L 4 Vg 1525/80

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 Vg 1525/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 3. November 1980 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die die Gewährung von Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten –OEG– begehrt, ist die Witwe des am 1. Mai 1952 geborenen und am 20. April 1977 an den Folgen eines Messerstichs verstorbenen – im Folgenden als Geschädigter bezeichnet –. Dieser fuhr am 20. April 1977 mit der Klägerin im Personenkraftwagen VW 1600 von Heidelberg nach München. In einem dortigen Laden, in dem Jeanshosen verkauft werden, traf das Ehepaar W. der wegen Rauschgiftdelikten polizeilich gesucht wurde. Zusammen fuhren sie zu H. in die Steinstraße, bei der W. für 70,– DM Heroin kaufte. H. kaufte dort gegen 22 Uhr für 50,– DM Heroin für zwei "Schüsse”. Er injizierte sich das Rauschgift sofort. Anschließend nahm er im Kraftwagen der Klägerin Platz, in dem sich auch F. W. befand. Alle drei injizierten sich dort Heroin. Der Geschädigte hatte sich in dieser Zeit in einer Gastwirtschaft in der Steinstraße aufgehalten und dort zahlreiche alkoholische Getränke zu sich genommen. F. W. spritzte ihm nach seiner Rückkehr im Kraftwagen eine Dosis Heroin. Der Geschädigte hatte von einer Schlägerei berichtet, die er in der Gastwirtschaft gehabt habe. Zusammen fuhren sie in Richtung Schwabing, da die Klägerin ein Kino aufsuchen wollte. Diese steuerte den Kraftwagen, während ihr Ehemann neben ihr saß. Hinter ihm hatte sich P. H. und daneben F. W. niedergelassen. Gleich nachdem der Geschädigte in das Auto eingestiegen war, sagte er zu P. H., daß er ihn fertig mache. Wörtlich sagte er: "Du bist jetzt mein Opfer, ich mach’ dich fertig, ich schlag’ dich tot”. Er habe einem anderen versprochen, ein Herz mitzubringen. Das nehme er von ihm. Am Rosenheimer Platz wollte P. H. aussteigen. Der Geschädigte hinderte die Klägerin, anzuhalten. Sie mußte aus der Stadt herausfahren. Er verhinderte eine Richtungsänderung dadurch, daß er in das Steuer eingriff. In der O-Straße hielt die Klägerin an, wobei es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten kam. P. H. forderte den Geschädigten auf, ihn aussteigen zu lassen. Dieser blieb weiter vor ihm sitzen. Da der Kraftwagen nur zwei Vordertüren hatte, verhinderte er, daß P. H. aussteigen konnte, der ihm daraufhin ein Messer mit einer 9 cm langen Klinge in den Hals stieß. Die beiden anderen Mitfahrer sprangen sofort aus dem Kraftwagen. Anschließend kam es im Kraftwagen zu einem Handgemenge um den Besitz des Messers. Der Geschädigte konnte den Kraftwagen noch verlassen, brach aber dann zusammen. Der Tod trat später durch Ersticken nach Einatmung von Blut als Folge der Stichverletzung ein.

Die 17. Strafkammer des Landgerichts München I – Az. 17 KLs 128/Js 3937/77 – ordnete durch Urteil vom 10. März 1978 an, daß P. H. wegen eines im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Verbrechens des Totschlags in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird. Zur Begründung führte sie aus, daß P. H. den objektiven Tatbestand eines Verbrechens des Totschlags nach § 212 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt habe, da er einen Menschen tötete, ohne Mörder zu sein. Er habe mit natürlichem Vorsatz gehandelt. Ob er bei Begehung seiner Tat den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen habe und damit sogar mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe, sei nicht nachzuweisen gewesen. Die Tat sei auch rechtswidrig gewesen, da eine Notwehrsituation im Sinne von § 32 StGB nicht vorgelegen habe. A. O. habe ihn zwar widerrechtlich des Gebrauchs seiner persönlichen Freiheit beraubt, da er ihn auf sein Bitten nicht habe aus dem Kraftwagen aussteigen lassen. Eine Notwehrsituation habe vorgelegen, jedoch habe er sich über die Erforderlichkeit seiner Abwehr im Irrtum befunden. Eine Bestrafung könnte deshalb nicht erfolgen, weil er an einer paraniod-schizoiden Psychose leide, die durch Affektstörungen, extremste Kontakt- und Ich-Störungen und Verwahrlosung zum Ausdruck komme. Dadurch sei seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Zeitpunkt der Tat so gemindert gewesen, daß er bei Begehung der Tat mit Sicherheit erheblich vermindert schuldfähig im Sinne des § 21 StGB gewesen sei. Zu seinen Gunsten werde völlige Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB angenommen.

Die Klägerin beantragte am 4. August 1978 die Gewährung von Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten. Sie ist der Auffassung, daß ihr auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen Witwenrente zustehe.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25. Juli 1979 den Antrag auf Gewährung von Versorgung ab. Zur Begründung führte er aus, daß die Leistungen nach diesem Gesetz zu versagen seien, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht habe oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchsstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu leisten. Dies wäre hier deshalb der Fall, weil der Ehemann im Zeitpunkt der Gewalttat unter Alkohol- und Heroineinfluß gestanden, den Täter im Auto bedroht und seiner Freiheit beraubt habe, da er ihn nicht habe aussteigen lassen. Der Geschädigte habe schuldhaft gehandelt. Die Versorgung nach dem OEG sei aus in der Person des Geschädigten liegenden Gründen abzulehnen.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, in dem sie ausführte, daß die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 OEG nicht vorlägen. Der Geschädigte habe die Tötung nicht im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingungen verursacht. Er sei total betrunken gewesen. Die ausgesprochenen Drohungen wären für einen unbeteiligten Dritten erkennbar nicht ernsthaft gewesen. Die Drohungen, das Sitzenbleiben im Pkw und das Umdrehen könnten nicht als wesentliche Bedingungen gewürdigt werden. Zu der Fehlreaktion sei es auf Grund der geistigen Erkrankung des Schädigers, nämlich seiner paranoiden Psychose gekommen. Erst dessen Psychose habe seine Einsichts- und Handlungsfähigkeit ausgeschlossen. Eine Verursachung durch den Geschädigten liege nicht vor. Die Voraussetzungen der 2. Alternative nach § 2 Abs. 1 OEG lägen offensichtlich nicht vor. Eine Versagung wegen Unbilligkeit sei nur möglich, wenn das Verhalten der Anspruchsstellerin, nicht aber des Geschädigten dafür Gründe setze.

Der Beklagte wies mit Bescheid vom 7. Januar 1980 den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, daß sich der Geschädigte gegenüber dem Täter während der Autofahrt ungewöhnlich und eindeutig bedrohlich und provozierend verhalten habe, da er dem wiederholten und eindringlichen Wunsch, anzuhalten und ihn aussteigen zu lassen, nicht nachgekommen sei. Er habe ihn dadurch der Freiheit beraubt und außerdem bedroht. Die Tötung sei nur eine Reflexhandlung gewesen. Diese Folge sei durch das Verhalten und durch seine Provokation allein oder zumindest überwiegend verursacht worden.

Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid beim Sozialgericht Wiesbaden Klage mit der Begründung, daß ihre Versorgung nicht durch § 2 Abs. 1 OEG ausgeschlossen sei. Die 2. Alternative dieser Bestimmung liege deshalb nicht vor, weil das Verhalten der Antragstellerin den Ausschluß von Versorgung nicht rechtfertige. Die Voraussetzungen der 1. Alternative seien deshalb nicht erfüllt, weil der Geschädigte nicht durch sein Verhalten die Handlungen des Täters herbeigeführt habe. Wesentliche Ursache für die Tat sei dessen Psychose gewesen.

Das Sozialgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 3. November 1980 die Klage abgewiesen und ausgeführt, daß es fraglich sei, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff vorgelegen habe. Da nach den ärztlichen Feststellungen eine Bewußtseinsstörung vorgelegen habe, bei der sich in erheblichem Maße unkontrollierte, wenn nicht völlig unkontrollierte psychomotorische Entladungen abgespielt hätten, erscheine es äußerst fraglich, ob der Täter im Sinne der Vorsatzdefinition bewußt und gewollt den Tatbestand verwirklicht habe. Dies könne jedoch dahin gestellt bleiben, denn der Anspruch sei wegen des Vorliegens von Versagungsgründen abzulehnen. Der Geschädigte habe durch sein Verhalten die Tötung selbst verursacht. Sein aggressives Verhalten und seine Drohungen seien wesentliche Ursachen für den weiteren Geschehensablauf gewesen. Auch im Sinne des § 2 Abs. 1 2. Alternative OEG wäre es aus sonstigen Gründen unbillig, der Klägerin Versorgung zu gewähren. Eine Leistung an sie entspreche nicht dem Sinn des Gesetzes, unschuldigen Opfern von Gewalttaten zu helfen. Der Geschädigte habe sich einer Freiheitsberaubung schuldig gemacht und freiwillig in die "Drogenszene” begeben. Er habe sich somit einer Selbstgefährdung ausgesetzt und rechtsfeindlich verhalten. Den Hinterbliebenen sei keine Versorgung zu gewähren, wenn in der Person des Verstorbenen Versagungsgründe vorliegen würden.

Die Klägerin hat gegen das am 27. November 1980 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1980, am 29. Dezember 1980 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen, Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß ihr Witwenversorgung zustehe.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 3. November 1980 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juli 1979 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 1980 zu verurteilen, ihr ab 1. August 1978 Witwenrente nach dem OEG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten und die Akten des Landgerichts München I – Az.: 17 KLs 128/Js 3937/77 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist formgerecht eingelegt worden. Sie ist auch fristgerecht beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen, denn der letzte Tag der einmonatigen Berufungsfrist, der 27. Dezember 1980 war ein Samstag, so daß die Berufungsfrist am folgenden Montag, dem 29. Dezember 1980 endete (§ 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG). An diesem Tag ging die Berufungsschrift beim Hessischen Landessozialgericht ein.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen den eine Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten vom 11. Mai 1976 (BGBl. I S. 1181) ablehnenden Bescheid vom 25. Juli 1979 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 1980 abgewiesen. Nach § 1 dieses Gesetzes erhält derjenige, der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes – BVG –. Den Hinterbliebenen eines Geschädigten, der an den Folgen einer solchen Schädigung gestorben ist, wird nach § 1 Abs. 5 des Gesetzes und § 38 BVG Witwenrente bzw. Waisenrente gewährt.

Die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 des Gesetzes sind erfüllt, denn der Geschädigte war einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff zum Opfer gefallen. Der Begriff "Vorsatz” ist in diesem Gesetz der gleiche, wie er auch im Strafrecht verwendet wird, da das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten dem Bürger für die wirtschaftlichen Folgen von Angriffen strafrechtlicher Gewalttäter einen finanziellen Ausgleich gewähren will (so auch Schoreit, Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten § 1 Randnote 70). Im Strafrecht ist Vorsatz immer dann zu bejahen, wenn der Täter die Tatumstände kennt und die Tatbestandsverwirklichung will (Dreher, Strafgesetzbuch, Anm. vor § 1 B II 1 d). P. H. hat den objektiven Tatbestand eines Verbrechens des Totschlages nach § 212 Abs. 2 Strafgesetzbuch erfüllt. Auch der "natürliche Vorsatz” als inneres Tatbestandsmerkmal lag vor. Die bei ihm vorliegende geistige Erkrankung führte lediglich dazu, daß seine Verantwortung verneint wurde. Seine Tat war auch rechtswidrig, denn es hatte eine Notwehrsituation im Sinne von § 32 Strafgesetzbuch nicht vorgelegen. Der Geschädigte beraubte zwar P. H. der Freiheit, in dem er ihn am Verlassen des Kraftfahrzeuges gehindert hatte. Auch nötigte er ihn durch die Weigerung, ihn aus dem Kraftfahrzeug heraus zu lassen. P. H. befand sich aber über die Erforderlichkeiten seiner Abwehr im Irrtum, so daß sein Verhalten rechtswidrig war. Der Senat kam zu dieser Überzeugung auf Grund der Feststellungen im Urteil der 17. Strafkammer des Landgerichts München I vom 10. März 1978, der diesem Urteil zugrunde liegenden polizeilichen und Staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und der in den Strafakten befindlichen Gutachten von Prof. Dr. M. und Dr. W. von der psychiatrischen Klinik und Poliklinik der Universität M ... Durch die Ermittlungen war der Sachverhalt der Gewalttat voll geklärt und durch die Gutachten die Schuldfähigkeit des P. H., der im Zeitpunkt der Tat an einer paranoid-schizoiden Psychose gelitten hatte, verneint worden.

Der Klägerin steht aber deshalb keine Versorgung zu, weil der Geschädigte die Schädigung verursacht hatte und weil es aus sonstigen Gründen unbillig wäre, ihr Entschädigung nach diesem Gesetz zu gewähren. Der Geschädigte hatte die Tat durch sein Verhalten verursacht. Er hatte nämlich wesentliche Bedingungen im Sinne der allgemeinen sozialrechtlichen und speziell versorgungsrechtlichen Ursachen Theorie gesetzt. Diese Kausalitätsnorm gilt auch bei Ansprüchen nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten (vgl. Urteil des BSG vom 7. November 1979 – 9 RVg 2/78). Der Geschädigte hat einen gleichwertigen Beitrag zu seinem Tod dadurch geleistet, daß er P. H. während der Fahrt schwer bedrohte. Bereits kurz nach der Abfahrt des Kraftfahrzeuges drohte er dem, ihm seither unbekannten H. Schläge an, wodurch dieser den Eindruck gewann, daß durch die vorher in der Gastwirtschaft mitgemachte Schlägerei die Aggressivität des Geschädigten äußerst gesteigert worden war. Der Geschädigte verhinderte, daß seine Ehefrau zu einem Kino fuhr und zwang sie stattdessen, stadtauswärts zu fahren. Als sie in der O-Straße anhielt, blieb er auf dem Beifahrersitz vorne sitzen und verhinderte damit, daß der Täter – P. H. – aus dem zweitürigen Kraftwagen aussteigen konnte. Da er so H. seiner Freiheit beraubte und ihn nötigte, weiter im Kraftfahrzeug zu bleiben, vergrößerte er dessen Angstgefühle, der schon zuvor die Brutalität des Geschädigten gegenüber seiner Ehefrau miterlebt hatte. Ohne seine ständigen Drohungen, die Nötigung und insbesondere die Freiheitsberaubung des H., hätte dieser die Tat nicht begangen. Das Verhalten des Geschädigten ist daher wesentliche Mitursache für seinen Tod gewesen.

Leistungen sind auch nach der zweiten Alternative von § 2 Abs. 1 OEG zu versagen. Hinterbliebene haben nach diesem Gesetz einen abgeleiteten Anspruch. Ein Versagungsgrund, der durch ein Verhalten des Geschädigten entstanden ist, und der die Versorgung für ihn selbst ausschlösse, wirkt auch zum Nachteil der Hinterbliebenen. Es wäre unbillig, Entschädigung zu gewähren, weil der Geschädigte durch rechtswidrige Handlungen, nämlich durch Nötigung und durch Freiheitsberaubung seinen Tod selbst herbeigeführt hatte. Der Begriff "unbillig” ist als unbestimmter Rechtsbegriff von den Gerichten im einzelnen zu konkretisieren. Die Opferentschädigung ist dann zu versagen, wenn die Eigenart des Einzelfalles die staatliche Hilfe nach dem OEG als sinnwidrig und damit ungerecht bewerten ließen. Mit dem Gesetz soll den "unschuldigen Opfern” von Gewalttaten Entschädigung geleistet werden. Der Geschädigte hatte durch seine durch Trunkenheit und Rauschgift noch gesteigerte Aggression die Reaktion des H. selbst herbeigeführt. Wenn dieser auch an einer paranoiden-schizoiden Psychose gelitten hatte, war es doch das Verhalten des Geschädigten, das H. zu der Gewalttat veranlaßte. Die Gefährdung des Geschädigten war umso größer, als nicht nur er Rauschgift genommen hatte, sondern alle an der Fahrt Beteiligten unter Rauschgiftwirkung standen. Da er sich in einem Kreis bewegte, der sich rechtsfeindlich verhielt, wäre es unbillig, für die Gewalttat unter Drogeneinfluß Entschädigung zu gewähren.

Der Klägerin steht daher keine Versorgung nach § 1 OEG zu.

Die Berufung konnte keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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