sämtliche ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung den Anspruch des Klägers nicht stützen könnten, da durch sie weder wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse über besonders HCV-gefährdete Personenkreise innerhalb des Gesundheitswesens insgesamt noch spezielle Erkenntnisse über eine besondere Gefährdung von Beschäftigten im neurologischen Bereich, speziell im ärztlichen Bereich, hätten bestätigt werden können. Für die Anerkennung einer außergewöhnlichen beruflichen Infektionsgefährdung des Klägers sei danach weiterhin kein Raum. Außerdem sei eine überzeugende ärztliche Begründung für die Auffassung, daß eine Infektion des Klägers durch die Gabe von vier Blutproben unwahrscheinlich sei, nicht erkennbar. Eine bei dieser Gelegenheit stattgefundene Infektion sei mindestens in gleicher Weise möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG und die Beklagte haben zu Recht entschieden, daß die beim Kläger festgestellte Virushepatitis C von der Beklagten nicht als BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKVO zu entschädigen ist. Nach dieser Vorschrift gehören zu den BK’en "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war”. Der Kläger gehörte zwar zu dem hiernach grundsätzlich geschützten Personenkreis, da er als Arzt für Neurologie und Psychiatrie im Gesundheitsdienst beschäftigt war. Auch steht aufgrund der Untersuchung des Prof. Dr. S. von September 1992 zweifelsfrei fest, daß beim Kläger eine Infektionskrankheit in Form einer Hepatitis C vorliegt. Versicherungsschutz hierfür besteht jedoch nur dann, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der seit 1981 im Gesundheitsdienst ausgeübten versicherten Tätigkeit und der zur Hepatitis C-Erkrankung führenden Einwirkung zumindest wahrscheinlich ist (haftungsbegründende Kausalität). Das verlangt zwar nicht den Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle, etwa gerade der Person oder des Vorgangs, durch welche die Infektion erfolgte. Es setzt im Hinblick darauf, daß viele Infektionskrankheiten wie z.B. die weltweit verbreitete Lungen-Tbc oder die Virushepatitis C oder B die gesamte Bevölkerung bedrohen und die Möglichkeit einer außerberuflichen Ansteckung jederzeit gegeben ist, nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) jedoch den Nachweis (sog. Vollbeweis) voraus, daß der Versicherte im konkreten Einzelfall bei der beruflichen Tätigkeit während der vermutlichen Ansteckungszeit tatsächlich – sei es durch einen Patienten, einen Mitarbeiter oder auf sonstige Weise – einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt war (BSG, Urteile vom 28. September 1972 – 7 RU 34/72 –, 29. Januar 1974 – 8/7 RU 58/71 –, 15. Dezember 1982 – 2 RU 30/82 und 32/82 –, 27. Februar 1985 – 2 RU 40/84 –, 30. Mai 1988 – 2 RU 33/87 – und 28. August 1990 – 2 RU 64/89 –). Auch bei den mit der Krankenpflege befaßten Ärzten und Pflegepersonen gilt mithin nicht jede Infektionskrankheit u.a. Virushepatitis ohne weiteres als BK, auch wenn sie generell als besonders gefährdet erscheinen. Der in jedem Einzelfall zu führende Nachweis einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr erfordert dabei grundsätzlich die Feststellung, daß der Versicherte unter Berücksichtigung des Beginns der Erkrankung während der Inkubationszeit in einem unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakt zu ansteckungsfähigen Personen stand, die an derselben Infektionskrankheit litten (BSG, a.a.O.). Eine solche Feststellung kann im Falle des Klägers jedoch nicht getroffen werden. Vielmehr folgt sowohl aus den Auskünften der P. E. K. als auch den eigenen Angaben des Klägers, daß für die Zeit der Berufstätigkeit des Klägers in dieser Klinik eine nachweisbar an Hepatitis C erkrankte Kontaktperson nicht benannt werden kann. Insbesondere wurde auch bei der Patientin, bei deren Behandlung der Kläger sich im Dezember 1989 eine Nadelstichverletzung zuzog, eine Hepatitis C nicht festgestellt. Außer der Erkrankung des Klägers ist der Klinik aus ihrem Bereich überhaupt klein Fall einer Hepatitis C bekannt.
Ohne den Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakts mit mindestens einer an Hepatitis C erkrankten Person während der Ansteckungszeit darf nach der Rechtsprechung eine besondere, über das normale Maß hinausgehende HCV-Gefährdung aber nur dann angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, daß jedenfalls regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der betreuten Patienten unerkannt an Hepatitis C erkrankt ist, wie es z.B. bei einer Klinik für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten angenommen wird, und es sich deshalb um eine besonders hepatitisgefährdete Einrichtung handelt (BSG, Urteile vom 30. Mai 1988 – 2 RU 33/87 –, 27. Februar 1985 – 2 RU 40/84 –, 15. Dezember 1982 – 2 RU 30/82 und 2 RU 32/82 –). Auch das läßt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen, u.a. nicht anhand von einschlägigen Daten der P. E.-K. die es nicht gibt. Untersuchungen über das Krankengut anderer Neurologischer Kliniken/Abteilungen oder speziell über Parkinsonkranke unter dem Gesichtspunkt der HCV-Durchseuchung sind ebenfalls nicht bekannt. Des weiteren haben die im vorliegenden Verfahren gehörten Ärzte Prof. Dr. S., Prof. Dr. L. Prof. Dr. R. und Prof. Dr. P. sowie Prof. Dr. Dr. M. in seinem in anderer Sache erstatteten Gutachten auch keine repräsentativen Untersuchungen benennen können, aus denen sich eine erhöhte Erkrankungsrate an Hepatitis C von in derartigen Kliniken oder Abteilungen beschäftigten Personen u.a. insbesondere von Ärzten im Vergleich zur Normalbevölkerung ergibt. Wie Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 2. Oktober 1997 klargestellt hat, liegen Daten zur HCV-Durchseuchung in Neurologischen Kliniken und zur Einschätzung der Hepatitis C-Gefährdung von Neurologen bislang nicht vor. Bei der von Prof. Dr. L. in seiner früheren Stellungnahme aus dem Jahre 1995 angeführten eigenen Studie wurde nur eine geringe Anzahl von Ärzten (insgesamt 188, davon 12 Neurologen) untersucht, wobei bei einem Neurologen Antikörper gegen HCV nachgewiesen wurden. Ein Erfahrungssatz bezüglich einer erhöhten Hepatitis C-Gefährdung von Neurologen läßt sich daraus keinesfalls ableiten. Aus allen ärztlichen Äußerungen und Gutachten und den vorgelegten Abhandlungen von Prof. Dr. L. ("Diagnose und Epidemiologie der Hepatitis C”) sowie Chriske und Rosca ("Hepatitis C – Infektionsgefährdung des medizinischen Personals”) geht vielmehr hervor, daß es aufgrund der unterschiedlichen und widersprüchlichen Ergebnisse der erst seit 1990 möglichen und durchgeführten Studien zur Zeit noch nicht einmal sichere Erkenntnisse darüber gibt, ob und inwieweit für die im Gesundheitswesen beschäftigten Personen im Vergleich zur Normalbevölkerung allgemein überhaupt ein erhöhtes Risiko für eine HCV-Infektion besteht. Dies ist bis heute selbst für medizinisches Personal in sog. hepatitisgefährdeten Einrichtungen, wie z.B. Abteilungen für Lebererkrankungen, Laboratorien, nicht nachgewiesen. Klar zu sein scheint allerdings, daß das berufliche Risiko einer HCV-Infektion im medizinischen Bereich im Vergleich zur Hepatitis B trotz der gleichen Übertragungsweise auf parentalem Wege hauptsächlich über Blut und Blutprodukte aber auch über andere Körperflüssigkeiten (Speichel, Schweiß, Tränen, Spermen, Muttermilch) vergleichsweise geringer oder gar wesentlich geringer ist, was u.a. damit erklärt wird, daß die Virämie bei HBV-infizierten Personen im Durchschnitt um den Faktor 1.000 höher liegt als bei HCV-infizierten Personen. Infolgedessen lassen sich auch die Erkenntnisse über eine Hepatitis B-Gefährdung des medizinischen Personals nicht ohne weiteres auf die Hepatitis C übertragen. Abgesehen davon gibt es aber auch bezüglich der Hepatitis B keine Erkenntnisse, die die Annahme rechtfertigen, daß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der in Neurologischen Kliniken/Abteilungen behandelten Patienten unerkannt an Hepatitis erkrankt ist und für das medizinische Personal u.a. insbesondere Ärzte in diesen Einrichtungen demzufolge eine besondere Hepatitis-Exposition besteht, die z.B. mit der in einer Klinik für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten vergleichbar ist. Allein der Umstand, daß eine akute Hepatitis B in 50 % der Fälle ohne die typischen Zeichen einer Hepatitis verläuft und in diesem Stadium häufig nicht diagnostiziert wird, reicht dafür nicht aus. Die daraus resultierende Möglichkeit des zufälligen Kontakts mit einem unerkannt Erkrankten besteht für alle Lebensbereiche u.a. den Privatbereich gleichermaßen und ist für sich allein betrachtet keine Besonderheit der beruflichen Exposition von medizinischem Personal in Krankenhäusern u.a. Neurologischen Kliniken. Entsprechendes gilt für die Hepatitis C, die im Akutstadium nur in 25 % der Fälle mit den typischen Symptomen einer Hepatitis einhergeht und auch bei ca. 1/3 der chronischen Virusträger keinerlei Symptome zeigt und deshalb offenbar noch häufiger nur zufällig diagnostiziert wird. Auch soweit Prof. Dr. R. meint, daß der Anteil an infektiösen HCV- oder auch HBV-Patienten am Krankengut einer Neurologischen Klinik mindestens dem allgemeinen Durchschnitt der Bevölkerung entsprechen werde, somit knapp 1 % der behandelten Patienten "im Durchschnitt” eine Infektionsgefahr darstellten, diese Gefahr sich bei Patienten, die insbesondere vor 1991 schon Bluttransfusionen erhalten hätten, vor allem bei Polytransfundierten und Hämophiliepatienten wegen des höheren Durchseuchungsgrades dieser Patienten weiter erhöhe und auch "einige Patienten” des Klägers "sicherlich” HCV-infiziert gewesen seien, wird damit nicht gesagt oder gar belegt, daß in Neurologischen Kliniken und Abteilungen nicht nur zufällig, sondern erfahrungsgemäß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz bzw. ca. 1 % oder mehr der Patienten unerkannt an Hepatitis C leiden und dies auch für die vom Kläger in der in Betracht zu ziehenden Inkubationszeit betreuten Patienten anzunehmen ist, von denen u.a. auch bezüglich verabreichter Bluttransfusionen nichts bekannt ist. Läßt sich aber nicht nachweisen, daß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der Patienten unerkannt an Hepatitis C leidet, dann gilt nach wie vor die hier vom Kläger nicht erfüllte Voraussetzung für die anspruchsbegründende Kausalität, daß für den Erkrankten bei der versicherten Tätigkeit tatsächlich eine erhöhte Ansteckungsgefahr bestand, weil er in einer Einrichtung gearbeitet hat, in welcher an der gleichen Krankheit leidende Personen zu pflegen und zu behandeln waren (BSG, Urteil vom 30. Mai 1988 – 2 RU 33/97 –).
Soweit der Kläger bei seiner versicherten Tätigkeit als Neurologe u.a. insbesondere bei den täglich an vielen Patienten durchgeführten intravenösen Injektionen und Infusionen Kontakt mit Material hatte, durch das auch ein HCV, wenn er vorhanden gewesen wäre, hätte übertragen werden können, ist damit für sich allein noch keine besondere Hepatitis-Exposition begründet. Die Art der vom Kläger verrichteten Tätigkeit hätte für die rechtliche Beurteilung nur dann Bedeutung erlangen können, wenn er in der vermutlichen Ansteckungszeit beruflichen Kontakt mit zumindest einer nachweislich an Hepatitis C erkrankten Person gehabt hätte oder wenn davon auszugehen wäre, daß jedenfalls ein gewisser Prozentsatz der von ihm betreuten Patienten zur fraglichen Inkubationszeit unerkannt an Hepatitis C erkrankt war (BSG, Urteil vom 30. Mai 1988, a.a.O.). Da dies nicht möglich ist, fehlt es auch unter Berücksichtigung aller Tätigkeitsumstände an dem erforderlichen Nachweis, daß die Berufstätigkeit des Klägers mit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Infektionsgefahr für Hepatitis C verbunden war. Das wird von Prof. Dr. R. Prof. Dr. P. Prof. Dr. L. und Prof. Dr. S. verkannt, die offensichtlich meinen, daß eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Ansteckungsgefahr für Hepatitis C in jedem Fall bei allen im Gesundheitsdienst Beschäftigten zu bejahen bzw. zweifelsfrei anzunehmen sei, die mit Blutproben, Blutentnahmen, Anlegen von Infusionen u.a. zu tun haben, gleichgültig in welcher Einrichtung sie tätig sind und mit welcher Art von Patienten sie zu tun haben.
Hinzu kommt, daß der Zeitpunkt der Infektion beim Kläger retrospektiv nicht mehr bestimmt werden kann und im Zeitpunkt der ersten Durchführung einer Hepatitis C-Serologie mit Nachweis von HCV-Antikörpern am 19. April 1990 sowohl eine akute als auch eine bereits chronische HCV-Infektion vorgelegen haben kann, wie Prof. Dr. R. in Übereinstimmung auch mit den Ausführungen des Prof. Dr. S. und Prof. Dr. P. klargestellt hat. Die Infektion kann von daher zum einen trotz der laut Angaben des Klägers bis zum 30. Januar 1990 unauffälligen Blutbefunde bereits lange vor dem 30. Januar 1990 stattgefunden haben, da 75 % der akut HCV-Infizierten und auch 1/3 der chronischen Virusträger keine Symptome zeigen und nicht nur über Monate, sondern sogar über Jahre hinweg auch völlig normale Transaminasen gemessen werden können. Entgegen der Ansicht des Klägers kann somit auch eine Infektion in der Zeit vor 1989 z.B. im Jahre 1988 keineswegs ausgeschlossen werden, in dem der Kläger sich zu Besuch in Ägypten befand, wo laut Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. die Prävalenz oder Häufigkeit einer Hepatitis C mit 10 % weit über der in der Bundesrepublik Deutschland mit 0,45 % liegt. Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Infektion erst in der unversicherten Zeit der stationären Behandlung vom 30. Januar 1990 bis 3. April 1990 in der M. K. der S. K. K. und der C. K. stattgefunden hat, wo am 2. März 1990 auch eine Operation unter Verabreichung von vier Erythrozytenkonzentraten durchgeführt wurde. Unter Berücksichtigung dessen, daß die Inkubationszeit für eine Hepatitis C in der Regel zwei bis 26 Wochen beträgt, Antikörper in der Regel nach sechs bis zwölf Wochen nachweisbar sind und beim Kläger am 19. April 1990 nachgewiesen wurden, ist dies grundsätzlich durchaus möglich. Denn der beim Kläger zu Beginn der stationären Behandlung am 30. Januar 1990 festgestellte Ikterus und die leicht erhöhten Transaminasen beweisen entgegen seiner Auffassung nicht den Beginn einer Hepatitis C-Erkrankung schon zu dieser Zeit und damit auch nicht, daß die Infektion zwangsläufig vor dem 30. Januar 1990 stattgefunden haben muß. Diese Symptome können nach den Ausführungen des Prof. Dr. R. natürlich auch bei vielen anderen Erkrankungen u.a. insbesondere auch bei dem beim Kläger seinerzeit bestehenden Krankheitsbild einer Pankreatitis mit subakuter Cholezystitis und Cholestase auftreten, das mit Prof. Dr. R. und Prof. Dr. S. völlig unabhängig von der Hepatitis C-Infektion zu sehen ist. Soweit Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 25. September 1992 meinte, daß die erstmals am 30. Januar 1990 erhöhten Leberwerte zumindest teilweise hepatitischer Ursache gewesen seien, wird dies nicht näher begründet. Zwar schließt auch ein asymptomatischer Verlauf bis zum HCV-Antikörpernachweis am 19. April 1990 aus den dargelegten Gründen eine HCV-Infektion vor dem 30. Januar 1990 nicht aus. Auch steht der fehlende histologische Hinweis auf eine Virushepatitis anläßlich der Operation vom 2. März 1990 unter Berücksichtigung der Inkubationszeit einer HCV-Infektion vor dem 30. Januar 1990 nach ärztlicher Auffassung nicht entgegen. Das ändert jedoch nichts daran, daß die Möglichkeit einer HCV-Infektion nach dem 30. Januar 1990 u.a. durch die Verabreichung von vier Erythrozytenkonzentraten ebenfalls nicht verneint werden kann und ärztlicherseits auch nicht verneint wurde, u.a. nicht von Prof. Dr. P. und Prof. Dr. R. Zwar wurde unter Hinweis darauf, daß das dem Kläger am 2. März 1990 verabreichte Blut mit dem HCV-Antikörpertest der 1. Generation negativ vorgetestet war, dieses Testverfahren eine Sensitivität von 80 bis 90 % hatte und das Risiko einer HCV-Infektion durch derart vorgetestetes Blut bei 1 bis 3,8 % lag, eine HCV-Infektion des Klägers durch diese Blutübertragung als "eher unwahrscheinlich” bzw. sehr unwahrscheinlich gewertet. Ob dies, wie die Beklagte meint, schon bei Vergleich der angegebenen Durchseuchungsrate für Blutprodukte mit der der Normalbevölkerung (0,4 %) und mit Rücksicht darauf, daß der Kläger vier Blutkonserven erhielt, nicht überzeugt, kann dahinstehen. Von nicht unwesentlicher Bedeutung bei dieser Beurteilung war jedenfalls die übereinstimmende Auffassung der Ärzte, daß im Vergleich dazu das Risiko einer HCV-Infektion durch die berufliche Tätigkeit des Klägers seit 1981 wegen der Art dieser Tätigkeit (tägliches Verabreichen von intravenösen Injektionen und Anlegen von Infusionen) als höher oder auch wesentlich höher einzuschätzen sei und deshalb auch eine berufliche Verursachung "eher” anzunehmen bzw. als wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich anzusehen sei. Abgesehen davon, daß hierbei sonstige Infektionsmöglichkeiten im privaten Bereich u.a. insbesondere während der stationären Behandlung in der M. K. I der S. K. K. – einer sog. hepatitisgefährdeten Einrichtung – ab 30. Januar 1990 oder bei Aufenthalten in Ägypten überhaupt nicht erörtert und berücksichtigt wurden, ist dazu jedoch zum einen festzustellen, daß eine Schädigung, deren Zeitpunkt nicht bestimmbar ist und die sowohl während einer versicherten Tätigkeit als auch außerhalb davon stattgefunden haben kann, nicht allein schon deshalb der versicherten Tätigkeit ursächlich zugerechnet werden kann, weil diese vergleichsweise grundsätzlich und allgemein als noch geeigneter oder wesentlich geeigneter erscheint, den Erfolg herbeizuführen. Zum anderen kann – wie schon ausgeführt – ein besonderes berufliches HCV-Infektionsrisiko des Klägers aber auch nicht allein aus der Art seiner Tätigkeit als Neurologe abgeleitet werden, ohne entsprechende Feststellungen zu den beruflichen Infektionspotentialen bzw. Expositionsverhältnissen zu treffen, die Grundvoraussetzung dafür sind, daß durch eine solche Tätigkeit ein Infektionsrisiko überhaupt gegeben und ggf. realisiert werden kann. Da es hieran fehlt und dies nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zum Nachteil des Klägers geht, ist eine BK schon deshalb nicht anzuerkennen. Der Feststellung, wann, wo und bei welcher Gelegenheit der Kläger sich die HCV-Infektion nun tatsächlich zugezogen hat, bedurfte es dazu nicht. Denn entscheidend ist allein, daß ein ursächlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Neurologe bei Würdigung aller Umstände jedenfalls nicht wahrscheinlich, sondern lediglich – ebenfalls – möglich ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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