Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 10 Vb 1867/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SB 1196/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 31. Juli 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "B” nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Der Beklagte hatte bei dem 1929 geborenen Kläger zuletzt durch Bescheid vom 25. Juli 1994 den Grad der Behinderung (GdB) auf 90 festgesetzt und die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G” festgestellt. Als Behinderungen sind im Bescheid genannt:
1) Angstneurose sowie psychovegetative Übererregbarkeit mit Auswirkungen auf die Funktion der inneren Organe.
2) Aufbraucherkrankung des linken Schultergelenkes, beider Kniegelenke, des linken Fußgelenkes und des rechten Großzehengrundgelenkes, Aufbraucherkrankung der Wirbelsäule, Senkspreizfuß beiderseits.
3) Sehbehinderung links.
4) Chronische Bronchitis mit Einschränkung der Atemfunktion.
5) Chronische Prostatitis.
6) Diabetes mellitus.
7) Leistenbruchbildung beiderseits.
8) Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen.
Am 15. Februar 1995 stellte der Kläger Antrag auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "B”. Nachdem der Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt hatte, wies er den Antrag mit Bescheid vom 14. Juni 1995 zurück. Der Kläger legte am 20. Juni 1995 Widerspruch ein und begründete diesen mit einer angstneurotischen Erkrankung, die sein behandelnder Nervenarzt Dr. P. B. N., bestätigen könne. Dieser Arzt teilte auf eine Anfrage des Beklagten am 17. Oktober 1995 mit, daß bei dem Kläger eine schwere angstneurotische Fehlsteuerung mit Depressivität vorliege, wodurch er öffentliche Verkehrsmittel aufgrund seiner vielfachen Ängste, inneren Unruhe, Angst- und Panikattacken nicht benutzen könne. Er sei regelmäßig auf fremde Hilfe, d.h. die Begleitung durch eine dritte Person angewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1995 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er war der Ansicht, die bescheinigte seelische Erkrankung reiche als Voraussetzung für die Gewährung des Merkzeichens "B” nicht aus.
Der Kläger hat am 8. November 1995 Klage vor dem Sozialgericht in Gießen erhoben, die er vor allem mit der Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet und mit den Funktionseinschränkungen aufgrund der orthopädischen Befunde begründete.
Mit Bescheid vom 6. Mai 1996 hob der Beklagte den GdB bei im wesentlich gleichen Behinderungen auf 100 an. Gleichzeitig lehnte er die Gewährung des Nachteilsausgleiches "B” erneut ab.
Der Kläger hat Entlassungsberichte der Klinik L. B. M., vom 15. Dezember 1988 und der W. K., B., vom 27. Januar 1996 vorgelegt. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Dr. O. B. N., vom 19. Februar 1996 und der W.-Klinik vom 1. April 1996 eingeholt.
Mit Urteil vom 31. Juli 1996 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Behinderungen auf orthopädischem Gebiet, insbesondere die Kniegelenksarthrosen hinderten den Kläger nicht, in öffentliche Verkehrsmittel ohne Hilfe einzusteigen, weil er sich mit den von Gelenkbeschwerden nicht betroffenen Händen festhalten könne. Die Herzkreislauferkrankung sei medikamentös hervorragend eingestellt, so daß die von den Ärzten der W.-Klinik für wünschenswert gehaltene Begleitperson nicht notwendig sei. Aus den nervenärztlichen Befunden ergebe sich zwar eine Angstneurose, nicht aber, daß der Kläger an Orientierungsstörungen oder einer Anfallskrankheit leide, die eine ständige Begleitperson notwendig mache.
Gegen das ihm am 11. September 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. September 1996 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Er ist der Ansicht, daß er wegen der vielfältigen Behinderungen, insbesondere der Kniegelenksbeschwerden, der häufigen Herz- oder Schwindelanfälle sowie der Panikzustände ständiger Begleitung bedürfe.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Es liegen Befundberichte vor von dem Augenarzt Dr. M. vom 22. April 1997, dem Internisten Dr. M. vom 29. April 1997, dem Kardiologen Dr. S. vom 3. Mai 1997 (insgesamt 7 Seiten), dem Orthopäden Dr. M. vom 28. April 1997, der W.-Klinik vom 1. April 1996, dem Nervenarzt Dr. F. vom 26. Mai 1997 und dem Allgemeinarzt S. vom 16. Juni 1997. Der Allgemeinarzt S. ist in einem Beweistermin am 7. Oktober 1997 von dem Berichterstatter als Zeuge über die von ihm erhobenen Befunde vernommen worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 31. Juli 1996 und den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 1995 aufzuheben sowie den Bescheid vom 6. Mai 1996 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "B” festzustellen,
hilfsweise,
nach § 109 SGG ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. med. H., Frankfurt am Main, einzuholen.
Der Beklagte,
der das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend hält, beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen Einzelheiten der Beweiserhebung und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – i.V.m. § 4 Abs. 6 SchwbG) ist sachlich unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide sind zu Recht ergangen. Bei dem Kläger besteht noch keine Notwendigkeit für eine ständige Begleitperson.
Gemäß § 60 Abs. 2 SchwbG erhalten Behinderte, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind, den Nachteilsausgleich "B”. Bei Blinden, Ohnhändern und Querschnittsgelähmten ist die Notwendigkeit ständiger Begleitung stets anzunehmen. Außerdem liegt sie in der Regel bei Behinderungen vor, die Hilflosigkeit bedingen, sowie bei hirnorganischen Anfallsleiden mit wenigstens mittlerer Anfallshäufigkeit (vgl. Nr. 32, S. 168 f. der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996). Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor.
Auf internistischem Fachgebiet bestehen vor allem ein Diabetes mellitus und Herzrhythmusstörungen. Der behandelnde Kardiologe hat mitgeteilt, daß der Kläger an keinen besonderen Beschwerden leide. In dem nachgereichten Befundbericht vom 12. Dezember 1997 schreibt er, daß der Kläger mit dem Vorhofflimmern gut leben könne, über Beschwerden klage er derzeit nicht. Der leichte Diabetes hat keine Auswirkungen auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Auf orthopädischem Fachgebiet liegen schwerwiegende Verschleißerscheinungen insbesondere an der Lendenwirbelsäule und den Kniegelenken vor. Dies ergibt sich vor allem aus den letzten vom Kläger übersandten Befundberichten des Orthopäden Dr. B., B., vom 2. Oktober 1997 und der Radiologin Dr. L. H. B. N., vom 18. Februar 1997. Allerdings weist die beratende Ärztin des Beklagten, Dr. von F., zutreffend daraufhin, daß bei den mitgeteilten Befunden, insbesondere den Meßwerten, die selbständige Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln noch möglich sei. Die verbliebenen Bewegungsmöglichkeiten der Hüfte, der Kniegelenke und der Wirbelsäule sind ausreichend, Verkehrsmittel selbständig besteigen und benutzen zu können. Der Senat verkennt nicht, daß beträchtliche Einschränkungen beim Kläger vorliegen, weshalb es auch nachvollziehbar ist, daß die Ärzte der W.-Klinik eine Begleitperson für wünschenswert halten. Eine bloße Wünschbarkeit reicht zur Voraussetzung für den Nachteilsausgleich "B” allerdings nicht aus, die zu fordernde Notwendigkeit ergibt sich aus der Ansicht der W.-Klinik nicht. Gleiches gilt für die Ansicht des Hausarztes S. der ebenfalls eine Begleitperson für wünschenswert hält.
Da das Ergebnis der orthopädischen Berundberichte eindeutig ist, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Der Senat brauchte auch nicht der Anregung des Klägers vom 27. Juli 1998 nachzugehen und ein Gutachten bei Dr. H., Frankfurt am Main, einzuholen.
Diese Anregung stellte keinen Antrag nach § 109 SGG dar. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der einen Vorschlag, aber keinen Antrag enthält. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellte Antrag nach § 109 SGG ist verspätet. Mit Zugang der gerichtlichen Verfügung vom 1. September 1998, spätestens aber mit Zugang der Ladung war für den Kläger zu ersehen, daß der Senat eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte. Dies wäre der letzte Zeitpunkt gewesen, zu dem ein Antrag hätte gestellt werden dürfen. Der Kläger wäre zumindest verpflichtet gewesen, diese Absicht eines Antrags nach § 109 SGG dem Gericht unverzüglich anzuzeigen und deshalb die Aufhebung des Termins zu beantragen. Ein Kläger, der dies nicht beachtet, handelt grob nachlässig im Sinne von § 109 Abs. 2 SGG (vgl. Mayer-Ladewig, SGG, § 109 Rz. 8, 11, Urteil des Senats vom 21. November 1995 – L-4/Vb-435/94 m.w.N., Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. August 1991 – L-12/J-1185/89).
Schließlich begründet der Kläger sein Begehren unter Bezugnahme auf die Berichte des Dr. F. mit Befunden des nervenärztlichen Fachgebiets. Er leide an Schwindel- und Angstanfällen sowie an Panikattacken. Allerdings bringt sich der Kläger durch seinen eigenen weiteren Vortrag in Widerspruch mit seinem Begehren. Er weist ausdrücklich daraufhin, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei und sich beim Autofahren sicher fühle. Diesem tatsächlichen Vorbringen ist ein höherer Beweiswert zuzubilligen, als der ärztlichen Beurteilung. Es ist davon auszugehen, daß jemand, der sich beim Steuern eines Kraftfahrzeuges sicher fühlt, nicht in einem solchen Maß an Schwindel oder Angstanfällen sowie an Panikzuständen leidet, daß er nicht ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen könnte. Sollte der Kläger jedoch seinen Führerschein zurückgeben oder sein Kraftfahrzeug abmelden, wäre der Sachverhalt neu zu überprüfen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "B” nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Der Beklagte hatte bei dem 1929 geborenen Kläger zuletzt durch Bescheid vom 25. Juli 1994 den Grad der Behinderung (GdB) auf 90 festgesetzt und die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G” festgestellt. Als Behinderungen sind im Bescheid genannt:
1) Angstneurose sowie psychovegetative Übererregbarkeit mit Auswirkungen auf die Funktion der inneren Organe.
2) Aufbraucherkrankung des linken Schultergelenkes, beider Kniegelenke, des linken Fußgelenkes und des rechten Großzehengrundgelenkes, Aufbraucherkrankung der Wirbelsäule, Senkspreizfuß beiderseits.
3) Sehbehinderung links.
4) Chronische Bronchitis mit Einschränkung der Atemfunktion.
5) Chronische Prostatitis.
6) Diabetes mellitus.
7) Leistenbruchbildung beiderseits.
8) Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen.
Am 15. Februar 1995 stellte der Kläger Antrag auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "B”. Nachdem der Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt hatte, wies er den Antrag mit Bescheid vom 14. Juni 1995 zurück. Der Kläger legte am 20. Juni 1995 Widerspruch ein und begründete diesen mit einer angstneurotischen Erkrankung, die sein behandelnder Nervenarzt Dr. P. B. N., bestätigen könne. Dieser Arzt teilte auf eine Anfrage des Beklagten am 17. Oktober 1995 mit, daß bei dem Kläger eine schwere angstneurotische Fehlsteuerung mit Depressivität vorliege, wodurch er öffentliche Verkehrsmittel aufgrund seiner vielfachen Ängste, inneren Unruhe, Angst- und Panikattacken nicht benutzen könne. Er sei regelmäßig auf fremde Hilfe, d.h. die Begleitung durch eine dritte Person angewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1995 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er war der Ansicht, die bescheinigte seelische Erkrankung reiche als Voraussetzung für die Gewährung des Merkzeichens "B” nicht aus.
Der Kläger hat am 8. November 1995 Klage vor dem Sozialgericht in Gießen erhoben, die er vor allem mit der Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet und mit den Funktionseinschränkungen aufgrund der orthopädischen Befunde begründete.
Mit Bescheid vom 6. Mai 1996 hob der Beklagte den GdB bei im wesentlich gleichen Behinderungen auf 100 an. Gleichzeitig lehnte er die Gewährung des Nachteilsausgleiches "B” erneut ab.
Der Kläger hat Entlassungsberichte der Klinik L. B. M., vom 15. Dezember 1988 und der W. K., B., vom 27. Januar 1996 vorgelegt. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Dr. O. B. N., vom 19. Februar 1996 und der W.-Klinik vom 1. April 1996 eingeholt.
Mit Urteil vom 31. Juli 1996 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Behinderungen auf orthopädischem Gebiet, insbesondere die Kniegelenksarthrosen hinderten den Kläger nicht, in öffentliche Verkehrsmittel ohne Hilfe einzusteigen, weil er sich mit den von Gelenkbeschwerden nicht betroffenen Händen festhalten könne. Die Herzkreislauferkrankung sei medikamentös hervorragend eingestellt, so daß die von den Ärzten der W.-Klinik für wünschenswert gehaltene Begleitperson nicht notwendig sei. Aus den nervenärztlichen Befunden ergebe sich zwar eine Angstneurose, nicht aber, daß der Kläger an Orientierungsstörungen oder einer Anfallskrankheit leide, die eine ständige Begleitperson notwendig mache.
Gegen das ihm am 11. September 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. September 1996 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Er ist der Ansicht, daß er wegen der vielfältigen Behinderungen, insbesondere der Kniegelenksbeschwerden, der häufigen Herz- oder Schwindelanfälle sowie der Panikzustände ständiger Begleitung bedürfe.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Es liegen Befundberichte vor von dem Augenarzt Dr. M. vom 22. April 1997, dem Internisten Dr. M. vom 29. April 1997, dem Kardiologen Dr. S. vom 3. Mai 1997 (insgesamt 7 Seiten), dem Orthopäden Dr. M. vom 28. April 1997, der W.-Klinik vom 1. April 1996, dem Nervenarzt Dr. F. vom 26. Mai 1997 und dem Allgemeinarzt S. vom 16. Juni 1997. Der Allgemeinarzt S. ist in einem Beweistermin am 7. Oktober 1997 von dem Berichterstatter als Zeuge über die von ihm erhobenen Befunde vernommen worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 31. Juli 1996 und den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 1995 aufzuheben sowie den Bescheid vom 6. Mai 1996 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "B” festzustellen,
hilfsweise,
nach § 109 SGG ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. med. H., Frankfurt am Main, einzuholen.
Der Beklagte,
der das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend hält, beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen Einzelheiten der Beweiserhebung und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – i.V.m. § 4 Abs. 6 SchwbG) ist sachlich unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide sind zu Recht ergangen. Bei dem Kläger besteht noch keine Notwendigkeit für eine ständige Begleitperson.
Gemäß § 60 Abs. 2 SchwbG erhalten Behinderte, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind, den Nachteilsausgleich "B”. Bei Blinden, Ohnhändern und Querschnittsgelähmten ist die Notwendigkeit ständiger Begleitung stets anzunehmen. Außerdem liegt sie in der Regel bei Behinderungen vor, die Hilflosigkeit bedingen, sowie bei hirnorganischen Anfallsleiden mit wenigstens mittlerer Anfallshäufigkeit (vgl. Nr. 32, S. 168 f. der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996). Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor.
Auf internistischem Fachgebiet bestehen vor allem ein Diabetes mellitus und Herzrhythmusstörungen. Der behandelnde Kardiologe hat mitgeteilt, daß der Kläger an keinen besonderen Beschwerden leide. In dem nachgereichten Befundbericht vom 12. Dezember 1997 schreibt er, daß der Kläger mit dem Vorhofflimmern gut leben könne, über Beschwerden klage er derzeit nicht. Der leichte Diabetes hat keine Auswirkungen auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Auf orthopädischem Fachgebiet liegen schwerwiegende Verschleißerscheinungen insbesondere an der Lendenwirbelsäule und den Kniegelenken vor. Dies ergibt sich vor allem aus den letzten vom Kläger übersandten Befundberichten des Orthopäden Dr. B., B., vom 2. Oktober 1997 und der Radiologin Dr. L. H. B. N., vom 18. Februar 1997. Allerdings weist die beratende Ärztin des Beklagten, Dr. von F., zutreffend daraufhin, daß bei den mitgeteilten Befunden, insbesondere den Meßwerten, die selbständige Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln noch möglich sei. Die verbliebenen Bewegungsmöglichkeiten der Hüfte, der Kniegelenke und der Wirbelsäule sind ausreichend, Verkehrsmittel selbständig besteigen und benutzen zu können. Der Senat verkennt nicht, daß beträchtliche Einschränkungen beim Kläger vorliegen, weshalb es auch nachvollziehbar ist, daß die Ärzte der W.-Klinik eine Begleitperson für wünschenswert halten. Eine bloße Wünschbarkeit reicht zur Voraussetzung für den Nachteilsausgleich "B” allerdings nicht aus, die zu fordernde Notwendigkeit ergibt sich aus der Ansicht der W.-Klinik nicht. Gleiches gilt für die Ansicht des Hausarztes S. der ebenfalls eine Begleitperson für wünschenswert hält.
Da das Ergebnis der orthopädischen Berundberichte eindeutig ist, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Der Senat brauchte auch nicht der Anregung des Klägers vom 27. Juli 1998 nachzugehen und ein Gutachten bei Dr. H., Frankfurt am Main, einzuholen.
Diese Anregung stellte keinen Antrag nach § 109 SGG dar. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der einen Vorschlag, aber keinen Antrag enthält. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellte Antrag nach § 109 SGG ist verspätet. Mit Zugang der gerichtlichen Verfügung vom 1. September 1998, spätestens aber mit Zugang der Ladung war für den Kläger zu ersehen, daß der Senat eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte. Dies wäre der letzte Zeitpunkt gewesen, zu dem ein Antrag hätte gestellt werden dürfen. Der Kläger wäre zumindest verpflichtet gewesen, diese Absicht eines Antrags nach § 109 SGG dem Gericht unverzüglich anzuzeigen und deshalb die Aufhebung des Termins zu beantragen. Ein Kläger, der dies nicht beachtet, handelt grob nachlässig im Sinne von § 109 Abs. 2 SGG (vgl. Mayer-Ladewig, SGG, § 109 Rz. 8, 11, Urteil des Senats vom 21. November 1995 – L-4/Vb-435/94 m.w.N., Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. August 1991 – L-12/J-1185/89).
Schließlich begründet der Kläger sein Begehren unter Bezugnahme auf die Berichte des Dr. F. mit Befunden des nervenärztlichen Fachgebiets. Er leide an Schwindel- und Angstanfällen sowie an Panikattacken. Allerdings bringt sich der Kläger durch seinen eigenen weiteren Vortrag in Widerspruch mit seinem Begehren. Er weist ausdrücklich daraufhin, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei und sich beim Autofahren sicher fühle. Diesem tatsächlichen Vorbringen ist ein höherer Beweiswert zuzubilligen, als der ärztlichen Beurteilung. Es ist davon auszugehen, daß jemand, der sich beim Steuern eines Kraftfahrzeuges sicher fühlt, nicht in einem solchen Maß an Schwindel oder Angstanfällen sowie an Panikzuständen leidet, daß er nicht ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen könnte. Sollte der Kläger jedoch seinen Führerschein zurückgeben oder sein Kraftfahrzeug abmelden, wäre der Sachverhalt neu zu überprüfen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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